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Fotoreportage: Der "Dschungel" von Calais

Foto: neuköllnbild
Das "illegale" Flüchtlingscamp - genannt "Dschungel" - in den Dünen von Calais existiert schon seit mehreren Jahren. In unmittelbarer Nähe zu den Fähren nach Großbritannien versuchen die bis zu 5000 BewohnerInnen immer wieder und teilsweise unter Lebensgefahr, nach Großbritannien zu gelangen - beispielsweise dadurch, dass sie an der direkt angrenzenden Autobahn auf fahrende LKW aufspringen. Die französische Regierung hat nun beschlossen, das Camp zu räumen. So kam es beispielsweise in den frühen Morgenstunden des 6. Januar 2016 zu einem Angriff durch die französische Polizei. Dabei wurden wahllos und in großer Menge Tränengasgranaten und Gummigeschosse ins Innere des Camps geschossen. (Video)

Am nächsten Morgen besuchten zwei FotografInnen des Umbruch Bildarchivs (übrigens in Unkenntnis der Vorgänge am Vortag) das Camp. Diese wurden von den BewohnerInnen des Camps sehr freundlich aufgenommen. Im Camp selbst existieren ein Theater, ein Infopunkt, Kirchen und zahlreiche Geschäfte. Auf diese Weise versuchen die BewohnerInnen, eine Form von Struktur innerhalb des Camps zu organiseren und sich so weit wie es irgend geht selbst zu helfen. Abgesehen davon sind die Lebensverhältnisse der BewohnerInnen katastrophal: Tausende Menschen leben in provisorischen Zelten und selbst zusammengezimmerten Unterkünften aus Sperrholz - inmitten von Eiseskälte, Schlamm und unzumutbaren bzw. kaum vorhandenen sanitären Einrichtungen.

Nachtrag: Ein paar Tage später begannen die französischen Behörden damit, das Camp komplett zu räumen. Ein umzäuntes Container-Ersatzkamp in unmittelbarer Nähe bietet nur 1500 Menschen Platz, so dass tausende anderer Bewohner einfach vertrieben werden. In ihrer Verzweiflung begannen einige Flüchlinge damit, ihre Habseligkeiten zu verbrennen, ehe die Polizei mit Bulldozern anrückte und Teile des Camps planierte. Die Zukunft des Camps und vor allem der Mehrheit seiner Bewohner bleibt völlig ungewiss.

Quelle: Umbruch Bildarchiv Berlin

Fotobericht: Oury Jalloh Demonstration 2016

Foto: heba / Umbruch Bildarchiv Berlin
Anlässlich des 11. Todestages von Oury Jalloh, der am 7. Januar 2005 durch einen beispiellos brutalen und menschenverachtenden Brandmord im Dessauer Polizeigewahrsam sterben musste, versammelten sich ca. 250 Menschen in trauerndem, wütendem und forderndem Gedenken in der Stadt der rassistischen Täter - Dessau-Roßlau. Ein Bericht von Thomas Ndindah von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh.

Nach der letztjährig bisher größten Demonstration zum 10. Todesjahr, an der ca. 1000 Menschen in Dessau erschienen waren, hat die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh ihre Aufklärungsarbeit auch im Jahresverlauf 2015 konsequent fortgesetzt und Ende Oktober neue internationale Gutachten zur manipulierten Aktenlage von Staatsanwaltschaft und Gerichten vorgestellt. Weitere Höhepunkte des letzten Jahres mit weitreichender Öffentlichkeitswirksamkeit waren der NDR-Tatort "Verbrannt", dessen fiktiver Plot auf dem wahren Fall Oury Jalloh basierte sowie ein Monitor-Beitrag vom 15.10.2015.

Im Gegensatz zum vollmundig-verlogen angekündigten "Aufklärungsbedarf(!)" des Leitenden Oberstaatsanwaltes Folker Bittmann nach dem 2013 vorgestellten Brandgutachten kann die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau bis zum heutigen Tag keinerlei neue oder zielführende Erkenntnisse im "laufenden" Todesermittlungsverfahren vorweisen - womit sie ihre vom ersten Tag an praktizierte, haltlose Strategie der "Schuldzuweisung" an das Todesopfer unter anhaltender Vertuschung und aktiver Manipulation der Fakten des Falles unverändert beibehält.

Der Trauerzug erinnerte die mehrheitlich ignoranten Bürger der Stadt und deren heuchlerische Behörden lautstark an die noch immer ausstehende Sühne für den qualvollen Tod Oury Jallohs und die anhaltende Verweigerung rechtsstaatlicher Verantwortung. Der Tod Oury Jallohs war dabei in den vielen Reden von Vertretern der Black Community, der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh sowie solidarischen Aktivistengruppen und Organisationen beispielhaft für die menschenverachtende Politik einer deutsch-dominierten EU, die Millionen von Menschen weltweit durch Kriege und Waffenlieferungen, Ressourcenraub und wirtschaftliche Knebelverträge sowie Landraub und Korruption der politischen Eliten erst die Lebensgrundlagen entzieht, um sie dann als "Flüchtlinge" zu diskriminieren und "Flüchtlingskrisenverantwortliche" zu diffamieren.

Neben Alberto Adriano, der im Jahre 2000 im Stadtpark von Dessau von Neonazis zu Tode geprügelt wurde, wurde auch an die vielen weiteren Todesopfer rassistischer Polizeigewalt in Deutschland sowie der Opfer des sogenannten NSU-Komplexes erinnert, die für ein systemisches Versagen eines vielbeschworenen "Rechts-Staates" stehen und die Solidarität mit der Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA zum Ausdruck gebracht.

