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Höhler: Heiße Tränen einer Gläubigen werfen keine Blasen auf Merkels Haut...

Angela Merkel
Bildquelle:
Armin Linnartz
Dieses Foto ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland) lizenziert.
Abendnachrichten freitags: Zu sehen ein zerknirschter Herr aus Griechenland. Und eine Kanzlerin - mit zwei Aussagesätzen. Mehr Geld gibt es nicht. Mehr Zeit auch nicht. Dann aber: Merkel wünscht von ganzem Herzen, dass Griechenland in der EU bleibt.

Das Unvereinbare beider Sätze liegt auf der Hand. Wird weder von Merkel noch von den Kommentatoren erwähnt. Als wäre das Unvereinbarste zugleich das Angemessene.

Zu diesem Schauspiel liefert Gertrud Höhler in ihrem neuen Buch "Die PATIN" die einleuchtendste Deutung. Das Undurchschaubare ist beabsichtigt. Es ist geradezu der Kern von Merkels Erfolgen.Unberechenbarkeit erlaubt ihr, immer neu und überraschend aus dem Dunkel vorzupreschen.

Gertrud Höhler zeichnet den Weg dieser Politikerin scharf und bitter nach.

Wichtig vor allem ihr Nachweis, dass die Ausschaltung des Parlaments volle Absicht ist. Wo Parlament schwindet, soll Staat die Regie übernehmen. Wo ursprünglich Parteien ihre Rolle als Opposition wahrzunehmen hatten, stehen sie jetzt fassungslos vor dem Themenklau Merkels. Was können GRÜNE noch anmelden, wenn die Energiewende jetzt von der Regierung selbst übernommen wird? Was die SPD, wenn der Mindestlohn selbst in den schwärzesten Regionen der Regierungspartei Gefallen findet? Was die FDP, wenn doch unsere Kanzlerin die größte Vorkämpferin für freie Wirtschaft sein will? (Es aber keineswegs ist, wie Höhler später ausführt)

Auch an der Schlussfolgerung Höhlers ist nichts auszusetzen: Wenn alles so weiter läuft, wie Merkel sich das vorstellt, dann steht nichts mehr fest. Alles wird möglich sein. Nur allerdings- nach dem Willen des Regierungschefs. Nicht nach den Richtlinien, die wir uns bisher als Demokratie vorgestellt haben.

Von daher gesehen ein schnittiges und schneidendes Buch - dazu geschaffen, uns alle Tricks der Obermanipulatorin ins Gedächtnis zu rufen und richtig einzuordnen.

Es ist mir gelungen, das Buch über Kindle rasch reinzuziehen, so dass mich zumindest die Vorwürfe der Autorin nicht treffen können, das Buch sei ungelesen beurteilt worden.

Verblüffend bleibt nach der Lektüre, dass verschiedene Wesen fast zu Heiligen erhoben werden mussten, um den Kontrast zur Verderberin Merkel plastisch herauszuarbeiten. Gauck etwa. Er, von allen mit Recht als Generalverwalter der gesammelten Ressentiments in Ost und West eingeschätzt, soll als Apostel der Freiheit endlich das Widerwort gefunden haben gegen die Vertreterin der Beliebigkeit. Auch tut Höhler so, als glaube sie Kohl in vollem Ernst seine Ausrede mit dem gegebenen Ehrenwort. Damit hätte er nach ihr an einem höheren Wert festgehalten, den seine damalige Anklägerin Merkel gar nicht zu schätzen gewusst hätte.

Ebenso bekommen die Liberalen insgesamt so manches warme Huldwort ab. Trotz ihrer Plattwalzung unter Merkel hätten sie doch den Wert der Freiheit begriffen und kämpften immer noch dafür. Kaum erwähnt die Steuersenkungsspässe für Hotels und andere niedere Bewegungen, die nur der Klientel dienen sollten, sonst gar niemand.

So bewundernswert die Bewegungen Merkels beim Geschäft des Machterhalts beschrieben werden, es fällt doch eines auf, je länger man liest: Sämtliche Vorgänger kommen im Vergleich zu ihr fast engelhaft weg. Wenn Höhler etwa genau die Tendenz Merkels beschreibt, sich eher als Präsidentin des ganzen Volkes denn als Führerin einer bestimmten Partei hinzustellen, und deshalb das reale Präsidentenamt systematisch degradiere - um die Position mitzuübernehmen, hat sie dabei ganz die Vorgängerversuche vergessen, sich präsidial zu kostümieren.Mit Adenauer angefangen, der auf seine alten Tage geil nach dem Amte greifen wollte - bis er merkte, dass ein Präsident leider in der Bundesrepublik zu wenig zu sagen hat für die Bedürfnisse eines Exkanzlers.

Gar nicht werden die Diktaturgelüste des Basta-Kanzlers Schröder erwähnt. Ihm gegenüber lässt sich Merkels Technik als Verbesserung verstehen - sie grinst breiter bei den ausgeteilten Fußtritten- aber nicht als absolute Neuerung.

