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Aktionskonferenz zu den Aktionen gegen den Naziaufmarsch am 6. Oktober in Göppingen

Für den 6. Oktober planen Neonazis einen Aufmarsch durch Göppingen. Sie geben vor unter einem “antikapitalistischen” Motto auf die Straße gehen zu wollen. Mittlerweile unterstützen fast 20 Nazigruppierungen aus mehreren Bundesländern den faschistischen Aufruf. Als Redner ist u.A. der als “Bombennazi” bekannte Thomas Horst Baumann angekündigt, der mehrere Sprengstoffanschläge auf alternative Zentren und ein Gewerkschaftshaus in Freiburg geplant hatte.

Auf den faschistischen Aufmarsch wird vor Allem von so genannten “Autonomen Nationalisten” mobilisiert. In Göppingen existiert eine aktive Neonaziszene. Aus dem Umfeld der “Autonomen Nationalisten” und der NPD in Göppingen kommt es seit mehreren Jahren kontinuierlich zu Propagandaaktionen, Einschüchterungsversuchen bei politischen Gegnern, bis hin zu gezielten körperlichen Angriffen auf Andersdenkende. 2012 versuchten sie schon mehrmals in der Region Göppingen mit Kundgebungen an die Öffentlichkeit zu gelangen. Nur durch vielseitigen antifaschistischen Protest konnte dies mehrmals verhindert werden.

18. August - Aktionskonferenz

Um auch am 6. Oktober daran anzuknüpfen müssen wir uns schon frühzeitig vorbereiten; deshalb laden wir alle interessierten AntifaschistInnen zu einer Aktionskonferenz am Samstag, den 18. August ein. Diese wird um 16 Uhr im Linken Zentrum Lilo Herrmann (Böblingerstr. 105 in Stuttgart-Heslach) beginnen. Ziel hierbei ist es gemeinsam Ideen für spektrenübergreifende, kreative und effektive Protestaktionen zu sammeln, zu diskutieren und gemeinsam nächste Schritte konkret werden zu lassen! Zu Beginn werden wir kurz über den aktuellen Stand der Nazimobilisierung informieren.

Lasst uns gemeinsam und koordiniert den Naziaufmarsch am 6. Oktober in Göppingen verhindern! Beteiligt euch an den Planungen und der Mobilisierung zu den Gegenaktivitäten!

Quelle: Aufruf des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region (AABS) via VVN-BdA Kreisveband Esslingen

Gabriels Trauerkrepp vor Antritt der allerletzten Fahrt

Sigmar Gabriel
Fotograf: Arne Müseler / www.arne-mueseler.de
Lizenz: Creative Commons 3.0 Deutschland
Gabriel - SPD - hat in München den Philosophen Habermas heimgesucht und von diesem - unter Beihilfe von Bofinger - einen Entwurf zum Parteiprogramm erhalten, den er stolz nach Hause trug. Der Entwurf enthält viel Hochtönendes zur Begründung eines wirklich demokratischen Europa, mit dem Versprechen gegenseitiger Hilfe und vielleicht sogar einer Urabstimmung in Deutschland, um das Grundgesetz zu ändern.

Über die Gediegenheit des Papiers soll hier gar nicht lang diskutiert werden. Meinem persönlichen Eindruck nach dient es wie dasjenige Merkels nur dem Aufschub der Katastrophe, nicht ihrer Beseitigung. Darauf soll es hier aber gar nicht ankommen. Sondern nur darauf, dass der gleiche Gabriel, immerhin führendes Mitglied seiner Partei,sich nichts dabei denkt, ein Programm zu empfehlen, das allem widerspricht, was er kurze Zeit vorher Frau Merkel zugestanden hat. Schließlich hat erst die SPD der Regierungschefin die nötige Mehrheit verschafft für eine Drosselung Resteuropas, die sich in unverkennbaren Widerspruch zu jedem Argument eines Habermas gestellt hat und weiterhin stellt.

Was verspricht sich dann Theoretiker Gabriel von etwas, das seiner Praxis schlagend widerspricht?

Keineswegs erhofft er sich, dass das Hochgesinnte bis zu den Wahlen vergessen sein wird. Mit einem kühlenden Zwischenwind in Sommerzeiten gibt sich ein Gabriel nicht zufrieden. Er wird vielmehr das Wortgebinde schwenken bis zu den nächsten Wahlen. Stolz, edel und frei...