Vor der Staatsanwaltschaft und dem Polizeirevier wurden den Verantwortlichen leere Feuerzeuge als DAS zentrale Symbol der LÜGE im Fall Oury Jalloh vor die Tür bzw. vor die Füße geworfen. Solidarische Musiker wie Mal Élevé (Irie Revoltés) und Jamal (KonTa) unterstützten die Demonstration und die Redebeiträge mit kraftvollen RAP-Einlagen zum Thema Rassismus, Ausgrenzung und Polizeigewalt. Die Verantwortlichen der Stadt Dessau-Roßlau wurden aufgefordert, in Anerkennung des und Verantwortung für den gewaltsamen Tod Oury Jallohs durch Polizeibeamte in ihrer Stadt ab dem nächsten 7. Januar ihre im Jahr 2000 errichtete "Friedensglocke" (Inschrift: "Keine Gewalt!") läuten zu lassen. Zum Abschluss der Trauerdemonstration erging das feierliche Versprechen aller Anwesenden, dass der Kampf für Aufklärung, Gerechtigkeit, Verantwortung und Entschädigung im Fall Oury Jalloh bis zum vollständigen Erreichen dieser Ziele vorgeführt werden wird!

  • NO JUSTICE - NO PEACE
  • KEIN VERGEBEN! - KEIN VERGESSEN!
  • TOUCH ONE - TOUCH ALL
  • OURY JALLOH - DAS WAR MORD!

Am selben Tag fand auch in Köln noch eine weitere Demonstration in Gedenken an den Mord an Oury Jalloh mit ca. 300 solidarischen Teilnehmern statt. (Fotos und Video).

Zuletzt möchte ich an dieser Stelle nochmals eindringlich darauf hinweisen, dass für unsere letzten Gutachten Gesamtkosten (mit Flügen aus GB [3 Personen] und Kanada [1 Person] und Hotels) von weit über 30'000€ aufgebracht werden müssen. Unsere hierzu am 9. August 2015 gestartete Spendenkampagne auf betterplace.org weist bis heute jedoch leider NUR knapp 1'200€ an insgesamt eingegangenen Spenden auf.

DESHALB hier nochmal der DRINGENDE AUFRUF zu spenden, den Spendenaufruf persönlich weiter zu verteilen und Soli-Events und -Konzerte zu organisieren, damit wir die Gutachter nicht endlos lange auf ihr Honorar warten lassen müssen. WIR BRAUCHEN EURE SOLIDARITÄT - auch finanziell!!!
Zusätzlich könnt ihr auch Soli-T-Shirts über den Link auf unserer Homepage bestellen und tragen.

SolidarityMatters
Vielen Dank an alle Teilnehmer und Unterstützer

Thomas Ndindah und Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Via Umbruch Bildarchiv Berlin

Rassismus am Arbeitsplatz - Was tun, wenn ein Kollege über “Ausländer” herzieht?

Vormerken: Gemeinsame Veranstaltung der VVN-BdA Esslingen mit DGB, GEW, IG Metall und ver.di Esslingen.

Veranstaltungsplakat
Quelle: VVN-BdA

Rechte Hetze unter dem Deckmantel der Wissenschaft / Proteste gegen den 'Gender-Kongress' am 23. Januar 2016 in Stuttgart

Flyer zu den Gegenprotesten
Das Stuttgarter Aktionsbündnis gegen die "Demo für Alle" ruft dazu auf, sich am 23. Januar 2016 an den Protesten (09:00 Uhr, vor der Liederhalle, Stuttgart) gegen den so genannten 'Gender-Kongress' zu beteiligen und den Kongressteilnehmenden zu zeigen, dass rechte und homophobe Hetze in Stuttgart nicht unwidersprochen bleibt.

Im Vorgriff auf die Landtagswahl in Baden-Württemberg wird der Kongress von den Organisierenden der rechten “Demo für Alle– veranstaltet, die damit religiösem Fundamentalismus, Antifeminismus und Rechtspopulismus ein Forum bieten und ihr rückwärtsgewandtes Weltbild als Wissenschaft aufwerten wollen.

"Wir stellen uns entschieden gegen das Erstarken von rückwärtsgewandten und rechten Kräften, die unter dem Deckmantel der Wissenschaft ihre Hetze verbreiten wollen", sagt Mario Kleinschmidt für das Aktionsbündnis.

Dass es bei dem 'Gender-Kongress' mitnichten darum geht, sich kritisch mit Fragen geschlechtlicher und sexueller Vielfalt auseinander zu setzen, lässt sich bereits an der Zusammenstellung des Programms wie auch den Mitwirkenden erkennen. "Besonders skurril erscheint der geplante 'Gender-Kongress', wenn man den bisherigen Leitspruch "Gegen die Gender-Ideologie" und das vermeintliche Feindbild der selbstbenannten "Demo für Alle" berücksichtigt", ergänzt Kleinschmidt. Kritik übt Kleinschmidt zudem an der Stadt Stuttgart die über die städtische Gesellschaft in.Stuttgart dem 'Gender-Kongress' die Räumlichkeiten in der Liederhalle zur Verfügung stellt. "Mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung hat die Hetze gegen sexuelle Selbstbestimmung nichts zu tun", so Kleinschmidt.

