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Grußwort des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit an die TeilnehmerInnen der Kundgebung am 25.10.2012 zur Verhandlung gegen den Heilbronner Polizeikessel vom 1. Mai 2011

Wir dokumentieren das heute von einer Vertreterin des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit an die TeilnehmerInnen gerichtete Grußwort der Kundgebung am 25.10.2012 zur Verhandlung gegen den Heilbronner Polizeikessel vom 1. Mai 2011.

Liebe Anwesende,
hunderte AntifaschistInnen, darunter GewerkschafterInnen, Jugendliche, alte und junge Menschen, wollten am 1. Mai 2011 gegen einen Naziaufmarsch in Heilbronn protestieren. Sie wurden jedoch unmittelbar nach Ankunft vor dem Heilbronner Bahnhof von annähernd 4000 Polizisten festgesetzt.

Während die Polizei so den Naziaufmarsch ermöglichte, verfügte das Heilbronner Ordnungsamt eine versammlungsfreie Zone im mittelbaren und unmittelbaren Umfeld des Bahnhofes. Unser Bündnis, das über einhundert Organisationen repräsentiert, kritisierte das Verhalten und Vorgehen der Polizei in der Bahnhofsvorstadt als provozierend, nicht friedlich und grenzüberschreitend. So wurden

• bereits morgens um 08:00 Uhr ca. 200 Menschen die in Richtung Hauptbahnhof demonstrierten, festgenommen. Ebenfalls am Morgen wurde eine Blockade auf der Route der Nazis von der Polizei geräumt und in Gewahrsam genommen.

• die mit der Bahn angereisten Gegendemonstranten sahen sich ca. 1000 Polizisten gegenüber. Ab 10:15 Uhr wurde der größte Teil dieser Demonstranten eingekesselt und ab 16:13 Uhr in „Freiluftgewahrsam“ genommen. Wobei die Polizei sich weigerte, der Bundestagsabgeordneten Karin Binder von der LINKEN den richterlichen Beschluss vorzulegen. Bis zum heutigen Tage wurde diese richterliche Verfügung keinem - außer der KlägerInnen des heutigen Verfahrens - der in „Freiluftgewahrsam“ Genommen vorgelegt.

• eine angemeldete antifaschistische 1. Mai Demonstration dadurch unmöglich gemacht, dass die TeilnehmerInnen sich zum Großteil in Gewahrsam oder im Polizeikessel vor dem Bahnhof befanden. Verhandlungen des Anmelders dieser Demonstration und der Karlsruher Bundestagsabgeordneten Karin Binder mit der Einsatzleitung über einen ungehinderten Zugang zur Demo verliefen ohne Ergebnis: Wer aus dem Kessel heraus wollte, musste sich durchsuchen lassen.

Der Generalverdacht gegen jeden der Eingekesselten blieb aufrecht erhalten. Erst im Laufe des Abends, nach Abreise der Nazis, wurden die festgenommen AntifaschistInnen freigelassen. Dabei wurde jeder/jede Einzelne durchsucht, die Daten erfasst und abgefilmt.

Während der Polizeieinsatz dazu führte, dass die Bahnhofsvorstadt zur „Protest- und demokratiefreien Zone“wurde, konnten die neonazistischen und faschistischen Gruppierungen ihre menschenverachtende, volksverhetzende Propaganda – inklusive Zeigen des „Hitlergrußes“, sowie die Bedrohung von Journalisten und Attacken auf diese ungestört durchführen.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen, deshalb ist ein fortschrittliches Versammlungsrecht, das alle demokratischen und friedlichen Formen des Protestes incl.
friedlicher Blockaden zulässt, dringend erforderlich.

Artikel 139 GG ist in Bezug auf neonazistische und faschistische Aufmärsche anzuwenden.

Obwohl es diese juristische Grundlage gibt werden immer wieder Naziveranstaltungen zugelassen und AntifaschistInnen in der Wahrnehmung ihres demokratischen Grundrechtes, dagegen zu protestieren gehindert. Zuletzt kam es am 30.7. in Stuttgart und am 6.10. in Göppingen zu Naziaufmärschen und Kesseln und anderen Repressionen gegen AntifaschistInnen. Wir kritisieren die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sowie die Auffassung der Polizei als deshalb als „geschichtslos.“

Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit unterstützt deswegen die heutige Klage und fordert das Gericht auf, den Heilbronner Kessel als Angriff auf das Recht auf Versammlungsfreiheit zu verurteilen. Darüber hinaus fordern wir, die in Zusammenhang mit dieser Polizeiaktion bereits ergangenen Urteile gegen AntifaschistInnen aufzuheben, diese zu rehabilitieren und die Kosten zu erstatten.

