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Heute: Eröffnungsfest im Linken Zentrum Lilo Herrmann

Die Tageszeitung junge Welt führte anlässlich der offizellen Eröffnung des Linken Zentrum Lilo Herrmann in Stuttgart am heutigen Samstag ein Gespräch mit Paul von Pokrzywnicki, Sprecher Zentrums.

Am Samstag wird in Stuttgart das »Linke Zentrum Lilo Herrmann« eröffnet. Was muß man darunter verstehen?
Wir haben das Haus vor zwei Jahren gekauft und seitdem saniert – jetzt sind wir so weit, daß wir es in vollem Umfang nutzen können. Wir haben insgesamt 180 Quadratmeter Fläche, dieses Projekt ist für Stuttgart einmalig. Es gibt bei uns ein Café, einen Veranstaltungssaal und zehn Büros, die von diversen linken Initiativen genutzt werden. Außerdem haben wir noch Räume an zwei Wohngemeinschaften vermietet. Hinzu kommen Möglichkeiten zum Feiern: Wir haben nämlich zwei Gewölbekeller.

Weiter bei der jungen Welt.



Buschkowsky - der ausgerutschte Realist beim Eintritt ins Rechtskartell.

Buschkowsky ist verdächtigt worden, den neuen Sarrazin machen zu wollen. Zu Unrecht. Er macht es viel geschickter. Und spielt den ungeheuren Vorteil aus, den Gegenstand genau zu kennen, von dem ein Sarrazin bloß Statistikzahlen träumt. Insofern gelingen ihm ohne weiteres eindrucksvolle Szenerien von Säufern, Schulschwänzern und U-Bahnkrakeelern, die jedem ähnliche Zusammenstöße in Erinnerung rufen. Und jede und jeden ärgerlich zusammenfahren lassen. Selbst zur Satire findet sich Waschkowsky geneigt. Wenn er etwa den Uraltspruch variiert: "Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründ ich einen Arbeitskreis". Bei jedem auftauchenden und natürlich ungelösten Problem drängeln sich Fachleute in Berlin um neue Posten.

Soweit alles in Ordnung. Bei größtem Wohlwollen ließe sich so ein Schilderer mit Balzac vergleichen. Der war politisch bekanntlich eher Königsanhänger, schilderte aber so genau und eingehend seine Aufsteiger und Absinker in der frühen bürgerlichen Epoche, dass Marx und Engels ihn als einen der genauesten Widerspiegler der Zeitumstände nach Napoleons Abgang in Frankreich anerkannten.

Allerdings rutscht unser Berliner regelmäßig aus.Bei Buschkowsky prescht leider grundsätzlich die propagandistische Absicht vor - und aller Realismus wird ins Ideologische verdreht. So gelangt er zum Beispiel zu Folgerungen aus seinen Erfahrungen, die als Maxime ohne jeden Beweis einmarschieren. Etwa sinngemäß in der Behauptung: "Nicht jeder Schulschwänzer wird einmal Verbrecher. Aber alle Verbrecher waren einmal Schulschwänzer." (Ohne Seitenangabe zitiert, da nur eine Kindle-Ausgabe als Quelle vorliegt). Hat Buschkowski da die Himmlers und Goebbels ganz vergessen,die richtig schulgeil waren - oder auch nur die Hochstapler in intellektuellen Kreisen, die ohne ziemliches Vorwissen wohl kaum durchgekommen wären?

Hauptmangel des Buches, auch wenn alle aufgeführten Details stimmen sollten: der Denkstil. Von Anfang an schmiedet Buschkowsky die gesamte Leserschaft zu einem Block zusammen. Den Block der unter sich einverstandenen Ureinwohner, die mit vollem Recht verlangen können, dass jeder Hinzukommende sich nach ihnen richtet. Und zwar nicht nur im rechtlichen Sinn. Sondern in jeder Einzelheit ihres alltäglichen Verhaltens. Immer wieder im Anklageton: Wenn welche schon zu uns kommen wollen, dann ist es wohl das Mindeste, dass sie unsere Bräuche kennenlernen und sich danach richten.Nur, wenn ich mich auf mich selbst zurückwende, finde ich in der Eile in mir solche Maßstäbe gar nicht. Was hätte ich gern, dass solche Neubürger beachten sollten? Weniger Lärm vielleicht, wenn sie gruppenweise in Kneipen zusammensitzen. Nur den Wunsch würde ich ohne Klassenrücksichten auch an viele andere Ur-Einwohner richten, wenn ich zufällig in ihre Mitte gerate. Und in einem solchen Fall ist
Buschkowkis Rat wahrscheinlich zu akzeptieren. Wenn es Dir im Lokal "zum Löwen" nicht gefällt, zieh einfach aus und um zum "Restaurant Fasan".

