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Griechenland / Berlin: Parlamente im Schraubstock - beim Qualjubel

Widerlich das traurige Schauspiel in Athen: mit knappen zwei Stimmen Mehrheit stimmt ein Parlament seiner totalen Entmachtung zu. Und der Beraubung zahlreicher Bürgerinnen und Bürger. Wer der eigenen Züchtigung nicht zustimmen wollte, wurde noch an Ort und Stelle von den regierenden Parteien ausgeschlossen. Am gleichen Abend noch. Erniedrigenderes lässt sich nicht denken.

In anderen Ländern wendeten Abgeordnete sich verächtlich ab. Vor allem solche, die die Plünderung Griechenlands voll billigten. Bei denen ist alles möglich. Doch nicht bei uns!

Das Kaspertheater um das Betreuungsgeld im deutschen Bundestag am 9.11.2012 zeigte, wie nah auch bundesdeutsche Delegierte an den griechischen Abgründen wohnen. Und zwar ganz ohne die Not, die in Athen die Unterwerfung mitleidig sehen lassen könnten.

Es soll hier gar nicht um alles Psychologische, Wünschbare einer frühkindlichen Kollektivbetreuung nachgestritten werden. Ich selbst habe weder Kinder noch Enkel. Kann also der eigenen Betroffenheit nach gar nicht mitreden. Wohl aber zwei bescheidene Gedanken beisteuern!

Der eine: als im Kaiserreich die allgemeine Schulpflicht durchgesetzt wurde, da hat Bismarck als der erste zuzugeben, dass damit ein empfindlicher Zwang gerade auf Arme ausgeübt wurde, die traditionell auf Kinderarbeit angewiesen waren. Nur hielt er diesen Zwang für notwendig und unverzichtbar. Keinen Augenblick lang hat er daran gedacht, etwa den Gutsbesitzern irgendwelche Zuschüsse zu gewähren, die - wie damals nicht selten - ihre Kinder bei sich daheim mit Hauslehrern hochzogen. Obwohl das immerhin mit einigen Kosten verbunden war. Niemand traute sich, offen zu fordern, Leuten etwas dafür zu zahlen, dass sie öffentliche Einrichtungen nicht in Anspruch nahmen.

Ein zweites: Die Diskussion im Bundestag bestand wie üblich im Ping-Pong-Spiel. Wer hat wann was gesagt, das der heutigen Position widerspricht. Zwischendurch drang allerdings immer wieder eine bescheidene Einsicht durch. Zum 1. August 2013 besteht in der ganzen BRD ein gesetzlicher Anspruch auf einen KITA-Platz. Daran fehlt es allerdings noch in 200 000 Fällen. Glaubensstarke sehen die Plätze in den cirka 9 Monaten noch entstehen. Erfahrungsgepeinigte wissen jetzt schon: es wird Heulen und Zähneklappern geben, vor allem Schuldzuweisungen, wenn in vielen Städten Schlangen anstehen werden um einen Platz. Liegt es da nicht nahe, erst einmal das gesetzlich Vorgesehene zu leisten, bevor lächerliche Versuche unternommen werden, das - vielleicht - von manchen Erwünschte zu spendieren?

Wetten, dass kurz vor den diversen Wahlen ein großes Geschrei die Welt erfüllen wird!

In dieser Lage hat die FDP sich gepanzert. Sie hatte von sich aus ursprünglich kein Betreuungsgeld ins Auge gefasst. Genau genommen hat sie zu Schmiedehämmern gegriffen. Gerade weil überhaupt nur in letzter Not zugestimmt wurde - im Hoffnungswahn,die sechs Prozent doch noch zu schaffen. In der Panik wurde auf die Staatsministerin Pieper eingeschlagen. Sie hat - aus zumindest nachvollziehbaren Gründen - im Betreuungsgeld einen Schritt zurück zur Frau als Hüterin von "Küche Kind Kirche" gesehen. Und wurde bedroht, mit solchem Eigensinn könne man natürlich nicht Staatsministerin einer mühselig mitgeschleppten Regierung bleiben.

Was zeigt uns das? Schon in der eingebildeten Not knicken Parlamentarier ein. Sind damit um nichts besser als die griechischen. Auf keinen Fall vertreten sie die Interessen derer, die sie mutwillig einmal gewählt haben.

