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Klage gegen weitreichendes Versammlungsverbot der Stadt Karlsruhe während des Castortransports im Februar 2011 erfolgreich

Erfolg für die Versammlungsfreiheit:
Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 6.11.2013 - Az.: 1 S 1640/12 - rechtskräftig.
Klage gegen weitreichendes Versammlungsverbot der Stadt Karlsruhe während des Castortransports im Februar 2011 erfolgreich

In seinem Urteil vom 6.11.2013 hat der VGH Baden-Württemberg das umfassende Versammlungsverbot während des Transports von hochradioaktivem Atommüll aus der ehemaligen Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe nach Lubmin für 48 Stunden quer durch Karlsruhe für rechtswidrig erklärt und der Klage stattgegeben. Das VG Karlsruhe hatte die Klage in erster Instanz noch abgewiesen und das Versammlungsvebot bestätigt. Die Berufung des Karlsruher Atomkraftgegners zur Verteidigung der Versammlungsfreiheit war erfolgreich.

Nachdem die Stadt Karlsruhe in einer ersten Verlautbarung Rechtsmittel gegen das Urteil des VGH vom 6.11.2013 angekündigt hatte ist nach einer heute eingegangenen Mitteilung des VGH jetzt Rechtskraft eingetreten.

Worum ging es in diesem Verfahren?
In der Nacht vom 15. auf 16. Februar 2011 wurde ein Castor-Transport von hochradioaktivem Atommüll, darunter 16 Kilogramm Plutonium und über 500 Kilogramm Uran, aus der ehemaligen Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) über das S-Bahn-Netz der Linien S1 und S11 quer durch Karlsruher Wohngebiete und den Hauptbahnhof ins Zwischenlager nach Lubmin (Greifswald) durchgeführt.

Anlässlich des Atommülltransports hatte die Stadt Karlsruhe eine sehr weitgehende Allgemeinverfügung erlassen, nach der die Versammlungsfreiheit für einen Zeitraum von 48 Stunden, in einem großen Gebiet quer durch das Karlsruher Stadtgebiet, darunter u. a. der Bahnhofsplatz, für Versammlungen aller Art, unabhängig vom Thema, außer Kraft gesetzt wurde. Aufgrund der Allgemeinverfügung bestand für wesentliche Adern des Öffentlichen Nahverkehrs und Fernverkehrs in der Großstadt Karlsruhe ein Versammlungsverbot für 48 Stunden. Auch alle anderen Versammlungen in Karlsruhe außerhalb des in der Allgemeinverfügung beschriebenen Gebiets waren somit vom Versammlungsverbot betroffen, da eine Teilnahme mit Öffentlichen Verkehrsmitteln in einer Vielzahl von Fällen nicht ohne einen Verstoß gegen das mit der Allgemeinverfügung ausgesprochen Versammlungsverbot möglich war.

Zu diesem Zeitpunkt fand gerade die gesellschaftliche Auseinandersetzung um Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und die damit verbundene Zunahme von Atommülltransporten und auch die illegale Einlagerung von mittelaktivem radioaktivem Müll im vom Wassereinbruch bedrohten Salzbergwerk in Asse, der aus dem ehemaligen Kernforschungszentrum in Karlsruhe stammen soll, sowie Korruptionsvorwürfe gegen Mitarbeiter des Zentrums in Zusammenhang mit Atommülleinlagerung statt. (Der Strafprozess wegen der Korruptionsvorwürfe findet zur Zeit vor dem LG Karlsruhe statt). Darüber hinaus existiert weltweit noch kein sicheres Endlager und gerade der hochradioaktive Müll ist im dazu nicht geeigneten Zwischenlager in Lubmin noch wesentlich unsicherer untergebracht, als in der ehemaligen WAK Karlsruhe.

Aufgrund der Allgemeinverfügung war es nicht möglich, mit Versammlungen entlang der Strecke die betroffenen BürgerInnen zu informieren, noch eine Versammlung zur Durchführung einer öffentlichen Messung der Radioaktiven Belastung während der Durchfahrt des Castors durchzuführen. Bei früheren Transporten wurde von Umweltorganisation bereits erhöhte Radioaktivität an den Castor-Behältern gemessen, die nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die begleitenden Polizeieinsatzkräfte gefährden.