Recht hatte der bekannte Autor gestern bei Maischberger, als er betonte, dass seine Verbesserungsvorschläge sich nicht an eine bestimmte Art Einwanderer richteten, sondern an alle, die "unseren" Ansprüchen nicht entsprechen. Damit verfällt allerdings das ganze Prekariat seinem Urteil. Und seine Denkweise enthüllt sich nicht so sehr als rassistisch, denn als Heilmittel gegen jede Art von Denken in Kategorien des Klassenkampfs.

So genau dieser Sozialdemokrat das Auseinanderfallen aller denkbaren Lebenswelten in seinem Bezirk schildert, in regem Aufgebot des Abwertungsattributs parallel, so fern steht ihm der Gedanke, dass alle Angehörigen der "Unterschicht" zusammen sich auflehnen müssten gegen materielle und psychische Unterdrückung. Gerade wo Buschkowsky holländische Verhältnisse schildert mit den Rechten der dortigen Polizei auf Begutachtung und selbständige Eingriffe, merkt man dem Staatsmann seine Leidenschaften an. Im günstigsten Fall von Kindergartenpflicht - Schulpflicht - Ernstmachen mit allen staatlichen Bedrohungen könnte nichts herauskommen als Dressur. Dressur der Unteren nach dem von Buschkowsky eingebildeten Maßstab von "uns". Es wäre Drill in Reinkultur.

Das Buch hat schon regen Beifall gefunden und wird ihn weiter finden, wenn erst die Buchläden die vorderen Regale freigeräumt haben. Buschkowsky kann und wird sich - cleverer als Sarrazin - als der anständige und gemäßigte Vertreter der gesunden bürgerlichen Belange ins Schaugeschäft einarbeiten und vor allem von seinen SPD-Genossen begeistert herangezogen werden, wenn sie gerade mal wieder Lust auf etwas Polizeiliches in einem Stadtkern verspüren. Also vorwärts mit Buschkowsky!

Freiheitlicher wird es allerdings dadurch auch nicht.

Quelle: Neukölln ist überall. Von Heinz Buschkowsky, 400 Seiten
Verlag: Ullstein Hardcover (21. September 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3550080115
ISBN-13: 978-3550080111

    I am Troy Davis. You are Troy Davis. We will not stop fighting for justice.

    Vor einem Jahr wurde Troy Davis hingerichtet. "Der Kampf für Gerechtigkeit endet nicht mit mir. Dieser Kampf ist für alle Troy Davise, die vor mir kamen und die nach mir kommen werden. Ich bin guter Verfassung und voller Gebete und in Frieden. Aber ich werde bis zu meinem letzten Atemzug nicht aufhören zu kämpfen."

    Kurden Mannheim: Volksfeinde raus!

    Die Empörung ist groß. Es gab schon wieder Zoff mit den schlimmen Kurden in Mannheim. Die Gewerkschaft der Polizei - immer einfach Staats-Ton-Verstärkung - fordert eindringlich, dass ein solcher Aufmarsch nie mehr geduldet werden dürfe. Andere schieben nach und verweisen darauf, dass fünf Hundertschaften aus dem Elsaß angerückt seien. Die organisierten Türken verschmähen die Möglichkeit, mit den Kurden zusammen auf die gepresste Situation sämtlicher Minderheiten in Deutschland hinzuweisen. Sie zetern mit gegen solche, denen es gerade noch dreckiger geht.