Der "Fall" Mumia Abu-Jamal

Mumia Abu-Jamal engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Rassismus, Polizeigewalt und soziale Missstände. Er ist die 'Stimme der Unterdückten' und war fast 30 Jahre in Isolationshaft im Todestrakt und soll nun nach dem willen der Justiz im Knast verrotten. Wir stellen 'Mumias Fall' vor und wollen institutionellen Rassismus, staatliche Repression sowie die damit verknüpfte Gefängnisindustrie in den USA aufzeigen, Vergleiche zur BRD herstellen und Möglichkeiten zur Unterstützung von Mumia & anderen Gefangenen benennen.

Vortrag und Film vom Free Mumia Bündnis Frankfurt a.M. im Rahmen der 'Frankfurter Interkulturellen Wochen 2012' (29. Oktober – 18. November 2012).

Mi, 14.11.2012, 20:00

Studierendenhaus, Campus Bockenheim, 60325 Frankfurt am Main, U 4, U 6 und U7 -  'Bockenheimer Warte'

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

ARGENTINIEN
In Argentinien haben am Donnerstag tausende Anhänger der Opposition gegen die Regierung von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner demonstriert.

In Argentinien ist das Vermögen des US-Ölkonzerns Chevron beschlagnahmt worden. Damit kam das Land am Donnerstag einer Bitte um Rechtshilfe der ecuadorianischen Justiz nach, die den Ölkonzern wegen Umweltschäden zur Entschädigung von Ureinwohnern verurteilt hatte.

NICARAGUA
Die in Nicaragua regierende Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) hat am vergangenen Sonntag die Kommunalwahlen deutlich gewonnen. Von den abgegebenen Stimmen entfielen etwa 68 Prozent auf Kandidaten der FSLN.

PARAGUAY
Paraguay bleibt nach dem Putsch gegen den Ex-Präsidenten Fernando Lugo im Juni dieses Jahres politisch und wirtschaftlich isoliert.

VENEZUELA
Der Wahlkampf um die 23 Gouverneursämter und 229 Sitze in Regionalparlamenten in Venezuela hat am vergangenen Donnerstag offiziell begonnen. Der Nationale Wahlrat (CNE) hatte die offizielle sechswöchige Wahlkampfperiode auf den Zeitraum vom 1. November bis zum 13. Dezember festgelegt.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog. Ausgabe vom 08.11.2012

9. November 1938 - Beginn der Novemberpogrome

Gedenk - Kundgebung am Freitag, den 9. November in Bad-Cannstatt.

Die Kundgebung beginnt um 18:00 Uhr vor der alten Synagoge in der König-Karl Straße (Zw. Wilhelmsplatz und Daimlerplatz) in Bad Cannstatt. Vor-Treffpunkt für nicht Ortskundige wäre der Cannstatter Bahnhof um 17:50 Uhr.

Aufruf zur Kundgebung;

Am 9. November 1938 brannten die Synagogen. Am nächsten Tag wurden jüdische Geschäfte geplündert, jüdische Menschen gejagt, ge- und erschlagen, in KZs verschleppt. Das Pogrom war geplant, organisiert und öffentlich inszeniert. Es war Teil der Vorbereitung und Einstimmung der Bevölkerung auf die zwei monströsen Verbrechen des deutschen Faschismus: die planmäßige Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas im Rahmen des Eroberungs- und Vernichtungskrieg, mit dem die Nazis die Welt überzogen.

Am 9. November 1938 zeigte das 1933 errichtete faschistische Regime der Welt und der eigenen Bevölkerung offen sein wahres Gesicht. Der ausbleibende Sturm der Entrüstung signalisierte, dass auch die kommenden Verbrechen geduldet werden würden. Auf den November 38 folgte die Zerschlagung der Tschecheslowakei im März 39 und der Überfall auf Polen am 1. September. Am Ende des gigantischen Raub- und Eroberungsfeldzuges standen die rauchenden Schlote von Auschwitz und 60 Millionen Tote.