Gegen den Transport hatte ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Bürgerinitiativen gegen Atomanlagen, große Umweltverbände, wie der BUND Baden-Württemberg, die Greenpeace Gruppe Karlsruhe, verschiedene Kreisverbände von Bündnis 90/Die Grünen und der Partei die Linke u. A.mit einer „Nachttanzblockade“ protestiert und zu Aktionen des zivilen Ungehorsams aufgerufen.

Ein vom Versammlungsverbot betroffener Karlsruher Atomkraftgegner erhob Widerspruch gegen das Versammlungsverbot und beantragte beim Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) erfolglos vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz. Das VG Karlsruhe wies die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Versammlungsverbots ab. Die dagegen eingelegte Berufung hatte Erfolg.

Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) gab in seinem Urteil vom 6.11.2013 - Az.: 1 S 1640/12 - der Klage statt und stellte fest, dass das von der Stadt Karlsruhe verfügte allgemeine Verbot von Versammlungen entlang der Strecke für einen Castortransport rechtswidrig war.

Der Kläger habe auch nach Ablauf des Versammlungsverbots ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit. Denn er habe dargelegt, auch bei künftigen Atommülltransporten durch Karlsruhe Versammlungen an der Transportstrecke veranstalten zu wollen, und es sei zu erwarten, dass die Beklagte zur Sicherung solcher Transporte vergleichbare Versammlungsverbote erlasse. Da das Verbot auch für friedliche Versammlungen galt, hätte es nur bei einem polizeilichen Notstand erlassen werden dürfen. Ein solcher Notstand sei jedoch - auch im Nachhinein - nicht feststellbar gewesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Nachdem die Stadt Karlsruhe in einer ersten Verlautbarung Rechtsmittel gegen das Urteil angekündigt hatte ist nach einer heute eingegangenen Mitteilung des VGH jetzt Rechtskraft eingetreten.

Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung zur Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit als kollektive Meinungsfreiheit festgestellt, dass diese zu den unentbehrlichen und grundlegenden Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens zählt. Dem stände nicht entgegen, dass speziell bei Demonstrationen das argumentative Moment zurücktritt, welches die Ausübung der Meinungsfreiheit in der Regel kennzeichnet. (BVerfGE 69, 315 -“ v. 14. Mai 1985-Brokdorf). Der Schutz sei nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasse vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen, darunter auch Sitzblockaden. (BVerfGE v. 7. 3. 2011 zu Sitzblockaden (1 BvR 388/05)

Eingriffe in die Versammlungsfreiheit als kollektive Meinungsfreiheit sind uns nicht nur aus Deutschland, sondern aus vielen Ländern bekannt. Die Verteidigung der Versammlungsfreiheit und die entschiedene Zurückweisung aller Einschränkungen werden uns insofern auch zukünftig immer beschäftigen. Rechtsfragen und insbesondere das Recht auf Versammlungsfreiheit sind somit auch immer Machtfragen. Alle elementaren Menschenrechte wurden uns nicht geschenkt, sondern wurden hart für uns erkämpft. An uns ist es, sie täglich zu verteidigen und weiter auszubauen. Versammlungsfreiheit lässt sich vielleicht einschränken, aber letztlich niemals verbieten -“ nirgendwo auf der Welt.
Versammlungen für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit werden auch zukünftig stattfinden müssen.

Trotz Fukushima werden weiter Atomkraftwerke geplant und gebaut. In Indien und Brasilien sollen neue AKWs sogar mit Deutschen Hermes-(Exportausfall)-Bürgschaften gegen den Widerstand der Bevölkerung gebaut werden.
Weder in der Bundesrepublik noch weltweit gibt es eine Lösung, was mit dem hochradioaktiven Atommüll geschehen soll. Weltweit gibt es noch kein einziges sicheres Endlager für hochradio­aktiven Müll. Trotzdem wurde die gefährliche Fracht völlig überflüssiger Weise von einem Zwi­schenlager ins nächste verbracht -“ quer durch Deutschland und mitten durch Wohngebiete, mit all den damit verbundenen Risiken und Gefahren für die Bevölkerung.
Im Sommer 2011 waren 2 Atomkraftwerke in der USA von Überflutung bedroht und die Atomforschungsanlage Los Alamos, in der große Mengen Plutonium gelagert sind, von Feuer umgeben, so dass schon mehr als 10000 Menschen evakuiert werden mussten.

