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Solidaritätserklärung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit mit Hamburger Demofotografen

Am Mittwoch durchsuchte die Hamburger Polizei bei einem Linke- und ver.di-Aktivisten die Wohnung. Dazu eine Solidaritätserklärung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit:

Sehr geehrte Damen und Herren,
am Morgen des 23.07. hat es eine Hausdurchsuchung bei dem Mitglied der Partei DIE LINKE und ver.di-Jugendvertreter T. gegeben, der Betreiber der Facebookseite Demofotografie HH ist. Auf dieser Website werden Bilder von Demonstrationen gepostet.

Angeblich wurden durch die Veröffentlichung der Fotos die Persönlichkeitsrechte von PolizeibeamtInnen verletzt. Abgesehen davon, dass die Teilnahme -“ auch im Dienst als PolizistIn -“ bei öffentlichen Versammlungen Teil des öffentlichen Lebens ist und man damit rechnen muss, auf Fotos zu erscheinen, ist es völlig unverhältnismäßig deswegen eine Hausdurchsuchung durchzuführen.

Die Polizei scheint der Meinung zu sein, dass ihr Verhalten auf Demonstrationen in der Öffentlichkeit nicht dokumentiert werden soll. Angesichts der vielfältigen Übergriffe der Polizei in Hamburg gegen Flüchtlinge und DemonstrantInnen in den letzten Wochen und Monaten, ist das zwar nicht überraschend -“ aber eine öffentliche Dokumentation umso wichtiger.

Die Hausdurchsuchung kann in diesem Zusammenhang nur als offensichtlicher Einschüchterungsversuch gegen AktivistInnen verstanden werden.. Wir werten dies auch als einen Angriffe auf die Pressefreiheit und damit auf unsere erkämpften demokratischen Rechte.

Wir erklären unsere Solidarität mit T. und fordern:
- die sofortige Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen ihn
- sofortige Rückgabe aller beschlagnahmten Gegenstände

Mit freundlichen Grüßen

Link zur Erklärung und Download

Happy Birthday, Assata Shakur!

Heute ist der 66. Geburtstag von Assata Shakur alias Joanne Chesimard. In den 1960er Jahren war sie Mitglied der Black Panther Party und später der Black Liberation Army. Auf ihren Kopf ist eine Belohnung von 2 Millionen US Dollar ausgesetzt. Sie ist eine von nur zwei US-Staatsangehörigen auf der FBI-Liste der "Most Wanted Terrorists".

"Der Gesuchten, die 1947 als Joanne Chesimard in New York geboren wurde und die seit 1984 politisches Asyl in Kuba genießt, wird die Beteiligung an einer Schießerei am 2. Mai 1973 vorgeworfen, bei der ein Polizist und ein Mitglied der "Black Panther Party" getötet worden waren. 1977 war sie deshalb wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, obwohl ihre Verteidigung nachweisen konnte, daß sie während des Gefechts keine Waffe abgefeuert hatte. 1979 gelang ihr die Flucht aus dem Hochsicherheitsgefängnis Hunterdon County. Nach einigen Jahren im Untergrund gelangte sie 1984 schließlich nach Kuba, wo ihr politisches Asyl gewährt wurde." (Quelle)

Aktuelle Lesetipps:

John Lawrence Seigenthaler verstorben

Gestern verstarb John Lawrence Seigenthaler (27. Juli 1927 - 11. Juli 2014). Der Journalist, Schriftsteller und Politiker wurde am 20. Mai 1961 von einem rassistischen Mob mit einer Eisenstange angegriffen und bewusstlos geschlagen, als er versuchte, einen Bus der "Freedom Riders" während dessen Halt an einer Tankstelle vor rassistischen Übergriffen zu verteidigen. Es brauchte 10 Minuten, bis er letztlich von der Polizei gerettet wurde. Der auch als Assistent des Bürgerrechtsanwaltes John Michael Doar arbeitetende Seigenthaler berichtet über den Vorfall in einem Video.

Zwischen Mai und Juni 1962 riskierten mehr als 400 afro-amerikanische und weiße AktivistInnen ihr Leben, wurden nicht selten angegriffen oder gleich ins Gefängis geworfen, nur, weil sie gemeinsam in Bussen und Zügen durch die Südestaaten der USA reisten, um gewaltfrei gegen die "Jim Crow Gesetze" zu protestieren. Über die Aktionen der "Fredom Riders" berichtet der gleichnamige, sehenswerte Film.


