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Buchtipp: Der NSU-VS-Komplex. Wo fängt der Nationalsozialistische Untergrund an, wo hört der Staat auf?

13 Jahre blieb der Nationalsozialistische Untergrund/NSU unentdeckt. Mindestens neun Morde wurden begangen. Jedes Mal verschleppten die Behörden verschiedener Bundesländer die Mordhintergründe ins ›ausländische Milieu‹. Jedes Mal will man keine ›heiße Spur‹ gehabt haben. Jedes Mal hinderte das die Behörden nicht daran, alle neun Morde in die Blutspur des ›organisierten Verbrechens‹ zu legen.

Nachdem die Existenz der NSU nicht mehr zu leugnen war, reihte sich eine Panne, ein Versagen, ein Versäumnis an das andere. Ab wie viel Pannen muss man von einem System sprechen?
Wenn in allen Behörden, ob bei der Polizei oder beim Verfassungsschutz, ob auf unterster oder auf oberster Ebene Hunderte von Akten geschreddert werden, Beweise verschwinden, Falschaussagen gemacht werden, herrscht(e) weder ›Behördenwirrwar‹ noch ›Kommunikationschaos‹, sondern der gemeinsame Wille, unter allen Umständen zu verhindern, dass etwas ans Licht kommt, was den bisherigen Erklärungen widersprechen würde.

Wenn erwiesenermaßen unzählige V-Männer hervorragende Kontakte zur neonazistischen Organisation ›Thüringer Heimatschutz‹ (THS) und zu den späteren Mitgliedern des NSU hatten, dann bestanden diese Verbindungen auch fort, als der NSU 2000 mit der Mordserie begann.

Wenn staatliche Stellen gar nicht auf dem ›rechten Augen blind‹ waren, sondern damit extrem gut sehen konnten, ließen sie sehenden Auges zu, dass über sieben Jahre hinweg über neun Morde begangen werden konnten.

Wenn die staatlichen Verfolgungsbehörden mit und nach dem ersten Mord 2000 mögliche Festnahmen von UnterstützerInnen und Mitgliedern des NSU unterließen, dann ist das Beihilfe zu Mord.
Man darf davon ausgehen, dass bisher vielleicht fünf Prozent von dem öffentlich geworden ist, was den Komplex ›NSU‹ umfasst. Dieses Buch verliert sich nicht in den 95 Prozent, sondern stützt sich auf die fünf Prozent.
Das erschreckend positive ist: Es reicht.

Eine Spurensuche.

Der NSU-VS-Komplex
Wo fängt der Nationalsozialistische Untergrund an, wo hört der Staat auf?
Wolf Wetzel, Unrast Verlag 2013
ISBN: 978-3-89771-537-0

ca. 150 Seiten, ca. 13 Euro
Erscheinungsdatum: 17. April 2013
Vorbestellungen beim Verlag sind erwünscht: kontakt@unrast-verlag.de

Prozessauftakt gegen den „NSU“ - Lokale antifaschistische Interventionen

Stuttgart/Ludwigsburg - Das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region veranstaltet am 30.03.2013 zwei Kundgebungen anlässlich des Prozessauftaktes gegen den „Nationalsozialistischen Untergrund“ in Ludwigsburg und Stuttgart. Die Kundgebungen beginnen um 12:00 in Ludwigsburg am Marktplatz und um 15:00 am Stuttgarter Nordbahnhof.

Anton Huber, Pressesprecher des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region, erklärt: „Wir wollen den Prozessauftakt gegen Beate Zschäpe und weitere Unterstützer der terroristischen Organisation zum Anlass nehmen, um die Einwohner in Stuttgart und Ludwigsburg über die Schnittpunkte mit der lokalen Neonaziszene und die Anschlagspläne des „NSU“ in der Region aufzuklären.“

Für die beiden Kundgebungen wurde ein interessantes Programm auf die Beine gestellt. Neben mehrere Redebeiträgen und Stellwänden, die über den „Nationalsozialistischen Untergrund“ informieren, sind Flashmob-Aktionen geplant. Das Programm wird durch einen Infotisch abgerundet, welcher weiterführende Flugblätter und Broschüren zum den Thema NSU und antifaschistische Arbeit bereitstellt.

Zur bundesweiten Großdemonstration am 13. April fährt aus Stuttgart ein Bus. Unter dem Motto „Gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Verfassungsschutz abschaffen“ wollen antirassistische Initiativen, Gruppen und Parteien aus dem gesamten Bundesgebiet in München auf die Straße gehen.

Busfahrkarten für die Demonstration können im Infoladen Stuttgart, Böblingerstraße 105, 70199 Stuttgart-Heslach, von Montag bis Donnerstag zwischen 17:00 und 19:00 Uhr gekauft werden.