Als kluger Kopf und gläubiger Leser von Umfragen und Statistiken weiß er, was ihm und seiner Partei im günstigsten Fall blühen wird: wieder mal die Beischlepp-Lage in einer Großen Koalition. Das wird nach den bisherigen Erfahrungen sich äußerst beschämend auswirken. Wie aber, wenn über allen Schleimigkeiten, jeder denkbaren Erniedrigung weiterhin die schwarze Fahne aufgezogen werden kann? Der Trauerflor dessen, der - im Untergang - bezeugen kann: Wir hätten es doch so anders gewollt! So etwas ersetzt für Empfängliche ohne weiteres den Abschiedschoral der Ertrinkenden der TITANIC: Näher mein Gott zu Dir!

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

ARGENTINIEN
Mit einer Abschlusszahlung von 2,3 Milliarden US-Dollar hat Argentinien zehn Jahre nach dem Staatsbankrott 2001 und 2002 die letzten Schulden beglichen.

BOLIVIEN
Boliviens Kommunikationsministerin und Regierungssprecherin Amanda Dávila hat am Freitag Spekulationen um einen Lizenzentzug für den US-Getränkehersteller Coca-Cola zurückgewiesen.

Boliviens Präsident Evo Morales hat ein Dekret gegen Gewalt an Schulen in Bolivien erlassen. Die Bestimmung soll helfen, Kinder und Jugendliche vor Vergewaltigung, Missbrauch und Misshandlungen in Bildungseinrichtungen zu schützen.

ECUADOR
Die ecuadorianische Regierung prüft derzeit eine Beendigung der Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Entwicklungsagentur USAID. Beobachter des Verfahrens schließen nicht aus, dass Ecuador die Organisation des Landes verweist, berichtet die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina.

KUBA
Die Machtannahme des Präsidenten Obama in den Vereinigten Staaten im Jahr 2008 bedeutete einen Einschnitt im Stil der früheren Bush-Regierung gegenüber Kuba. Dennoch gelten trotz der Aufhebung mancher Reiseeinschränkungen, die Wirtschaftssanktionen, einschließlich jener von extraterritorialer Natur, weiterhin. Hier einige aktuelle Beispiele.

Zum zweiten Mal binnen weniger Monate ist vor der kubanischen Küste die Erschließung eines Erdölfeldes gescheitert.

MEXIKO
Interview mit Erna Müller vom Ya-Basta-Netzwerk zum Projekt der GIZ "Biodiversität erhalten" im Südosten Mexicos und der Gefahr, die das Projekt für die indigenen Bewohnenden des Gebietes und die Zapatistas darstellt.

PARAGUAY
Etwa 400 Demonstranten haben am 26. Juli auf einem Marsch durch das Zentrum der paraguayischen Hauptstadt Asunción gegen politisch motivierte Massenentlassungen im öffentlichen Dienst demonstriert.

VENEZUELA
Zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl in Venezuela am 7. Oktober wird das Wettrennen zwischen den beiden wichtigsten Kandidaten – Amtsinhaber Hugo Chávez und dem Vertreter der Rechten, Henrique Capriles Radonski – zunehmend in den Medien ausgetragen. Laut Umfragen ist der Amtsinhaber der Favorit bei den Wahlen.

Laut Finanzminister Jorge Giordani hat Venezuela die niedrigste Inflation seit Jahren.

VORSCHLAG
Solidaritätskalender
Der Kalender »Viva La Habana 2013« ist ein Projekt des Berliner Büros Buchmesse Havanna mit Unterstützung von Tageszeitung junge Welt und ver.di Berlin-Brandenburg, Fachbereich Kunst & Medien. Die Einnahmen aus dem Verkauf fließen vollständig in die Projekte des Büros.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog. Ausgabe vom 10.08.2012

Vortrag zum 70. Jahrestag eines faszinierenden Fußballspiels

Kommunisten (FC Start) 5 -“ Faschisten (Flakelf) 3 9.8.1942 um 17 Uhr, Kiew, Stadion Zenit, 10.000 ZuschauerInnen
"Es lebe der Sport!" ... das riefen die Spieler des FC Start vor Anpfiff. Das hört sich erstmal nicht außergewöhnlich an. Doch dazu gehörte schon einiges an Mut. Dies ist nur eine kurze Episode von einem der legendären Fußballspiele der Sportgeschichte.