Erklärung der Flüchtlinge, die den Berliner Fernsehturm besetzt halten

Wir, mehr als 40 Geflüchtete, darunter auch Frauen aus verschiedenen Städten in Deutschland , sind seit heute im Fernsehturm in Berlin.
Wir sind aktiv seit mehr als zwei Jahren und haben uns an verschiedenen politischen Aktion beteidigt.
Überall werden wir abgelehnt. Jeder hat die gleiche Antwort für uns, jeder schiebt uns weiter, niemand hört uns zu.

Niemand will für uns Geflüchtete und die unmenschliche Gesetze, unter den wir leben müssen, zuständig sein.

Das jahrelange Warten, Lagerpflicht, Rsidenzpflicht, keine Arbeitserlaubnis, kein Recht zur Bildung und kein Recht auf Deutschkurse machen unser Leben unerträglich.
Wir haben letzte Woche in Nürnberg das Bundesamt für Migration in Nürnberg besetzt, um mit Verantwortlichen direkt sprechen zu können.
Wir sprachen mit Ihnen über unsere Probleme, doch auch sie schoben uns einfach weiter, ohne eine Lösung für uns parat zu haben.
Sie leugneten viele unsere Probleme und gaben an, das einzig und allein die Politiker_innen im Parlament etwas ändern könnten.
Da wir auf den Behörden nur ausgelacht und nicht ernst genommen werden, sehen wir uns gezwungen, den B erliner Fernsehturm zu besetzen.
Jeden Tag bringen sich in den Lagern in Deutschland Menschen um, weil sie dieses hoffnungslose und schmerzvolle Leben nicht mehr leben können.

Wir fordern ein Gespräch mit den verantwortlichen Politikern. Auch wir sind Menschen.

Via: Refugee Struggle for Freedom Bundesweiter Streik der Asylsuchenden

Mehr Infos:
• Twitter: #fernsehturm
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kritisch-lesen.de Nr. 33: Radikale Soziale Arbeit?

Soziale Arbeit = Systemerhaltend?
Foto: André Karwath aka Aka / [CC-BY-SA-2.5], via Wikimedia Commons
Angeregt durch eigene Verstrickungen und Genoss_innen, die ihre Lohnarbeit im Feld der Sozialen Arbeit leisten, widmen wir uns in unserer 33. kritisch-lesen.de-Ausgabe dem Thema Kritische Soziale Arbeit. Für die Soziale Arbeit gilt wie für jede andere Lohnarbeit zunächst einmal, dass sie, wenn auch nicht immer in direkter Form, auf einem Ausbeutungsverhältnis beruht. Dennoch scheint sie für einige Linke als Interventionsort attraktiv, was damit zusammenhängen dürfte, dass sie die direkte Arbeit mit denjenigen ermöglicht, die von der Gesellschaft ausgesondert wurden. In der direkten Arbeit changiert die Soziale Arbeit häufig zwischen Hilfe und Kontrolle − zwischen der Arbeit mit Menschen und der Arbeit an Menschen. Wir wollen die Widersprüche der Sozialen Arbeit diskutieren und aufzeigen, in welcher Weise diese herrschaftsstabilisierend ist und wo möglicherweise Widerstandspunkte liegen.

Die Widersprüche zeigen sich exemplarisch im ambivalenten Verhältnis zwischen Sozialer Arbeit und sozialen Bewegungen. Eben jenes Verhältnis nimmt Johanna Bröse in ihrer Rezension „Soziale Arbeit in Bewegung?“ in den Blick. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein Umdenken in der Ausrichtung der Sozialen Arbeit dringend notwendig ist. Einem konkreten Feld sozialer Bewegungen und dessen Verknüpfung mit Sozialer Arbeit widmet sich Wiebke Dierkes in ihrer Rezension zu „Erwerbslosigkeit und politischer Protest“. Obwohl das Buch der Sozialen Arbeit im Kontext von Erwerbslosenprotesten ein vernichtendes Zeugnis ausstellt, sieht die Autorin darin Anknüpfungspunkte für Menschen, die um eine Bestimmung von Kritischer Sozialer Arbeit in kapitalistischen Gesellschaften ringen.