18 März: Internationaler Tag der politischen Gefangenen

Der 18. März wird in der BRD seit Mitte der 1990er Jahre wieder als „Kampftag für die Freilassung aller politischen Gefangenen“ begangen. Angeknüpft wird damit an eine Tradition der ArbeiterInnenbewegung. Der 18. März 1848 steht für die Kämpfe des neu entstandenen Proletariats gegen die alten Herrscher und auch die neu entstandene Bourgeoisie. Am 18. März 1871 übernahm die Nationalgarde in Paris die Macht und läutet somit den Beginn der Pariser Commune ein. Beide Versuche, sich von den Fesseln der Herrschaft zu befreien, werden brutal niedergeschlagen. So kostete die Rache der französischen Bourgeoisie 25000 Menschen das Leben, 3000 starben in den Knästen, 13700 wurden verurteilt, die meisten zu lebenslänglichen Strafen. Dieser Tag wurde zuerst Tag der Pariser Kommune genannt. 1922 wurde auf dem IV. Weltkongress der kommunistischen Internationale die Internationale Rote Hilfe (IRH) gegründet und u. a. die Durchführung eines internationalen Tages der politischen Gefangenen beschlossen, der am 18. März 1923 erstmals ausgerufen werden konnte. Mit diesem Tag sollte vor allem das Bewusstsein und die Solidarität für die Lage der politischen Gefangenen weltweit erzeugt und verankert werden und auf diese Weise auch praktisch zum Ausdruck kommen. Zum diesjährigen Tag der politischen Gefangenen ein Text der Revolutionären Aktion Stuttgart:

18. März: Tag der politischen Gefangenen!

Der 18. März ist der internationale Tag der linken und revolutionären Gefangenen. Die Solidarität mit denjenigen die aufgrund ihrer fortschrittlichen politischen Aktivitäten inhaftiert sind, ist heute notwendiger denn je. Denn gerade in der Krise des Kapitalismus kann Repression zu einem zentralen Instrument der Herrschenden zur Umsetzung ihrer Interessen werden.

Seit einigen Jahren ist die linke und revolutionäre Bewegung mit dem Thema Knast wieder ganz unmittelbar konfrontiert. Relativ lange waren hauptsächlich ehemalige AktivistInnen bewaffneter Gruppen aus den 1970er und 80er Jahren vom Knast betroffen. Obwohl die entsprechenden Organisationen längst aufgelöst waren, wurden ihre ProtagonistInnen in einer Art späten Rache zum Teil noch über Jahrzehnte inhaftiert. Die verschiedenen sozialen und politischen Bewegungen auf der Straße waren zwar stets auch von staatlicher Repression begleitet, Knast war aber eher selten Thema. Immer mehr sind auch diese Bewegungen aber wieder von diesem schärfsten legalen Mittel der Repression betroffen.

Im Angesicht der Krise versucht der Staat die potentielle Opposition auf der Straße mundtot zu machen. Ziel dabei ist es zu verhindern, dass sich die relativ weit verbreitete Unzufriedenheit mit dem kapitalistischen Krisenmanagement, mit Sozialabbau, steigenden Lebenshaltungskosten und Umverteilung zu Gunsten des Kapitals in entschlossenem Protest und Widerstand niederschlägt. Deshalb sind es momentan auch insbesondere kämpferische Aktionsformen wie selbstbestimmte Demonstrationen, massenhafter ziviler Ungehorsam oder Besetzungen, die kriminalisiert werden. Nach der Logik der Herrschenden sollen drakonische (Knast-) Strafen wie gegen Deniz K. wegen einer Rangelei mit Polizisten, gegen Tim wegen den Blockaden des Naziaufmarsches in Dresden oder gegen S-21 GegnerInnen wegen der Besetzung eines Teils des Baugeländes, die Bewegung einschüchtern und lähmen.

Ein anderer Grund für die Zunahme politischer Gefangener in der BRD, ist die gesteigerte Repression gegen migrantische Linke: Mithilfe des §129b (terroristische Vereinigung im Ausland) werden mittlerweile reihenweise Linke vor allem aus der Türkei und Kurdistan weggesperrt. Das Besondere: Bei einem 129b-Verfahren muss den Angeklagten keine konkrete Tatbeteiligung nachgewiesen werden. Aussagen – häufig in der Türkei unter Folter erpresst – die eine Mitgliedschaft in den entsprechenden Organisationen behaupten genügen meist für eine Verurteilung zu mehrjährigen Haftstrafen. Anschließende Abschiebungen in neue Haft und Folter sind dabei meist einkalkuliert.

Auch in Stuttgart sind momentan zwei kurdische Aktivisten mit einer 129b-Anklage konfrontiert. Sie sitzen nun schon seit fast 1 ½ Jahren in U-Haft. Ganz deutlich zeigt dieser Fall die politische Dimension der Repression: Vorgeworfen werden ihnen vor einem extra gebildeten „Staatsschutzsenat“ des Oberlandesgerichts, hauptsächlich legale und kulturelle Aktivitäten im Rahmen der kurdischen Bewegung in der BRD. Dass die Diffamierung des kurdischen Freiheitskampfes hier und in der Türkei als „terroristisch“, in den politischen und wirtschaftlichen Interessen des deutschen Kapitals im aufstrebenden Markt Türkei begründet ist, ist dabei allzu offensichtlich. Allerdings nicht ausschließlich: Der entfesselte europäisch/deutsche Imperialismus sieht sich durch linke und fortschrittliche Organisationen, die sich nicht vor den imperialistischen Karren spannen lassen, auch selbst bedroht. Allein die Möglichkeit, dass – wenn auch nur in Ansätzen – eine Alternative zu imperialistischen Krieg und Ausbeutung real werden könnte, reicht für deren gnadenlose, weltweite Bekämpfung.