Höhlers Zorn lässt sich nur ganz nachempfinden, wenn man kurzfristig ihre Fiktion teilt, bis zu Merkel hätte es eine Partei voller Grundwerte gegeben, an die sich alle Mitglieder gehalten hätten.Die bisherige CDU! Als enttäuschte Magdalena tritt Gertrud Höhler auf, die im Garten von Gethsemane auf ein Grab trifft, in dem als Leiche der ehemals für Gott gehaltene Jesus liegt. Und alle Verheißungen sind dahin. Und er kommt niemals wieder. Was bleibt dann anderes als der Aufschrei und die unendliche Klage?

Auch gibt Höhler keine Antwort auf die Frage, warum SPD, GRÜNE und FDP sich ohne äußeren Zwang alles gefallen lassen, womit Merkel sie vor aller Augen betrügt. Also kann die mehr oder weniger überzeugende Herleitung der heutigen Merkel aus der ehemaligen Täuscherin und Schweigerin in der DDR einfach nicht die einzige Erklärung für die gegenwärtigen Übel sein. Schließlich waren unsere Steinmeiers und Roths keinen Tag in der DDR - und liegen doch platt wie Pfannekuchen vor den Füßen der Herrin... Also müssen die gegenwärtigen Verbrechen Ursachen haben, die nicht in einer Einzelseele sich verstecken.

Dieses Begrenzte der Analyse wird Gertrud Höhler nur abstreifen können, wenn sie die Verwandlungen der Gesamtgesellschaft ins Auge fasst. Wenn sie die Grenze hin zu den Theoretikern überschreitet, die schon zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts nachwiesen, dass sämtliche Staaten, wie demokratisch sie sich auch geben, ein Zusammenwirken und Zusammenwachsen der großen Kapitalien- vor allem des Bankenmanagements - mit den staatlichen Instanzen nötig haben, um sich überhaupt in einer Zeit brutalster Krisen noch halten zu können. In diesem Rahmen würden Höhlers Beobachtungen erst ihren Wahrheitswert entfalten können.

Schaden wird Höhlers Kritik der "Patin" bei den Wahlberechtigten kaum. Einfach, weil sie gerade die Charakterlosigkeit der Vorbellerin Merkel schätzen. Ihre Wendigkeit. Sie hängen viel lockerer an den frommen Sprüchen der CDU als am momentanen Erfolg. Und werden ihr so lange nachlaufen, so lange die Tricks Merkels Vorteile versprechen. Fritz Güde

Bibliographischer Nachweis: Die Patin: Wie Angela Merkel Deutschland umbaut

Gabriels Trauerkrepp vor Antritt der allerletzten Fahrt

Sigmar Gabriel
Fotograf: Arne Müseler / www.arne-mueseler.de
Lizenz: Creative Commons 3.0 Deutschland
Gabriel - SPD - hat in München den Philosophen Habermas heimgesucht und von diesem - unter Beihilfe von Bofinger - einen Entwurf zum Parteiprogramm erhalten, den er stolz nach Hause trug. Der Entwurf enthält viel Hochtönendes zur Begründung eines wirklich demokratischen Europa, mit dem Versprechen gegenseitiger Hilfe und vielleicht sogar einer Urabstimmung in Deutschland, um das Grundgesetz zu ändern.

Über die Gediegenheit des Papiers soll hier gar nicht lang diskutiert werden. Meinem persönlichen Eindruck nach dient es wie dasjenige Merkels nur dem Aufschub der Katastrophe, nicht ihrer Beseitigung. Darauf soll es hier aber gar nicht ankommen. Sondern nur darauf, dass der gleiche Gabriel, immerhin führendes Mitglied seiner Partei,sich nichts dabei denkt, ein Programm zu empfehlen, das allem widerspricht, was er kurze Zeit vorher Frau Merkel zugestanden hat. Schließlich hat erst die SPD der Regierungschefin die nötige Mehrheit verschafft für eine Drosselung Resteuropas, die sich in unverkennbaren Widerspruch zu jedem Argument eines Habermas gestellt hat und weiterhin stellt.

Was verspricht sich dann Theoretiker Gabriel von etwas, das seiner Praxis schlagend widerspricht?

Keineswegs erhofft er sich, dass das Hochgesinnte bis zu den Wahlen vergessen sein wird. Mit einem kühlenden Zwischenwind in Sommerzeiten gibt sich ein Gabriel nicht zufrieden. Er wird vielmehr das Wortgebinde schwenken bis zu den nächsten Wahlen. Stolz, edel und frei...

Als kluger Kopf und gläubiger Leser von Umfragen und Statistiken weiß er, was ihm und seiner Partei im günstigsten Fall blühen wird: wieder mal die Beischlepp-Lage in einer Großen Koalition. Das wird nach den bisherigen Erfahrungen sich äußerst beschämend auswirken. Wie aber, wenn über allen Schleimigkeiten, jeder denkbaren Erniedrigung weiterhin die schwarze Fahne aufgezogen werden kann? Der Trauerflor dessen, der - im Untergang - bezeugen kann: Wir hätten es doch so anders gewollt! So etwas ersetzt für Empfängliche ohne weiteres den Abschiedschoral der Ertrinkenden der TITANIC: Näher mein Gott zu Dir!

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