Es war ein ungleiches Fußballspiel der Mannschaft von Zwangsarbeitern aus der Brotfabrik gegen eine Auswahl der Wehrmacht unter besonderen Umständen. Nach Beginn der Operation Barbarossa am 22. Juni 1941 gab es zahlreiche Kriegsverbrechen der Faschisten in der Region um Kiew. Am häufigsten wird das Massaker von Babyn Yar mit über 33.000 jüdischen Opfern erwähnt. Einige Monate später sollte im Sommer 1942 wieder etwas Ruhe einkehren in Kiew. Doch die Fußball-Liga entwickelte sich zu einem Drama um Leben und Tod. Der Traum vom unpolitischen Fußballspiel wurde zum Alptraum für die Faschisten.

Die Auseinandersetzung mit den Ereignissen geschah bzw. geschieht auf unterschiedlichste Art und Weise: Filme, Bücher, Zeitungsartikel, ein Denkmal, historische Gutachten, Erzählungen, staatsanwaltliche Ermittlungen, Äußerungen von zahlreichen Expertinnen und Experten.

Seit 1942 sind vier verschiedene Versionen dazu entstanden.

Genau siebzig Jahre nach dem legendären Spiel und einige Wochen nach dem Finale der Europameisterschaft in der gleichen Stadt ist der richtige Zeitpunkt den Mythos aufleben zu lassen.

Die dritte Halbzeit beginnt am 9. August um 19:30 Uhr in Stuttgart im Linken Zentrum Lilo Herrmann. Es geht dabei natürlich nicht um das, was der letzte Satz vermuten lässt, sondern um einen Film mit diesem Titel und das genannte Fußballspiel.

kritisch-lesen.de Nr. 20: Sommerausgabe

Foto: Luc Viatour / www.Lucnix.be
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Wir begegnen den sommerlichen Urlaubsflüchten in dieser Ausgabe nicht mit einem inhaltlichen Schwerpunkt, dafür aber mit einigen Literaturempfehlungen für laue Sommerabende und – wer's klassisch mag und es sich leisten kann – für den Strand. Zu Beginn schreibt Martin Brandt in „Zu bunt fürs Grau" über die biographischen Auseinandersetzungen Ronald Schernikaus mit der zwar kritisierten, aber auch verteidigten Wahlheimat DDR und dem kapitalistischen Nachbarn. Sebastian Kalicha empfiehlt eine Auseinandersetzung mit der progressiven Rap-Lyrik der Linzer Hip-Hop-Combo TEXTA, deren Texte nun in den„TEXTA-Chroniken“ veröffentlicht wurden, denen der Rezensent nicht nur sozialkritische und politische, sondern auch literarische Qualität bescheinigt. Zu wenig an Reflexion bescheinigt Paul Gensler der deutschen Linken und sieht daher in „Die Finkler-Frage“ von Howard Jacobson eine Möglichkeit, den auf Juden und Jüdinnen projizierten Bildern immer kritisch, aber manchmal auch ironisch beziehungsweise sarkastisch zu begegnen und einen Blick auf jüdisches Leben in der Postmoderne zu richten. Einen Blick zurück wirft Tompa Láska in seiner Rezension „Die Entdeckung der Biographie" und beleuchtet dabei verschiedene Lebensabschnitte von Harry Mulisch. Innere Zerissenheit, Angst vor dem was kommt und die Einsicht, dass Menschen sich doch immer auch weiter entwickeln können, sind dabei nur einige Eindrücke die das Buch hinterlässt. Franziska Plau sieht in dem Buch „Begegnungen auf der Trans*fläche“ eine gute Gelegenheit, sich mit dem Alltagsleben von Trans*menschen auseinanderzusetzen, ohne, dass bei den Geschichten des Buches der Humor außen vor gelassen würde. Gerlinde Kirma hat sich dem bereits vor einigen Jahren erschienen autobiographischen Roman„Die kalten Nächte der Kindheit" von Tezer Kiral gewidmet und Jorane Anders hinterfragt mit „Jungfrau“ von Thomas Meinecke religiös fundierte Keuschheit.