Die Entwicklung einer immer aggressiveren Repression wird voranschreiten - insoweit sich die gesellschaftlichen Widersprüche zwischen denen die von der kapitalistischen Wirtschaftsordnung profitieren und denen die immer mehr unter diesem krisenhaften System zu leiden haben größer werden. Wenn wir also nicht den Kopf in den Sand stecken wollen, sondern an der Perspektive einer solidarischen an den Bedürfnissen aller orientierten Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung festhalten und uns dafür organisieren, müssen wir auch Antworten auf die Repression finden. Grundlage muss dabei die unbedingte Solidarität mit allen fortschrittlichen Menschen sein die von den Schlägen der Repression betroffen sind. Nur so kann die staatliche Strategie der Vereinzelung und Einschüchterung unterlaufen werden. Vor allem gefangene GenossInnen brauchen daher unsere Unterstützung und dürfen nicht alleine gelassen werden!

Darüber hinaus braucht ein ernsthafter Aufbau revolutionärer Strukturen, auch ein Bewusstsein über mögliche Gegenmaßnahmen gegenüber staatlichen Attacken. Ein sicherer Umgang mit Telefon, Handy und PC sollten daher genauso Selbstverständlichkeiten sein, wie der Schutz auf Demos vor Polizeiübergriffen. Es gilt abseits von Paranoia und einem Unterschätzen des Gegners, wirkungsvolle Gegenstrategien zu erarbeiten!

Ob auf der Demo, im Gerichtssaal oder im Knast - der Repression entgegentreten!

Freiheit für die politischen Gefangenen!

Den revolutionären Selbstschutz organisieren!

Revolutionäre Aktion Stuttgart

Anstehende Termine rund um den 18. März 2013 in Stuttgart: 

Mo. 18. März:

18 Uhr: Kundgebung zum Tag der politischen Gefangenen

JVA Stuttgart Stammheim

Do. 21. März:

8:45: Prozessbesuch beim aktuell laufenden Gerichtsverfahren gegen zwei kurdische Aktivisten nach § 129 b , In Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Solikreis.

OLG Stuttgart | Olgastraße 2 | S.Mitte

Sa. 23. März:

18 Uhr: FilmIn prison my whole Life” über Mumia Abu Jamal, seit 32 Jahren politischer Gefangener in den USA, Journalist und ehemaliger Black Panther.
20 Uhr: Solivokü für die Rote Hilfe Stuttgart. Mit leckerem veganen/vegetarischem Essen. Wer vor Ort Rote Hilfe Mitglied wird, erhält zwei Freigetränke und kostenloses Essen.

Linkes Zentrum Lilo Herrmann | Böblingerstr. 105 | S-Heslach

Fr. 12. April:

19 Uhr: VeranstaltungFreiheit für Deniz K.” zum aktuellen Stand der Solidaritätsarbeit und dem Verfahren gegen den in der JVA Nürnberg inhaftierten Antifaschisten. Organisiert durch das Solikomitee.

Linkes Zentrum Lilo Herrmann | Böblingerstr. 105 | S-Heslach

Hamburg: Bundesweite Demonstration „Gegen Rassismus und Ausgrenzung“ am 6.4.2013

Am 6. April findet in Hamburg die bundesweite Demo "Gegen Rassismus und Ausgrenzung" statt. Für den unten stehenden Aufruf werden noch UnterzeichnerInnen gesucht. Einfach Mail schreiben an: hamburggegenrassismus@gmail.com.

 

Alltäglicher Rassismus
Rassismus ist in Deutschland ständig präsent. Er geht nicht nur von einzelnen (Neo)Nazis aus, sondern ist fest in der Gesellschaft, der Politik, den Medien und der Wissenschaft verankert. Diskriminierenden Begriffe, die z.B. Menschen auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit reduzieren und die kulturrassistische Gleichsetzungen des Islam mit „Ehrenmorden“ oder „Terrorismus“, tragen zu einem feindlichen gesellschaftlichen Klima bei, das in offener Gewalt, wie in den Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen oder den NSU-Morden, seine Zuspitzung findet.

Staatlicher Rassismus kriminalisiert, grenzt aus und tötet
Eine ganze Palette von rassistischen Sondergesetzen stempelt Asylbewerber*Innen zu Menschen zweiter Klasse ab. Sie werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, man zwingt sie in Lagern zu leben, sie dürfen die ihnen zugewiesenen Orte nicht verlassen (Residenzpflicht), man verweigert ihnen das Recht auf Arbeit und beschneidet ihr Recht auf Bildung, Sozialleistungen, medizinische Hilfen usw. Hinzu kommt die allgegenwärtige und zermürbende Bedrohung durch Abschiebung und die Inhaftierung in Abschiebeknästen.

