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Erneuter Polizeiübergriff auf Fotojournalisten in Frankfurt

Im Rahmen der Proteste vom 23.04.2013 gegen die Räumung des Instituts für vergleichende Irrelevanz (IVI), an der mehr als 1000 Menschen beteiligt waren, wurde ein Fotojournalist in Gewahrsam genommen. Ihm wurde von den Polizeikräften die Beschlagnahme seines Arbeitsmaterials angedroht. Unter dem Motto Tag X+1 ver­sammelten sich ab 18 Uhr die Demonstrantinnen und Demonstranten, um gegen die Räumung des IVI und für mehr selbstbestimmte Freiräume zu demonstrieren. Die komplette Demonstration wurde von dem Fotojournalisten begleitet und dokumentiert.

Nach dem die Versammlung am Campus Bockenheim aufgelöst wurde, machte sich der Journalist auf den Weg in Richtung Hamburger Allee.

„Plötzlich hörte ich wildes Geschrei und sah, wie mehrere Polizisten in gepanzerter Uniform eine Person zu Boden warfen. Sofort zückte ich meine Kamera und versuchte, diesen Vorgang zu dokumentieren“, so der Fotojournalist. „Als die Polizei dies bemerkte, wurde ich nach der Überprüfung meines Presseausweises festgesetzt und man drohte mir an, die Kamera zu beschlagnahmen, wenn ich nicht kooperieren würde.“ so der Journalist weiter.

Es ist unbeschreiblich, dass innerhalb kürzester Zeit die Pressefreiheit erneut durch die Frankfurter Behörden mit den Füßen getreten wird. Bereits Anfang des Jahres wurden mehrere Radaktions- und Wohnräume von Fotojournalisten durchsucht. „Unsere Redaktion war empört als wir erfuhren, dass einer unserer Journalisten in Gewahrsam genommen wurde“, so die Redaktionsleitung der Zeitschrift Beobachter News. „Ein solches Verhalten seitens der Polizei ist ungeheuerlich“, echauffierte sich der Redaktionsleiter.

Der Fotojournalist will jetzt gegen diese Ingewahrsamnahme gerichtlich vorgehen und fordert neben einer Entschuldigung die Feststellung der Unrechtmäßigkeit dieser polizeilichen Maßnahme.

Quelle: PM, via einpoesiealbum

IVI plattgemacht! Triumph des Positivismus...

Seit Montag sechs Uhr ist es also geschehen: Das Institut für vergleichende Irrelevanz - IVI wurde plattgemacht. Und zwar unter heiliger Adoration der Formen. Die UNI hatte um den Preis von einer Million das Gebäude verkauft. Der Neubesitzer hatte anständig gewartet, bis er die Namen der Geschäftsführer von IVI erfahren hatte. Der Gerichtsvollzieher schließlich hatte den Räumungsbefehl unterzeichnet. Alles so gerichtsförmig und ordentlich wie nötig. Irgendwann musste es ja mal sein!

Tatsächlich ist die Räumung von IVI eine "Schweinerei", wie ein Redakteur der "FR" den Vorgang zutreffend benannte. Wie die Kommentare der verschiedenen herrschenden Parteien es dieses Mal unverkennbar betonten. "Wir brauchen kein IVI" tönte es von allen Seiten. Ganz recht! Was wir brauchen, ist ein Ablauf nach vorgegebenen Rastern. Das Gericht folgt einfach seinen Vorgaben. Darüber hinaus: die Uni folgt ihren Kategorien. Sind die erfüllt,gilt alles weitere als unabgegoltene Jugenspinnerei. Ob diese Kategorien jemals anwendbar sind im gewöhnlichen Leben - das geht uns im Stadtrat gewiss nichts an.

Ich war selbst mehr zufällig dabei bei der Gründung von IVI vor mehr als zehn Jahren.

Auf jeden Fall ist damals der Versuch unternommen worden, die Grundlagen der herrschenden Kategorien zu untersuchen. Das heißt: genau das zu unternehmen, was die Vertreter des Positiven heute abstreiten. Die Anwendbarkeit alles einmal Festgelegten. Die Widersprechenden werden enthauptet. Mehr oder weniger. Auf dieser Grundlage können sich alle einigen, die im Gebäude der herrschenden Verhältnisse weiterrutschen wollen. Auch wenn die Grundlagen dieser Verhältnisse sich so ändern wie selten bisher - wenn man die Augen fest zumacht, kann man am Vorgegebenen festhalten. So lange es eben geht.