Im April 2013 kam es beim Brand eines mit Atommüll beladenen Frachters im Hamburger Hafen beinahe zu einer nuklearen Katastrophe, zu einem Zeitpunkt wo in der Nähe des Brandes fast 100000 Menschen beim Kirchentag versammelt waren.

Im Rahmen der „Mediation“ für die Erweiterung des Instituts für Transurane (ITU) auf dem Gelände des KIT Nord der Karlsruher Universität wurde bekannt, dass dort an der 4. Generation von Atomkraftwerken geforscht wird, und regelmäßig, dort produzierte kleine Plutoniumhaltige Brennstäbe, durch Karlsruher Wohngebiete in die militärische Wiederaufarbeitungsanlage nach Marcoule gebracht werden und wieder zurück. Das ITU hat eine Genehmigung für die Verarbeitung von 80 kg reinem waffenfähigen Plutonium. Nach dieser Genehmigung können somit jährlich sogar wesentliche höhere Mengen an Plutonium im ITU verarbeitet werden.

Der Atomunfall in Fukushima mit seinen dramatischen Auswirkungen für die Menschen in der gesamten Region hat leider unsere Befürchtungen über die Auswirkungen eines nuklearen Unfalls - 25 Jahre nach Tschernobyl - mehr als bestätigt. Die Menschen in der Region Fukushima und Tschernobyl wären heute froh, wenn sich mehr Menschen gegen diese Atomanlagen zur Wehr gesetzt hätten!

  • Keine Einschränkung der Versammlungsfreiheit!
  • Kein Atommülltourismus - Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit!

Quelle: Pressemitteilung 27.12.2013

Für Rückfragen zum Urteil wenden Sie sich bitte an:
Rechtsanwalt Wolfram Treiber, Tel.: 0721 35455910, Fax: 0721 35455775

Esslingen: Flyer der gewerkschaftlichen Hochschulgruppe zu Bildungsgebühren

Download des Flyers (pdf) mit Klick auf die Grafik
Die neue Gewerkschaftliche Hochschulgruppe Esslingen hat vor kurzem einen Flyer veröffentlicht:

Bildungsgebühren schließen aus und zerstören Lebenspläne junger Menschen - Ziel kann nur die Abschaffung sein!

Die grün-rote Landesregierung möchte das Landeshochschulgesetz ändern. Wir, die Gewerkschaftliche Hochschulgruppe an der Hochschule Esslingen, lehnen Teile des Entwurfes ab. Statt kleiner Einsparungen fordern wir Verbesserungen für die Studierenden und diejenigen die es werden wollen:

Barrieren zum Studium ab, nicht aufbauen!
Der Gesetzesentwurf fordert Gebühren für Eignungs-, Begabten und Deltaprüfungen. Pro Prüfung sollen 100 Euro bezahlt werden. Offensichtlich sollen hierdurch potentielle Studienbewerber*innen abgehalten werden. Wir finden, dass die Chance auf einen Studienplatz keine Sache des Geldbeutels sein darf.

Keine zusätzlichen Gebühren!
Geht es nach der Landesregierung, sollen Angebote die nicht Teil der Studien- und Prüfungsordnung sind, zukünftig von den Studierenden zusätzlich bezahlt werden. Ein Beispiel hierfür wäre der obligatorische Technische Zeichenkurs zu Beginn des Maschinenbaustudiums. Wir denken, dass ein Studium mehr als das in der SPO festgehaltene umfassen muss und lehnen zusätzliche Gebühren hierfür ab.

Weiterbildung nicht kommerzialisieren!
Für Bachelor- und Masterstudiengänge die eine vorherige Berufstätigkeit voraussetzen sollen Hochschulen zukünftig Gebühren erheben dürfen. Insbesondere für Studiengänge im sozialen Bereich wird hier das Tor für die erneute Einführung von Studiengebühren geöffnet.

Bildung für alle!
Durch viele „kleinere Beträge“ wird für viele Menschen ein Studium mehr und mehr unerschwinglich. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Lasst uns aktiv werden für Bildung, die für alle unabhängig ihres Geldbeutels, offen steht!