Welche unerwarteten Wendungen ein Leben bereithält, zeigt Sebastian Kalicha am Beispiel von Hans und Hedi Schneider. In seiner Rezension „NS-Terrorjustiz as usual" beschreibt er den Weg dieses österreichischen Ehepaares, das wegen einer Lappalie in die Mühlen der NS-Unrechtsjustiz geriet. Philippe Kellermann weist in seiner Besprechung von „Nie wieder Kommunismus?“ darauf hin, dass trotz des sympathischen Anliegens des Buches es dennoch einen ambivalenten Eindruck hinterlässt. Exemplarisch dafür untersucht er insbesondere einen Artikel des Sammelbandes näher. Ismail Küpeli geht mit „Vom Scheitern der Gleichung Europäisierung = Frieden" auf die Suche nach dem Umgang mit dem „Kurdenkonflikt“ vor dem Hintergrund der EU-Annäherung durch die Türkei. Heinz-Jürgen Voß widmet sich mit „Wenn jungen Menschen Hoffnungen genommen werden" der Untersuchung Stefan Wellgrafs der Institution Hauptschule und der „Wertlosigkeit“, die den Schüler_innen in Gesellschaft und Schule immer wieder eingetrichtert wird. Schließlich widmet sich Sebastian Friedrich der „Sprache des Neoliberalismus" anhand des Sammelbands „Imagine Economy“.

Wir wünschen Euch einen schönen Sommer und viel Spaß beim kritischen Lesen in der 20. Ausgabe vom 7. August 2012

Frankfurt: Occupy geräumt! Bei erbittertem Schweigen über den wahren Grund...

In Frankfurt ist es also mal wieder so weit! Das Verwaltungsgericht hat gesprochen. Und den Eilantrag der Occupy-Leute abgelehnt. Demnach - der Wortlaut ist noch nicht einmal veröffentlicht - geht alles gegen die Zelte. Die dürfen nicht Ausdrucksmittel einer Demo sein.

Betont höflich gehen die - schon auf Vorrat bereitgestellten - Polizisten vor, wie man den Mitteilungen von fr-online entnehmen kann. Auf Wunsch wird weggetragen! Sonst jede Habseligkeit gewissenhaft dem Eigentümer zugeordnet und öffentlich notiert. Sagt jetzt, kann es demokratischer zugehen? Worüber beklagen die sechzig noch Anwesenden sich dann?

Vor allem darüber, dass der wahre Grund der Räumung gar nicht genannt wird. Es geht nicht um den Euro, wenn wir dem zuständigen Dezernenten Frank - CDU - glauben dürfen. Es geht um den zerstörten Rasen mitten in Frankfurt, der endlich der Gesamtheit der Bürger zurückgegeben werden muss. Und dann vor allem um die Ratten!

Als strenger Traditionalist schließt sich Frank einer Heerschar von Begründern einer Räumung an, die sich alle lieber den Mund verbrannt hätten, als ihre wahren Motive zu nennen. So 1968 in Paris, als das besetzte Theater ODEON geräumt wurde. Keineswegs, weil dem Minister Malraux das offene Diskutieren missfallen hätte. Oh nein! Aber die Ratten, die schwarzen, die grauen, die sich hemmungslos vermehrten - die waren einfach nicht mehr zu dulden.

An anderer Stelle - zum Polizeikessel vom 30.Juli verkündete der dortige Kollege des Dezernenten Frank: "Herr Scheithauer vom Ordnungsamt erklärte vielmehr: "Eine Meinungsäußerung zum Euro ist zulässig - das soll und kann man nicht unterdrücken." (vergl den Beitrag von Th. Trueten zum Polizeikessel)

Und auch er nicht wahrscheinlich nicht, weil er heimlich Nazi wäre. Sondern weil er alle Maßnahmen stützt,mit welchen man den Massen ihren Handlungsraum einschränken kann. Hier also den aktiven Antifaschisten,die die Verbreitung von Nazi-Totengeruch in ihrer Stadt nicht dulden wollen. Und darin trifft er sich mit dem Kollegen aus Frankfurt. Die wirklichen politischen Absichten dürfen nie ausgesprochen werden. Sie laufen immer darauf hinaus, dass eins verschwiegen werden muss: der böse Wille der Obrigkeit. Ihr Wille, breite demokratische Diskussion einzuschränken, den Protestierenden den Mund zuzuhalten, alle Proteste durch Hinweis auf das doch völlig normale und gerichtlich abgesicherte Verfahren zu ersticken.