(Es gilt das gesprochene Wort)

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“Lebendiger Protest gegen Neonazis - für die Verteidigung der Grundrechte!”

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“Wir solidarisieren uns mit den Kläger(inne)n, die sich gegen die Polizeikessel von Heilbronn 2011 und Stuttgart 2012 wehren”, teilt Bernhard Strasdeit, Landesgeschäftsführer der LINKEN in Baden-Württemberg mit. Die Klage richtet sich gegen die Einkesselung und Verhaftung von antifaschistischen Demonstrant(inn)en. Ein erster Prozess soll am 25. Oktober 2012 vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht stattfinden.

Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der LINKEN erklärt: „Es ist inakzeptabel, dass immer wieder Demonstrant(inn)en, die ihren Protest gegen Nazis friedlich auf die Straße tragen, ohne Anlass stundenlang eingekesselt und in Gewahrsam genommen werden. Dies stellt eine eklatante Verletzung der grundgesetzlich garantierten Versammlungsfreiheit dar. Ordnungsbehörden und Polizei pflegen vielfach ein völlig abwegiges Feindbild von Antifaschisten, die als gewaltbereit hingestellt und nicht selten grundlos und brutal drangsaliert werden.“

Hänsel weiter: „Angesichts des unaufgeklärten NSU-Skandals richtet sich das Handeln der Behörden gegen die Falschen und entspricht häufig nicht dem demokratischen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel.

Verwunderlich ist, dass sich über ein Jahr nach dem Antritt der grün-roten Landesregierung nichts an dieser Praxis geändert hat, wie sich jüngst in Göppingen zeigte. Für DIE LINKE geht es bei der Unterstützung der so genannten Kesselklage nicht nur um ein deutliches Zeichen gegen Rechts, sondern auch um die Verteidigung der demokratischen Grundrechte.“

Quelle: Pressemitteilung, 22.10.2012

Via AK Kesselklage

Angriff mit System - Warum Repression uns alle trifft

Auch wenn in Deutschland viele Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Koalitionsfreiheit oder die freie Wahl des Aufenthaltsortes (Freizügigkeit) auf dem Papier für alle gelten, sieht die Realität oft anders aus. So müssen immer mehr Menschen und ganze Personengruppen die Erfahrung machen, dass Behörden oder Unternehmen repressiv gegen sie vorgehen. Dabei kann die Art der Repression völlig unterschiedlich aussehen: Sie reicht von den alltäglichen Sanktionen gegen Erwerbslose bis hin zu rabiaten Polizeieinsätzen wie am sogenannten „Schwarzen Donnerstag“ der S21-Bewegung. Aktive Betriebsräte und Gewerkschaftsaktivisten müssen sich gegen schwere Angriffe zur Wehr setzen, unternehmernahe Anwälte haben sich mittlerweile auf das Vorgehen gegen Betriebs- und Vertrauensleute spezialisiert. Flüchtlinge werden durch die Residenzpflicht selbst in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt, Selbstorganisation und politische Betätigung wird von den Behörden bekämpft und behindert.

Eine Gruppe von ver.di-Aktiven hat nun die Initiative ergriffen und hierzu eine Veranstaltungsreihe organisiert. Wir wollen aufzeigen, warum Repression alle betrifft und den betroffenen Personengruppen die Möglichkeit gegeben, über ihre Erfahrungen zu informieren. In gemeinsamen Diskussionen wollen wir Handlungsmöglichkeiten und Perspektiven entwickeln.

Quelle / mehr Information.

Willkommen in Cañon City, Colorado.

Eine abgeschiedene Gegend mit 36.000 Seelen und 13 Gefängnissen, wie z. B. das «Supermax», das neue Alcatraz Amerikas. Eine Gefängnis-Stadt, in der selbst die, die draußen sind, drinnen leben. Ein Vorgeschmack dessen, wie die Welt von morgen aussehen könnte.

