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Europa neidisch auf Hartz IV! Die Deutschen nämlich haben es schon hinter sich...

In weiser Voraussicht. Großdemo in Stuttgart gegen Sozialkahlschlag 21.10.2006

© Thomas Trueten, Umbruch Bildarchiv Berlin
In der Bundesrepublik wird man lang hinhören müssen, bis man den Jubelruf vernimmt - "Ich bin Hartz IV". Die meisten sind gottfroh, wenn sie dem Zugriff der Bundesagentur entkommen sind. Angeblich haben aber viele Korrespondenten im europäischen Ausland Sehnen und Begehren wahrgenommen, der arbeitenden und prekarisierenden Klasse auch so etwas zu verpassen. Damit ergibt sich eine winzige Korrektur an den öffentlichen Mitteilungen. Es gab nirgends Arbeitslose, die nach so etwas gegiert hätten - allenfalls einheimische und ausländische Sparkommissare, Kapitalretter und ihre Echo-Sklaven. Und die sind, wenn überhaupt, nicht geil darauf, selbst auf Hartz-IV-Niveau zu überleben. Vielmehr wollen sie andere hinunterdrücken, um den eigenen Verband auf die Höhe Deutschlands zu bringen.

Unter allen Zehnjahresfeierern hat sich die WELT am offenherzigsten ausgedrückt. Die kleinen Zusatz-Späße Hartzens - die floater usw. - lässt die Autorin fallen. Was ihr und den Auftraggebern des Blatts an Hartz IV gefallen hat, spricht sie scharfsinniger und offener als andere aus.

Da heißt es unter Berufung auf einen der geschätzten Experten: "Der Stress-Level ist selbst für diejenigen gestiegen, die objektiv gar nicht durch Arbeitslosigkeit gefährdet sind. Deshalb ist der Zorn in der Bevölkerung über die Reform trotz der Beschäftigungserfolge noch immer groß", sagt der IZA-Experte. Tatsächlich aber sei die Angst positiv zu sehen, denn sie verhindere, dass immer mehr Menschen in die Falle der Langzeitarbeitslosigkeit tappten."

Die Gesamterschütterung, die Abschaffung jeder gesellschaftlichen Sicherheit wird offen als Ziel bekannt.Und damit - mitgedacht - die Lähmung der gesamten arbeitenden Klasse. Keine Massenstreiks - wie in Griechenland und Spanien. Weil nirgends mehr Sicherheit.

Soviel zu den realen Auswirkungen der Beglückung. Der Artikel der WELT schafft es aber, den Leuten ihre Beraubung als Glück zu verkaufen. Kaum einer mehr in der "Falle der Langzeitarbeitslosigkeit"!
Auf der Ebene der Ideologie ist es möglich, sich die eigene Verarmung als Gewinn einzureden. Wenn nur der Blick an den armen Hunden in Rest-Europa kleben bleibt, denen es so viel dreckiger geht. Damit Rückgriff auf das in Kriegs-und Nachkriegszeiten erlernte "Andere wären froh drum!!".

Nur dass selbst dieses Eigenlob bei genauer Betrachtung so brüchig wie möglich ausfallen muss. Will nämlich die Herrschaftsgruppe in Deutschland weiterhin an der Spitze Europas reiten, muss das Rezept genau dann immer neu angewendet werden,wenn es in minimaler Form bei den europäischen Nachbarstaaten zur Anwendung kommt. Es werden viele erkennen müssen, dass es nichts ist mit der Wohligkeit dessen, der alles hinter sich hat. Der Mehrarbeitsdruck bei Opel und anderen Autofirmen und die Entlassungsdrohungen dort sagen genug. Es wird noch mehr Verunsicherung geben müssen - für die meisten im Lande, damit CDU und SPD weiterhin die Führung in EU-Europa wenigstens statistisch aufrechterhalten können.

Kein Grund also zum Jubiläumsjubel. Auch keiner dazu, die Waffen endgültig zu senken. Es bleibt dabei und muss im Gedächtnis behalten bleiben: die Menge der arbeitenden und arbeitslosen Leute in Deutschland haben mit Hartz IV eine entscheidende Niederlage beigebracht bekommen - von ihren nominellen Vertretern in einer SPD-Regierung. Freudig bis heute begrüßt von allen weiteren Fraktionen der dirigierenden Equipe.

