Skip to content

Der Bericht des Innenministers zum Polizistinnenmord in Heilbronn läßt alle Fragen offen. Alles nur Zufall?

Nach Ansicht der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -“ Bund der AntifaschistInnen Baden-Württemberg (VVN-BdA) läßt der heute von Innenminister Gall vorgelegte Bericht alle wichtigen Fragen, die sich aus dem Heilbronner Polizistinnenmord ergeben offen.

Laut Gall und den Ermittlungen des Landeskriminalamtes waren Michèle Kiesewetter und ihr überlebender Kollege lediglich Zufallsopfer der beiden NSU Terroristen Böhnhardt und Mundlos.

Angeblich „konnten keine Hinweise auf mit dem NSU vergleichbare Netzwerke oder Zellen in Baden-Württemberg gewonnen werden.“

Zu diesem Ergebnis kann der Bericht nur kommen, weil die dafür entscheidenden Fragen gar nicht gestellt oder abgetan wurden:


  • Warum hielten sich mindestens fünf Geheimdienstmitarbeiter in der Nähe des Tatortes auf?

  • Warum ähnelt keines der von Zeugen gefertigten Phantombildern den beiden Tatverdächtigen?

  • Warum wurde keinem der kurz nach der Tat vorliegenden Hinweise auf einen rechtsterroristischen Hintergrund des Mordes nachgegangen?

  • Wie kam es zum angeblichen Selbstmord eines der Hinweisgeber kurz vor seiner Befragung durch das LKA im letzten September auf dem Cannstatter Wasen?

Laut VVN-BdA Landessprecherin Janka Kluge bestätigt der Bericht den Eindruck, „dass ohne Rücksicht auf eine Vielzahl von Spuren, an einem vorgegeben Ermittlungsergebnis festgehalten wird: In Baden-Württemberg gibt es keine Probleme mit Rechtsterrorismus und der Verfassungsschutz wäscht seine Hände in Unschuld. Aus diesem Bericht spricht erneut nicht der Wille zur Aufklärung, sondern zur Vertuschung.“

Gerade nach diesem Bericht werde die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss des Landtages zum Komplex Rechtsterrorismus in Baden-Württemberg immer dringender.

Bereits der DGB hat auf seiner Bezirkskonferenz am 1.Februar in Ludwigsburg einen Beschluss verabschiedet, der diese Forderung erhebt. Nun hat auch der Landesvorsitzende der Grünen, Oliver Hildenbrand ein neues Nachdenken über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses angeregt.

Eine von den Landesbehörden unabhängige Untersuchung der Vorgänge um den Heilbronner Polizistenmord und die vielen Ungereimtheiten der Ermittlung ist unverzichtbar.

Auf Initative der VVN-BdA läuft derzeit eine Unterschriftskampagne zur Unterstützung dieser Forderung.

Ihre Notwendigkeit wurde erneut bestätigt.

Quelle: Pressemitteilung VVN - Bund der Antifaschisten Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V., via VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen

Buchbesprechung: „Ihr seid Träumer - sagte der Traum“ von Manfred Jansen

Die Welt der Warenproduktion ist das große Mysterium der bürgerlichen Gesellschaft. Gebirge von Waren begraben die Konsumenten unter sich -“ die Produzenten dieser Waren und die Umstände, unter denen sie leben und arbeiten, bleiben aber praktisch unsichtbar.

Medial und gesellschaftlich sind sie nicht präsent.

Manfred Jansen reißt mit seinem Buch „Ihr seid Träumer -“ sagte der Traum“ diesen Schleier des Schweigens weg und macht den Blick frei auf die Lebenswirklichkeit der Menschen, die mit der Profitproduktion den Lebensnerv der kapitalistischen Gesellschaft ausmachen.

Er beschreibt über zehn Jahre hinweg den Kampf der dreihundertköpfigen Belegschaft eines Metallbetriebs in Stuttgart: Gegen Massenentlassungen, die Zerschlagung bzw. Schließung des Betriebs, gegen den Angriff auf tarifliche Rechte.
Die Arbeiterklasse nicht als leidende, sondern als aktiv kämpfende Klasse.

Die große Stärke seines Berichts ist die detailgenaue Schilderung der Bewusstseinsentwicklung in Belegschaft, Betriebsrat und Vertrauenskörper, der über die Jahre zu einer großen Entschlossenheit, Kampfbereitschaft und Selbstvertrauen der Belegschaft führt.

Die Kampfaktionen der Belegschaft, die in ihrer Intensität und Massenhaftigkeit für hiesige Verhältnisse überaus ungewöhnlich sind, fallen eben nicht vom Himmel, sondern sind das Ergebnis dieser jahrelangen systematischen Kleinarbeit und Auseinandersetzung -“ das wird bei der Lektüre überdeutlich.

Diese Auseinandersetzungen verlaufen auch nicht geradlinig, sondern schwankend, zwischen Konfrontation und (Beinahe) Kapitulation.

Manfred Jansen gelingt damit ein wichtiger Beitrag zur Beschreibung des Bewusstseinsstands der Arbeiterklasse.

Das „Geheimnis“ des Erfolgs ist, so der Autor, die Frage „des Standpunkts, der Weltanschauung“, die die „Führung“ hat, „es ist eine politische Frage.“ (S. 566) : Standortkonkurrenz oder solidarische Auseinandersetzung und Zusammenarbeit mit den Belegschaften konkurrierender Betriebe, Ehrfurcht vor der „unternehmerischen Entscheidung“ und den wohlfeilen Konzepten ( Interessensausgleich, Sozialplan, Beschäftigungsgesellschaft) der Co-Manager oder Mobilisierung der Belegschaft zur eigenständigen Vertretung ihrer Interessen -“ je nachdem, welche Antworten auf diese Fragen gegeben werden und wie die Auseinandersetzung darum in der Belegschaft organisiert wird, ist ein Erfolg möglich oder führt der Weg in die Niederlage.

Das Buch kann unter der e-mail Adresse buchmj@t-online.de bestellt werden und kostet 16 € + 2,40 € Versandkosten.

cronjob