So wie das Pogrom am 9. November, so waren auch die anderen Verbrechen des deutschen Faschismus geplant und vorbereitet worden. Die Zerschlagung der Arbeiterbewegung, rassistische Hetze und schließlich Krieg und Holocaust begannen am 30. Januar 1933 als Reichspräsident Hindenburg auf Betreiben von Teilen der Großindustrie, der Banken und der Generalität den Nazi Hitler zum Reichskanzler ernannte.

An die Opfer dieser Verbrechen zu erinnern, bedeutet auch heute wachsam zu sein. Nicht erst die nun aufgedeckten Morde der Nazibande NSU zeigen, dass sich Neofaschismus, Rassismus und Gewalt wieder breit machen. Seit 1990 starben 182 Menschen als Opfer faschistischer Gewalt. Auch in der Stuttgarter Umgebung nehmen neofaschistische Aktivitäten wieder zu. In Lörrach konnte 2009 ein NPD-Jugendfunktionär gerade noch daran gehindert werden, eine Splitterbombe fertigzustellen, in Winterbach kam es 2011 zum Brandanschlag gegen Immigranten in einer Gartenhütte, in Riegel in Südbaden raste ein bekannter NPD- Aktivist mit dem Auto in eine Gruppe von Antifaschisten und verletzte einen von ihnen schwer. In vielen Städten der Stuttgarter Umgebung marschieren immer wieder Nazis auf, allein in Göppingen schon sechsmal in diesem Jahr.

Der 9. November 1933 lehrt uns nicht wegzusehen und auch die gesellschaftlichen Zusammenhänge zu benennen. Im Angesicht von Sozial- und Demokratieabbau insbesondere seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise gedeihen Rassismus und Gewalt. Faschistische Organisationen handeln durchaus im Interesse der Herrschenden wenn sie den legitimen Protest gegen die Verursacher der Krise z.B. auf Migranten umlenken.

Behörden und Justiz schirmen immer wieder neofaschistische Aktivitäten vor berechtigten Protesten ab, Nazigegnerinnen und -Gegner dagegen werden wegen ihres Protestes mit schikanöser Behandlung und Strafverfahren überzogen, wie dies z.B. die stundenlange Einkesselung von DemonstrantInnen anlässlich einer NPD-Werbeaktion im Juli in Stuttgart zeigt.

Unverständlich und skandalös auch, dass der Stuttgarter Staatsanwalt Häusler auf der einen Seite zwar unentwegt gegen antifaschistische DemonstrantInnen und Stuttgart 21-Gegner-Innen ermittelt, seit mehr als 10 Jahren aber die Anklageerhebung gegen in Italien bereits wegen des Massakers von Sant-˜ Anna überführte und verurteilte SS-Mörder verschleppt und nun das Verfahren mit fadenscheinigen Argumenten eingestellt hat.

Am 9. November wollen wir deshalb der Opfer gedenken und ein Zeichen dafür setzen, dass gemeinsames Eintreten gegen Faschismus, Rassismus und Krieg auch heute unverzichtbar bleibt.

Wir fordern:

- Rassisten und Neonazis stoppen -“ NPD verbieten

- Rassismus und Faschismus den Nährboden entziehen -“ gegen

Sozialabbau und Arbeitsplatzvernichtung

- Gleiche Rechte für alle hier lebenden Menschen

- Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan und allen anderen Ländern

- Entlassung von Oberstaatsanwalt Häußler

Es rufen auf:
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS); DIE LINKE Stuttgart; DKP: Deutsche Kommunistische Partei Stuttgart; DIDF: Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart; Freier Chor Stuttgart; SÖS - Stuttgart Ökologisch Sozial, Waldheim Gaisburg, Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus, VVN-BdA: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -“ Bund der Antifaschisten, Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften



Via VVN-BdA Kreisverband Esslingen

CDU: Glühend vor Erkenntnislust - über die DDR!

Die LINKE hatte vor einem Jahr einen Antrag gestellt, die Kontinuität zwischen dem Nazi-Staat vor 1945 und demjenigen von 1949 offenzulegen. Und die Akten für das Studium rückhaltlos zu öffnen.

Wie zu erwarten, waren alle anderen Fraktionen dafür. IM PRINZIP! Natürlich im Einzelnen sehr sehr differenziert gegen alles, was von den LINKEN da geplant wurde. Vorsichtshalber hatten CDU, SPD und FDP sich vorher verabredet, die Sache ordentlich durchzuziehen. Und gegebenfalls abzublocken!