Gegen diese Form der Pseudowissenschaft formieren sich Proteste, um deutlich zu machen, dass Diskriminierung pluraler Lebensrealitäten Diskriminierung bleibt - egal, in welches Gewand sie gesteckt wird.

Anlaufpunkt der Gegenproteste am 23. Januar ist ab 9 Uhr die Grünfläche vor der Liederhalle. Neben einem Rahmenprogramm mit Musik- und Redebeiträge wird es lautstarke Proteste geben

Das Aktionsbündnis "Ein (r)echtes Problem" veranstaltet auch am 28. Februar 2016 (ab 12:30 Uhr, Schlossplatz) eine Kundgebung mit Livemusik gegen die geplante "Demo für Alle".

Das "Ein (r)echtes Problem! - Bündnis" ist das Stuttgarter Aktionsbündnis gegen die selbsternannte "Demo für Alle". Im Sommer 2015 haben wir uns als Bündnis konstituiert, um gemeinsam und Spektrenübergreifend gegen die rechten Hetze der "Demo für Alle" in unserer Stadt aktiv zu werden. Das Bündnis besteht aktuell aus dem Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region, den Jusos Stuttgart, der Grünen Jugend Stuttgart, der Grünen Jugend Baden-Württemberg, der ver.di Jugend Stuttgart, ZusammenKämpfen Stuttgart, der IG Metall Jugend Stuttgart, der Antifaschistischen Aktion (Aufbau) Stuttgart, den PIRATEN Stuttgart, der Giordano-Bruno-Stiftung, der PARTEI, der Linken, der VVN-BdA, der Naturschutzjugend Baden-Württemberg, der BUNDjugend Baden-Württemberg, der Frauengruppe Stuttgart sowie engagierten Einzelpersonen.

Im Internet finden Sie uns bei Facebook: Aktionsbündnis gegen die "Demo für Alle", die Kundgebung am 23. Januar bewerben wir hier, einen Link zur Bündniskundgebung am 28. Februar finden Sie hier.

Für weitere Informationen und Rückfragen wenden Sie sich bitte an keine-demo-fuer-alle [at] freenet.de

Quelle: Pressemitteilung 14. Januar 2015

Zu den politischen Konsequenzen sexualisierter Silvestergewalt: Gegen rassistische Hetze und asylfeindliche Sündenbockpolitik!

Bundestag soll geplanter Verschärfung des Ausweisungsrechts Absage erteilen

Zur aktuellen politischen und Mediendebatte über Täter und rechtspolitische Folgen der zu Sylvester insbesondere in Köln stattgefundenen sexualisierten Gewalt fordern der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und der Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein - in Abstimmung mit dem Flüchtlingsrat Niedersachsen - ein seriöses Herangehen bei der Identifizierung der Täter und der Analyse der Tatbestände anstatt kurzschlüssiger Schuldzuweisungen und Sippenhaftgesetzgebungen.

Die Übergriffe gegen Frauen zu Sylvester in Köln, Hamburg und anderen Orten stellen exzessive Formen sexualisierter Gewalt dar. Diese Taten müssen umfassend aufgeklärt und ggf. in diesem Zusammenhang existierende Strafrechtslücken geschlossen werden. Seit vielen Jahren schon offenbart der regelmäßige sexistische bundesdeutsche Alltag hier vielfältige rechtspolitische Handlungsbedarfe. Jedoch wurden Tatbestands- und Opferberichte über Gewalt gegen Frauen, Lesben und Transpersonen in Deutschland genauso regelmäßig von Politik und Medien ignoriert.

Auch Migrant_innen mit und ohne Fluchtmigrationshintergrund sind Leidtragende männlicher Gewalt. Sexismus und sexualisierte Gewalt sind ein fortwährendes Problem unserer Gesellschaft, das alle betrifft. Aus diesem Grund gehören der Einsatz gegen Sexismus und die Weiterentwicklung institutioneller Strukturen zum Schutz von Betroffenen selbstverständlich auf die Tagesordnung.

Notwendig ist Aufklärung der Ereignisse der Silvesternacht und eine nüchterne Analyse: Wer waren die Täter, wie waren sie organisiert, welche Straftatbestände waren erfüllt? Derzeit wird das öffentliche Drama beherrscht von einem Spiel mit Ängsten und von interessengeleiteten Instrumentalisierungen, in deren Windschatten es sich einmal mehr Gesetzesinitiativen wie der „Gemeinsame Vorschlag von BMI und von BMJV zur erleichterten Ausweisung von Straftäter" vom 12. Januar 2016 leicht machen, weitgehend pauschal Flüchtlinge als Sündenböcke verunglimpfen und das Aufenthaltsrecht zum verlängerten Arm der Strafverurteilung missbrauchen wollen.

Flüchtlingsrat und Antidiskriminierungsverband fordern den Bundestag auf, sich am Mittwoch den 13. Januar bei der Plenardebatte zu den Konsequenzen aus den Vorkommnissen der Kölner Silvesternacht deutlich gegen den von den Bundesministerien für Inneres und Justiz aus den Schubladen gezogenen Maßnahmenkatalog zur Verschärfung des Ausweisungsrechts auszusprechen. „Wir wenden uns gegen pauschale Stigmatisierung von Flüchtlingen , und gegen die Instrumentalisierung der Opfer im Interesse populistischer Stimmungsmache, bei der sexualisierte Gewalt und Gewalt gegen Frauen nur dann thematisiert wird, wenn die Täter die vermeintlich –šAnderen–˜ sind“, mahnt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.