Bob Marley Interview von Mumia Abu-Jamal, November 1979

"Ich habe ein Juwel für euch in dieser Woche. Im November 1979 tourte Bob Marley und die Wailers in Nordamerika zur Unterstützung des Albums "Survival", einem Album mit einem militanten Thema, das Themen wie schwarzen Nationalismus, Repatriierung, und panafrikanischer Solidarität behandelt. Mehreren Quellen zufolge war als Name für das Album ursprünglich "Black Survival" anstatt "Survival" geplant, um die Dringlichkeit der afrikanischen Einheit zu unterstreichen, aber der Name wurde gekürzt, um Fehlinterpretationen des Themas zu vermeiden. Bob Marley stellte sich das Album als den ersten Teil einer Trilogie vor, folgen sollten "Uprising" im Jahre 1980 und "Confrontation" im Jahr 1983.

Die Tour begann in Boston in der zweiten Hälfte des Oktober 1979 und endete in Libreville, Gabun am 6. Januar 1980. 1979 war das internationale Jahr des Kindes, weshalb die Band Auftritte bei einigen Benefiz-Konzerten für Kinder auftrat, wie am 10. August 1979 in Jamaika vor der Survival-Tour sowie am 15. Dezember 1979 in Nassau, Bahamas. Die Tour hatte ihren Schwerpunkt vor allem in den Vereinigten Staaten, es gab aber auch Auftritte in der Karibik und in Afrika.

In der ersten Hälfte des nordamerikanischen Teils der Tour, besuchte Bob Marley und die Wailers Philadelphia, Pennsylvania, wo sie am 7. November 1979 in "The Spectrum" auftraten. Während seines Aufenthalts in in Philadelphia wurde Bob von einem preisgekrönten lokalen Journalist namens Mumia Abu-Jamal im Warwick Hotel interviewt. Das Interview wird hier in seiner Gesamtheit präsentiert.



Abu-Jamal wurde später des Mordes an Philadelphia 1981 Polizisten Daniel Faulkner für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Er wurde als "vielleicht der weltweit bekannteste zum Tode verurteilte Häftling" bekannt, seine Strafe ist eine der am meisten und kontroversesten diskutierten. Am 7. Dezember 2011 kündigte der Bezirksstaatsanwalt von Philadelphia, Seth R. Williams an, dass nicht mehr versucht werde, die Todesstrafe für Abu-Jamal durchzusetzen. Williams sagte, dass Abu-Jamal den Rest seines Lebens im Gefängnis, ohne die Möglichkeit der Bewährung verbringen wird.

Eine schriftliche Niederschrift des Interviews kann hier eingesehen werden.

Dank an Roger Steffens für die Überprüfung aller historischen und sachlichen Daten."

Eigene Übersetzung / Quelle: Bob Marley Interview with Mumia Abu-Jamal, November 1979

NPD-Verbot: Staatsgelenkte ANTIFA auf der Flucht vor Gericht

Antifaschistische Proteste gegen den Naziaufmarsch in Dresden 2012
Erwartungsfroh erwacht am Tag nach Olympia: Endlich wieder Nachrichten über was anderes als Gold und Sehnenriss! Mit was aber machte ARD auf? Mit dem ältesten Gag: NPD-Verbot.

Drei bisher schon als Vorkämpfer der ANTIFA bekannt gewordene Bundesländer wollen über den Bundesrat, zur Not aber auch im Alleingang erneut in Karlsruhe einen Verbotsantrag gegen die NPD riskieren.

Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Auch ohne Bundesregierung, wenn die weiterhin zögert.

Hört sich zunächst gut an, solange man noch nicht ganz wach ist. Verbote, wenn es sie gäbe, könnten die ewigen verwaltungsrichterlichen Streitigkeiten wegen Aufmarsch-Verboten beenden. Gedanken ändern natürlich nicht. Auch nicht die Zusammenschlussfähigkeit unter Tarn-Namen zu neuen Aktionen. Aber immerhin...

Die Vorprescher denken vor allem an die Wahlen, bei denen sie die tatkräftigen Antifaschisten geben werden - im Vergleich zu all denen, die seit Jahren auf der Straße sich den Nazis entgegenstellen, aber - je nach Darstellungsregie der Akteure - bisher nichts erreicht haben. Dagegen die Staaten nach dem Gerichtsentscheid: ein Meisterschlag - und weggefegt die braunen Krümel.

Nur eins muss vor allem die Regierungs-Chefin Thüringens vergessen haben. Den Grund nämlich, der beim letzten Versuch in Karlsruhe zum Nichtstattfinden des Verbotsprozesses geführt hat. Er wurde auch im Fernsehen nirgends erwähnt. Kleiner Tipp zur Erinnerungsstütze: Es ging damals darum, dass die verschiedenen Geheimdienste sich so tief ins Parteileben der NPD eingefressen hatten, dass sie verschiedenorts Leitungsstellen besetzten und manchmal die besseren Reden schrieben. Selbstlos sollen solche Dienstler Staatsgelder an Parteistellen weitergereicht haben. Mit Recht bemängelte das Gericht, dass es bei diesem Stand der Dinge nicht wissen könne, wen sein Spruch dann träfe: den Staatsdiener oder den Staatsfeind.