Die Schlussresolution der verbliebenen Träger des Occupy-Camps angesichts der Machtverhältnisse bleibt zwar verständlich, aber doch allzu bescheiden. Alle Teilnehmer hatten sich zum Verzicht auf Gegenwehr zu verpflichten. Einziger letzter Protestschritt: den Entscheid des Verwaltungsgerichts anfechten bei der nächsthöheren Instanz. Die gewichtigere Drohung gegen die Stadt Frankfurt und die Bankenmacht wurde nicht ausgesprochen. Dass nämlich die bürgerliche Macht mit all ihrem Gewicht es nicht hindern können wird, dass an vielen kleineren Orten sich Anhänger der Occupy-Bewegung zusammenfinden, die es Behörden und Banken weiterhin schwer machen werden, ihr trauriges Geschäft, mit geschlossenem Kniffmund betrieben, immer weiter fortzuführen - bis in alle Ewigkeit.

Erklärung zur "NPD-Deutschlandtour": Polizei und Ordnungsamt machen in Stuttgart Nazis den Weg frei!

Zum Stuttgarter Polizeikessel gegen AntifaschistInnen erklärt das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit:


Am 30.7.2012 versuchte die NPD im Rahmen ihrer sogenannten "Deutschlandtour" eine Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt abzuhalten. Zahlreiche Antifaschisten protestierten dagegen und versuchten mit Sitzblockaden die Durchführung der Kundgebung zu verhindern.

Den Nazis wurde der Weg regelrecht frei geprügelt: Mehrere Hundertschaften, Reiterstaffel und Greiftrupps (BFE-Einheiten) waren im Einsatz.

Die Gegendemonstranten wurden ohne Vorankündigung eingekesselt, stundenlang bei praller Sonne im Polizeikessel ohne Wasser und Nahrung festgehalten und dann zum Teil mit auf dem Rücken gefesselten Händen zur Wasenwache nach Cannstatt gefahren. Der Ermittlungsausschuss der Antifaschisten meldete 75 Festnahmen.

Thomas Trüten, Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit:
"Die Kesselung der Demonstranten und ihre anschließende Festnahme sind rechtswidrig und ein Verstoß gegen das Versammlungsrecht. Gegen diese illegale Praxis der Stuttgarter Polizei sind Feststellungsklagen von S21-Gegnern, die auch von dieser Praxis betroffen sind, beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig. Diese Verfahren werden aber seit über einem Jahr nicht entschieden. Der jüngste Vorfall zeigt aber, wie dringend notwendig das ist."

Empört zeigte sich Thomas Trüten über das Verhalten des Ordnungsamts: "Offenbar gab es bei der Stadt keine Überlegungen, die NPD-Aktion zu verbieten. Herr Scheithauer vom Ordnungsamt erklärte vielmehr: "Eine Meinungsäußerung zum Euro ist zulässig - das soll und kann man nicht unterdrücken."

Wer angesichts der Verstrickung führender NPD-Funktionäre in die NSU-Morde die Demagogie der Neonazis für eine "Meinungsäußerung" hält, verhält sich nach Ansicht des Bündnisses für Versammlungsfreiheit zumindest "geschichtslos".

Für das Bündnis für Versammlungsfreiheit ist Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Deshalb sind wir prinzipiell für ein Verbot faschistischer Propaganda und daher auch gegen die Genehmigung von Naziaufmärschen.


Der Vorfall in Stuttgart ist kein Einzelfall: In Heilbronn wurden am 1. Mai 2011 ebenfalls hunderte Demonstranten, die gegen einen Naziaufmarsch protestieren wollten, stundenlang eingekesselt.

Nachdem in der Vergangenheit mehrfach die Unzulässigkeit dieser Polizeipraxis gerichtlich festgestellt wurde fordern wir die Landesregierung auf, endlich ihr Versprechen eines "bürgerfreundlichen Versammlungsrechtes" einzulösen. Für uns gehört zu einem fortschrittlichen Versammlungsrecht dazu, dass endlich Schluss sein muss mit einer Polizeipraxis, die demokratische und antifaschistische Proteste mit Repressionen überzieht, während Naziaufmärsche gegebenenfalls durchgeprügelt werden.

Das Bündnis für Versammlungsfreiheit erklärt sich solidarisch mit allen, die von dem Polizeikessel betroffen waren und fordert die Einstellung sämtlicher Verfahren gegen die antifaschistischen Gegendemonstranten. Vorsorglich empfiehlt das Bündnis, sich bei Bußgeldbescheiden, Vorladungen oder ähnlichem an die örtlichen Rechtshilfevereinigungen und -gruppen zu wenden.