Bei jedem deutschen Großereignis wird sexualisierte Gewalt und Gewalt gegen Frauen ausgeübt. Jedes Jahr werden beispielsweise auf dem Münchner Oktoberfest im Schnitt zehn Vergewaltigungen polizeilich erfasst; die Dunkelziffer wird von Polizei und Opferverbänden auf 200 geschätzt. Auch im Karneval kommt es immer wieder zu massiven Übergriffen und zahlreichen sexistischen Verbrechen. Zahlen des Bundesfamilienministeriums zeigen: Knapp 60 Prozent aller Frauen, die in Deutschland leben, wurden bereits sexuell belästigt, jede siebte hat strafrechtlich relevante Formen sexueller Gewalt erfahren. Diese lange bekannten Daten waren Politik und Medien bis dato aber kaum der Rede wert.

Wenig glaubwürdig ist es vor diesem Hintergrund, wenn jetzt ausgerechnet diejenigen, die eben noch ein konservatives Geschlechterrollenbild und Heim und Herd propagiert haben, nun die Rechte der Frauen entdecken und diese für ihre asylfeindlichen politischen Zwecke instrumentalisieren.

Wir begrüßen die aktuelle Diskussion um Sexismus und sexualisierte Gewalt, doch wir lehnen es ab, sie zur Rechtfertigung von Sündenbockpolitik oder gar für rassistische Hetze zu missbrauchen. Wenn z.B. das aktuelle Fokus-Titelblatt eine weiße nackte Frau mit schwarzen Handabdrücken veröffentlicht, dann stellt das genau die Form der Ethnisierung einer gesellschaftlichen Problemlage dar, die wir für falsch und gefährlich halten. Es ist für alle schädlich, wenn feministische Anliegen instrumentalisiert werden, um gegen einzelne Bevölkerungsgruppen zu hetzen. Zum einen weil das rassistische Narrativ 'schwarzer Mann vergewaltigt weiße Frau' Hetze gegen migrantische Männer verfestigt und zudem migrantische und geflüchtete Betroffene aus der Diskussion ausblendet. Zum anderen weil diese Debatte den Betroffenen von sexualisierter Gewalt schadet, da sie eine wirkliche Auseinandersetzung über Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen verhindert.

Repression wird beschworen, wo inhaltliche Konzepte nötig wären. Grundsätzliche Fragen bleiben weiterhin unbeantwortet: Wie kann eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in unserer Gesellschaft gewährleistet werden? Wie erreichen wir, dass Frauen in Deutschland unabhängig von ihrer Herkunft nicht diskriminiert und benachteiligt werden? Was müssen wir tun, damit auch Flüchtlingsfrauen, ob in Notunterkünften des Landes oder in kommunalen Unterkünften, institutionell geschützt und systematisch gefördert werden? Wie kann der Benachteiligung von Flüchtlingsfrauen bei der Integrationsförderung nachhaltig begegnet werden?

Doch anstatt zielführende Antworten zu geben, genügt sich die Politik einmal mehr darin, das Ausländerrecht zu verschärfen und eine härtere Gangart gegenüber Flüchtlingen zu fordern. „Null Toleranz gegenüber kriminellen Ausländern“ –“ das ist die Botschaft, die selbst Vertreterinnen der sogenannten bürgerlichen Parteien seit Tagen in die Mikrofone und Notizblöcke der Journalistinnen rufen. „Haft in der Heimat“ (Sigmar Gabriel, SPD), „abschieben, bevor das Asylverfahren zu Ende ist“ (Joachim Herrmann, CSU), „schärfere Gesetze“ (Volker Kauder, CDU), „Hürden für die Abschiebung senken“ (Christian Lindner, FDP), „Schusswaffen gegen diese Horden“ (MdL Frank Oesterhelweg, CDU Niedersachsen). Derartige Aussagen sind in keiner Weise lösungsorientiert, sind allerdings sehr geeignet, rassistische Stimmungen in der Gesellschaft zu fördern.

Gerade weil Staat und Gesellschaft in Deutschland den Menschenrechten verpflichtet sind, und Flüchtlingen eine Orientierung an den Menschenrechten abverlangt wird, müssen Entscheidungen über Ausweisung und Abschiebung straffällig gewordener Flüchtlinge besonderer Aufmerksamkeit unterliegen. Das bedeutet, ein nach der Genfer Flüchtlingskonvention Schutzberechtigter darf nicht einfach in ein Land expediert werden, in dem er politische Verfolgung befürchten muss. Auch ein straffälliger Flüchtling darf gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Folter, die Todesstrafe oder eine sonstige menschenrechtswidrige Behandlung droht. Bei allen Entscheidungen über ein Aufenthaltsrecht sind die persönlichen Interessen und Bindungen des Betroffenen gegen das öffentliche Interesse abzuwägen. Je länger ein Flüchtling in Deutschland lebt und je stärker seine Verwurzelung in Deutschland ist, desto größer ist das persönliche Interesse zu gewichten. Hau-Ruck-Aktionen und Schnellschüsse darf es in einem demokratischen Rechtsstaat nicht geben.