Zur Einschätzung der Techniken und Taktiken, die in solchen Fällen angewendet werden, soll exemplarisch nur die Antwort des Abgeordneten Schuster (CDU) herangezogen werden. Glanzvoll erwiderte er der LINKEN.

Schuster, seit 2009 im Bundestag, ist Abgeordneter für den Wahlkreis Lörrach. Von Haus aus Polizeidirektor, was ihn für jede einschlägige Auskunft besonders befähigte. In dieser Eigenschaft gab er nebenbei eine Ehrenerklärung für alle Dienste der BRD nach 1945 ab. An deren Verfassungstreue ist keineswegs zu zweifeln, weder in der Vergangenheit noch für alle Zukunft.

Kennzeichnend seine Hauptsorge. Wenn nämlich nach dem Antrag der LINKEN alles offengelegt werden müsste, was weiter als zwanzig Jahre zurückliegt - was fiel ihm da als warnendes Beispiel ein? Bad Kleinen. Heute noch könnte jemand aus den offengelegten Vorgängen von damals Schlüsse ziehen auf das Vorgehen der Behörden beim Einsatz von V-Leuten. Warum kam ihm gerade das in den Sinn? Weiß er aus seiner polizeilichen Vergangenheit mehr darüber - und hat berechtigte Angst vor der Aufdeckung von Manövern?

Sonst zeigte sich Schuster leidenschaftlich an Erkenntnis interessiert. Wie war das denn damals in der DDR? Sämtliche Redner von CDU und FDP teilten seine brennende Neugier. Keine Antwort fiel ihnen freilich ein auf die mitzudenkende Frage, was ein Antrag zur Aufklärung der Frühzeit der BRD mit den - möglichen - Verfehlungen anderswo zu tun haben könnte. Keiner kam auf die Idee, verpflichtend eine Untersuchung zu fordern, wie etwa Frankreich mit den Bediensteten der ehemaligen Vichy-Regierung umgegangen war.

Schließlich Schuster wie alle Parteigenossen - und zusammen mit der FDP - hochbekümmert um die Freiheit der Wissenschaft. Die LINKE hatte offenbar nahegelegt,dass staatliche Aufträge erteilt würden zur Erforschung der Kontinuität zwischen 1945 und danach. Solche Aufträge würden - nach Schuster und seinen Genossen - offenbar auch das Ergebnis der Forschungen vorwegbestimmen. So lieb, diese Bekümmertheit!

Da alle Forschung im Kapitalismus normalerweise per Bezahlung durch den Staat selbst oder Institutionen stattfindet, sollten die Bedenken die gesamte Forschung in Frage stellen. In dem Punkt hat man von den herrschenden Parteien bisher wenig Jammerlaute vernommen.

Fazit selbstverständlich: Ausgewählte und zuverlässig diskrete Forscher bekommen wie bisher einige Akten zugestellt. Sonst bleibt gefälligst alles unangerührt.

kritisch-lesen.de Nr. 23: Arabische Revolutionen

Szene bei der sog. "Sicherheitskonferenz" in München, 2009
Im Rahmen des „Arabischen Frühlings“ gingen in Ländern Nord-Afrikas und des Nahen Ostens zahlreiche Menschen auf die Straße. Die Proteste richteten sich dabei mehrheitlich gegen soziale Missstände und politische Unterdrückungen. Dabei kam es in manchen Ländern zu revolutionären Umstürzen, in anderen Ländern waren die Proteste weitaus begrenzter. Die Proteste überraschten, schließlich waren die Vorstellungen in Deutschland bislang durch ein Bild Nord-Afrikas und des Nahen Ostens als rückschrittlich und anti-emanzipatorisch geprägt. In hegemonialen Medien wurden sie jedoch zunächst begeistert aufgenommen. Dabei wurde verstärkt auf die Idee der „arabischen Welt“ zurückgegriffen, die sich von „dem Westen“ abgrenzt. Positiver Bezug wurde vor allem auf die Entwicklungen in Ägypten, Libyen und Tunesien genommen. Syrien wurde aufgrund der politischen Entwicklungen zunehmend als Bürgerkriegsland beschrieben. Auf andere Länder Nord-Afrikas wurde in der Vergangenheit weniger Bezug genommen. Die Verantwortlichkeit deutscher Außenpolitik am Machterhalt der jeweiligen Regime wird dabei oft unter den Teppich gekehrt. Vielmehr wird zunehmend die Verantwortung der Bundesregierung betont, am Aufbau demokratischer Strukturen und marktwirtschaftlicher Reformen zu helfen. Während Deutschland als demokratischer Staat behandelt wird, scheint in Ländern Nord-Afrikas dieser Prozess der Demokratisierung noch bevor zu stehen.