(...)



Über Freudloses...

Oscar Wilde 1892, Foto: Sarony, Napoleon
"Heutzutage wird sehr viel Unsinn über die Würde der körperlichen Arbeit geschrieben. An der körperlichen Arbeit ist ganz und gar nichts notwendig Würdevolles (...). Es ist geistig und moralisch genommen schimpflich für den Menschen, irgendetwas zu tun, was ihm keine Freude macht, und viele Formen der Arbeit sind ganz freud­lose Beschäftigungen."

Oscar Wilde in seinem Essay "Der Sozialismus und die Seele des Menschen" (1891)

Polizeikessel am 30.7. in Stuttgart: Offener Brief von Ulrich Scheuffele an Minister Gall

Wir dokumentieren den offenen Brief von Ulrich Scheuffele an Innenminister Gall zum Stuttgarter Polizeikessel vom 30. Juli 2012:

Sehr geehrter Herr Innenminister Gall,

mein Großvater verlor mit 39Jahren sein Leben. Der Grund, er war ein Gegner des Naziregimes. Meine Mutter und ihre 2Geschwister wuchsen daraufhin als Vollwaisen und Kinder eines Staatsfeindes auf.

Dies hat mit dazu geführt, dass ich schon seit frühester Jugend Pazifist bin und mich politisch in der Partei eingebracht habe, die auch sehr stark unter diesem Verbrecherregime gelitten hat, der SPD, in der ich 40Jahre Mitglied war und Funktionen wie Ortsvereinsvorsitzender, Stadtrat und Wahlkampfleiter inne hatte. Ich baute eine starke Jusogruppe auf und wurde von Willy Brandt für meine Mitgliederarbeit persönlich geehrt. Ich war nie ein Mitläufer in der SPD sondern habe mich zu Wort gemeldet, wenn ich mit Entwicklungen in der SPD nicht einverstanden war. Dies hat dazu geführt, dass ich ohne Parteiordnungsverfahren von Wolfgang Stehmer und Claus Schmiedel aus der Partei entfernt wurde. Beschwerdeschreiben an den damaligen PV Müntefering wurden nicht beantwortet.
Am vergangenen Montag war ein Naziaufmarsch in Stuttgart und viele Bürger, die diese braune Brut nicht wollen, haben sich dem entgegengestellt. Eine Bekannte von mir war auch dabei. Es ist Ihnen bekannt, was passiert ist, Einkesselung der Gegendemonstranten durch die Polizei u.s.w. Meine Bekannte war auch in diesem Kessel und musste in sengender Hitze mit vielen anderen lange Zeit aushalten. Dann wurde sie aus dem Kessel geführt, mit Kabelbinder wie ein Schwerverbrecher gefesselt und nach Cannstatt gebracht, wo sie in eine Zelle gesperrt wurde. So erging es noch vielen Anderen Gegendemonstranten.
Die NPD hat sich daraufhin auf ihrer Website bei der Polizei mit folgenden Worten bedankt:

„Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Stuttgarter Polizei für eine faire Behandlung, das konsequente Säubern der Stadtmitte und die damit verbundene Sicherstellung der Meinungsfreiheit für uns Nationaldemokraten.“


Lieber Herr Gall, ich kann Ihnen nur sagen, dass ich entsetzt bin und dass ich mich als Sozialdemokrat (ohne Parteibuch) schäme, dass in einem von den Sozialdemokraten mitregierten Bundesland, so etwas möglich ist. Ich möchte sie nicht fragen, ob sie als Innenminister auf dem richtigen Posten sind, aber ich möchte sie fragen, ob sie mit ihrer inneren Haltung in der richtigen Partei sind. Auf jeden Fall werden durch solche Aktionen das Ansehen und das Gedenken an die Menschen und es waren nicht wenige Sozialdemokraten beschmutz, die sich mit ihrem Leben gegen eine Menschenverachtende Ideologie eingesetzt haben. Und Sie machen noch für die geistigen Enkel dieser Henkersknechte den Stadtsäuberer.

Dieser Brief ist öffentlich und wird in verschiedenen Foren veröffentlicht.

Ulrich Scheuffele
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