Grundrecht auf Asyl?
Vor 20 Jahren wurde durch eine Verfassungsänderung das Grundrecht auf Asyl quasi abgeschafft. Ein Recht auf Asyl haben demnach nur noch Menschen, die nicht über einen sogenannten sicheren Drittstaat nach Deutschland gekommen sind, was fast nur mit einem Flugzeug möglich ist. Deutschland schottet sich damit immer mehr gegen Flüchtlinge ab, anstatt sich zu einer Mitverantwortung für viele Fluchtursachen zu bekennen.

Festung Europa
Der Angriff auf Flüchtende fängt aber bereits an, bevor sie Deutschland und Europa überhaupt erreicht haben: Seit 1993 führt die EU an ihren Außengrenzen einen nicht erklärten Krieg gegen Flüchtlinge und Migrant*Innen, dem laut UNHCR 16.000 Menschen zum Opfer fielen. Allein 2011 haben über 2.000 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ihr Leben verloren – und das sind nur die offiziellen Zahlen. Die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX kontrolliert im Verbund mit Militär und Polizei durch monströse Zaunanlagen, High-Tech-Überwachung, Abschiebeknäste und Dauereinsätze die EU-Außengrenzen und das Mittelmeer. Verweigerungen von Rettungsmaßnahmen gegenüber Schiffbrüchigen belegen, dass das »Sterben lassen« offensichtlich zur EU-Abschreckungsstrategie gehört. Doch das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit kann nicht genommen werden, lediglich das Leid wird größer.

Nutzen des Rassismus für den Kapitalismus
Für die Herrschenden in Politik und Wirtschaft ist Rassismus durchaus nützlich: Außenpolitisch dient er geostrategischen und militärischen Interessen. Mit rassistischen Feindbildern wird der Eindruck der ständigen Bedrohung – und so die Zustimmung der Bevölkerung zur deutschen Kriegspolitik – geschaffen. Nach innen sichert rassistische Ideologie das System ab und vernebelt die Ursachen sozialer Ungerechtigkeit: Berechtigter Unmut in der Bevölkerung wird so nicht zu Protest gegen die Klassengesellschaft, sondern sucht sich rassistisch „Sündenböcke“. Die Spaltung in „wir“ und „die Anderen“ legitimiert außerdem die verschärfte Ausbeutung von Migrant*Innen, die Einführung von Überwachungsmaßnahmen, (rassistische) Kontrollen usw.

Rassismus geht alle an
Dass Rassismus schon seit langem auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, ist klar. Doch Rassismus reproduziert sich auch deshalb immer wieder, weil er nicht nur Menschen diskriminiert, sondern gleichzeitig anderen auch Privilegien verschafft. Vorurteile beeinflussen alltägliche Entscheidungen: Wo z.B. Menschen wegen ihres vermeintlich nicht deutschen Namens keine Wohnung bekommen, profitieren andere. Der Kampf gegen Rassismus geht also alle etwas an und muss auf allen Ebenen geführt werden. Jede*r kann bei sich anfangen, rassistische Sprache, Vorurteile und rassistisches Handeln zu erkennen und zu ändern.

Hamburg – das Tor zur Welt?
Hamburg gibt sich als weltoffene Stadt (und Tor zur Welt). So verkündete der Bürgermeister Scholz zum Naziaufmarsch am 2.6.2012 wie tolerant Hamburg doch sei.
Dabei ist es die SPD, die trotz vorheriger Kritik als Oppositionspartei den am 30.09.2012 ausgelaufenen Vertrag für das Erstaufnahmelager in Horst verlängert und sogar erweitert hat. Das ist ein abgelegenes Lager für ankommende AsylbewerberInnen in Mecklenburg-Vorpommern. Den Menschen dort ist der Zugang zu Beratungsstellen, AnwältInnen, Krankenhäusern oder zu einer vernünftigen Schulbildung nahezu unmöglich. Sie sollen vom Rest der Gesellschaft isoliert werden.
Auch im Umgang mit Roma, welche seit Jahrhunderten verfolgt werden und während des deutschen Faschismus systematisch ermordet wurden, zeigt die Stadt Hamburg unmenschliche Härte. So finden selbst im Winter Abschiebungen ganzer Familien nach Serbien, Mazedonien und in den Kosovo statt, wo Roma sich struktureller Diskriminierung und immer öfter auch rassistischer Gewalt gegenübersehen. 2011 und 2012 wurden aus Hamburg insgesamt 256 Menschen (fast nur Roma) nach Serbien und Mazedonien abgeschoben. Über 400 Menschen wurden zur sogenannten „freiwilligen Ausreise“ gezwungenen. Und selbst die 13 Hamburger Roma-Familien, die 2011/12 gemeinsam für ihren Aufenthalt gekämpft haben – unter anderem durch Petitionen an die Hamburger Bürgerschaft – wurden (bis auf eine Familie) alle zur Ausreise gezwungen oder abgeschoben.