Die Gewerkschaftliche Hochschulgruppe trifft sich jeden 2. und 4. Montag im Monat vor dem Cafe Einstein am Campus Stadtmitte. Mitmachen können bei uns alle Interessierten, die an der Hochschule politische und gesellschaftliche Themen diskutieren und einbringen möchten. Infos über uns und unsere Arbeit finden sich auch unter: ghsg-es.blogspot.de

Rede bei der 203. Montagsdemo gegen S21

Heute hatte ich die Gelegenheit, bei der 203. Montagsdemo gegen Stuttgart 21 eine kurze Rede zu halten. Diese sei hier dokumentiert:

Liebe S21 GegnerInnen,
liebe FreundInnen der Versammlungsfreiheit,
heute haben erneut tausende Menschen gegen Stuttgart 21 demonstriert und damit klargemacht, dass sie sich nicht ihrer Grundrechte berauben lassen.

Ich vertrete das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit. Wir halten es für unerträglich, dass ganz offensichtlich gerade an den Wochenenden, an denen S21 GegnerInnen ihr Anliegen einer breiten Masse bekannt machen könnten, dies gerichtlich untersagt wurde.

Ich sage: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht wertgeschätzt.

Der juristische Trick: Die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs wird zum Bestandteil der Rechtsordnung "ernannt" und damit zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit. Und die darf ja nicht "bedroht" werden. Es gibt im Gegensatz zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit jedoch kein Grundrecht auf störungsfreien Verkehr oder Einkauf!

Letztlich ließe sich mit dieser Begründung eigentlich jede Demonstration verbieten.

Könnte es sein, daß dieses Urteil des VGH politisch motiviert ist? Es mutet doch zumindest seltsam an, daß derselbe Gerichtshof vor drei Jahren ganz anders geurteilt hat. Da hieß es in seiner Entscheidung am 29. Oktober 2010: "Das Interesse des Aktionsbündnisses gegen -ºStuttgart 21-¹, mit seiner Versammlung möglichst große Beachtung zu finden" überwiege das öffentliche Interesse, am Arnulf-Klett-Platz Verkehrsbeeinträchtigungen zu vermeiden. Außerdem hat dieser VGH regelmäßig Neonaziaufmärsche genehmigt, für die ganze Innenstädte komplett abgeriegelt und Tausende Polizisten eingesetzt werden wie kürzlich Göppingen. Alles, um die Versammlungsfreiheit von ein paar Dutzend Neonazis zu schützen. Wir halten das für einen wirklich besorgniserregenden Umgang mit Grundrechten.

Die Befangenheit des VGH macht nicht einmal vor den Grundrechenarten halt, ich zitiere wieder dessen Urteil: "Die von der Antragsgegnerin errechnete Zahl von insgesamt ca. 8300 Verkehrsteilnehmern überwiegt bei Weitem die Anzahl der Teilnehmer der Montagsdemonstration, die sich im Jahresverlauf 2013 auf durchschnittlich 1500 Personen und im Durchschnitt der letzten beiden Monate auf ca. 1200 Personen belaufen hat. Selbst bei Zugrundelegung der von der Veranstalterin angegebenen Zahlen von 2000 bis 3000 Teilnehmern änderte sich an diesem Zahlenverhältnis nichts wesentliches."

Im ersten Fall sind es pro Demonstrant ca. 7 Verkehrsteilnehmer, die behindert werden, im zweiten Fall sind es nur noch ca. 3 Verkehrsteilnehmer.

Wenn eine Halbierung des Zahlenverhältnisses "nichts wesentliches ändert", und man davon ausgehen kann, dass die Mitglieder des ersten Senats des VGH rechnen können, dann gibt es für diese Willkür nur eine Erklärung: Der VGH als dienstbarer Erfüllungsgehilfe der S21-Betreiber.

Ein Indiz dafür, dass der VGH genau weiß, wie er hier das Recht verbiegt, ist, dass er auf der anderen Seite nämlich kein Zahlenverhältnis festlegt, ab welchem man den Verkehr dann behindern darf. Die Absurdität der VGH Argumentation wäre zu offensichtlich.

Warnen wollen wir vor einer Orientierung auf die Wahlen, wie dies einige trotz der Erfahrungen der letzten Jahre wieder erwägen. Die 2008 geplante Verschärfung des Versammlungsrechtes wurde letztlich auf Grund breiten Protestes auf Eis gelegt. Unter der Grün-Roten Regierung hat sich jedoch nicht alles zum positiven geändert. Das VGH Urteil wirft ein Licht darauf, wie das angekündigte “bürgerfreundliche- Versammlungsgesetz aussehen wird, wenn sich dagegen kein Protest regt. Wir sagen deshalb: Jede demokratische Bewegung muss sich auch die Verteidigung und Erweiterung der politischen Grundrechte zur Aufgabe machen.