Wie - frage ich ratlos - wird aber gerade ein Land wie Thüringen dem Gericht dieses Mal beweisen, dass keinerlei Zusammenarbeit mit den freiarbeitenden Bündnissen in der Leitungsebene mehr stattfinde? Ist denn alles vergessen, was die verschiedenen Dienste der geheimarbeitenden NSU haben zukommen lassen an Ratschlag und Hilfe? Die NPD wird vor Gericht natürlich beteuern, dass sie mit solchen Gruppierungen wie der NSU nie etwas zu tun gehabt habe. NSU - der Partei total fremd! Wenn das Gericht denen die Ausrede abnehmen würde, stünde die Partei - im Kontrast zur kriminellen Vereinigung NSU - alpenschneerein da. Wofür sie dann noch verbieten? Jede Bundesregierung, jede bürgerliche Partei kannte die Bedingungen des Gerichts für einen neuen Antrag. Sie wäre auf Rückzug des Verfassungsschutzes und der verwandten Dienste aus der NPD-Beeinflussung herausgelaufen. Dazu ist aus keinem deutschen Bundesland etwas bekannt geworden. Das Gericht wird das feststellen. Entsprechend die Aussichten der Anträge der staatsorientierten ANTIFA.

Bleibt es also beim billigen BlaBla vor den Wahlen? Das auch. Aber nicht nur. Tatsächlich ist die staatliche Bürokratie, wie tausend Beispiele beweisen, den Massenbewegungen gegen die Faschisten feind. Wie allen Massenbewegungen, die nicht gleich staatlich gesteuert auftreten. Solche bringen immer Unruhe und haben die Neigung, auch Äußerungen von Leuten im Apparat aufzugreifen, die nie nazistisch geortet worden waren. Tatsächlich erinnert die Hetze eines bayerischen Ministers - CSU - gegen Griechenland nicht nur entfernt an "Aufforderung zum Völkerhass". Deshalb: Bewegungen nicht übergreifen lassen. Lieber per Gesetz und Gerichtsbeschluss die Sache fest in der Hand behalten. Man weiß nie, was bei Demos ohne Aufsicht herauskommt.

Kein Jubel also angebracht. Die Forderung nach einem NPD-Verbot behält ihr Recht. Aber nur dann, wenn ihr der massenhafte Kampf auf den Straßen und in den Medien vorausgeht, nicht dem administrativen Akt nachfolgt. Erst muss die breite handlungsbereite Bewegung geschaffen sein, die das Schändliche und Verächtliche einer jeden faschistischen Bewegung herausarbeitet, bevor ein Verbot seine Wirkung entfalten kann.

Frankfurt: Occupy geräumt! Bei erbittertem Schweigen über den wahren Grund...

In Frankfurt ist es also mal wieder so weit! Das Verwaltungsgericht hat gesprochen. Und den Eilantrag der Occupy-Leute abgelehnt. Demnach - der Wortlaut ist noch nicht einmal veröffentlicht - geht alles gegen die Zelte. Die dürfen nicht Ausdrucksmittel einer Demo sein.

Betont höflich gehen die - schon auf Vorrat bereitgestellten - Polizisten vor, wie man den Mitteilungen von fr-online entnehmen kann. Auf Wunsch wird weggetragen! Sonst jede Habseligkeit gewissenhaft dem Eigentümer zugeordnet und öffentlich notiert. Sagt jetzt, kann es demokratischer zugehen? Worüber beklagen die sechzig noch Anwesenden sich dann?

Vor allem darüber, dass der wahre Grund der Räumung gar nicht genannt wird. Es geht nicht um den Euro, wenn wir dem zuständigen Dezernenten Frank - CDU - glauben dürfen. Es geht um den zerstörten Rasen mitten in Frankfurt, der endlich der Gesamtheit der Bürger zurückgegeben werden muss. Und dann vor allem um die Ratten!

Als strenger Traditionalist schließt sich Frank einer Heerschar von Begründern einer Räumung an, die sich alle lieber den Mund verbrannt hätten, als ihre wahren Motive zu nennen. So 1968 in Paris, als das besetzte Theater ODEON geräumt wurde. Keineswegs, weil dem Minister Malraux das offene Diskutieren missfallen hätte. Oh nein! Aber die Ratten, die schwarzen, die grauen, die sich hemmungslos vermehrten - die waren einfach nicht mehr zu dulden.

