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Parastou Forouhar: Vorladung durch Geheimdienst verschoben

Parastou Forouhar

Quelle: Parastou Forouhar
Vor einigen Tagen hatten wir über den Fall von Parastou Forouhar berichtet. Inzwischen wurde eine Vorladung durch den Geheimdienst verschoben. Dazu erreichte uns folgende Nachricht von Freunden Parastou Forouhars:

"Parastous Vorladung für den heutigen Tag ist auf nächsten Montag morgen verschoben worden. Mit Grund. Die Umweltwerte in Teheran sind laut offiziellen Angaben um 200 Mal höher als normal! Daher sind alle Behörden und Schulen, etc. für zwei Tage, inklusive des heutigen Tages geschlossen, darunter natürlich auch die Behörde der "Unbekannten Soldaten des Imams der Zeiten" - so die pathetisch-religiös gefärbte Bezeichnung für Geheimdienstagenten.

Parastou meint, dass sie nun langsam in den Iran angekommen sei. Entgegen ihres ersten Eindrucks, entdeckt sie bei ihren zahlreichen Besuchen bei Oppositionellen, Intellektuellen und literarischen Runden und bei ihren Gesprächen mit den Menschen, dass viele mit allen möglichen Mitteln bestrebt sind ihre Würde und Integrität aber auch ihre Fähigkeiten zu bewahren und zu pflegen. Die Qualität der oppositionellen Bewegung habe sich auf eine weniger auf Aktionen orientierte Ebene verschoben. Es gäbe zahlreiche gute Kulturzeitschriften in denen die Verfasser versuchten, sich zu orten, ihre Werte und Anschauungen zu verteidigen und zu entwickeln und durch die Schaffung neuer geistiger Lebensräume gegen die vermeintliche politische Agonie zu kämpfen. Auch gäbe es viele "Runden" und "Treffs" von allen möglichen Oppositionellen, alten, wie neuen, explizit politischen wie literarischen oder philosophischen Diskussionsrunden. Für sie ist eine solche Entwicklung keineswegs ein Eskapismus, eine Flucht in nicht politische Felder, sondern ein Kampf um die menschlichen und gesellschaftlichen Werte, der sich im Umfeld der konkreten politischen Opposition entwickelt.

Beispielsweise habe ihr eine einfache Krankenschwester im Hinblick auf den erfolgreichen Hungerstreik der Rechtsanwältin Nasrin Sotoodeh (Näheres bitte bei iranischen Freunden erfragen) gesagt: "Solange es solche Frauen und solche Männer gibt, kann uns kein Regime niederringen". Sie und viele andere sind nicht nur stolz auf solche Menschen, sondern sähen deren Siege als ihren Sieg an. Sie beanspruchten so die Widerständigkeit dieser Einzelpersonen für sich und sähen sich insofern in einer gemeinsamen Bewegung. Überall bemerke man die Sprossen einer solchen lebendigen Entwicklung. Das freut sie sehr. Sie freut sich auch darüber, dass ihr Buch schon auf dem Schwarzmarkt zu finden ist und dass einige ihr gesagt hätten, sie hätten es entweder bei einem Bekannten gesehen oder sogar schon gelesen.

Sie ist auch insofern in den Iran angekommen, dass sie mit ihrer in den letzten Tagen noch einmal verstärkten Observation gut zurecht kommt. Sie geht mit den zahlreichen Spitzeln, die zu ihr gesandt werden, eloquent um. Ihnen gegenüber beklagt sie in den Gesprächen das unverschämte und würdelose Verhalten der Sicherheitsleute am Tag des Gedenkens an das politische Verbrechen gegen ihre Eltern. Anderen Fragen weicht sie höflich - oder um ihr Lieblingswort zu benutzen - "weich" - aus. Sie glaubt nicht, dass der Sicherheitsapparat jetzt ein Interesse daran hat, ihr gegenüber härter vorzugehen. Ganz sicher kann man aber nicht sein. "Schlagartigkeit" und das Moment der "bösen Überraschung" war zumindest Anfang der 80-er Jahre eine Spezialität des Repressionsapparates, das zumindest ist meine Erfahrung.

Sie nutzt ihre Zeit in Iran gerne aus, um zu beobachten und viele Besuche zu machen. Wie immer ist sie dankbar für die passionierte Begleitung ihrer Reise durch Sie/euch."


