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Parastou Forouhar: Rückreise absehbar?

Parastou Forouhar

Quelle: Parastou Forouhar

Wir hatten bereits über den Fall von Parastou Forouhar berichtet. Die iranische politische Künstlerin lebt seit 1991 in Deutschland. Sie reist jedes Jahr in den Iran um an den jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltung für ihre ermordeten Eltern, die 1998 ermordeten Dariush und Parvaneh Forouhar teilzunehmen. Ihr Vater Dariush Forouhar gehörte als Arbeitsminister zum weltlichen Kabinett von Premierminister MehdÄ" Bāzargān. Beide gehörten zu den führenden oppositionellen Politikern im Iran.

Parastou Forouhar wird regelmäßig bei den Besuchen im Iran vom iranischen Geheimdienst erwartet. Trotz der jahrelangen Repression gegen sie tritt sie weiterhin für die Aufklärung des Mordes an ihren Eltern ein. Inzwischen fand die mehrfach verschobene Vorladung beim iranischen Geheimdienst statt. Dazu erreichte uns folgende Nachricht:

"Parastou verliess die heutige Vorladung beim Geheimdienst mit gemischten Gefühlen. Sie hat ihren Pass nicht zurückbekommen. Der Ton bei diesem Treff war im Vergleich zum letzten Mal schärfer und erinnerte an die ersten Vorwürfe bei ihrer Ankunft in Iran. Ihr wurde angedroht, dass ihre Aktivitäten (Ihre Interviews, ihre öffentlichen Erklärungen, die Besuche in ihrem Elternhaus und die Gegenbesuche, etc.) juristische Konsequenzen für sie haben könnten. Sogar ihre künstlerische Arbeit und ihre Ausstellungen wurden in diese allgemeine Drohung mit einbezogen.

Es war keine Befragung, konnte auch mangels offener Fragen keine sein, denn alles was sie in den letzten Jahren an Aktivitäten entfaltet hatte, war offen, öffentlich und ohne irgendeine "politische" Aussage im herkömmlichen Sinne gewesen, sondern konsequent auf die Wahrung ihrer Grundrechte und die der Menschenrechte im Hinblick auf die Aufdeckung der politischen Verbrechen gegen ihre Eltern und andere Intellektuelle orientiert. Das ergab und ergibt sich aus der Natur ihres Anliegens. So hat sie es auch gegenüber dem Beamten vorgebracht.

Sie wies darauf hin, dass ihre künstlerische Arbeit und ihre Ausstellungen auf ihrer Website einzusehen sind, dass die politische Biographie ihrer Eltern, die sie in diesem Jahr auf Persisch herausgegeben hat, überall zugänglich und zu lesen seien und dass es dabei keine Geheimnisse gäbe. Es sei ihre Sicht der Dinge und der Beamte solle das Buch (das in Iran immer mehr Verbreitung findet) ruhig ganz durchlesen und nicht nur oberflächlich durchblättern (wie der Agent angegeben hatte) um sich selber ein vollständiges Bild davon machen zu können. Insofern bietet sie dem Geheimdienst auch keinen konkreten Angriffspunkt und die Herren sind darauf angewiesen, ihr ganz allgemein zu drohen. Sie hat den Eindruck, dass der Repressionsapparat sie nicht so "billig davonkommen lassen" möchte, dass sie ihrer starken Präsenz stärkere Sanktionen entgegen setzen möchten und sei es dadurch, dass sie sie mit ihrer Rückreise hinhalten. Es hat den Anschein, dass sie ihr gegenüber ihre erprobte Drohung mit der "Roten Linie" anwenden möchten aber nicht so recht das Gelände dafür finden. Sie wurde gefragt, wann sie denn eigentlich geplant hätte, zurückzufliegen. Parastou wollte ursprüglich am morgigen Dienstag zurückfliegen, meinte aber, dass es ihr recht wäre, wenn sie am Wochenende wieder nach Deutschland reisen könnte, um ihrer Arbeit und ihren Verpflichtungen nachzugehen.

Eine Stunde nach unserem Telefongespräch rief mich Parastou wieder an und meinte, das Amt hätte sie angerufen und ihr die Rückgabe des Reisepasses "in den nächsten Tagen" in Aussicht gestellt. Sie könne schon Vorbereitungen für ihre Rückreise treffen.

Das ist der gegenwärtige Stand und ich wage zu hoffen, dass sie am Wochende hier sein wird. Aber hier hat ja ein Geheimdienst mit vielen uneingeschränkten Befugnissen das Sagen und morgen kann sich der Wind schon wieder wie heute um 180 Grad drehen."

Siehe auch:


Parastou Forouhar: Vorladung durch Geheimdienst verschoben
Freiheit für Parastou Forouhar!