Im vergangenen Jahr wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Publikationen veröffentlicht, die sich mit den arabischen Revolutionen befassen. Andrea Strübe rezensiert das Buch „Arabischer Frühling“ von Tahar Ben Jelloun - eine Monographie, die die Verantwortung europäischer Staatschefs am Machterhalt der repressiven Regime Nord Afrikas und des Nahen Ostens hervorhebt. Anschließend widmet sich Philipp Jedamzik dem Buch „Leben als Politik“ von Asef Bayat, der die Alltagshandlungen von strukturell marginalisierten Menschen in den urbanen Zentren des Nahen Ostens fokussiert und nach dem gesellschaftlichen Veränderungspotential fragt, welches diesen Handlungen innewohnt. Sara Madjlessi-Roudi rezensiert den Sammelband „Die arabische Revolution“ von Frank Nordhausen und Thomas Schmidt, der Analysen zum Protest in elf Ländern umfasst. Dem folgend betrachtet Sebastian Kalicha das Buch „Tahir und kein zurück“ von Juliane Schumacher und Gaby Osman. Er sieht darin eine gelungene linke Analyse, die sich der bisherigen Berichterstattung deutscher Medien widersetzt und Hintergrundinformationen zu den revolutionären Ereignissen in Ägypten vermittelt. Eine weitere Analyse aus linker Perspektive schließt sich dem an: Sibille Merz rezensiert eine Sonderausgabe zu den arabischen Revolutionen der Monatszeitung Analyse und Kritik.

Den Anfang bei den Rezensionen außerhalb des Schwerpunkts macht Ismail Küpeli, der den Sammelband „Die EU in der Krise“ der Forschungsgruppe „Staatsprojekt Europa“ bespricht, ein Sammelband, der Grundlegendes für eine kritische Europaforschung und zu autoritären Tendenzen in der Krise vermittelt. Adi Quarti gibt in seiner Rezension „Was sollte man unbedingt lesen?“ einen Einblick in den Roman „Manetti lesen - oder vom guten Leben“ des Autors P.M., dessen neuestes Werk sich zwischen ein wenig zu viel Utopie und einer Chronik des Widerstandes bewegt. Aus der Nomos-Reihe Staatsverständnisse bespricht Maximilian Pichl „Der Nomos der Moderne“ – ein Sammelband zu den Arbeiten Giorgio Agambens. Die Beiträge schließen laut dem Rezensenten zwar an zentrale Theoreme Agambens an, hinterfragen diese jedoch auch kritisch und zeigen Leerstellen auf. Warum Wirtschaft mehr ist als Mathematik, zeigt Patrick Schreiner zufolge Tomáš Sedláček in „Die Ökonomie von Gut und Böse“. Sedláčeks Kritik der modernen Wirtschaftswissenschaften sei allerdings nicht aus einer linken Perspektive verfasst und dementsprechend fehle eine Kritik des Neoliberalismus. Friedrich Engels Analysen zum Staat widmet sich eine weitere Publikation in der Reihe Staatsverständnisse, der es Rezensent Philippe Kellermann zufolge jedoch an einer umfassenden historischen Kontextualisierung mangelt.

Weiterlesen in der am 06. November erschienenen 23. Ausgabe.

US-Wahlen: Es kommt leider nichts Besseres nach

Augstein hat völlig recht: der Kapitalismus hat die Verhältnisse in den USA so zerfressen,dass eine geschlossene Gegenwehr gegen die herrschenden Zustände nicht mehr so denkbar scheint, wie in den Zeiten der Riots in den sechziger und siebziger Jahren. Umsonst erzählen uns die Nachrichten vom einheitlichen Zusammenhalten in den von SANDY verwüsteten Gebieten. Im nächsten Satz müssen die Plünderer erwähnt werden, die offenbar aus der großen Gemeinschaft herausgefallen sind und die mit Mühe von der Polizei niedergehalten werden. Soviel zum nationalen Zusammenhalt!