Ein Web-Dokumentarfilm von David Dufresne & Philippe Brault.



Via onlineaktivisten.de

Aggression nach außen, Repression nach innen: Freie Bahn für Nazis?

Antifaschistischer Protest wird angegriffen und eingekesselt

Während Weltordnungskriege und imperiale Neuausrichtung die Außenbeziehungen der EU prägen, erfassen Wirtschaftskrise und Finanzdiktatur nicht nur die Peripherie, sondern die europäischen Kernländer selbst. Die imperiale Gewalt wendet sich auch nach innen. Die neoliberale Wirtschafts- und Finanzpolitik zeitigt Folgen, die angesichts der Sozialkürzungen und Entdemokratisierung zunehmend mit repressiven Mitteln eingedämmt werden sollen.

Die Enttabuisierung des Militärischen geht mit einer Tendenz zur Enttabuisierung des (Neo-) Faschismus einher. So scheint dieser als eine politische Richtung wie jede andere, die, solange sie nicht verboten sei, ein Recht auf Meinungsäußerung im öffentlichen Raum beanspruchen dürfe. Dieser Argumentationsfigur bedient sich die Politik verstärkt seit einigen Jahren. Man könnte meinen, dass das Auffliegen der NSU-Terrorbande im November 2011 dieser Tendenz ein Ende bereitet, dass in Bundes- wie Landesbehörden, in Polizei und Justiz ein selbstkritisches Nachdenken eingesetzt hätte. Doch weit gefehlt: von einem neuen Umgang mit Antifaschistinnen und demokratischen Gegnerinnen von (Neo-) Nazis kann keine Rede sein.

Dies zeigt sich an drei Beispielen aus Baden-Württemberg zwischen 2009 und 2012. Der Regierungswechsel im Frühjahr 2011 von Schwarz-Gelb zu Grün-Rot lässt auch auf diesem Gebiet bisher keine Veränderungen erkennen. Breiter spektrenübergreifender Protest und Widerstand gegen Naziaktivitäten werden von Polizei und Justiz häufig verfolgt, Nazis erfreuen sich der Duldung, ja sogar Förderung durch die Behörden.

Stuttgart 2012: Unerwünschtes Engagement?

Während anderswo Behörden den Protesten nachgaben und Nazikundgebungen verlegten oder verkürzten, Amtsträgerinnen und Lokalpolitik sich zu Protesten bekannten und Blockaden duldeten, zeigte sich die Stuttgarter Verwaltung gegenüber der NPD-„Deutschlandtour“ aufgeschlossen. Am 30. Juli konnte diese verfassungsschutzgeförderte ‚Partei‘ mit Unterstützung des Ordnungsamtes eine Kundgebung in der Landeshauptstadt abhalten und einen LKW mit Lautsprecheranlage zur Verbreitung ihrer Parolen einsetzen. Dem „Schwarzen Donnerstag“ 2010 vergleichbar, wurden Dutzende antifaschistischer Gegendemonstrantinnen, aber auch Passantinnen von hochgerüsteten Hundertschaften stundenlang eingekesselt, teilweise gefesselt abtransportiert und erkennungsdienstlich behandelt. Das Aufsuchen von Toiletten und die Versorgung mit Getränken und Lebensmitteln wurden nicht gestattet. Hermetisch abgeriegelte Straßenzüge und schikanöse Kontrollen verdeutlichten den Willen der Behörden, die Naziveranstaltung zu ermöglichen. Bereitschafts- und berittene Polizei, Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten sowie Streifen- und Zivilpolizei gingen unter massivem Gewalteinsatz gegen Antifaschistinnen vor. Diese wurden teils ohne Nennung konkreter Vorwürfe, teils wegen konstruierter Delikte wie „schwerem Landfriedensbruch“ per Gefangenentransporter in überfüllte Sammelzellen gebracht. Ein junger Antifaschist musste nach einem Polizeiangriff mit Kopfplatzwunde und Gehirnerschütterung stationär behandelt werden. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wurde willkürlich außer Kraft gesetzt. Für dieses gleichwohl planmäßige Vorgehen bedankte sich die Nazi-Partei bei den Stuttgarter Behörden. Diese hatten deren Aufzug mit der Begründung genehmigt, dass ein – von der NPD vorgeschobener – Protest gegen den EURO möglich sein müsse. Zum wiederholten Male zeigten die Stuttgarter Behörden, wie sie mit demokratischem Protest umzugehen pflegen.