Immerhin: wenn man an die Zeit vor zehn Jahren erinnert, dann ist die Zahl der Demonstranten gegen die Räumung doch sehr auffällig. Vor zehn Jahren wären es kaum so viele gewesen.

Heraus zum Revolutionären 1. Mai 2013 in Stuttgart

Zum zehnten mal in Folge findet in diesem Jahr die Mobilisierung zum revolutionären 1. Mai in Stuttgart statt. Es wird im Vorfeld noch mehrere Aktivitäten geben, am 1. Mai dann einen antikapitalistischen Block bei der DGB-Demo am morgen, die revolutionäre 1. Mai Demonstration im Anschluss und schließlich ein großes Fest mit Kulturprogramm im und vor dem Linken Zentrum Lilo Herrmann. Im folgenden sind weitere Infos und eine Übersicht über die Termine der Mobilisierung zu finden.

Infotische
Am Freitag, den 19. April (Marienplatz) und am Donnerstag, den 25. April (Fußgängerzone Bad Cannstatt) gibt es jeweils von 16-19 Uhr Infotische. Dort sind die verschiedenen Materialien der diesjährigen Mobilisierung erhältlich.

Open Air Kino

Am Freitag, den 26. April werden ab 19:30 Uhr Kurzfilme & Ausschnitte zu Streiks, Fabrikbesetzungen und weiteren Protestaktionen aus allen Teilen der Welt auf dem Marienplatz gezeigt. Dazu gibt es Infotische und Stellwände.

Bei Regen findet die Vorführung im Linken Zentrum Lilo Hermann (Böblingerstr. 105, Stuttgart-Heslach) statt.

1. Mai

Der 1. Mai beginnt um 10 Uhr auf dem Marienplatz mit der DGB-Demo. Gewerkschaftliche und linke Gruppen rufen zu einem antikapitalistischen Block auf.

Im Anschluss startet um 11:30 Uhr die Revolutionäre 1. Mai Demo auf dem Schlossplatz. Die Demo wird nach Stuttgart-Heslach führen.
Ab 14 Uhr findet im und vor dem Linken Zentrum Lilo Herrmann das 1. Mai-Fest statt. Unter anderem sorgen hier Mighty Mammut Movement aus Düsseldorf mit Rap, Raggae und Ska für Stimmung. Außerdem gibt es Essen und Getränke, Stellwände, ein Quiz und mehr.

Mobilisierungsmaterial

Aufrufe, Flyer und Plakate sind unter anderem im Infoladen Stuttgart (Böblingerstr. 105, Eingang Taubenstr.) Montags bis Freitags von 17-19 Uhr und Samstags ab 20 Uhr, sowie bei Veranstaltungen im Linken Zentrum erhältlich. Sie können auch per Mail bestellt werden: mail(aet)revolutionaere-aktion.org

Bei einem Basteltreffen können gemeinsam Schilder, Transparente, Fahnen etc. hergestellt werden. Es findet am Sonntag, den 27.04. ab 12 Uhr im Linken Zentrum Lilo Herrmann statt.

Termine: 

Vor dem 1. Mai:

  • Donnerstag, 19. April: Infotisch, 16-19 Uhr, Fußgängerzone, S-Bad Cannstatt

  • Donnerstag, 25. April: Infotisch, 16-19 Uhr, Marienplatz, S-Süd

  • Freitag, 26. April: Kurzfilmabend, Ab 19:30, Marienplatz, S-Süd

  • Samstag, 27. April: Basteltreffen, ab 12 Uhr, Linkes Zentrum


Mittwoch, 1. Mai: 

  •  DGB-Demo, 10 Uhr, Marienplatz, S-Süd

  • Revolutionäre 1. Mai-Demo, 11:30 Uhr, Schlossplatz, S-Mitte

  • Internationalistisches Fest, 14:30 Uhr, Linkes Zentrum, S-Heslach

NRW: GEW beschließt Resolution zum Gespräch zwischen DGB-Bundesvorstand und Bundeswehrführung am 5. Februar 2013

Der NRW-Gewerkschaftstag der GEW am vergangenen Wochenende positionierte sich klar gegen Kürzungen, Schuldenbremse und die Politik des kleineren Übels. Zudem wurde eine Resolution gegen den Schulterschluss zwischen Sommer und de Maizière verabschiedet werden, die wir im folgenden dokumentieren:

Beschluss des GEW NRW-Gewerkschaftstages vom 11.-13.4.2013 in Wuppertal:

„Zu den deutschen Sicherheitsinteressen gehören (…) einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen zu ermöglichen. (…) Deutschland ist bereit, (…) zur Wahrung seiner Sicherheit das gesamte Spektrum nationaler Handlungsinstrumente einzusetzen. Dies beinhaltet auch den Einsatz von Streitkräften.“ (Verteidigungspolitische Richtlinien 2011)

Die „Bundeswehr im Einsatz“ betreibt die Fortsetzung der Standortpolitik mit militärischen Mitteln. Dafür werden bewusst massenhaft Tote in Kauf genommen.
Zudem bedeutet die „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes“ Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Lohndrückerei. Das resultierende Nachfrageproblem und die durch hohe Wochenarbeitszeiten große Arbeitslosigkeit sind strukturelle Ursachen der weltweiten Krise. Durch die Exportorientierung werden andere Staaten systematisch abhängig gemacht.

Die Kriegs- und Standortpolitik ist zynisch und richtet sich gegen die Mehrheit der Bevölkerungen. Deshalb muss gewerkschaftiche Arbeit Opposition dazu sein und konsequent auf internationale Solidarität und die Humanisierung der Lebensbedingungen überall setzen, statt sich zur Legitimierung von Kriegspolitik instrumentalisieren zu lassen. Deshalb fordert der DGB z. B. das Ende der deutschen Beteiligung am Afghanistankrieg, die Einhaltung des Verfassungsgebots, dass die Bundeswehr eine „Verteidigungsarmee“ sei, die Senkung der Rüstungsausgaben sowie das Verbot von Rüstungsexporten in Krisenregionen.

Das Gespräch des DGB-Bundesvorstands mit der Bundeswehrführung hat nicht dazu beigetragen, dies zur Geltung zu bringen, sondern im Gegenteil den Eindruck hinterlassen, als habe es einen „Schulterschluss“ zwischen Bundeswehr und DGB gegeben. Irritierend war auch, dass die Behauptung des Verteidigungsministers, die Bundeswehr sei Teil der „Friedensbewegung“, unwidersprochen blieb.
Es ist richtig, dass die Gewerkschaften rechtsradikalen Umtrieben auch in der Bundeswehr den Kampf ansagen und die Interessen auch von SoldatenInnen und Beschäftigten bei der Bundeswehr vertreten. Das ist in Kooperation mit der Bundeswehr aber nicht möglich, sondern bedeutet gegen sie aufzuklären und zu Opposition innerhalb des Militärbereiches (z.B. das Darmstädter Signal, Arbeitsgruppen zur Rüstungskonvention) zu ermutigen; SoldatInnen und ArbeitnehmerInnen, KriegsdienstverweigererInnen und DeserteurInnen sind (nicht nur juristisch) gegen das Verteidigungsministerium zu unterstützen. Die Arbeitsbedingungen sind ggf. im Arbeitskampf zu verbessern.

Der Gewerkschaftstag der GEW NRW spricht sich gegen die geplante gemeinsame Erklärung von DGB und Verteidigungsministerium aus. Er fordert den DGB auf, sich stattdessen (noch stärker als bisher) für Rüstungskonversion, die Einführung von Zivilklauseln an den Hochschulen und die Aufhebung der Kooperationsvereinbarungen zwischen Bundeswehr und Schulministerien zu engagieren.
Die GEW NRW-Landesvorsitzenden werden aufgefordert, diese Position in den Hauptvorstand der GEW und den DGB-Bezirksvorstand einzubringen.

Resolution als PDF

Via: GEWstudis


Siehe auch:

Bis zu 10000 Menschen bei Demo anlässlich NSU Prozess

In einer Pressemitteilung bezeichnete das Münchner Bündnis gegen Naziterror und Rassismus die gestrige Demonstration mit bis zu 10.000 TeilnehmerInnen als großen Erfolg:

"Das Bündnis gegen Naziterror und Rassismus sieht die heutige Demonstration in München als großen Erfolg an. Bis zu 10.000 Menschen hatten sich an der Demonstration beteiligt, die damit die größte antirassistische Demonstration in München seit 20 Jahren war.