Natürlich muss diesem Schandurteil auch juristisch entgegen getreten werden. Entscheidend ist aber, dass die Versammlungsfreiheit immer wieder auf der Straße verteidigt wird.

Wir fordern OB Kuhn auf, seinen Ordnungsbürgermeister anzuweisen, seine Verfügung gegen die Montagsdemos zurück zu nehmen und auf die Umsetzung des VGH-Urteils zu verzichten!

Einstellung aller Verfahren gegen S21 GegnerInnen, die in Zusammenhang mit dem Urteil des VGH eingeleitet wurden!

Angesichts der zu befürchtenden weitgehenden Auswirkungen des VGH-Urteils appellieren wir an alle demokratischen Kräfte auch zukünftig im Rahmen der Montagsdemo gegen S21 für die Versammlungsfreiheit auf die Straße zu gehen.

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.

Siehe auch: "Recht aufs Demonstrieren erkämpfen", im Gespräch mit der Tageszeitung junge Welt
"Kritik an Verlegung der Montags-Demos", Beitrag von Christian Schwarz in den Stuttgarter Nachrichten zu unserer Pressemitteilung "Anschlag auf Versammlungsfreiheit!"

Beamte schröpfen! Beamtenrecht beibehalten! Und richtig: CDU und GRÜNE haben sich gefunden.

Weil die paar Vergünstigungen immer noch zu viel kosten, muss gespart werden. Wer liegt da näher als das treue Beamtenvölkchen. Sie bekommen in Hessen im übernächsten Jahr gar nichts. Und dann bis auf weiteres ein Prozent.Was selbst in den tollen Inflationszeiten zu wenig sein wird, um auch nur den jetzigen Stand zu erreichen. Und warum gerade die Beamten schröpfen? Na klar - die dürfen ja nicht streiken.

Es geht hier gar nicht darum, ob die Beamten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung zuviel oder zu wenig bekommen. Es geht um die Schamlosigkeit, das Beamtenrecht beizubehalten, die Beamten selber aber unter dem Vorbehalt dieses Rechts zu schröpfen.

Seit Jahren gibt es berechtigte Bestrebungen, das Beamtenrecht als Ganzes abzuschaffen. Und ein einheitliches Dienstrecht zu schaffen für alle, die dem Staate dienen. Angestellte, Arbeiter - wen auch immer.

Die Beamten in Deutschland und Österreich sind in Europa die einzigen, denen das Kampfmittel verwehrt wird, das die der Dienstbarkeit von Staaten unterworfenen haben: Streiken. Ja, im Fall eines Streiks der anderen müssen die Beamten sogar herhalten und die Dienste verrichten, die andere verweigern. Also Streikbrecher sein! Sich ausgliedern aus der Front aller Übrigen, die für ihre berechtigten Anliegen sich einsetzen.

Deshalb - wenn es zu wirklichen Reformen kommen soll: Weg mit dem Beamtenrecht. Her mit einem einheitlichen Recht aller öffentlich Angestellten.

Ich bin selbst pensionierter Beamter. Die längste Zeit meiner Staatsknechtschaft litt ich darunter, andere zum Streiken aufzurufen, selbst aber beiseite zu stehen. Als einzelner einen Streik zu begehen ist offenbar sinnlos. Wäre nicht jetzt die Gelegenheit, endlich aufzuhören mit der Einteilung aller Werktätigen in verschiedene Sortierungen?

Kein Streikverbot per Gesetz!

Der Koalitionsvertrag hat das leidige Thema “Tarifeinheit- erneut ins Gespräch gebracht, glücklicherweise auch die Proteste dagegen! Siehe neu im LabourNet Dossier Gemeinsame Interessen: Koalition will "Tarifeinheit" : “Schwarz-rotes Streikverbot- -“ Artikel von Detlef Hensche in "Blätter" 1/2014. (via LabourNet)

"Kritik von den kleinen". Spartengewerkschaften appellieren an CDU/CSU und SPD, Finger vom Streikrecht zu lassen. DGB-Spitze hat hingegen zum Gesetz für "Tarifeinheit" ermuntert. Artikel von Daniel Beruzi in der Tageszeitung junge Welt.

Und in dem Zusammenhang auch nochmal der Hinweis auf den "Wiesbadener Appell Für ein umfassendes Streikrecht", den man hier nach wie vor unterzeichnen kann.