Grußwort des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit zur Verhandlung gegen den Heilbronner Polizeikessel

Wir dokumentieren das von einer Vertreterin des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit an die TeilnehmerInnen gerichtete Grußwort der Kundgebung am 06.12.2012 zur Verhandlung gegen den Heilbronner Polizeikessel vom 1. Mai 2011.


Liebe Prozessbesucher, liebe Unterstützer, Freunde, Interessierte, liebe Anwesende!

Heute findet der zweite Verhandlungstag zum „Heilbronner Polizeikessel“ vom 1. Mai 2011 statt.

Dieser unglaubliche Vorgang, bei dem im Wortsinn morgens vom Zug weg unter anderem Hunderte AntifaschistInnen und GewerkschafterInnen in den Kessel vor dem Bahnhof getrieben und dort bis in die Abendstunden hinein festgehalten wurden, konnte am ersten Verhandlungstag am 25. Oktober nicht zu einer richterlichen Entscheidung geführt werden.

Die Vertreterin des Landes argumentierte, es sei objektiv möglich gewesen, den Platz zu verlassen.
Die hunderte Betroffenen wissen es besser: Sie saßen den ganzen Tag in der prallen Sonne mit nichts außer eventuell selbst mitgebrachter Verpflegung, der Zugang zu den Toiletten war seltenst möglich was zu entwürdigenden Situationen sich im Freien erleichternder Menschen führte.

Das martialische Aufgebot tausender in Kampfmontur ausgestatteter Polizeibeamter und Hundestaffel signalisierte allen, die gegen die Nazis demonstrieren wollten: IHR seid das Problem, nicht die Faschisten. Keiner konnte abends den Platz verlassen ohne dass die Personalien erfasst und Bildaufnahmen angefertigt wurden.

Verkehrte Welt?
Der 1. Mai, der traditionell im Zeichen der Solidarität und Menschenwürde steht, wurde in Heilbronn seitens der baden-württembergischen Landesregierung konterkariert zum Tag des Schutzes der Faschisten.

Die Vertreterin des Landes führte am ersten Prozesstag an, um Eskalationen zu vermeiden, sollten die beiden Gruppen -“ also die Faschisten und die bunte Mischung 1.Mai-Demonstranten und Nazi-Gegner, getrennt gehalten werden.

Nun -“ Fakt war, die Nazis durften laufen und ihre ekelhaften Parolen skandieren, während die 1. Mai-Demonstrationen nicht stattfinden konnten und Nazigegner davon abgehalten wurden, ihren Feiertag zu begehen.

Das ist ein Skandal!

Doch wie wir wissen, nicht der einzige.
Kessel gegen Antifaschisten, die gegen Nazis demonstrieren hatten wir am 1. Mai 2009 in Ulm, am 30. Juli diesen Jahres in Stuttgart, am 6. Oktober in Göppingen; am 24. November wurden Demonstranten gegen den reaktionären Burschenschaftstag in Stuttgart gekesselt.
Ja, es ist inzwischen traurige Tradition und eine gewisse Routine, die Versammlungsfreiheit fortschrittlicher Demonstrationen mit repressiven Polizeiauflagen und entsprechendem polizeilichem Vorgehen einzuschränken oder gar unmöglich zu machen. Die „innere Versammlungsfreiheit“ ist durch die Anwesenheit einer großen Zahl von Polizeikräften und ihrer ständigen Filmerei der Demonstrierenden oftmals von vornherein eingeschränkt, da es massiv einschüchternd und abschreckend wirkt.

Gerade aus diesem Grund hat dieser Prozess eine hohe Bedeutung. Es geht nicht nur um diesen speziellen Heilbronner Kessel. Es geht auch nicht nur um Demonstrationen gegen Nazis. Es geht um grundlegend mehr.
Es geht um das Recht auf Versammlungsfreiheit, das uneingeschränkt und ohne behördliche Reglementierung für alle Menschen zu jeder Zeit mit ihren gewünschten Aktionsformen möglich sein muss, solange nicht menschenverachtende, faschistische Propaganda Ziel der Versammlung ist.

Wir reden hier nicht von einem x-beliebigen Recht. Das Versammlungsrecht ist ein sogenanntes Grundrecht, ein einklagbares Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat.
Aber davon ist nicht viel übrig, wenn es mittels Polizeigesetzen nahezu beliebig eingeschränkt werden kann.

Wir fordern euch alle auf -“ macht diesen Fall bekannt, unterstützt den Prozess mit eurer Anwesenheit, euren Spenden, eurer Solidarität. Engagiert euch im Bündnis für Versammlungsfreiheit!

Für den heutigen Prozesstag fordern wir das Gericht auf, im Sinne der Versammlungsfreiheit den Heilbronner Kessel als ungerechtfertigte Polizeimaßnahme zu verurteilen und dementsprechend alle in diesem Zusammenhang ergangenen Urteile aufzuheben und die Kosten zu erstatten!

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