Quelle: Gemeinsame Presseerklärung, Kiel, 13.01.2016
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. • www.frsh.de
Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein e.V. • www.advsh.de

VVN-BdA: Solidarität mit Kritikern eines AfD-Aktivisten in einer Karlsruher Hochschulleitung

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –“ Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) Kreisvereinigung Karlsruhe bezieht sich auf den ZEITonline-Artikel vom 28. Dezember 2015 „Feigenblätter über Karlsruhe“, die Online-Ausgabe eines ZEIT-Artikels vom 3. Dezember. Darin wird über den Protest von Studierenden und Wissenschaftlern über die AfD-Aktivitäten von Dr. Marc Jongen, dem persönlichen Assistenten des Rektors der Karlsruher Hochschule für Gestaltung (HfG) Prof. Peter Sloterdijk, berichtet.

Dr. Jongen ist stellvertretender Sprecher und Programmkoordinator der AfD Baden-Württemberg und Mitglied der AfD-Bundesprogrammkommission, das heißt ideologischer Vormann einer fremdenfeindlichen, rechtsnationalen Partei mit Verbindungen zur Neonazi-Szene. Als persönlicher Assistent des Rektors ist Dr. Jongen Mitglied des HfG-Senats, Leiter des HfG-„International Office“ und Herausgeber der Schriftenreihe „HfG Forschung“.

Zehn besorgte WissenschaftlerInnen der Buchreihe „HfG Forschung“ haben in einem öffentlichen Brief am 4. Dezember „Gegen die Salonfähigkeit neuer Rechter in der HfG“ verlangt, Dr. Jongen als Herausgeber abzulösen.

In der ZEIT wurde berichtet, dass sich der Rektor auf ausdrückliche Nachfrage nicht äußern wollte. Kurz darauf wurde jedoch in der Presse eine Stellungnahme des Rektors bekannt. In dieser stellte er sich hinter seinen AfD-Aktivisten. Perfide. Nicht nur wegen der Argumentation („AfD verfassungskonform“, „Mitgliedschaft reine Privatsache“) sondern auch wegen der Auskunftsverweigerung gegenüber der ZEIT. Das ist mit den Aufgaben des Rektors einer öffentlichen Bildungseinrichtung völlig unvereinbar.

Dr. Jongen dreht den Spieß inzwischen nach rechtspopulistischem Muster um und bewertet auf Facebook die Aktion an seiner Hochschule als Diffamierungskampagne gegen ihn, die das zweifelhafte Demokratieverständnis der Drahtzieher offenbare. Nach den Badischen Neuestens Nachrichten vom 9. Dezember setzt er noch einen drauf. Dort spricht er von Gesinnungsdiktatur und fühlt sich an die „Unterdrückungsmechanismen“ erinnert, „wie man sie von totalitären Regimen kennt“.

Als Organisation der nach der Befreiung vor 70 Jahren gegründeten Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes melden wir uns zu Wort, weil wir bundesweit über den Fall aufklären wollen und um unsere Solidarität mit den Kritikern zu bekunden.

Die Kritiker in die Ecke eines zweifelhaften Demokratieverständnisses zu stellen, Unterdrückungsmechanismen in totalitären Regimen gleichzustellen und damit einschüchtern zu wollen, erinnert fatal an die Methoden, die den Untergang der Weimarer Demokratie begleitet haben, mit den bekannten furchtbaren Folgen.

Positiv hervorheben möchten wir Prof. Beat Wyss von der HfG Karlsruhe, der ebenso wie die zehn benannten WissenschaftlerInnen der Buchreihe mit Prof. Friedrich von Borries aus Hamburg verantwortungsbewusst handelt. Solche Menschen sind Vorbilder für die Studierenden.

Wie der SWR am 22. Dezember meldete, ist Rektor Sloterdijk inzwischen in den Ruhestand getreten, nicht ohne vorher Jongens Vertrag zu entfristen. Sein Nachfolger tritt im Februar den Dienst an. Der AStA plant eine Vollversammlung der Studierenden im Januar, um über etwaige Protestaktionen zu beraten.

Besonders die in verantwortlichen Positionen tätigen WissenschaftlerInnen in Rektoraten und Senaten der Hochschulen haben eine Vorbildfunktion für die Studierenden und sind gehalten, alle Entscheidungen im Interesse des Bildungsauftrags der öffentlichen Hochschulen für Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden aktiv zu gestalten. Dieser Bildungsauftrag wird in der HfG Karlsruhe aufgrund der vorgenannten Vorkommnisse verletzt. Im Allgemeininteresse muss diese Verletzung geheilt werden.

Aufruf türkischer Akademiker_Innen und Wissenschaftler_Innen gegen Vernichtungs- und Vertreibungspolitik

Wir, die Akademiker/innen und Wissenschaftler/innen dieses Landes werden nicht Teil dieses Verbrechens sein! Der Türkische Staat verurteilt seine Bürger/innen in Sur, Silvan, Nusaybin, Cizre und in vielen weiteren Orten mit wochenlangen Ausgangssperren zum Verhungern und Ausdursten.

Unter kriegsartigen Zuständen werden ganze Viertel und Stadtteile mit schweren Waffen angegriffen. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auf Freiheit und Sicherheit vor Übergriffen, insbesondere das Verbot von Folter und Misshandlung, praktisch alle Freiheitsrechte, die durch die Verfassung und durch die Türkei unterzeichnete internationale Abkommen unter Schutz stehen, werden verletzt und außer Kraft gesetzt. Diese gezielt und systematisch umgesetzte gewaltsame Vorgehensweise entbehrt jeglicher rechtlichen Grundlage.