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu Montagsdemos gegen Stuttgart 21: Anschlag auf Versammlungsfreiheit!

Am 16. und 23.12.2013 dürfen die Montagsdemos gegen Stuttgart 21 nicht auf dem Arnulf-Klett-Platz vor dem Hauptbahnhof stattfinden.

Begründung: Die Stadt Stuttgart „habe bei der gebotenen Abwägung in vertretbarer Weise den Interessen (...) der betroffenen Verkehrsteilnehmer den Vorrang gegenüber dem von der Versammlungsfreiheit geschützten Interesse (der S21- Gegner) (...) eingeräumt.“

Zu deutsch: Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit wird der Straßenverkehrsordnung, bzw. den „Interessen der Verkehrsteilnehmer“ geopfert.

Der juristische Trick: Die Sicherheit und Leichtigkeit (!) des Straßenverkehrs wird zum Bestandteil der Rechtsordnung „ernannt“ und damit zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit. Und wenn die „bedroht“ ist -“ siehe oben.

Mit dieser Begründung lässt sich jede Demonstration verbieten.

Diese Entscheidung des VGH ist von erheblicher politischer Brisanz:

Ist es doch derselbe Verwaltungsgerichtshof, der regelmäßig jeden Neonazi-Aufmarsch genehmigt, obwohl dafür ganze Innenstädte komplett abgeriegelt - der Verkehr also vollständig zum Erliegen kommt - und tausende Polizisten eingesetzt werden (Heilbronn, Göppingen etc.), um die Versammlungsfreiheit von ein paar dutzend Neonazis zu „schützen“.

Zum anderen hat derselbe Verwaltungsgerichtshof vor drei Jahren in gleicher Sache das gerade Gegenteil entschieden:

„Das Interesse des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, mit seiner Versammlung möglichst große Beachtung zu finden, überwiegt das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen am Arnulf-Klett-Platz.“ (Entscheidung vom 29.10.2010, Az. 1 S 2493/10)

Dass die Argumentation von Ordnungsbürgermeister Schairer an den Haaren herbeigezogen ist, zeigt auch die wundersame Verlängerung der Verkehrsstaus: Vom 30.11.2013 („Auf dem Cityring bildet sich regelmäßig ein bis zu einem Kilometer langer Stau“, Schairer im StZ- Interview) bis zum 10.12.2013 hat sich die Staulänge - zumindest im Schriftsatz der Stadt Stuttgart - dann verfünf- bzw. verachtfacht.

Der grüne OB schweigt zu alledem.

„Offensichtlich handelt Schairer im Einvernehmen mit dem grünen OB Kuhn. Da ist die Ankündigung eines „bürgerfreundlichen“ Versammlungsgesetzes durch die grün-rote Landesregierung schon fast als Drohung zu verstehen,“ so Thomas Trüten, der Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit. Und weiter: „Angesichts dieser Entwicklung sehen wir uns erneut in unserer Forderung nach einem fortschrittlichen Versammlungsgesetz bestätigt. Die Vorrangigkeit des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit vor nachgeordneten Vorschriften und Gesetzen muss politisch und juristisch durchgekämpft werden. Wir rufen deshalb die demokratische Öffentlichkeit auf - unabhängig vom jeweiligen Standpunkt zu Stuttgart 21 - am 16. und 23.12.2013 im Rahmen der Montagsdemos gegen diesen Anschlag auf die Versammlungsfreiheit zu demonstrieren.“


Quelle: Pressemitteilung vom 14.12.2013 / versammlungsrecht.info

Aber die Terroristen!

Generalbundesanwalt Harald Range auf der Jahrespressekonferenz seiner Behörde: "Für den Lauschangriff auf Angela Merkel sieht der Generalbundesanwalt keinerlei Belege. Auch das massenhafte illegale Abschöpfen von Daten -“ wie Edward Snowden behauptet -“ habe es nicht gegeben." ("NSA-Spähaffäre? Gibt es nicht, sagt der Bundesanwalt", in der "Welt" vom 11.12.13).
Die beste Demokratie, die man für Geld kaufen kann?
Wie auch immer:
"Ein in deutschen Medien veröffentlichtes angebliches NSA-Dokument genüge Range jedenfalls nicht, um damit einen Anfangsverdacht zu begründen." Komisch, wenn der Staat gegen Demonstranten vorgeht, reicht normalerweise der geringste Anlass.
Zum Beispiel Regenschirme.
Und weil wir es hier mit einem Springer Blatt zu tun haben sind, geht es nahtlos zu "ABER DIE TERRORISTEN!!!" über. Ganz großes Hallentennis! (fefe, 11.12.13)