Nach allem,was man hört, wird die selbe traurige Klebrigheit Obama genau wie Romney festhalten. Sie werden beide nichts ausrichten. Es kommt leider nichts Besseres nach. Aber auch keine noch ausgeprägtere Kriegslüsternheit. Bitterer Trost: Sie können sich keinen langwierigen Krieg mehr leisten. Es reicht gerade noch zum Billigmord per Drohne.

Das Niederschmetternde freilich: es ist an keinen Aufschwung zu denken. Wer erinnert sich noch an Obamas "we can"? Der Impuls vor allem bei seinen europäischen Erweckungsreisen erweist sich nachträglich als böse Menschenfängerei. Öde Demagogie. Gleichgültig,was er sich damals dabei gedacht hat. Egal, wer heute gewählt wird: es wird nicht aus Begeisterung passieren, sondern aus Gefangenschaft in immer dem gleichen Glibber. Ohne jede Aussicht. Ohne die geringste Hoffnung.

Jutta Ditfurth hat in ihrer vor zwei Jahren erschienen Schrift "Zeit des Zorns" schon daran erinnert, wie sämtliche Medien zur Obama-Begleitung die Wiedergeburt von Martin Luther Kings "I have a dream" schalmeiten.Hauptsache, Rückenriesler erfassen die Massen. Reale Folgen? Egal!

Nur dass King vier Jahre später - kurz vor seiner Erschießung - dem bloßen Traum offen absagte. Es sollte nicht mehr "nur" darum gehen, dass es auch schwarze Polizisten und Richter geben soll, sondern um die Umwälzung der gesamten Verhältnisse. Diese Wendung fehlte schon in den messianischen Gesängen Obamas vor der Präsidentschaft. Nach ihr lösen sie allenfalls bitteres Aufstoßen aus.

Einziger denkbarer Gewinn dieser Wahlen: die Erkenntnis, dass auf schöne Reden gar nichts mehr zu geben ist. Jedenfalls nicht auf solche, die im eigenen Geräusch stecken bleiben. Andere wären nötig: solche eingebettet in Massenaktionen. Wie damals die Kings, als er zum großen Marsch auf Washington aufrief.

Darauf freilich wird lange zu warten sein.

Auch 2012: An guten Traditionen festhalten!

Anarchistisches Poster aus den 50er Jahren
Beispielsweise den heutigen Guy Fawkes Day, in dem in Britannien des einzigen Mannes gedacht wird, der je mit ehrlichen Absichten ins Parlament gegangen ist.

„Remember, remember the fifth of November
Gunpowder, treason and plot.
I see no reason why the gunpowder treason
Should ever be forgot.“

Bündnis für Versammlungsfreiheit: Neue Flyer erschienen

Flyervorderseite
Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit hat kürzlich neue Flyer veröffentlicht:

Für ein fortschrittliches Versammlungsrecht!


Im Jahr 2008 konnte sich die damalige CDU Landesregierung mit ihrem Plan zur Verschärfung des Versammlungsrechts gegen breiten Protest nicht durchsetzen.

Zu offensichtlich waren die Versuche, demokratische und antifaschistische Proteste durch bürokratische Maßnahmen zu erschweren und Menschen abzuschrecken, an diesen teilzunehmen.

Seit diesem fehlgeschlagenen Versuch besteht auch unter der neuen Landesregierung der Wunsch, missliebige Proteste zu behindern. Dazu wird, entgegen der Ankündigung eines „bürgerfreundlichen Versammlungsgesetzes" im Koalitionsvertrag, das unüberschaubare juristische Dickicht behördlicher Verordnungen eher noch verstärkt als beseitigt.

Während für kommerzielle Veranstaltungen und genehme Großevents kein Aufwand und keine Mühe gescheut wird diese zu ermöglichen, erleben Menschen, die beispielsweise gegen Nazis, Stuttgart 21 oder Bundeswehreinsätze aktiv werden wollen, oftmals eine Kriminalisierung ihres Engagements.