Heilbronn 2011: Artikel 3 der Landesverfassung

Die Regierung Mappus war bereits abgewählt, jedoch noch im Amt, als sie am 1. Mai 2011 eine Art Abschiedsvorstellung gab. An diesem Tag wollten sich einige hundert Demonstrantinnen an Protesten gegen Neonazis in Heilbronn beteiligen. Die Ablehnung des Naziaufmarschs war auch ein Schwerpunkt der gewerkschaftlichen Maikundgebung. Doch für viele Angereiste endete der Protest am Bahnhof. Während die Neonazis ungehindert marschieren konnten, wurden mehrere hundert Bürgerinnen zwischen 9 und 20 Uhr von Polizeikräften eingekesselt und – wie ihnen später erklärt wurde – „in Gewahrsam genommen“. Eine angemeldete Gegendemonstration kam aufgrund des Polizeikessels nicht zustande. Laut Landesverfassung dient der 1. Mai „dem Bekenntnis zu sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit und Völkerverständigung“. Wie ist es damit zu vereinbaren, dass die Behörden ausgerechnet an diesem Tag für Neonazis die Straße frei machten, die ihre rassistischen, demagogischen Parolen verbreiten durften?

Ulm 2009: Ein folgenloses Urteil?

Auch in Ulm ging es darum, einen Aufmarsch von Neonazis durch entschiedenes Entgegentreten zu verhindern. Wiederum am 1. Mai wurden mehrere hundert Personen in einem Polizeikessel beim Ulmer Weinhof stundenlang in Gewahrsam genommen und an der Teilnahme an einer DGB-Demonstration gehindert. Die Neonazis dagegen durften marschieren. Doch couragierte Gegendemonstrant_innen aus Gewerkschaften und VVN-BdA klagten gegen das skandalöse Vorgehen der Behörden – und bekamen Recht. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat am 29.11.2010 (Az: 1 K 3643/09) den Ulmer Polizeikessel für rechtswidrig erklärt. Ähnliche Urteile gab es bereits in der Vergangenheit. Das scheint die Ämter bloß wenig zu kümmern.

Ministerien und Behörden pflegen vielfach ein vollkommen inakzeptables Feindbild von antifaschistischen Gegendemonstrant_innen. Es geht ihnen nicht nur um Diskreditierung, Einschüchterung und Neutralisierung von Opposition. Sie nutzen die Kesseltaktik für Polizeimanöver gegen antifaschistische, demokratische und gewerkschaftliche Gruppen auch, um Notstandsübungen unter quasi-realistischen Bedingungen abzuhalten.

Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist gefährdet. Auf Protest und praktisches Streben nach einer solidarischen Gesellschaft reagieren baden-württembergische Behörden auch nach dem Wechsel von 2011 oft mit brutaler Gewalt und Willkür. Eine intensive öffentliche Kritik der skandalösen Polizeieinsätze bleibt notwendig. Denn die Kriminalisierung von Protest ist weder zwangsläufig noch legitim. Betroffene des Heilbronner Kessels und solidarische Nazigegner_innen gehen sowohl politisch als auch juristisch gegen den Polizeieinsatz vor. Ein Termin vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 25. Oktober 2012 steht bereits fest.

Aktuelle Infos unter:  www.kesselklage.de

Kontakt: kesselklage@versammlungsrecht.info

Spendenkonto:

Bündnis für Versammlungsfreiheit

Kontonummer: 101 612 232

Bankleitzahl: 611 500 20

Kreissparkasse Esslingen

Stichwort: Kesselklage

Verfasser: AK Kesselklage, zuerst veröffentlicht in der IMI-ONLINE Dokumentation - in: AUSDRUCK (Oktober 2012), hier als PDF



Kachelmann wirft mit Wolkenballen. Trifft aber nur einmal halbwegs.

Frau Nebenklägerin oder das Gericht haben einen Fehler gemacht beim einstweiligen Verbot des Kachelmann-Buchs.