Rassimus bekämpfen – Solidarität mit dem refugee strike!
Es gibt jedoch auch immer wieder Menschen, die sich der rassistischen Normalität widersetzen und für ein besseres Leben eintreten. In der Bewegung für die Verteidigung der Rechte von Geflüchteten haben sich z.B. Menschen aus verschiedenen Ländern zusammengeschlossen, um gegen die unmenschlichen Bedingungen zu protestieren, von denen sie unmittelbar betroffen sind. Die Geflüchteten setzen sich für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit ein. Wir unterstützen ausdrücklich die Forderungen dieser Proteste!

– Den Stopp aller Abschiebungen
– Die Abschaffung der Residenzpflicht
– Die Abschaffung der Lagerpflicht und die Schließung aller
    Isolationslager!
– Die Anerkennung aller Asylsuchenden als politische Geflüchtete


Wir lassen uns nicht spalten! – Gemeinsam kämpfen wir für eine solidarische Gesellschaft, frei von jeglicher Form des Rassismus! Wir wollen eine Welt, in der Menschen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, nicht Profite und Machtinteressen!

Der Aufruf in anderen Sprachen:

Filmtipp: ¡NO!

Morgen hat der chilenische Spielfilm ¡NO! Premiere in Deutschland. Er handelt von der Kampagne, die dazu führte, dass der faschistische Diktator Pinochet das Referendum von 1988 verlor. Dazu erschien am 6. November 2012 in der jungen Welt ein Beitrag von Erich Hackl, in dem es u.a. heißt: "Ich oder das Chaos." Unter dieser Losung ließ General Augusto Pinochet die chilenische Bevölkerung vor 24 Jahren darüber abstimmen, ob er dem Land für weitere acht Jahre als Präsident vorstehen sollte. Um dem Plebiszit einen demokratischen Anstrich zu verleihen, wurde der Opposition im Fernsehen eine tägliche Sendezeit von fünfzehn Minuten eingeräumt. Das Regime zweifelte nicht daran, daß sich die Mehrheit der Stimmberechtigten nach Jahren der Indoktrinierung für Pinochet entscheiden würde. In seinen Werbesendungen wurde der General als Retter der Nation präsentiert, der Chile nicht nur aus den Fängen des Sowjetkommunismus -“ gemeint war die Regierung des Sozialisten Salvador Allende -“ befreit, sondern dem Land auch einen wirtschaftlichen Aufschwung verschafft hatte, von dem allerdings nur Teile des Mittelstands, darunter die neuen Eliten der Privatisierungsgewinner, profitierten. (...) Pablo Larraín, "No. La Película" ("Nein. Der Film"), [handelt] von den Werbefachleuten, die die Kampagne des Nein zu Pinochet inszenierten, und zwar in einem politischen Umfeld, in dem -“ wie Skármeta erinnert -“ Angst und Hoffnung nebeneinander bestanden: "Die achtziger Jahre in Chile sind geprägt von einer seltsamen Mischung aus politischer Öffnung und brutaler Unterdrückung. Man konnte ein Protestlied singen oder irgendwo einen kritischen Artikel publizieren, und gleichzeitig kam es vor, daß Oppositionelle entführt, gefoltert und enthauptet wurden. Es hat mich gereizt, dieses ambivalente Klima darzustellen. Den furchtbaren Schmerz von Menschen, und wie sie diesen Schmerz, diese Wut beherrschten, um einen friedlichen Übergang zu demokratischen Verhältnissen zu erreichen."

Beide, Roman und Film, beruhen auf einem Theaterstück, das Antonio Skármeta -“ der damals noch zwischen seinem Exilort Berlin und Santiago de Chile pendelte -“ unmittelbar nach der Volksabstimmung verfaßt hatte. (...)"




Chile 2012, Spielfilm, 118 Minuten

Mit: Gael Garcia Bernal, Alfredo Castro, Luis Gnecco. Antonia Zegers
Regie: Pablo Larraín, Buch: Pedro Peirano nach dem Theaterstück “Referendum- von Antonio Skarmeta, Kamera: Sergio Armstrong, Schnitt: Andrea Chignoli, Musik: Carlos Cabezas, Produzenten: Juan de Dios Larraín, Daniel Marc Dreifuss

Berlin-Neukölln und viel Gefühl: Wie funktioniert die Forderung nach “sozialer Mischung”?

Der Berliner Stadtbezirk Neukölln steht regelmäßig im Zentrum der Öffentlichkeit. Jüngst sorgte ein Silvestervideo für Aufsehen, in dem ein Streetartkünstler einen aufgebrachten Neuköllner Anwohner spielt, der angesichts der Unmengen explodierenden Feuerwerks in Panik gerät und nach der Polizei ruft. (1) »Wir haben uns darüber lustig gemacht, wie wohl einige Leute auf den Lärm reagieren«, kommentierte er hinterher seine Aufnahme (taz, 4.1.2013). Doch die Bilder bestätigen die verbreitete Vorstellung, die Angst und Schrecken, Bedrohung und Wildnis mit Neukölln assoziiert.