Entgegen der Prognose der Polizei verlief die Demonstration ohne Zwischenfälle, es kam zu keinerlei Gewalttaten. Schon am Vorabend hatte der Verwaltungsgerichtshof die Gewaltprognose der Polizei verworfen und Teile des Auflagenbescheids außer Kraft gesetzt.

Yvonne Boulgarides, Witwe von Theodorus Boulgarides, eines der Münchner Opfer des NSU sprach sich bei der Auftaktkundgebung dafür aus, die Aufklärung der Mordserie des NSU entschlossen fortzusetzen. Ibrahim Arslan, ein Überlebender des Brandanschlags 1992 in Mölln bekräftigte, wie wichtig die Solidarität mit den Opfern rassistischer Anschläge für diese ist.

“Mit dieser Demonstration wurde ein starkes Zeichen für Solidarität und gegen Rassismus gesetzt-, so Bernd Kaminski, Pressesprecher des Bündnisses. “Es gilt nun, den Skandal rund um die Morde des NSU restlos aufzuklären- so Bernd Kaminski weiter."



Einige Bilder aus der für das Umbruch Bildarchiv gemachten Fotoreportage


Gegen die Unterbelichtung der linken Bewegung!

Ich fotografiere seit einigen Jahren unter anderem für das Umbruch Bildarchiv in Berlin. Immer wieder gibt es in Zusammenhang mit Fotos die Diskussion um das Für & Wider des Fotografierens, des Verpixelns eine Auseinandersetzung um einen offensiven Umgang mit Fotos. Dazu haben einige FotografInnen des Umbruch Bildarchivs vor einigen Tagen einen Diskussionsbeitrag veröffentlicht, dem ich mich anschließe und hier mal als Vollzitat bringe:


Seit einiger Zeit häufen sich bei Indymedia und bei indymedia.linksunten Kommentare, die massiv Stimmung gegen linke Fotograf_innen machen. Die Palette reicht von Denunziationen, bestimmte Fotografen seien Handlanger wahlweise des VS/STAATSSCHUTZ/NAZIS, bis hin zu direkten Drohungen. Wir denken, dass es Aufgabe der Moderation wäre, damit umzugehen. Dass sie es nicht tut und derartige Kommentare einfach stehen bleiben, finden wir ein schwaches Bild.

Hintergrund der Geschichte ist der Umgang mit Bildern und Veröffentlichungen. Die Kritik geht dahin, dass einige Fotograf_innen (so auch von Umbruch) auf einem Teil ihrer Bilder die Gesichter nicht verpixelt ins Netz stellen. Warum wir das tun, hat gute Gründe – unsere Position dazu wollen wir im Folgenden etwas ausführlicher darstellen.

Eines vorweg: Wir wollen niemanden gegen ihren/seinen Willen ablichten. Wer auf einem unserer Bilder veröffentlicht ist und das nicht möchte, soll uns bitte eine Email mit der Foto-Nr. schicken, und wir machen sie bzw. ihn unkenntlich. Nur: Von einem generellen Verpixeln halten wir nix. Würde sich das als genereller und künftiger Standard durchsetzen, nähmen wir uns selbst die „Macht der Bilder“.

Erfreulicherweise haben wir die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leute die Fotos nicht nur unter Sicherheitsaspekten betrachten, sondern auch offensiv mit ihrer Präsenz auf öffentlichen Demos umgehen. Sie finden es ok, sichtbar zu sein. Bilder leben nun mal davon, dass man nicht nur Transparente, Balken, Rücken und Übersichtsaufnahmen, sondern auch die Akteur_innen dahinter sieht.

Bei der Blockade in der Lausitzer Straße 8 war der halbe Kiez morgens um sieben auf den Beinen. In unserem Bericht darüber haben wir bewusst keine Gesichter verpixelt als offensiver Ausdruck, dass hinter den Protesten gegen die Zwangsräumung der (ganze) Kiez steht. Und das erkennt man nicht, wenn die Menschen auf den Bildern nicht zu erkennen sind (jung und alt und überhaupt). Es ist höchste Zeit, dass sich mehr Menschen an diesen Blockaden beteiligen. Eindrucksvolle Bilder können ein Teil der Mobilisierung für die nächste Blockade sein – oder eben dröge Transparentdokumentation für den eigenen Bauchnabel, wenn man auch dort verpixelt, wo es eigentlich nicht notwendig ist.