Sie haben es verboten bis zur Tilgung des Nachnamens der Betroffenen. Ins Verbot aber nicht eingeschlossen alles, was schon "im Verkauf ist".

Dazu gehören offenbar auch die Versandbuchläden wie AMAZON, die anstandslos die E-Book-Fassung ausliefern. Insofern ist eine Kurzorientierung für alle Interessierten jetzt schon möglich.

Das Buch schwillt vor dem Leserauge oder - später - in seiner Hand. Es schwillt von Zorn. Das wäre nach der Untersuchungshaft nur zu verständlich. Leider auch von Wiederholung. Die durch die hinzugefügten Berichte der Lebensgefährtin und inzwischen Ehefrau nicht weniger lasten.

Die Schilderung des Innenlebens in unserem Zentralknast Bruchsal ist eindrucksvoll für diejenigen, die wesentlich präzisere Berichte in indymedia nie zur Kenntnis nahmen. Kachelmanns Klagen leiden vor allem darunter, dass er die meiste Zeit nur darüber staunt, dass ihn, gerade ihn, der Zugriff der Behörden so hart traf.  Als ob das Leiden nicht allgemein wäre. Über der Betrachtung seines Einzelschicksals versäumt er, den wirklichen Treffer seiner Anklagen herauszuarbeiten. Dass nämlich in unserem Vaterland viel zu schnell - und zwar generell - zum Mittel der Untersuchungshaft gegriffen wird. Um zum Ziel zu gelangen: Angeklagten-Geständnis. Zumindest Angeklagten - Zermürbung. Da werden Gründe herangekarrt:

Verdunklungsgefahr - Fluchtgefahr - dringender Tatverdacht. So etwa jetzt im überflüssigsten aller Nachklappverfahren - gegen die Revolutionären Zellen, wo einer betagteren Angeklagten die Haft nur deshalb weiter verlängert wird, weil sie in Erwartung einer langjährigen Bestrafung ja jedes Motiv hätte, abzuhauen und irgendwo unterzutauchen. Und wenn schon? Welchen Verlust würde dabei das deutsche Staatswesen oder das "allgemeine Rechtsempfinden" erleiden? Nachdem die betreffende Person jahrzehntelang nichts gegen diesen Staat und seine Bewohner unternommen hat.

Es wäre wünschbar gewesen, dass der prominente Autor gerade darauf mehr Aufmerksamkeit verwandt hätte. Damit auch alle mal zusammenschrecken, die niemals Angehörigen-Info oder Ähnliches anfassen würden.

Kachelmanns zweite Anklage betrifft etwas, das bescheideneren Zeitgenossen nicht passieren kann. Nämlich die Lügenkartelle der Presse, die sich nicht überbieten lassen wollen an gesteigerten Greuelnachrichten über Betroffene. Hier macht Kachelmann immerhin glaubhaft, dass all die Lügenknäuel nicht hätten gestrickt werden können, wenn nicht Polizei und vielleicht auch Staatsanwaltschaften freudig Garn dazu an die Redaktionen oder Mittelsmänner geliefert hätten.

Aus den Zeiten der Prozesse gegen die RAF selbst ist solche Zusammenarbeit noch gut erinnerlich. Staatstragend gefördert von presseähnlichen Hervorbringungen und durch Zuarbeit staatlichen Personals.Dahin wendet sich der Blick des Wetterkundlers leider nicht.

Der Rest - wie gesagt - tränenschwer, aber - ziemlich - inhaltsleer. Auch nach Freigabe des Werks nur solchen zum Kauf zu empfehlen, die unbedingt den Nachnamen einer rachebrütenden Verlassenen kennen lernen wollen. Wir wissen ihn jetzt, aber verraten ihn nicht. Der letzte Teil des Werks ist jetzt schon mit Details über Gegendarstellungen etc. verstopft. Wir möchten nicht in juristische Gewitter geraten.