Der Öffentlichkeit wird dies meist als Schutzmaßnahme vor vermeintlich gewalttätigen Eskalationen seitens der Protestierenden dargestellt, um den Protest zu spalten.

Für das seit 2008 bestehende breite Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit ist es daher ein Anliegen auch nach dem Abtritt der CDU für ein fortschrittliches Versammlungsrecht einzutreten.

Wir stehen dafür, dass fortschrittliche Initiativen und Organisationen neben ihren primären Zielen auch für das Recht auf Versammlungsfreiheit aktiv werden und bieten hierfür eine Plattform. Ohne dieses Recht, jederzeit und überall für demokratische und antifaschistische Ziele eintreten zu können, nützt die beste Initiative nichts.

Als Bündnis stellen wir deshalb klare Forderungen an ein fortschrittliches Versammlungsgesetz:

• Versammlungsrecht für alle hier lebenden Menschen unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit.

• Kostenfreiheit (Keine Anmelde-, Wegtrage- oder Nutzungsgebühren).

• Kreative Aktionsformen wie Flashmobs, Sitzblockaden, Spontandemonstrationen müssen möglich sein.

• Streikposten müssen als Teil von Arbeitskämpfen gesetzlich geschützt werden.

• Protestkundgebungen gehören den Protestierenden.

• Abfotografieren / Filmen und Abhören von Protestteilnehmern durch Polizeibeamte ist zu unterlassen.

• Protest muss sicht- und hörbar sein. Interessen des Einzelhandels und von Verkehrsteilnehmern dürfen keinen Anlass zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit darstellen.

• Keine beschränkenden Behördenauflagen wie Vorschrift der Transparentlänge, Einschränkung der Megaphonnutzung etc.

Letztlich liegt es an uns allen die bestehenden Rechte zu verteidigen und auszuweiten.

Dies geschieht, indem wir aktiv an Demonstrationen und Kundgebungen teilnehmen und uns im Falle von Einschränkungen und Kriminalisierungen mit den Betroffenen solidarisieren.

Als Bündnis möchten wir einen Beitrag hierzu leisten und das Thema Versammlungsrecht durch Öffentlichkeitsarbeit verstärkt ins Bewusstsein der Allgemeinheit rücken.

Nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in Bayern, Niedersachsen und weiteren Bundesländern wurde und wird das bürgerlich-demokratische Recht auf Versammlungsfreiheit ausgehöhlt. Aus diesem Grund haben wir uns auch mit Bündnissen in anderen Bundesländern vernetzt.

Grundlage unseres Bündnisses ist ein von inzwischen über einhundert Organisationen und Einzelpersonen beschlossener und unterzeichneter Aufruf, der ebenfalls auf unserer Website abrufbar ist. Dieser kann noch immer unterzeichnet werden. Bitte dazu eine Mail schreiben an: kontakt@versammlungsrecht.info

Wir finanzieren uns ausschließlich über Spenden unserer Bündnispartner.

Bündnis f. Versammlungsfreiheit
Kontonummer: 101 612 232
Bankleitzahl: 61150020 (Kreissparkasse Esslingen)

• Für eine aktive Protest- und Widerstandskultur!

• Ja zur Versammlungsfreiheit!


Aus unserer Arbeit

Demonstration „Nein zur Verschärfung des Versammlungsgesetzes"


Im Sommer 2008 veröffentlichte die damalige schwarz-gelbe Landesregierung einen Referentenentwurf. Über einhundert im Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit vereinte Gruppen, Parteien, Gewerkschaften und Einzelpersonen organisierten daraufhin unter anderem eine Großdemonstration im Herbst 2008 mit über 6000 TeilnehmerInnen in Stuttgart. Unter anderem auch deshalb blieb der Entwurf der CDU Landesregierung in der Schublade.

Seitdem arbeitet unser Bündnis kontinuierlich für ein fortschrittliches Versammlungsrecht. Zu den regelmäßigen offenen Treffen laden wir herzlich ein, aktuelle Termine finden sich auf unserer Homepage http://www.versammlungsrecht.info

Demobeobachtung

Die Arbeitsgruppe Demobeobachtung möchte die Gewährleistung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit überprüfen und zu einer besseren öffentlichen Wahrnehmung von Demonstrationen und Kundgebungen beitragen.