Bei den Oury Jalloh Demos gibt es auf ausdrücklichen Wunsch der Flüchtlingsbewegung seit Jahren die Tradition, die Gesichter nicht zu verpixeln. Dadurch, dass die Bewegung für Oury Jalloh über acht Jahre hinweg so offensiv aufgetreten ist und sich nie jemand groß darum geschert hat, ob das vielleicht irgendwie negative Konsequenzen haben könnte, ist die Kampagne erfolgreich gewesen. Auch deshalb sind wir jetzt an dem Punkt, das es kaum noch jemand in Deutschland gibt, der den Namen Oury Jalloh noch nie gehört hat, und dass sich die B. das nächste Mal gut überlegen werden, ob sie weiterhin Flüchtlinge in Zellen quälen.

Das sind nur zwei Beispiele von vielen. Der kleine, aber deutliche Unterschied auf den veröffentlichten Fotos ist, das die Power und Entschlossenheit der Kämpfenden zu sehen und auch zu spüren ist.

Durch dieses offensive Auftreten sind die Menschen klar zu erkennen und von daher kann es zum Konflikt mit dem persönlichen Sicherheitsbedürfnis kommen. Ja, es gibt dieses Phänomen, das nicht alles sicher ist und wir tragen dazu bei, klipp und klar gesagt. Wir geben uns zwar Mühe und es gibt auch oft Diskussionen um dieses Thema, aber auch wir können keine absolute Sicherheit garantieren. Wir handeln offensiv und möglichst sichtbar für die fotografierten Menschen, schiessen nicht aus der Hüfte und auch nicht mit dem Super-Tele. Mehrere von uns verfolgen die Aktionen über lange Zeiträume und kennen die Akteure, so dass wir besser einschätzen, bzw. im Zweifelsfall nachfragen können, ob sie bei Nahaufnahmen mit einer Veröffentlichung einverstanden sind.

Wir denken, es ist gut Gesichter im Widerstand abzubilden, denn wir finden Menschengesichter im Widerstand haben für uns die spannendste und schönste Magie. Wir sind sozusagen auf der Suche nach dem Foto mit den Menschen genau mit diesem ungebrochenen Willen, Dinge zum menschlichen hin zu wandeln, die in eine unmenschliche Bahn geworfen sind. Dabei sind wir ebenso Akteure und teilen diese Lust am Widerstand. Oft genug treten wir zwischen die Fronten, haben schon viele Übergriffe verhindert, oder Übergriffe angeklagt und Empörung hervorgerufen und Veränderungen unterstützt. Wenn uns das gelingt, bestärkt uns das. Wir wissen, dass man unsere Gesichter kennt und schon reihenweise fotografiert hat. Wir werden von mehreren Seiten angegriffen im Bewusstsein, dass unsere Berufung nicht die ungefährlichste ist.

Wir versuchen, schon beim fotografieren darauf zu achten, das wir keine Leute gegen ihren Willen aufnehmen. Nicht immer, aber immer öfter fragen wir die Leute direkt, ob sie mit der Veröffentlichung einverstanden sind. Dabei kommt übrigens fast immer Zustimmung und nur selten Ablehnung. Bei den Menschen an Fronttranspis haben wir die Erfahrung gemacht, das sie meist einverstanden sind, erkennbar abgebildet zu werden.

Seit wir Fotos ins Netz stellen (1999) haben wir im Ganzen vielleicht ein Dutzend direkte Beschwerden erhalten von Leuten, die lieber unkenntlich gemacht werden wollten. Das haben wir selbstverständlich respektiert. Unser Konzept ist es, nur dort Leute unkenntlich zu machen, wo eine Gefährdung offensichtlich ist, z.B. bei antifaschistischen Demonstrationen zum Schutz wg. Anti-Antifa oder bei Action-Szenen mit Gefahr möglicher Repression.