    Die offizielle Darstellung der Vorkommnisse, die zum Knatsch führten, weist schon mal ein kleines Rätsel auf. Demnach hätte ein einzelner Minderjähriger mit einem verbotenen Kennzeichen zur demonstrierenden Menge aufschließen wollen. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, aber es dürfte mit ziemlicher Sicherheit ein Plakat der PKK gewesen sein. Laut Polizei hätten die Ordner der Demo mit diesem Einzelnen nicht fertig werden können!!! Und darauf die deutsche Polizei anrufen müssen. Die wäre dann auf den aktiven Widerstand - mit Flaschen und Steinen - von ca. 5000 Teilnehmern gestoßen. 5000 aus 40 000! Die Polizei hätte dann - daraufhin - noch viele verbotene Kennzeichen gefunden. Die sie vor dem frevelhaften Vorstoß des PKK-Bannerträgers offenbar nicht gestört hatten.

    Ergänzend muss notiert werden, dass verschiedene kurdische Gruppen auf dem Weg nach Mannheim schon freitags polizeilich begleitet wurden. Immer wieder wurden bei dieser Gelegenheit "verbotene Kennzeichen" wahrgenommen.So in der Nähe von Bruchsal. Und bei einem Trupp Fußwanderer von Kehl aus. (Badische Zeitung - Internetausgabe 9.9.2012).

    Das dürfte den Unmut eines Teils der kurdischen Teilnehmer der Kundgebung schon verständlicher machen.

    Ohne Sherlock Holmes spielen zu wollen: Das mindeste, was sich sagen lässt: die Gesamtpolizei stand ein Wochenende lang auf der Lauer, um einer unbeliebten Gruppe publikumswirksam das Leben schwer zu machen. Die Jagd nach verbotenen Abzeichen mit logisch daraus folgenden Krächen wirkt so ruhestiftend wie das Gehetze nach Kopftüchern oder die Stellung von "Hasspredigern". Aufkleber tun im Gegensatz zu polizeilichen Gerätschaften der Friedensherstellung sehr selten weh. Man könnte sie im Zweifel auch einmal ohne Aufsehen kleben lassen.

    Wie gesagt: Genaueres wissen wir alle nicht. Nur wird man präziseren Schilderungen der Hintergründe nachgehen müssen. Es gibt sicher noch mehr Wege zur Wahrheitsfindung als die der Gewerkschaft der Polizei.