Diese Deutung bedient auch der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), dessen Buch »Neukölln ist überall« im Herbst 2012 binnen kurzer Zeit zum Bestseller wurde. Die linke Kritik an dem Buch nahm vornehmlich die rassistischen Implikate seiner Ausführungen ins Visier. Weniger Beachtung schenkte sie dem Zusammenhang von Rassismus und den sozialen und stadtpolitischen Forderungen nach »mehr Bildung« und »sozialer Mischung« einerseits und andererseits den Gefühlen und Affekten, an die das politische Programm Buschkowskys appelliert.

Mit dem Argument, Bildungspolitik sei die beste Sozialpolitik, befasste sich vor kurzem Patrick Schreiner in den Blättern für deutsche und internationale Politik (Ausgabe 7/2012). Er zeigte auf, dass das Argument strukturelle Diskriminierungen von MigrantInnen und Frauen überdeckt und Fragen der Verteilung ausblendet. Hier soll es deshalb vor allem um die Forderung nach »sozialer Mischung« gehen – und um die Gefühle, mit denen dieses Konzept operiert.

Das Dogma, soziale Mischung sei eine wirksame sozialpolitische Maßnahme, ist gesellschaftlich konsensfähig. Auch wenn vom »Problembezirk« Neukölln die Rede ist, steht vor allem die Ballung zu vieler als gefährlich identifizierter Menschen im Vordergrund. Konzentrierten sich die Armen an einem Ort, verfestige sich eine »Unterschichtenkultur«, der Stadtteil drohe, »immer weiter abzurutschen«. Aus dieser Beschreibung folgt scheinbar logisch die Forderung nach einer ausgewogenen »sozialen Mischung«.

In der deutschen Stadtsoziologie hat sich dieses Deutungsmuster in den 1990er Jahren durchgesetzt. Führende StadtsoziologInnen warnen seither vor wachsenden städtischen Segregationstendenzen oder gar vor latentem Bürgerkrieg. Auch in der Politik hat diese Perspektive schon lange großen Einfluss, wie die unzähligen Quartiersmanagements zeigen. Finanziert werden sie vor allem durch »Soziale-Stadt«-Programme, denen es um die »Revitalisierung« der Stadtteile und die Durchbrechung der »Abwärtsspirale« geht.

Andrej Holm kritisierte bereits vor vier Jahren den Mythos der sozialen Mischung. Der Stadtsoziologe zeigte auf, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis für die Annahme gibt, soziale Mischung stelle die Lösung für soziale Probleme dar. (2) In einer jüngst erschienenen Studie wies auch Anne Volkmann darauf hin, dass für viele Menschen das Wohnumfeld nicht mit dem Sozialraum zusammenfällt, womit die zentralen Annahmen der Quartierspolitik obsolet werden. (3) Das Argument der sozialen Mischung ist aber nicht nur wegen der praktischen Wirkungslosigkeit zu kritisieren. Gefährlich sind vor allem seine ideologische Funktion und seine praktische Konsequenz: die Verdrängung von Menschen.

Klassenverhältnisse und Rassismus

In den Richtlinien des rot-schwarzen Berliner Senats heißt es in Bezug auf Mietenpolitik, das politische Ziel sei die Erhaltung bzw. die Wiederherstellung der »Berliner Mischung«. Damit ist die Stadtplanung Mitte des 19. Jahrhunderts gemeint, der die Annahme zu Grunde liegt, Arme und Reiche im Kiez würden sich gegenseitig wunderbar ergänzen und stützen. Der »Trick« des Entmischungsarguments liegt darin, dass es soziale Ungleichheit zwar thematisiert, allerdings in einer kulturalisierenden Weise. Weder nimmt es gesellschaftliche Ursachen von Armut in den Blick noch stellt es Verteilungsfragen.

Hinzu kommt, dass die Rede von der Entmischung mit der integrationspolitischen Figur der »Parallelgesellschaften« verknüpft ist. »Parallelgesellschaften« sind im herrschenden Verständnis geprägt durch »Ausländerkriminalität«, »soziale Verwahrlosung« und »islamischen Fundamentalismus«. Wird etwa Kriminalität in »Problembezirken« thematisiert, geht es fast reflexartig auch um die vermeintliche oder tatsächliche Herkunft der TäterInnen. So entsteht die Vorstellung, die Herkunft sei ein Grund für Kriminalität.

Auch die »Unterschicht« in sogenannten Problembezirken wird auf diese Weise ethnisiert. Wie beim entsprechenden Diskurs um »faule Arbeitslose« soll auch die »migrantische Unterschicht« wegen eigener Versäumnisse selbst Schuld sein an Armut und Erwerbslosigkeit. Doch diese Beschreibung verbindet sich mit rassistischen Begründungen, etwa wenn ein angeblich mangelndes Leistungsverständnis bei Muslimen und Muslimas mit der Kultur des Islams begründet oder gar die Leistungsfähigkeit aufgrund genetischer Disposition generell in Frage gestellt wird (so wie es Thilo Sarrazin notorisch tut). All diese Positionen produzieren und stützen Rassismus und haben zur Folge, dass struktureller Rassismus als eine mögliche Erklärung für die soziale Marginalisierung von MigrantInnen und ihren Kindern ausscheidet.