Sie ist nicht nur ein schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung, sondern verletzt internationale Rechtsnormen wie das Völkerrecht, an die die Türkei gebunden ist. Wir fordern den Staat auf, diese Vernichtungs- und Vertreibungspolitik gegenüber der gesamten Bevölkerung der Region, die jedoch hauptsächlich gegen die kurdische Bevölkerung gerichtet ist, sofort einzustellen. Alle Ausgangssperren müssen sofort aufgehoben werden. Die Täter und die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die materiellen und immateriellen Schäden, die von der Bevölkerung zu beklagen sind, müssen dokumentiert und wiedergutgemacht werden. Zu diesem Zweck verlangen wir, dass nationale und internationale unabhängige Beobachter freien Zugang zu den zerstörten Gebieten erhalten, um die Situation vor Ort einzuschätzen und zu dokumentieren.

Wir fordern die Regierung auf, die Bedingungen für eine friedliche Beilegung des Konflikts zu schaffen. Hierfür soll die Regierung eine Roadmap vorlegen, die Verhandlungen ermöglicht und die Forderungen der politischen Vertretung der kurdischen Bewegung berücksichtigt. Um die breite Öffentlichkeit in diesen Prozess einzubinden, müssen unabhängige Beobachter aus der Bevölkerung zu den Verhandlungen zugelassen werden.

Wir bekunden hiermit unsere Bereitschaft, freiwillig an dem Friedensprozess teilzunehmen. Wir stellen uns gegen alle repressiven Maßnahmen, die auf die Unterdrückung der gesellschaftlichen Opposition gerichtet sind. Wir fordern die sofortige Einstellung der staatlichen Repressionen gegen die Bürger/innen. Als Akademiker/innen und Wissenschaftler/innen dieses Landes bekunden wir hiermit, dass wir nicht Teil dieser Verbrechen sein werden und in den politischen Parteien, im Parlament und in der internationalen Öffentlichkeit, Initiative ergreifen werden, bis unser Anliegen Gehör findet.

Quelle und Möglichkeiten zur Unterstützung des Aufrufes

Türkischer Originaltext:

“Devletin vatandaÅŸlarına uyguladığı ÅŸiddete hemen ÅŸimdi son vermesini talep ediyor, bu ülkenin akademisyen ve araÅŸtırmacıları olarak sessiz kalıp bu katliamın suç ortağı olmayacağımızı beyan ediyor, bu talebimiz yerine gelene kadar siyasi partiler, meclis ve uluslararası kamuoyu nezdinde temaslarımızı durmaksızın sürdüreceÄŸimizi taahhüt ediyoruz.–

Türkiye ve dünyadan 1400–™ü aÅŸkın akademisyen ve araÅŸtırmacı, Kürt illerindeki yasak ve ÅŸiddete son verme ile müzakereleri baÅŸlatma çaÄŸrısının yer aldığı “Bu suça ortak olmayacağız– baÅŸlıklı metne imza attı.

Kampanyanın çaÄŸrıcılığını yapan Barış İçin Akademisyenler, imzacıları ve bundan sonraki adımlarını Ä°stanbul ve Ankara–™da eÅŸ zamanlı yapılan basın açıklamasında paylaÅŸtı.

Metne, Türkiye–™de 89 üniversiteden farklı unvan ve yaÅŸlardaki 1128 akademisyen ve araÅŸtırmacı ile yurtdışından Noam Chomsky, Judith Butler, Etienne Balibar ve David Harvey gibi isimlerin yer aldığı 355–™i aÅŸkın isim imza verdi.

İmza kampanyası devam ediyor.

"Yasaklar kaldırılsın"


Ä°stanbul–™daki basın açıklamasında metnin Türkçesini Dr. Alper açık, Kürtçesini ise Dr. Yıldız Önen okudu.

Türkiye Cumhuriyeti–™nin uzun süren sokaÄŸa çıkma yasakları adı altındaki uygulamalar ile hak ihlallerine yol açtığını ve kendi hukukunu ve taraf olduÄŸu anlaÅŸmaların kurallarını ihlal ettiÄŸini vurguladılar.

Metinde talepler ÅŸöyle sıralandı:

Devletin baÅŸta Kürt halkı olmak üzere tüm bölge halklarına karşı gerçekleÅŸtirdiÄŸi katliam ve uyguladığı bilinçli sürgün politikasından derhal vazgeçmesini,

Sokağa çıkma yasaklarının kaldırılmasını,

Gerçekleşen insan hakları ihlallerinin sorumlularının tespit edilerek cezalandırılmasını,

Yasağın uygulandığı yerde yaşayan vatandaşların uğradığı maddi ve manevi zararların tespit edilerek tazmin edilmesini,

Bu amaçla ulusal ve uluslararası bağımsız gözlemcilerin yıkım bölgelerinde giriÅŸ, gözlem ve raporlama yapmasına izin verilmesini,

Müzakere koÅŸullarının hazırlanmasını ve kalıcı bir barış için çözüm yollarının kurulmasını,

Hükümetin Kürt siyasi iradesinin taleplerini içeren bir yol haritasını oluÅŸturmasını talep ediyoruz.

Müzakere görüÅŸmelerinde toplumun geniÅŸ kesimlerinden bağımsız gözlemcilerin bulunmasını talep ediyor ve bu gözlemciler arasında gönüllü olarak yer almak istediÄŸimizi beyan ediyoruz. Siyasi iktidarın muhalefeti bastırmaya yönelik tüm yaptırımlarına karşı çıkıyoruz.