Das politische Konzept Kritischer Sozialer Arbeit hat seinen Ursprung vor allem in den 1970er Jahren. Deshalb haben wir vier Klassiker der Kritischen Sozialarbeit ausgegraben und neu besprochen: Zunächst rezensieren Sven Schaub und Arne Sprengel „Gefesselte Jugend -“ Führsorgeerziehung im Kapitalismus“. Das Buch galt seinerzeit vor allem unter denjenigen Studierenden der Sozialen Arbeit als Pflichtlektüre, die nach einer alternativen und sozialistischen Erziehungspraxis suchten. Aber auch heute lohnt sich die Lektüre nicht nur wegen ihrer konsequenten Verbindung der Gesellschaftsanalyse von Marx und Engels mit einer Kritik der Sozialen Arbeit und ihrer Institutionen. Anschließend bespricht Sebastian Friedrich den Sammelband „Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen“ und stellt seine Neulektüre des Klassikers ins Verhältnis zu seiner ersten Begegnung mit dem Buch vor einigen Jahren. Er empfiehlt das Buch, da es in konstruktiver Weise Illusionen zuerstört. Anhand des Klassikers „Gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung“ sucht Vera Aulenbach nach systematischen Transformationsstrategien für Sozialarbeitende für eine sozial gerechte Gesellschaft. Judith Münzberger bespricht einen Klassiker aus der englischsprachigen Kritischen Sozialen Arbeit, die unter dem Namen „Radical Social Work“ firmiert.

Den Schwerpunkt schließen wir mit aktuelleren Ansätzen Kritischer Sozialer Arbeit. In die poststrukturalistischen Theorietraditionen, die in der aktuellen Kritischen Sozialen Arbeit hoch im Kurs stehen, reiht sich der Sammelband „Feministische Mädchenarbeit weiterdenken“ ein, der von Jamila Martin als bereichernde Lektüre für Praktiker_innen bewertet wird. Theoretischer geht es in der Rezension von Jannik Dohmen-Heinrichs zu „Foucaults Machtanalytik und Soziale Arbeit“ zu. Doch auch hier findet der Autor Anknüpfungspunkte für kritische Sozialarbeiter_innen. Einen lohnenden Beitrag zur machtkritischen Reflexion Sozialer Arbeit attestiert Anna Köster-Eiserfunke in ihrer Besprechung „What counts is what works?" dem Sammelband „Kritisches Forschen in der Sozialen Arbeit“. Henning van den Brink widmet sich mit seiner Rezension ebenfalls der Forschung in der Sozialen Arbeit und stellt mit dem Sammelband „Soziale Dienstleistungen aus Nutzersicht“ die sozialpädagogische Nutzerforschung vor.

Die sonstigen aktuellen Rezensionen beginnen mit dem Streik bei Ford in Köln im Jahr 1973, der Anlass für Jörg Huwers Buch „Gastarbeiter im Streik“ war. In dem Buch sieht Ceren Türkmen eine Basis für eine Geschichtsschreibung von unten. Mit dem europäischen Grenzregime und der Europäischen Union beschäftigen sich in dieser Ausgabe zwei Rezensionen. Katharina Schoenes hat Sonja Buckels Arbeit „Welcome to Europe“ gelesen, die eine Analyse des europäischen Migrationsmanagements anhand juristischer Auseinandersetzungen vornimmt. Aus einer ebenfalls hegemonietheoretischen und staatskritischen Perspektive bietet die Publikation „Kämpfe um Migrationspolitik" der Forschungsgruppe „Staatsprojekt Europa“ Anregungen, die Christoph Müller in „Materialistische Analyse europäischer Migrationspolitik“ bespricht. „Familiengefühle. Generationengeschichte und NS-Erinnerung in den Medien“ lautet der Titel einer kritischen Bestandsaufnahme zeitgenössischer Familienromane, die den Zweiten Weltkrieg und deutschen Nationalsozialismus verarbeiten. Michaela Hartl hebt in ihrer Rezension „Emotionalisierte Verstrickungen“ positiv die politische Haltung der Autor_innen zu ihrem literarischen Gegenstand hervor. Christin Bernhold wirft in „Killing Antifaschismus softly“ einen Blick auf den Band „Antifa heißt Luftangriff!“ von Susann Witt-Stahl und Michael Sommer. Ihnen zufolge entwickelt sich Antifaschismus zum Teil des Problems in Abgrenzung zu einer notwendigen revolutionären antifaschistischen Bewegung, die nicht in Sicht scheint. Durchorganisierte Strukturen, strategische Manipulation der öffentlichen Meinung und systematische Unterwanderung der Gesellschaft -“ im Reportageband „OhneMacht“ wird deutlich gemacht, dass dies die Kennzeichen der deutschen extremen Rechten sind. Stephanie Bremerich bespricht das Buch von Björn Menzel und Jörg Kiffmeier unter deren Einsicht „In Deutschland läuft etwas schief“. Christian Stache rezensiert einen Band, der wichtige Grundlagentexte zum Thema Tierethik versammelt, jedoch auch „Die Grenzen bürgerlicher Tierethik“ noch einmal verdeutlicht. Um das Bürgertum geht es auch in der Besprechung von Walter Wüllenwebers Pamphlet „Die Asozialen“. Dieses sei laut Christian Baron wütend, weil es Angst vor dem sozialen Abstieg hat und daher die Armen mittels der Botschaft: „Leistung, Leistung über alles“ zur „faulen Unterschicht“ erklärt .