Auf der anderen Seite findet eine Auf­klä­rung über den NSU und ins­be­son­de­re des­sen Ver­stri­ckung mit deut­schen Ge­heim­diens­ten und Be­hör­den von of­fi­zi­el­ler Seite nur schlep­pend statt. In den par­la­men­ta­ri­schen Un­ter­su­chungs­aus­schüs­sen wird ge­lo­gen und be­schö­nigt, es wur­den Akten ver­nich­tet, zu­rück­ge­hal­ten und ma­ni­pu­liert und struk­tu­rel­le Pro­ble­me als in­di­vi­du­el­les Ver­sa­gen von Ein­zel­per­so­nen dar­ge­stellt. Gar nicht komisch.
Liegt das wirklich nur an den "fehlenden Befugnissen"? (Range, ebenda)

Das Geschrei mit "den Terroristen" dient immer offensichtlicher nicht nur zur Ablenkung von ihren Taten sondern zur Legalisierung der Stärkung der Dienste und deren Zusammenarbeit mit Polizeien und anderen staatlichen Institutionen. Immerhin die Aufhebung einer "Konsequenz" aus dem Faschismus. An deren Aufhebung mit der Gründung neuer Geheimdienste und der Rekrutierung alter FaschistInnen für Geheimdienste, Bundeswehr, Bürokratie usw. unmittelbar nach dessen Ende begonnen wurde.

Koalitionsvertrag: Wo bleibt Europa? Und wo die Flüchtlinge?

Europa macht die Grenzen dicht: Eurosur startet
Screenshot: Broschüre der EU Kommission
Dass SPD und Union bei Europa weitgehend einig sind, konnte man schon bei jeder Bundestagssitzung beobachten. Dazu hätte es keinen Vertrag gebraucht. Wie bisher gilt: Europa unterwerfen. Deutschland muss die absolute Vorhand behalten.

Soviel zu den großen Versprechungen, die die SPD-Spitze jetzt in zahllosen Veranstaltungen verkündet. Nur - was bedeutet das konkret?

Nachdem seit Montag EUROSUR in Kraft tritt, heißt das: Strikteste Abtrennung der Festung Europa vom Rest der Welt. Es ergibt sich ein System, das "Grenzüberschreitungen" für das schlimmste Vergehen ansieht.

Offenbar soll sich ein Netz entfalten, in welchem mit sämtlichen Medien Aufmerksamkeit erzeugt wird für Unregelmäßigkeiten aller Art. Zweck des Ganzen: Keineswegs in erster Linie Rettung Schiffbrüchiger. Vielmehr: Zurückweisung aller Aufsässigen. Zurück nach Möglichkeit in die Heimat, der sie zu entrinnen hofften. Dass mit dieser Maßnahme natürlich weiterhin Leute ertrinken, darf nicht verwundern. Denn - um den Argusaugen der Aufseher zu entgehen - müssen sich die brüchigen Schiffe mit Flüchtlingen immer weiter von den gewohnten Wegen bewegen. Und es wird weiterhin vor Lampedusa oder Malta das Unglück sich steigern.

Es war nicht völlig klar, ob unsere Bundesrepublik direkt oder eher indirekt am neuen Überwachungssystem beteiligt ist. Dass sie auf jeden Fall davon profitiert, ist selbstverständlich. Und wie bei uns die Aufnahmewilligkeit sich gestaltet, dazu nur ein kleines Beispiel: Vor mehreren Monaten hatte unser Vaterland sich genötigt gesehen, fünftausend Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen zu wollen. Nach den letzten Nachrichten beträgt die Summe der wirklich Aufgenommenen gerade 1300. Das sagt wohl alles.

Wie Benjamin - selbst ein Geflohener - sinngemäß meinte: "Dass alles so weitergeht, ist die wahre Katastrophe". Sollten die SPD-Mitglieder, angesichts dieser Perspektive, nicht doch dieser Möglichkeit absagen? Und angesichts der jetzt schon drohenden Folgen nicht doch ein kräftiges "NEIN" zu allen verführerischen Angeboten riskieren?

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