"Sessiz kalmayın" çağrısı


Kampanya metninin okunmasının ardından Barış İçin Akademisyenler adına konuşan Doç. Dr. Zeynep Kıvılcım, bundan sonraki yol haritaları hakkında bilgi verdi.

Dayanışma ve mücadeleye devam edeceklerini söyledi.

Kürt illerine ziyaret, gözlem ve araÅŸtırmalarıyla oluÅŸturdukları bilgiyi paylaÅŸarak kamuoyu oluÅŸturma, Meclis–™te görüÅŸmeler yapma, müzakerelerin baÅŸlaması için araÅŸtırmalarına devam etme gibi çalışmalarının süreceÄŸini belirtti.

"Tüm Türkiye'yi seslerini yükseltmeye ve savaşı reddetmeye çağırıyoruz."

Kampanyanın tam metnine buradan ulaşabilirsiniz.

Ä°mza kampanyasına katılmak için imzalarınızı üniversiteniz ve ünvanınız ile birlikte [email protected] adresine yollayabilirsiniz. (BK)

Englischsprachige Übersetzung vom inzwischen offenbar abgeschalteten Server:

“We ask the state to put an end to violence inflicted against citizens right now, we as academics and researchers of this country declare that we won–™t be a party to this crime and that promise that we will sustain our stance in the presence of political parties, parliament and international public–.

Over 1,400 academics and researchers from Turkey and abroad have signed the statement titled “We will not be a party to this crime–.

Academics for Peace which has initiated the campaign has shared their next steps and signees in the press statement held simultaneously in Ä°stanbul and Ankara.

1,128 academics from 89 universities in Turkey, and over 355 academics and researchers from abroad including figures such as Noam Chomsky, Judith Butler, Etienne Balibar and David Harvey have signed a text calling on state of Turkey to end state violence and prepare negotiation conditions.

The petition is ongoing.

As academics and researchers of this country, we will not be a party to this crime!

"The Turkish state has effectively condemned its citizens in Sur, Silvan, Nusaybin, Cizre, Silopi, and many other towns and neighborhoods in the Kurdish provinces to hunger through its use of curfews that have been ongoing for weeks. It has attacked these settlements with heavy weapons and equipment that would only be mobilized in wartime. As a result, the right to life, liberty, and security, and in particular the prohibition of torture and ill-treatment protected by the constitution and international conventions have been violated.

This deliberate and planned massacre is in serious violation of Turkey–™s own laws and international treaties to which Turkey is a party. These actions are in serious violation of international law.

We demand the state to abandon its deliberate massacre and deportation of Kurdish and other peoples in the region. We also demand the state to lift the curfew, punish those who are responsible for human rights violations, and compensate those citizens who have experienced material and psychological damage. For this purpose we demand that independent national and international observers to be given access to the region and that they be allowed to monitor and report on the incidents.

We demand the government to prepare the conditions for negotiations and create a road map that would lead to a lasting peace which includes the demands of the Kurdish political movement. We demand inclusion of independent observers from broad sections of society in these negotiations. We also declare our willingness to volunteer as observers. We oppose suppression of any kind of the opposition.

We, as academics and researchers working on and/or in Turkey, declare that we will not be a party to this massacre by remaining silent and demand an immediate end to the violence perpetrated by the state. We will continue advocacy with political parties, the parliament, and international public opinion until our demands are met".
(BK/TK)

* For international support, please send your signature, name of your university and your title to [email protected] .

kritisch-lesen.de Nr. 38: Asylpolitik: Wider die Bewegungsfreiheit

Refugee Schul- und Unistreik gegen Rassismus in Berlin
Foto: Christina Palitzsch, Umbruch-Bildarchiv, Berlin
„Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland noch tragen?“ So lautet wohl eine der häufigsten Fragen, die aktuell durch Medien, Politik und Gesellschaft geistern. Bilder von „Flüchtlingsströmen“, die die Grenzen Europas überschreiten und nach Deutschland einreisen wollen, sind überall präsent. Das Boot ist mal wieder voll. Unterteilt werden Flüchtlinge nach denen, die „asylwürdig“ sind, und denen, die angeblich das Recht auf Asyl missbrauchen. Hinzu kommt: Seit den Anschlägen im November in Paris ist die Debatte (mal wieder) von antimuslimischen Stereotypen geprägt, schließlich könnte jeder eingereiste Syrer auch ein Terrorist sein. Grund genug eine europäische Abschottungspolitik zu legitimieren und auszubauen. Gleichzeitig machen Bilder von engagierten Bürgern die Runde, die ehrenamtlich die zahlreichen „wirklichen“ Flüchtlinge mit Bonbons und Blumen willkommen heißen. Das Dilemma ist offensichtlich: Angesichts der aktuellen Verhältnisse ist - auch individuelle, vermeintlich unpolitische - Unterstützung notwendig. Gleichzeitig können staatliche Stellen die Unterstützung nutzen, um öffentliche Aufgaben an Privatpersonen zu delegieren und Willkommenspatriotismus zu propagieren. Brennende Wohnheime, menschenunwürdige Lebensbedingungen, institutioneller Rassismus und alltägliche Hetze gegen Geflüchtete werden nur zu oft unter den schwarz-rot-goldenen Teppich der Menschlichkeit gekehrt. Von Lagerunterbringung, Kriminalisierung und Übergriffen durch Bürgerwehren spricht kaum jemand. Zwar berichten Medien über Zusammenschlüsse wie Pegida, jedoch nur als ein Problem abseits von der Mitte der Gesellschaft: Das hat doch nichts mit uns zu tun!