Dass es in Wahrheit gar nicht um »soziale Mischung« als solche geht, zeigt sich an der Auswahl der Stadtteile, über die überhaupt gesprochen wird. So sind zwar Berlin-Neukölln, Duisburg-Marxloh und andere »Problembezirke« Thema, nicht aber jene Stadtteile, in denen sich die Mittel- und Oberschicht ballt, wie etwa Berlin-Zehlendorf oder Hamburg-Blankenese. Und ob die Mittel- und Oberschicht an einer Mischung mit sozial Marginalisierten interessiert ist, darf angesichts der vielen gut situierten Eltern in zunehmend attraktiven, aber noch teilweise »problematischen« Bezirken wie Berlin Kreuzberg oder Neukölln, die ihre Kinder auf Schulen in bürgerlichen Stadtteilen schicken, bezweifelt werden.

Die Forderung nach sozialer Mischung wird also selektiv erhoben, und das verweist auf ihre repressive bzw. kontrollierende Funktion. In ihr kommt die bürgerliche Angst vor der Kollektivität der »Anderen« zum Ausdruck, die die herrschende Ordnung gefährden könnten.

Angst und Affekte

Ein häufiges Argument in der Debatte um Buschkowskys Buch lautet, er nehme die Ängste der Bevölkerung ernst. Und in der Tat, er sorgt sich rührselig um die »Ur-Berliner«, die in Neukölln keine Currywurst mehr finden und die vielen in anderen Sprachen verfassten Schilder nicht lesen können. Dieses Argument ist nicht neu. Schon in der »Sarrazindebatte« im Herbst 2010 forderten selbst KritikerInnen Sarrazins immer wieder, sich der Ängste der (mehrheitsdeutschen) Bevölkerung anzunehmen. Was hat es mit dem Hinweis auf die »Ängste der Bevölkerung« auf sich?

Es ist auffällig, dass vor allem Neukölln immer wieder hitzige Debatten um unkontrollierbare, kriminelle und sozial verwahrloste Menschen auslöst. Neukölln bewegt die Gemüter – so wie bei dem eingangs erwähnten Video. Im Video wird durch die Darstellung von Menschen, die etwa Feuerwerksraketen in ihrer Hand starten lassen, eine panische Atmosphäre hervorgerufen. Die migrantischen Jugendlichen, die zu sehen sind, ihre Kleidung, ihr Äußeres, ihre Sprache bzw. ihr Akzent und die Aldi-Tüte, in der sie die Raketen aufbewahren – das Video versammelt all die Attribute, die das Bild des Stadtteils prägen, und die Angst vor Gefahr geht unmittelbar unter die Haut der ZuschauerInnen.

Das so erzeugte Gefühl urbaner Unsicherheit ist ansteckend. Das hängt mit grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen zusammen. Das Verhältnis zwischen Nationalstaaten, globalem Kapitalismus und (Staats-)BürgerInnen bzw. »Fremden« ist im Wandel, seine Elemente werden neu zueinander in Beziehung gesetzt. Sowohl die lokale als auch die nationale Politik formuliert vor diesem Hintergrund gesellschaftlichen Zusammenhalt als politisches Ziel. In den westlichen Gesellschaften, in denen durch die Migrationsbewegungen der letzten Jahrzehnte eine neue Vielfalt entstanden ist, geraten (vornehmlich muslimische oder vermeintlich muslimische) MigrantInnen und sozial Marginalisierte als Verantwortliche für den Verlust des sozialen Zusammenhalts ins Visier. Dabei dient der »soziale Zusammenhalt« als Kampfbegriff, der die Fragen nach Ungleichheit und Rassismus in den Hintergrund drängt.

Wenn sich nun das Augenmerk auf die Ängste der »Ur-Berliner« richtet, die Neukölln angeblich verlassen, weil sie sich nicht mehr zu Hause fühlen, zeigt das, wessen Angst wahrgenommen wird bzw. woran Angst festgemacht wird. (4) Für die politische Elite stehen die Ängste der mehrheitsdeutschen Mittelschicht im Zentrum, und als ihr Gegenpart erscheinen »unzivilisierte, kriminelle und homophobe (muslimische) MigrantInnen« und/oder »faule Arbeitslose«. Als Gegenmittel bringt die Stadtpolitik die soziale Mischung ins Spiel – und leitet damit faktisch die Verdrängung von sozial Marginalisierten und MigrantInnen aus den »Problembezirken« ein. Eine solche »soziale Mischung« hat auch kontrollierende und disziplinierende Funktion. Sie enthält den Aufruf an die MigrantInnen und sozial Marginalisierten, ihre Leistungsfähigkeit gemäß dem Vorbild der mehrheitsdeutschen Mittelschicht zu optimieren – oder zu gehen.

Welche Perspektiven?