An anderer Stelle - zum Polizeikessel vom 30.Juli verkündete der dortige Kollege des Dezernenten Frank: "Herr Scheithauer vom Ordnungsamt erklärte vielmehr: "Eine Meinungsäußerung zum Euro ist zulässig - das soll und kann man nicht unterdrücken." (vergl den Beitrag von Th. Trueten zum Polizeikessel)

Und auch er nicht wahrscheinlich nicht, weil er heimlich Nazi wäre. Sondern weil er alle Maßnahmen stützt,mit welchen man den Massen ihren Handlungsraum einschränken kann. Hier also den aktiven Antifaschisten,die die Verbreitung von Nazi-Totengeruch in ihrer Stadt nicht dulden wollen. Und darin trifft er sich mit dem Kollegen aus Frankfurt. Die wirklichen politischen Absichten dürfen nie ausgesprochen werden. Sie laufen immer darauf hinaus, dass eins verschwiegen werden muss: der böse Wille der Obrigkeit. Ihr Wille, breite demokratische Diskussion einzuschränken, den Protestierenden den Mund zuzuhalten, alle Proteste durch Hinweis auf das doch völlig normale und gerichtlich abgesicherte Verfahren zu ersticken.

Die Schlussresolution der verbliebenen Träger des Occupy-Camps angesichts der Machtverhältnisse bleibt zwar verständlich, aber doch allzu bescheiden. Alle Teilnehmer hatten sich zum Verzicht auf Gegenwehr zu verpflichten. Einziger letzter Protestschritt: den Entscheid des Verwaltungsgerichts anfechten bei der nächsthöheren Instanz. Die gewichtigere Drohung gegen die Stadt Frankfurt und die Bankenmacht wurde nicht ausgesprochen. Dass nämlich die bürgerliche Macht mit all ihrem Gewicht es nicht hindern können wird, dass an vielen kleineren Orten sich Anhänger der Occupy-Bewegung zusammenfinden, die es Behörden und Banken weiterhin schwer machen werden, ihr trauriges Geschäft, mit geschlossenem Kniffmund betrieben, immer weiter fortzuführen - bis in alle Ewigkeit.

Erklärung zur "NPD-Deutschlandtour": Polizei und Ordnungsamt machen in Stuttgart Nazis den Weg frei!

Zum Stuttgarter Polizeikessel gegen AntifaschistInnen erklärt das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit:


Am 30.7.2012 versuchte die NPD im Rahmen ihrer sogenannten "Deutschlandtour" eine Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt abzuhalten. Zahlreiche Antifaschisten protestierten dagegen und versuchten mit Sitzblockaden die Durchführung der Kundgebung zu verhindern.

Den Nazis wurde der Weg regelrecht frei geprügelt: Mehrere Hundertschaften, Reiterstaffel und Greiftrupps (BFE-Einheiten) waren im Einsatz.

Die Gegendemonstranten wurden ohne Vorankündigung eingekesselt, stundenlang bei praller Sonne im Polizeikessel ohne Wasser und Nahrung festgehalten und dann zum Teil mit auf dem Rücken gefesselten Händen zur Wasenwache nach Cannstatt gefahren. Der Ermittlungsausschuss der Antifaschisten meldete 75 Festnahmen.

Thomas Trüten, Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit:
"Die Kesselung der Demonstranten und ihre anschließende Festnahme sind rechtswidrig und ein Verstoß gegen das Versammlungsrecht. Gegen diese illegale Praxis der Stuttgarter Polizei sind Feststellungsklagen von S21-Gegnern, die auch von dieser Praxis betroffen sind, beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig. Diese Verfahren werden aber seit über einem Jahr nicht entschieden. Der jüngste Vorfall zeigt aber, wie dringend notwendig das ist."

Empört zeigte sich Thomas Trüten über das Verhalten des Ordnungsamts: "Offenbar gab es bei der Stadt keine Überlegungen, die NPD-Aktion zu verbieten. Herr Scheithauer vom Ordnungsamt erklärte vielmehr: "Eine Meinungsäußerung zum Euro ist zulässig - das soll und kann man nicht unterdrücken."

Wer angesichts der Verstrickung führender NPD-Funktionäre in die NSU-Morde die Demagogie der Neonazis für eine "Meinungsäußerung" hält, verhält sich nach Ansicht des Bündnisses für Versammlungsfreiheit zumindest "geschichtslos".

Für das Bündnis für Versammlungsfreiheit ist Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Deshalb sind wir prinzipiell für ein Verbot faschistischer Propaganda und daher auch gegen die Genehmigung von Naziaufmärschen.