Auch die jüngsten repressiven Gesetzesänderungen wie das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz und das Entlastungsbeschleunigungsgesetz, die die Lebenssituation von Geflüchteten noch einmal stark verschlechtert haben, sind nur partiell bekannt. Für die Lebenssituation derjenigen, die aus vermeintlich „sicheren Herkunftsstaaten“ nach Deutschland kommen, interessiert sich kaum jemand. Schließlich sind hier oft Sinti und Roma betroffen, die in Anbetracht des nicht neuen Antiziganismus ohnehin wenig Lobby haben. Und schließlich bleibt ein Thema weitgehend ausgeblendet: Fluchtursachen. Waffenexporte, Kriegsbeteiligung - Deutschland und Europa sind direkt involviert in Kriege und Konflikte. Verantwortlich werden sie jedoch nicht gemacht. Die Opferrolle mimen diese Akteure aber mit voller Inbrunst.

Aus einer linken Perspektive ist es vor diesem Hintergrund wichtig, das Thema der deutschen Asylpolitik wieder mehr in den Fokus der Auseinandersetzung zu rücken. Es geht darum die rassistische Unterteilung zwischen nützlichen und nicht asylwürdigen Menschen zu benennen. Während auf der einen Seite die erleichterte Erteilung einer Arbeitserlaubnis gefordert wird, ermöglichen die aktuellen Verschärfungen schnellere Abschiebungen. Auch die Widersprüche zwischen einer Kritik an individueller Unterstützung bei gleichzeitiger Notwendigkeit werfen alltäglich neue Fragen an Linke auf. Deutsche Asylpolitik ist zuletzt erst dann zu fassen, wenn innereuropäische Grenz- und Abschottungspolitiken in eine Analyse miteinbezogen und angegriffen werden. Ein Blick über den nationalstaatlichen Tellerrand ist notwendig, um deutsche Asylpolitik zu erklären.

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Doku: Angela Davis - der Kampf geht weiter!

Tolle Doku über Angela Davis und ihr Leben im Kontext der gesellschaftlichen Kämpfe seit 1961 von arte.tv:

"Angela Davis, geboren 1944 in Birmingham, Alabama, ist Bürgerrechtlerin, Philosophin, Humanwissenschaftlerin, Schriftstellerin - Feministin und Kommunistin.

Während ihres Studiums an der Brandeis University lernte sie 1961 Herbert Marcuse kennen und studierte auf dessen Vermittlung ab 1965 in Frankfurt am Main Philosophie und Soziologie, unter anderem bei den Begründern der Kritischen Theorie, Adorno und Horkheimer.

1969 begann sie ihre Laufbahn an der University of California, ihr wurde jedoch nach Bekanntwerden ihrer Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei vom damaligen Gouverneur Ronald Reagan gekündigt. Als Sympathisantin der "Black-Panther"-Bewegung setzte sie sich aktiv für die Rechte der politischen Gefangenen ein. 1970 stand sie wegen Mordes, Entführung und Verschwörung auf der Meistgesuchten-Liste des FBI, wurde mit der Todesstrafe bedroht, nach millionenhaften Protesten jedoch 1972 von allen Vorwürfen freigesprochen. In den folgenden Jahren referierte sie auf zahlreichen internationalen Kongressen über soziale Gerechtigkeit und die Rechte von Inhaftierten.

Auch heute geht ihr Kampf weiter: Schwerpunkt ihrer vielbeachteten Arbeit ist die Untersuchung des "Gefängnisindustriellen Komplexes", das heißt der Gesetzmäßigkeiten, die der Unterdrückung aufgrund des Geschlechts, der Rasse und der Klasse in den USA und weltweit in Zeiten der Globalisierung zugrunde liegen. Angela Davis ist unter anderem Sprecherin der Kampagne gegen die Todesstrafe." (arte)

Melodie & Rhythmus: Migration und Flucht

"Die Forderung des Ausbaus der Festung Europa und der Einführung von »Obergrenzen« für die Aufnahme von Flüchtlingen wird zunehmend aggressiv formuliert. Fremdenfeindliche Hetze grassiert; darunter das perfide Gerücht über muslimische Migranten, die angeblich die »offene Gesellschaft« mit »islamistischem Terror« infiltrieren. Einige, denen das nicht reicht, schreiten zur Tat. Sie attackieren Schutzsuchende und zünden Flüchtlingsunterkünfte an. Die Eskalation auf allen politischen Ebenen macht deutlich: Hier steht weitaus mehr auf der Tagesordnung als ein Streit um Zahlen und unterschiedlichen Vorstellungen über »Willkommenskultur« –“ hier äußert sich auch das Bedürfnis nach Wahrung des räuberisch erworbenen Besitzstandes der »zivilisierten Welt«. Die Menschen, die derzeit über das Mittelmeer oder die Balkanroute zu uns kommen, halten uns den Spiegel vor: Ihre Not und ihr Elend bezeugen die Verbrechen des westlichen Imperialismus, dessen Bombenterror in den vergangenen Jahrzehnten Hunderttausende getötet und die Lebenswelten von Millionen in Trümmerwüsten verwandelt hat."

Was hat das mit Musik zu tun?

Jede Menge!!

Weiter im Editorial der aktuellen M&R und vor allem in ihren aktuellen Artikeln, Interviews etc. ....
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