Quelle: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz von Jörg Kachelmann und Miriam Kachelmann von Heyne Verlag (Gebundene Ausgabe - 15. Oktober 2012, EUR 19,99)

Antifaschisten reichen Klage gegen Polizeikessel ein

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Am 30. Juli 2012 demonstrierten hunderte Antifaschisten in der Stuttgarter Innenstadt gegen die sogenannte "Deutschlandtour" der neonazistischen NPD. Mit einem Großaufgebot versuchte die Polizei diesen legitimen Protest zu unterbinden. Mehrere Antifaschisten wurden verletzt und etwa 80 Personen festgenommen. In einem Polizeikessel wurden rund 70 Personen über 6 Stunden festgesetzt.

Jetzt reichen Betroffene des Polizeikessels Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart ein, um die Unrechtmäßigkeit dieser Maßnahme feststellen zu lassen. Unterstützt werden sie hierbei durch den Arbeitskreis Kesselklage.

Bereits im September haben sich die Landesregierung und der Stuttgarter Gemeinderat mit dem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz befasst. Innenminister Reinhold Gall spielte den Polizeikessel herunter und sprach von einer „Personalienfeststellung“, die nicht den sonst üblichen Polizeistandards entsprochen habe.

Ben Brusniak, einer der Kläger, stellt hierzu fest: „Ich wurde um 11:45 Uhr am Stuttgarter Rotebühlplatz gekesselt, um 16:20 Uhr auf die Wasenwache gebracht und durfte erst um 17:30 Uhr mit Platzverweisen für die komplette Innenstadt die Wasenwache verlassen. Es ist schon sehr zynisch, hier von einer Personalienkontrolle zu sprechen.“

Der Sprecher des Arbeitskreises Kesselklage, Lothar Letsche, ergänzt: „Kessel gehören mittlerweile zur gängigen Polizeipraxis, um antifaschistischen Protest zu unterbinden, obwohl bereits mehrere Klagen hiergegen erfolgreich waren. Für uns steht fest: Wir lassen uns nicht festsetzen!“

Der Arbeitskreis Kesselklage unterstützt neben dem Stuttgarter Fall auch mehrere Klagen gegen einen Polizekessel am 1. Mai 2011 in Heilbronn. Hier ist bereits der Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart auf den 25. Oktober terminiert. Im Rahmen einer Veranstaltung am 22. Oktober um 19 Uhr im Linken Zentrum Lilo Herrmann informiert der Arbeitskreis über die beiden Fälle, das juristische Prozedere und die politische Dimension.

Spendenkonto:
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Stichwort: Kesselklage
Kontonummer: 101612232
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www.kesselklage.de | kesselklage@versammlungsrecht.info

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Kurzbericht der AG Demobeobachtung zu den Protesten gegen den Naziaufmarsch in Göppingen

Kundgebung KG Nazifrei

Schon ab 10 Uhr sind Teilnehmer aus nördlicher Richtung kommend nicht mehr auf die Demonstration gelassen worden. Nach mehrfachen Durchsagen durch die Versammlungsleitung wurden die Leute dann durchgelassen.

Kessel am Bahnhof

Die mit dem Regionalzug ankommenden Antifaschisten wurden gegen 11 am Bahnhof ohne ersichtlichen Grund eingekesselt. Es erfolgte Zugriff mit Schlagstöcken und Pfefferspray - ein verletzter im Kessel wird erst nach einiger Zeit von Demonstranten aus dem Kessel geführt, da er ärztlich versorgt werden wollte. Vor ärztlicher Behandlung wurden Personalien aufgenommen und der Verletzte abgefilmt.

Der Kessel bestand über mehrere Stunden; nach etwa 2 Stunden sind die letzten Demobeobachter von dort weg, daher ist unklar wie lange der Kessel bestand. Leute die aus dem Kessel geführt wurden mussten sich teilweise bis auf die Unterwäsche entkleiden, es gab keinen Sichtschutz.

Die Menschenwürde der Gegendemonstranten wurde hierbei massiv verletzt. Pressevertreter und zivile Beobachter wurden sukzessive aus der Beobachtungsreichweite des Kessels verwiesen, teilweise unter Androhung der Festnahme.

Absperrungen

Die Demoroute der Rechten war kleinteilig abgesperrt, auch Pressevertreter mit Ausweis wurden nur in Begleitung der polizeilichen Pressesprecher durch Absperrungen eskortiert. Pressevertreter konnten sich somit keineswegs frei bewegen. In der ganzen Stadt haben sich Gegendemonstranten aufgehalten - wegen der zahlreichen Absperrungen war nur punktuelle Beobachtung möglich.