Die Analyse zeigt zweierlei: Zum einen müssen Ausbeutung und Unterdrückung beim Namen genannt werden, will man nicht in die Falle des Mischungsarguments tappen. Zum anderen sollte die Produktion von Affekten stärker einer kritischen Analyse unterzogen werden.

Die Aktivitäten der MieterInnen am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg sind in vielerlei Hinsicht ein gelungenes Beispiel für Widerstand gegen die herrschende Sozial- und Stadtpolitik. Seit Mai 2012 sind die MieterInnen zunächst mit einem Zelt, später mit einem Container und mittlerweile mit einem Holzhaus (dem Protest-»Gecekondu«) am Kottbusser Tor präsent, um gegen steigende Mieten in den umliegenden Blöcken des sozialen Wohnungsbaus zu protestieren. (Siehe ak 575) Durch ihre sichtbare Präsenz tragen sie dazu bei, die Kritik an herrschenden Wohnverhältnissen, Rassismus und Klassenverhältnissen medial und politisch zu verankern.

Das Gecekondu entwickelte sich nach kurzer Zeit zu einer Art sozialem Zentrum, in dem nicht nur die von steigenden Mieten betroffenen AnwohnerInnen sich begegnen, sondern ebenso UnterstützerInnen aus anderen Kiezen. Es erzeugt Verbindungen, die bisher schwer möglich schienen, fördert Austausch, Solidarität und das Gefühl, etwas an den unterdrückenden Verhältnissen ändern zu können. Auch die MieterInnen am Kottbusser Tor mussten sich mit dem Argument des Senats auseinandersetzen, in ihrem Viertel fehle die »Durchmischung«. Auf einer Veranstaltung Ende Oktober 2012 unter dem Titel »Miete Mischung Mehrwert« meinte eine Aktivistin des Gecekondu dazu treffend und knapp: »Wir haben kein Problem mit der Mischung, sondern mit der Miete.«

Anmerkungen:

  1. www.youtube-nocookie.com/watch?v=SGDUWmgezQ0
  2. Siehe den Aufsatz in Ausgabe 1/2009 der Zeitschrift Forum Wissenschaft.
  3. Anne Volkmann: Quartierseffekte in der Stadtforschung und in der sozialen Stadtpolitik. Die Rolle des Raumes bei der Reproduktion sozialer Ungleichheit, Berlin 2012.
  4. Das zeigt, dass Gefühle von Unsicherheit und Angst erst im historischen und sozialen Kontext durch bestimmte Ereignisse ausgelöst werden. Wessen Angst und Unsicherheit hegemonial wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, hängt von Kräfteverhältnissen ab. Im konkreten Fall werden Diskriminierungen, Gefühle der Demütigung, Marginalisierung und Stigmatisierung von MigrantInnen und sozial Marginalisierten nicht behandelt.

Dieser Text der Autoren Sebastian Friedrich, Duygu Gürsel, ÇaÄŸrı Kahveci erschien zuerst in analyse & kritik Ausgabe 580. Er ist von der CC-Lizenz ausgeschlossen; das Zitieren und das Verlinken des Textes ist erlaubt, nicht aber das Vervielfältigen/Kopieren.

Konferenz "Erneuerung durch Streik" verabschiedet Resolution gegen Polizeikessel

Die TeilnehmerInnen der Gewerkschaftskonferenz „Erneuerung durch Streik“ verabschiedete folgende Resolution gegen Poilzeikessel wie den gegen NazigegnerInnen am 1. Mai 2011 in Heilbronn:

In den vergangenen Jahren beobachten wir, aktive GewerkschafterInnen, eine zunehmende Kriminalisierung von antifaschistischem Protest. Naziaufmärsche werden mit dem Einsatz von immer mehr Polizeibeamten durchgesetzt, die stattfindenden Gegendemonstrationen stark eingeschränkt und AntifaschistInnen im Nachhinein mit Strafverfahren konfrontiert.

Insbesondere durch die Einsatztaktik, antifaschistische Demonstrationen einzukesseln, soll ein effektiver Widerstand gegen Naziaufmärsche kriminalisiert und verhindert werden.

Als GewerkschafterInnen verurteilen wir diese Einsatztaktik aufs Schärfste. Inzwischen werden solche Polizeikessel auch gegen soziale Bewegungen und bei Arbeitskämpfen eingesetzt. So wurden beispielsweise belgische GewerkschafterInnen, die in Köln gegen die Schließung eines Automobilwerkes demonstrieren wollten, über Stunden eingekesselt.

Das ist nicht hinnehmbar. Die TeilnehmerInnen der Konferenz „Erneuerung durch Streik“, die vom 1. bis 3. März 2013 in Stuttgart stattfand, unterstützen daher die politischen und juristischen Initiativen gegen Polizeikessel. Wir solidarisieren uns mit den KlägerInnen gegen die Polizeikessel vom 1. Mai 2011 in Heilbronn und vom 30. Juli 2012 in Stuttgart.

Infos zu den laufenden Klagen unter: www.kesselklage.de

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