Abschließend möchten wir noch auf zwei weitere Dinge hinweisen. Zuallererst bedauern wird, dass uns nach dieser Ausgabe zwei geschätzte Redaktionsmitglieder verlassen: Laura Janßen und Martin Brandt. Wir wünschen den beiden alles Gute und danken für die engagierte Zusammenarbeit! Außerdem werden wir von der Redaktion eine Pause einlegen und werden im Oktober nicht erscheinen. Nach etwas mehr als drei Jahren intensiver Arbeit möchten wir etwas durchatmen und die Zeit nutzen, um über konzeptionelle Veränderungen von kritisch-lesen.de nachzudenken.

Wir wünschen Euch viel Spaß beim kritischen Lesen und freuen uns aufs Wiederlesen!

Zu den Rezensionen.

NSA: Wenn alle Krimis wahr werden sollen...

Hauptquartier der National Security Agency in Fort Meade, Maryland
Foto: Wikimedia
Lizenz: Public Domain
Ich lese gerade "Last Exit" von Olen Steinhauer. Der amerikanische Autor scheint sich auszukennen. Und schildert Killermorde. Neben Verbrechen aller Art. Recht gut gemacht. Und vor allem in sich ganz glaubhaft geschildert. Auch die vertrauten Verkehrsformen zwischen Berliner und New Yorker Beseitigungsmethoden wird lebensnah geschildert. Verschwörungstheorien eben - wird mancher durch die Nase pusten. Und sich genüsslich weiter den Roman in sich einsickern lassen.

"Roman". Wenn es denn nur einer wäre. Seit den letzten Meldungen über die Aktivitäten des US-Geheimdienstes bleibt große Unsicherheit zurück. Da ist einmal der Bericht von "PANORAMA" vom letzten Donnerstag. Ausführlich wird dort aufgezeigt, wie ein Student nur deshalb ausgeforscht und eingeschüchtert wird, weil er eine Plattform zur Verschlüsselung eigener Nachrichten eingerichtet hat. Also soll offenbar schon der Versuch verfolgt werden, sich der Überwachung durch Dienste aller Art zu entziehen. In der gleichen Sendung wird dann eine Schulklasse vorgeführt, deren Lehrer die Stellen angibt, die zur automatischen Verschlüsselung beitragen können. Wer dann auf die Taste tippt, ist schon dran, bevor er auch nur den ersten Text tippt.

Die Nachricht über die Ausspähung des NSA-Ausschusses weisen in die gleiche Richtung. Es soll schon Furcht und Schrecken erregt werden für alle, die sich nur kümmern um den Schutz ihrer privaten Geheimnisse. Und zwar so, dass in den meisten Fällen zunächst gar nichts passiert. Um so gefährlicher die Gerüchtewelle! Wieso soll dann noch unmöglich sein, was in den Romanen geschildert wird. Wieso keine Meuchelabteilung im Dienst? Wenn doch in anderen Fällen die Mord-Helikopter so nahe liegen. Das heißt: es soll nicht jedem Einzelnen der Tod angedroht werden. Aber jeder Einzelne soll die Angst verspüren. Die totale. Vor allem, was gerade Dir zustoßen könnte. Es soll die Atmosphäre der Geheimhaltung sich ausbreiten. Denn jedes vorwitzige Gespräch untereinander kann schließlich genaus so gut abgehört werden. Und entsprechende Folgen nach sich ziehen.

Was ist dagegen zu tun. Die Appelle an Runge, den Generalbundesanwalt, werden wohl vergeblich sein. Er hängt an den Strippen der Bundeskanzlerin. Und die weiß, was zu tun ist. Schließlich will man auch immer mal wieder ein Schnäppchen bekommen, wenn gerade das Phantom der Rückkehrterroristen aus Nahost aufgebaut wird.

Bleibt nur das eine: Weitermachen. Der Versuchung grundloser Angst widerstehen. Wenn es erst einmal so weit gekommen ist, angezeigt zu werden wegen Verschlüsselungs-Versuchen, sich dem Gericht stellen. In der Hoffnung, dass andere mitaufstehen. Und alle insgesamt bekennen, dass das Recht zur Selbstverteidigung zum Unrecht vor dem Staat erklärt wird.

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