Beobachter sind während der Versammlung als solche kenntlich und an verschiedenen Punkten präsent. Die gemachten Beobachtungen werden dokumentiert und im Anschluss an die Versammlung in Form eines Berichtes veröffentlicht.

Um vor allem bei größeren Demonstrationen den Überblick bewahren zu können, werden dringend weitere Beobachter gesucht, die bereit sind verbindlich in der Arbeitsgruppe mitzuarbeiten.

Stuttgart 21

Stuttgart 21 hat viele Menschen, die erstmals oder nach langer Zeit wieder auf Demonstrationen gegangen sind, anschaulich gemacht, dass staatliche Repression gegen Demonstranten nicht auf Militärregimes beschränkt ist. Trotz verfassungsrechtlich garantierter Demonstrationsfreiheit wurde und wird hier vor Ort in Stuttgart wiederholt die Versammlungsfreiheit massiv beschnitten. Durch Demobeobachtungen, Pressemitteilungen etc. versuchen wir auch hier die Gewährleistung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit zu unterstützen, sowie auf Verfehlungen der Ordnungsbehörden aufmerksam zu machen.

Veranstaltungen und Referenten

Auf zahllosen gut besuchten Veranstaltungen konnten unsere ReferentInnen überzeugend darlegen, was hinter den Versuchen zur Verschärfung des Versammlungsrechtes steckt, warum das Eintreten für Versammlungsfreiheit kein "Nebenkriegsschauplatz", sondern Sache jedes demokratisch und antifaschistisch eingestellten Menschen ist.

Die Flyer sind unter anderem im DGB Haus Stuttgart, dem Linken Zentrum Lilo Herrmann sowie bei den Bündnispartnern erhältlich.

Download des Flyers (PDF)

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

BOLIVIEN
Bei ihrem Treffen in der costarikanischen Haupstadt San José haben die Vertreter der Ibero-Amerikanischen Vereinigung der Bürgerbeauftragten (FIO) eine Resolution angenommen, in der die US-Regierung gemahnt wird, den ehemalige bolivianischen Präsidenten, Gonzalo Sánchez de Lozada, nach Bolivien auszuliefern.

Boliviens Präsident hält eine ganz besondere Ehre für Schauspieler Sean Penn bereit: die Adelung zum Botschafter. Der Filmstar soll sich für die Legalisierung der Koka-Pflanze einsetzen, die der Grundstoff für Kokain ist. [Anmerkung an die FR: Coca no es cociana!]

BRASILIEN
Angehörige von Brasiliens zweitgrößtem Indigenenstamm dürfen vorerst auf einer von ihnen besetzten Farm im westlichen Bundesstaat Mato Grosso do Sul bleiben. Dies entschied am Dienstag, 30. Oktober, (Ortszeit) laut Medienberichten vom Mittwoch, 31. Oktober, ein Regionalgericht.

CHILE
Bei den Kommunalwahlen in Chile haben die Bündnisse der Opposition am vergangenen Sonntag die meisten Gemeinden für sich gewonnen. In 340 Kommunen wurden Bürgermeister und insgesamt 2.200 Stadträte gewählt. Die Kommunalwahl gilt als wichtige Vorentscheidung für die im nächsten Jahr bevorstehenden Präsidentschaftswahlen.

KOLUMBIEN
Kolumbiens Nationale Indigenen-Organisation ONIC schlägt in ihrem Menschenrechtsbericht Alarm. 2012 wurden bereits 78 Indigene ermordet. Mehr als 10.000 Indigene wurden infolge des bewaffneten Konflikts, der das Land zerreißt, vertrieben.

PARAGUAY
Seit Tagen blockieren Kleinbauern im Süden Paraguays den Verkehr auf den größten Zufahrtsstraßen in die Hauptstadt Asunción. Mit den jeweils mehrstündigen Aktionen protestieren sie gegen ausgebliebene Entschädigungszahlungen von 250 US-Dollar pro Familie.

VENEZUELA
Die venezolanische Regierung hat in Folge des Hurrikans "Sandy" eine Luftbrücke eingerichtet, um Hilfsgüter in die beiden am schwersten betroffenen Staaten Kuba und Haiti zu bringen.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog. Ausgabe vom 02.11.2012
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