Mehr Information:

• Frankfurter Rundschau: Parastou Forouhar: Ohne Pass in Teheran
"aspekte" Gespräch
Die iranische Künstlerin Parastou Forouhar | Kultur.21

NPD-Verbot-garantiert ohne V-Leute-Zeugnis! Wenn da die Zuständigen sich bloß nicht wieder vertun....

Die Innenminister treten geschlossen an - und wollen die NPD endlich fertigmachen. Und es ist gesammelt worden und wurde in Zettelkästen gewühlt, um Beweise gegen die Neofaschisten zu finden. Kann jetzt in Karlsruhe vorgelegt werden! Und in allen Fällen glühendes Schlussbekenntnis: Ganz ohne V-Frau! Ganz ohne V-Mann! Alles pure Nazi-Natur.

Wenn da die Demokratievorreiter sich nur nicht vertun! Schon 1908 hat der Schriftsteller Chesterton das Problem in einem kleinen lustigen Roman dargelegt: "Der Mann, der Donnerstag war". Damals richtete sich die allgemeine Angst nicht gegen Rechte, sondern gegen etwas, das Chesterton und die englische Öffentlichkeit seinerzeit für anarchistisch hielt. Nach allgemeiner und Chestertons Meinung eine total geschlossene fast militärische Vereinigung, die vor allem Attentate betrieb. Die Pointe: Im Lauf der Erzählung stellt sich heraus, dass alle Mitglieder - nach Wochentagen benannt - vom englischen Geheimdienst - oder auch der Polizei eingeschleust worden waren. Und keiner wusste vom anderen. Gleich zu Beginn - wie realistisch - lässt Chesterton einen Spitzel loslegen gegen eine friedfertiger gefasste Resolution - und besteht auf dem umfassenden, absoluten Zerstörungswillen der Organisation. Großer Beifall - gleich wählen ihn alle anderen Polizeigünstlinge in den Vorstand.

Chestertons Pointe freilich - lang vor seiner Wende zum Katholischen - Chef der geheimen Organisation - und zugleich Anwerber aller Spitzel im Geheimen - ist Gott selbst. Ein pantheistischer freilich, der sich seinen gekauften und getäuschten Anhängern entzieht. Per Luftballon ins Himmelreich...

Gott entfällt auf jeden Fall in der Minister-Version. Damit aber vielleicht auch die Gewissheit, dass keine V-Leute - Aussagen mituntergeschlüpft sind? Schon als die SRP, erstverbotene der Republik, noch eine ärmliche Existenz führte, ging glaubhaft die Kunde um, der Verein wäre schon zwei Jahre vorher pleite gewesen, wenn nicht die verschiedenen Dienste über ihre Vertrauensleute immer wieder etwas zugeschossen hätten. Am Ende erbettelten sie vor dem Verfassungsgericht einen Anwalt auf Armenrecht.

Es ist also gar nicht unmöglich - auch nach den Ergebnissen des letzten Verbotsversuchs - dass unter den Leuten, die da Selbstzeugnis ablegen,sich Personen befinden, die sich in erster Linie selbst als überzeugte Parteimitglieder ansehen, und nur nebenberuflich als Geldempfänger über den Staat. Überraschend im Vergleich zu früher auch die große Nachsicht, die überführten Spitzeln von den Parteigenossen zu Teil wird.

Hieß es in Weimarer Zeiten noch "Verräter verfallen der Feme", ist von derlei nirgendwo in der NPD die Rede. Zahlt der Denunziant nur brav, ist alles verziehen. Ja, als Kriegslist höherer Art gebilligt.

Vermutlich kommen daher die Zweifel einiger am Verbotsantrag, die vielleicht größere Einsicht haben. Oder zumindest größere Angst in Kenntnis der Verfallenheit ihres ganzen Ladens.

Schade um die NPD wäre es nicht. Und ein Verbot würde es ausredesüchtigen Gemeinden erschweren, Aufmärsche der braunen Gesellen einfach zu verbieten. Nur der Aufbau und die Aufrechterhaltung von Organisationen wie des NSU wäre von einem Partei-Verbot in keinem Punkt betroffen. Gegen so etwas hilft, wie jetzt erkennbar, auch kein Verfassungs-Schutz. Allenfalls erhöhte Wachsamkeit und Tätigkeit antifaschistischer Organisationen. Mit breiter Veröffentlichungspraxis.
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