Mehrfache Versuche der Demonstranten Absperrungen der Polizei zu überwinden wurden mit Schlagstock- und Pfefferspray vereitelt.
Uns ist nicht bekannt, ob es Gegendemonstranten gelungen ist eine Polizeiabsperrung zu überwinden.

Eskalation


Auf Höhe der Mörikeanlage kam es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Soweit wir dies beurteilen können eskalierte die Situation ausgehend von Knüppelschlägen eines berittenen Polizisten gegen Demonstranten.

Es kam zu Böllerwürfen, Flaschenwürfen und massivem Schlagstock- und Pfeffersprayeinsatz. Das Verhalten der hier beteiligten Polizisten hatte keinen erkennbaren Zusammenhang mit dem vorgeblichen Einsatzziel der Polizei die Nazidemonstration zu ermöglichen. Eskalationen zwischen Polizei und Demonstranten kamen wiederholt vor.

Die Polizei hat mit deutlichem Zeitversatz, offenbar aufgrund der zuvor angefertigten Videoaufzeichnungen Demonstranten gezielt festgenommen.

Polizeikessel

Wiederholt wurden Gegendemonstranten eingekesselt, teilweise wurden Demobeobachter und Pressevertreter mit Presseausweis aus diesen Kesseln nicht herausgelassen. Ein Verlassen war erst nach Auflösung des Polizeikessels möglich.

EA

Laut Ermittlungsausschuss kam es zu über 140 Festnahmen auf Seiten der Gegendemonstranten. 20 davon sind dem Haftrichter vorgeführt worden.

Verletzte

Mehrfach wurden Demosanitäter nicht zu Verletzten Demonstranten durchgelassen. Laut Demosanitäter gab es über 100 verletzte Gegendemonstranten - die meisten davon litten unter den Folgen von Pfefferspray.


Fazit

Die Gegendemonstranten wurden massiv in Ihrer Versammlungsfreiheit eingeschränkt - viele konnten nicht zu einer angemeldeten Kundgebung aufgrund von Polizeikesseln.

Die Polizei hat unserer Beobachtung nach nicht auf ein Deeskalationskonzept gesetzt, sondern in mehreren Situationen selbst zur Eskalation beigetragen.

Es kam zu erheblichen Beeinträchtigungen der Pressearbeit und der Arbeit der Demobeobachter.

Ein ausführlicher Fotobericht folgt!

Quelle: Bündnis für Versammlungsfreiheit, Kurzbericht der Demobeobachter Göppingen, 6.10.2012 Beobachtung zwischen 09:35 und 17:30

Bericht im PDF Format

Internationale Konferenz gegen Racial Profiling am 12.und 13.10. in Berlin

Ende Februar urteilte das Verwaltungsgericht Koblenz, dass Beamte der Bundespolizei auf Bahnstrecken, „die Ausländern zur unerlaubten Einreise oder zu Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz dienen, verdachtsunabhängig kontrollieren“ und die Auswahl der Anzusprechenden „auch nach dem äußeren Erscheinungsbild“ getroffen werden darf. Mit diesem Urteil wurde die offiziell stets geleugnete Praxis des Racial Profiling juristisch für rechtmäßig erklärt.

Bei Racial Profiling werden Personen aufgrund zum Beispiel aufgrund rassialisierter Hautfarbe, „Ethnie“, Religion und Sprache willkürlich im öffentlichen Raum kontrolliert. Aus Sicht der „Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz“ und vieler antirassistischer Initiativen ist Racial Profiling ein klarer Verstoß gegen die Grund- und Menschenrechte. In Großbritannien und Frankreich wird Racial Profiling von sozialen und migrantischen Verbänden in den letzten Jahren bereits öffentlich dokumentiert und scharf kritisiert, nachdem diese Polizeitaktik die sozialen Kämpfe der damit permanent stigmatisierten Communities zusätzlich angeheizt hatte. In Deutschland wird das Thema von offizieller und medialer Seite bisher weitgehend ausgeblendet.

Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) veranstaltet zum Thema „Racial Profiling Reloaded“ am 12./13.10. in der Werkstatt der Kulturen Berlin eine internationale Konferenz, um Strategien gegen Rassismus bei der Polizei auszutauschen und das Netzwerk gegen Racial Profiling zu stärken.