Mit Kopfschütteln haben wir zur Kenntnis genommen, das seitens einiger Menschen, die den Polizeikongress ausgewertet haben (siehe  https://linksunten.indymedia.org/de/node/79781) selbst unsere Fotoseite zu Magdeburg als Beispiel herhalten muss als Musterseite für „Fotos für Behörden- und Nazikarteien“ (siehe:  http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/120113magdeburg.html) Außer dem Portrait einer bekannten Antifaschistin, deren Bild bereits in mehreren Tageszeitungen veröffentlicht wurde (und die mit der Veröffentlichung einverstanden war), sind alle anderen Gesichter zwar nicht verpixelt, aber von uns so unscharf gemacht, das sie für „Karteibilder“ schwerlich verwertbar sind. Nach unserer Ansicht gibt es kein Bild, das irgendwen gefährden könnte. Aber gut, vielleicht müssen wir an diesem Punkt tatsächlich umdenken. Wir hatten die Bilder nur unscharf gemacht und nicht gänzlich verpixelt, um dem Sicherheitsbedürfnis der Aktivistinnen wie auch dem Bild gerecht zu werden. Mit entsprechender Software und Aufwand kann man die Gesichter möglicherweise wieder erkennbar machen. Wir hätten gerne eine Meinung von mehr AktivistInnen dazu, ob sie Bilder wie die, die wir zu Magdeburg veröffentlich haben, als Gefährdung ansehen? Unabhängig davon werden wir bei Berichten über Antifa-Aktionen das in Zukunft noch konsequenter handhaben. Wenn es nicht die ausdrückliche Zustimmung der Akteur_innen gibt, werden wir die Gesichter vollständig verpixeln.

Ein Hintergrund, warum die Diskussion um das Verpixeln an Schärfe zugenommen hat, sind sicherlich die jüngsten Durchsuchungen bei etlichen Fotografen in Berlin und anderswo. Der formale Anlass hierzu war eine militante Demo Ende März letzten Jahres in Frankfurt/Main. Die Staatsgewalt war auf der Suche nach Beweismitteln und nach konkreten Menschen, die an einer Körperverletzung eines Polizisten beteiligt gewesen sein sollen. Das bei Fotos von solchen Szenen höchste Vorsicht angebracht ist, ist eine Selbstverständlichkeit. Wir gehen damit so um, das wir schon beim Fotografieren darauf achten, möglichst keine strafrechtlich verfänglichen Aufnahmen zu machen, oder später sichtbar gefährdende Fotos im Zweifelsfall eher zu löschen als sie auf unserer Festplatte zu haben. Bislang ist uns zudem nichts bekannt geworden, dass bei den Durchsuchungen tatsächlich das gesuchte belastende Bildmaterial gefunden wurde. Im übrigen sei erwähnt, das es bei den Durchsuchungen besagter Fotografen vermutlich nicht nur um die „offiziell“ gesuchten Fotos ging, sondern – zumindest auch mit darum, Demonstrant_innen ebenso wie Fotograf_innen zu verunsichern und letztendlich zu entsolidarisieren. Diesen Spaß sollten wir ihnen nicht gönnen.

Das die Durchsuchungen trotzdem erst einmal Verunsicherung auslösen, weil dabei vermutlich auch jede Menge anderes Material beschlagnahmt und durchgeschaut wurde, können wir nachvollziehen und sehen das auch als Problem an. Daraus allerdings den Schluss zu ziehen, die Schere im Kopf zuzulassen und auch unverfängliche Bilder wie von der angemeldeten Kundgebung gegen die Zwangsräumung in Reinickendorf siehe:  http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/270213zwangsraeumung.html nicht mehr zu veröffentlichen, finden wir schlichtweg zu defensiv.

Versteht uns nicht falsch: Wir sind nicht für einen laxen Umgang mit Fotos. Bei zunehmender Überwachung, neueren Gesichtserkennungstechnologien und einem deutlich präsenteren filmenden Polizeiapparat als vor Jahren sowie unzähligen Youtube-Videos halten wir die Auseinandersetzung zum Umgang mit Bildveröffentlichungen für sinnvoll.

Wir wehren uns jedoch dagegen, dass von Einigen bei dieser Diskussion alles in einem Topf geworfen wird. Sie tun so, als ob es gleich gefährlich wäre, Bilder von einer militanten Demo oder einer harmlosen Kundgebung ins Netz zu stellen. Konkret: Wenn es darum geht, eine nicht angemeldete Demo, wie die gegen den Polizeikongress durchzusetzen, hat der Schutz der Akteure eindeutig Vorrang vor dem Interesse der FotografInnen, die Aktion zu dokumentieren. Wir fanden gut, dass der Wunsch nicht zu fotografieren auch schon vor der Demo kommuniziert wurde. Bei den meisten anderen öffentlichen Demos und Kundgebungen gibt es diese Notwendigkeit nicht.