    kritisch-lesen.de Nr. 21 - Polizei im Rassismus

    Photograph by Tomasz Sienicki
    Lizenz: Creative Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported
    Quelle
    Rassistisches polizeiliches Handeln wird sowohl von Mainstream-Medien als auch von Politiker_innen nur selten aufgegriffen. Erfahren dennoch – aufgrund erfolgreicher Kampagnenarbeit durch Aktivist_innen (etwa Initiative Oury Jalloh oder Initiative Christy Schwundeck) – einzelne Schicksale von Betroffenen rassistischer Polizeigewalt mediale Öffentlichkeit, wird nicht nur von offizieller Seite häufig von „bedauerlichen Einzelfällen“ gesprochen. Demnach seien rassistische Kontrollen, Misshandlungen oder gar Morde lediglich auf individuelles Fehlverhalten zurückzuführen. Polizei als Institution, in die fest das gesellschaftlich verankerte rassistische Verhältnis eingeschrieben ist, wird dennoch fast nie thematisiert. Hinzu kommt, dass die Polizei über das Gewaltmonopol des Staates verfügt und ihr damit die Legitimation zukommt, für „Recht und Ordnung“ zu sorgen. Polizei kann daher nicht nur als Spiegel der Gesellschaft begriffen werden, sondern auch als Institution, die etwa durch gezielte Kontrollpraxen Kriminalität politisch und medial mit hervorbringen kann. (Vgl. dazu ausführlicher den Beitrag „Alltägliche Ausnahmefälle“, der in der aktuellen Ausgabe der antirassistischen Zeitschrift ZAG erschienen ist). Rassistische Polizeihandlungen sind als Form des institutionellen Rassismus zu betrachten, wie Hannah Eitel anhand der Broschüre „Institutioneller Rassismus“ des Migrationsrates Berlin Brandenburg aufzeigt. Eitel sieht in der Broschüre ein detailliertes Bild rassistischen Alltags dargestellt, bei dem polizeiliche Praxis nicht ausgespart bleibt. Dass das Thema „Polizei im Rassismus“ im deutschsprachigen Raum unterrepräsentiert ist, zeigt sich auch anhand der bisher erschienenen Publikationen. Es finden sich nur sehr wenige Veröffentlichungen zum Thema, weshalb wir uns in dieser Ausgabe auch englischsprachiger Literatur zugewendet haben. Biplab Basu hat sich die Studie „But Is It Racial Profiling?“ genauer angeschaut. Die Studie zeigt, dass bei einer beträchtlichen Anzahl von polizeilichen Kontrollen, Rassismus für die Polizist_innen handlungsleitend ist. Racial Profiling beschreibt diese gängige Polizeipraxis, nach der Menschen aufgrund rassialisierter Attribute polizeilich kontrolliert werden. Die Praxis, Menschen zum Beispiel wegen ihrer Hautfarbe zu kontrollieren, wurde jüngst von dem Verwaltungsgericht Koblenz als legitim erklärt (dagegen gab es einige Proteste, etwa eine Petition, die über 15.000 Menschen unterzeichnet haben). Johanna Mohrfeldt ermöglicht in ihren beiden Rezensionen „Rassistische Polizeipraxis im demokratischen Rahmen“ und „Pionierarbeit trotz eingegrenzter Perspektive“ sowohl Einführung als auch Vertiefung zum Thema Racial Profiling anhand von Studien aus verschiedenen Ländern. Eine der wenigen in deutscher Sprache erschienen Veröffentlichungen, die das Thema Polizei im Rassismus aufgreift, ist der Bericht „Täter unbekannt“ von Amnesty International. Die Rezensentin Laura Janßen sucht allerdings darin vergeblich nach einer kritischen Analyse. Abschließend lobt peps perdu in der Rezension zu „Banlieues. Die Zeit der Forderungen ist vorbei“ den Perspektivenreichtum dieser Textsammlung. Das Buch zeigt auf, wie Rassismus und räumliche Ausgrenzung zusammen spielen.

    Um sich weiter mit dem Thema rassistische Polizeigewalt zu befassen, empfehlen wir darüber hinaus den Besuch der Konferenz „Racial Profiling Reloaded“ der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt, die am 12. und 13. Oktober in Berlin sattfinden wird (weitere Informationen auf der KOP-Homepage).

    Bei den weiteren Rezensionen richtet zunächst Martin Brandt den Blick auf das neue Buch von Heinz-Jürgen Voß. In „Intersexualität – Intersex“ plädiert Voß für Brandt in überzeugender Weise für ein konsequentes Ende der medizinischen Eingriffe an Neugeborenen und Kleinkindern aufgrund der Diagnose „Intersex“. Wenig überzeugend findet hingegen Sebastian Friedrich den Versuch des Medientheoretikers Byung Chul-Han, seinen populären Essays in „Topologie der Gewalt“ ein theoretisches Fundament zu verpassen. Friedrich stellt in seiner Rezension „Große Hülle, kleiner Kern“ fest, dass Han letztlich wenig Substanzielles anbiete. Weitaus Substanzieller erscheint für Adi Quarti die Analyse der „Sicherheitsarchitektur 9/11“ von Stuart Price, der die veränderten Formen der Repression im Neoliberalismus untersucht. Patrick Schreiner widmet sich anschließend dem Buch „Bankrotteure bitten zur Kasse“ von Jürgen Leibiger, in dem richtige Fragen und Ansätze präsentiert werden, wenngleich Schreiner nicht alle Antworten überzeugen. Schließlich lobt Ismail Küpeli die Dissertation „Der ethnische Dominanzanspruch des türkischen Nationalismus“ von SavaÅŸ TaÅŸ als eine Analyse, der es gelingt, die ideologischen Komponenten des türkischen Nationalismus zu dekonstruieren.

    Weiterlesen in der am 4. September erschienenen Ausgabe von kritisch-lesen.de

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