Zunächst findet am Freitag ein Eröffnungspodium mit Liz Fekete vom Institute of Race Relations aus London, der emerierten Professorin der York University Toronto Frances Henry und dem KOP-Aktivisten Biplab Basu statt. Am Samstag wird es insgesamt acht Workshops zum Thema geben.

Die Tagung Racial Profiling Reloaded ist bereits die vierte Veranstaltung, die KOP nach „Gewalt. Polizei. Rassismus. Wenn die Polizei zum Täter wird“ (2005), „Vom Polizeigriff zum Übergriff“ (2007) und „Racial Profiling or The colour of guilt and innocence - Zur rassistischen Motivation polizeilicher Praxis“ (2009) zu diesem Thema durchführt.

Die Veranstaltung wird unterstützt von der Amadeu Antonio Stiftung, der do Stiftung, dem Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung aus Mitteln der Stiftung Klassenlotterie Berlin, dem Netzwerk Selbsthilfe, der Opferberatungsstelle ReachOut, der Werkstatt der Kulturen und der Referate Neonazismus/Ideologien der Ungleichwertigkeit und Migration der Rosa Luxemburg Stiftung.

Quelle: Pressemitteilung der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP)

Feiling: Schändliche Beanspruchung einer erpressten Aussage im RZ-Prozess.

Solidaritätskundgebung vor dem Landgericht Frankfurt zum Prozessauftakt
Foto: Verdammt lang quer
Lange Zeit auch hat gerade die Linke es begrüßt, dass Verjährung im modernen Strafprozess kaum noch eine Rolle spielt. Zumindest wenn es um Mord und Mordversuch geht. Schließlich hatte zwanzig Jahre nach dem Ende des NS-Reichs Verjährung als letztes Versteck der noch vorhandenen Verbrecher aus jenen Zeiten gedient. Diese allgemeine Haltung ließ freilich vergessen, dass die Einführung von Verjährung schon in ganz bürgerlichen Zeiten durchaus ihren Sinn gehabt hatte. Dann nämlich, wenn durch die abgelaufene Zeit zwischen Tat und Ermittlung eine sichere Erkenntnis unmöglich schien. Ein solcher Fall scheint in dem jetzigen Prozess gegen zwei angebliche Mitglieder der Revolutionären Zellen vorzuliegen. Genau zwei Zeugen werden aufgeboten. Der eine ein seit Jahren erschöpfend reuiger Herr Klein, der schon in sein Bekenntnisbuch "Zurück in die Menschlichkeit" allerlei eintropfen ließ, was wohlwollend als Hörensagen gewertet werden kann.Keinesfalls als Beweis in irgendeinem juristischen Sinn. Sich auf so jemand zu stützen, ist wagemutig.

Skandalös und empörend ist aber die Aufrufung des Zeugen Feiling, der heute aussagen wird. Der herangezogene Artikel der FR benennt scharf die Umstände einer Vernehmung - nach operativer Entfernung beider Beine und Erblindung, unter dauernder Einflößung solcher Opiate, die minimales Bewusstsein und Sprechfähigkeit gerade noch aufrecht erhielten. Hinzu kommt - wie mir erinnerlich aus der Zeit der Vernehmung - dass damals absichtlich die Illusion erzeugt worden sein soll, der Verhörte spreche eigenlich mit seinem Anwalt. (Anwälten?).Zu klarer Erkenntnis der Folgen seiner Aussagen gekommen hat Feiling alles widerrufen. Wenn er jetzt von Folter spricht, mag das im streng juristischen Sinn übertrieben sein: dass er seine damalige Situation nachträglich so beurteilt, ist höchst verständlich.

Auf solche Zeugen gestützt, Auslieferung zu erzwingen, Untersuchungshaft zu verhängen und ein Hauptverfahren zu eröffnen ist tollkühn genug. Das Gericht wird seinen Ruf gerade noch retten können, wenn es das Verfahren unverzüglich einstellt- aus Mangel an gerichtlich verwertbaren Beweisen. Und sich um Haftentschädigung und angemessene Versorgung für die letzten Jahre der beiden Angeklagten kümmert.
cronjob