Wir sind offen für Kritik und eine lebendige Diskussion. Probieren wir aus, ob auch hier bei Indymedia und indymedia.linksunten eine solidarische Auseinandersetzung möglich ist.

In diesem Sinne: offensiv gegen die Unterbelichtung der linken Bewegung.

Fotograf_innen aus dem Umbruch Bildarchiv

Offener Brief des DGB AK Tübingen und des Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen

Zum Schulterschluss des DGB Vorsitzendem Michael Sommer mit Verteidigungsminister de Maizière (siehe hier und hier) dokumentieren wir den Brief des DGB AK Tübingen und des Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen:

Lieber Michael Sommer,
lieber Kollege,

Wir sind erstaunt, ja entsetzt darüber, dass Du auf eigene Initiative den Verteidigungsminister de Maizière zu einem Gespräch eingeladen hast. Das Gespräch mit dem Verteidigungsminister hatte das Ziel "eine gemeinsame Erklärung von Bundeswehr und Gewerkschaften zu erarbeiten".

Unserer Überzeugung nach kann und darf es aber keine Gemeinsamkeiten mit Lothar de Maizière und seiner Bundeswehrpolitik geben!

Wir, die Unterzeichnenden, sind mehrheitlich sowohl in einer Gewerkschaft organisiert als auch in der Friedensbewegung engagiert. Wir lehnen jegliche Beteiligung Deutschlands an militärischen Auslandseinsätzen ab und kritisieren die Aufrüstung Deutschlands generell. Dem DGB-AK der Universitätsstadt Tübingen ist die friedliche, zivile Ausrichtung von Lehre, Forschung und Studium an unserer Universität ein besonderes Anliegen, das wir auch auf Maikundgebungen thematisieren. Wir berufen uns dabei auf das Grundgesetz und auf die antimilitaristischen Traditionen des DGB. Der Aussage de Maizières, "die Bundeswehr ist Teil der Friedensbewegung" gehört eine eindeutige Absage erteilt. Der Friedensbegriff darf nicht durch den Kriegsminister vereinnahmt werden!

Die sogenannte "ideologische Grundsatzdebatte" über die Militarisierung der deutschen Gesellschaft und der deutschen Außenpolitik ist deshalb heute dringend nötiger denn je - gerade in den Gewerkschaften. Wir von der Friedensbewegung (die wir zu großen Teilen ja auch in den Gewerkschaften organisiert sind) werden auch in Zukunft nicht zulassen, dass der Versuch einer militaristischen Vereinnahmung unserer Gewerkschaften als "Überwindung des Geists der 70er Jahre" verharmlost wird.

Wie steht es mit der Rüstungskonversion? Dein Anliegen, "die Soldaten anständig auszurüsten" führt in die falsche Richtung. Es ist ein Plädoyer für die Rüstungsproduktion und Kriegsangriff. Wer die Soldaten liebt, schickt sie nachhause! In Kriegen leidet doch auch die Zivilbevölkerung. Wo bleibt da die internationale Solidarität des DGB? Wie steht es mit der Kriegsökonomie, die Unsummen der öffentlichen Gelder verschlingt während in den Bereichen der sozialen Versorgung immer größere Löcher geschlagen werden? Eine "anständige Ausrüstung" z.B. für Krankenhauspersonal, für LehrerInnen (ohne das unerwünschte Hilfspersonal der Jugendoffiziere), für Sozialberufe (ohne Rückgriff aufs Ehrenamt) u.s.w. ist vordringlicher als die Sorge um die Ausrüstung der Soldaten. Die beste Ausrüstung sind zivile Arbeitsplätze statt Auslandseinsätze!

Dieses Jahr werden wir gemeinsam am Ostermarsch teilnehmen unter dem Motto "Zukunft braucht Frieden - Schluß mit der Kriegspolitik!" Auch eine VertreterIn des DGB wird als RednerIn einen Beitrag halten. Wir empfinden es als vorsätzliche Missachtung von uns als friedensbewegter Basis, wenn Du in unserem Namen den Schulterschluss zum Minister der deutschen Kriegspolitik suchst.

Mit kollegialem Gruß
DGB-Arbeitskreis Tübingen und Tübinger Friedensplenum/Antikriegsbündnis
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