Der Vorfall in Stuttgart ist kein Einzelfall: In Heilbronn wurden am 1. Mai 2011 ebenfalls hunderte Demonstranten, die gegen einen Naziaufmarsch protestieren wollten, stundenlang eingekesselt.

Nachdem in der Vergangenheit mehrfach die Unzulässigkeit dieser Polizeipraxis gerichtlich festgestellt wurde fordern wir die Landesregierung auf, endlich ihr Versprechen eines "bürgerfreundlichen Versammlungsrechtes" einzulösen. Für uns gehört zu einem fortschrittlichen Versammlungsrecht dazu, dass endlich Schluss sein muss mit einer Polizeipraxis, die demokratische und antifaschistische Proteste mit Repressionen überzieht, während Naziaufmärsche gegebenenfalls durchgeprügelt werden.

Das Bündnis für Versammlungsfreiheit erklärt sich solidarisch mit allen, die von dem Polizeikessel betroffen waren und fordert die Einstellung sämtlicher Verfahren gegen die antifaschistischen Gegendemonstranten. Vorsorglich empfiehlt das Bündnis, sich bei Bußgeldbescheiden, Vorladungen oder ähnlichem an die örtlichen Rechtshilfevereinigungen und -gruppen zu wenden.

(...)



Polizeikessel am 30.7. in Stuttgart: Offener Brief von Ulrich Scheuffele an Minister Gall

Wir dokumentieren den offenen Brief von Ulrich Scheuffele an Innenminister Gall zum Stuttgarter Polizeikessel vom 30. Juli 2012:

Sehr geehrter Herr Innenminister Gall,

mein Großvater verlor mit 39Jahren sein Leben. Der Grund, er war ein Gegner des Naziregimes. Meine Mutter und ihre 2Geschwister wuchsen daraufhin als Vollwaisen und Kinder eines Staatsfeindes auf.

Dies hat mit dazu geführt, dass ich schon seit frühester Jugend Pazifist bin und mich politisch in der Partei eingebracht habe, die auch sehr stark unter diesem Verbrecherregime gelitten hat, der SPD, in der ich 40Jahre Mitglied war und Funktionen wie Ortsvereinsvorsitzender, Stadtrat und Wahlkampfleiter inne hatte. Ich baute eine starke Jusogruppe auf und wurde von Willy Brandt für meine Mitgliederarbeit persönlich geehrt. Ich war nie ein Mitläufer in der SPD sondern habe mich zu Wort gemeldet, wenn ich mit Entwicklungen in der SPD nicht einverstanden war. Dies hat dazu geführt, dass ich ohne Parteiordnungsverfahren von Wolfgang Stehmer und Claus Schmiedel aus der Partei entfernt wurde. Beschwerdeschreiben an den damaligen PV Müntefering wurden nicht beantwortet.
Am vergangenen Montag war ein Naziaufmarsch in Stuttgart und viele Bürger, die diese braune Brut nicht wollen, haben sich dem entgegengestellt. Eine Bekannte von mir war auch dabei. Es ist Ihnen bekannt, was passiert ist, Einkesselung der Gegendemonstranten durch die Polizei u.s.w. Meine Bekannte war auch in diesem Kessel und musste in sengender Hitze mit vielen anderen lange Zeit aushalten. Dann wurde sie aus dem Kessel geführt, mit Kabelbinder wie ein Schwerverbrecher gefesselt und nach Cannstatt gebracht, wo sie in eine Zelle gesperrt wurde. So erging es noch vielen Anderen Gegendemonstranten.
Die NPD hat sich daraufhin auf ihrer Website bei der Polizei mit folgenden Worten bedankt:

„Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Stuttgarter Polizei für eine faire Behandlung, das konsequente Säubern der Stadtmitte und die damit verbundene Sicherstellung der Meinungsfreiheit für uns Nationaldemokraten.“


Lieber Herr Gall, ich kann Ihnen nur sagen, dass ich entsetzt bin und dass ich mich als Sozialdemokrat (ohne Parteibuch) schäme, dass in einem von den Sozialdemokraten mitregierten Bundesland, so etwas möglich ist. Ich möchte sie nicht fragen, ob sie als Innenminister auf dem richtigen Posten sind, aber ich möchte sie fragen, ob sie mit ihrer inneren Haltung in der richtigen Partei sind. Auf jeden Fall werden durch solche Aktionen das Ansehen und das Gedenken an die Menschen und es waren nicht wenige Sozialdemokraten beschmutz, die sich mit ihrem Leben gegen eine Menschenverachtende Ideologie eingesetzt haben. Und Sie machen noch für die geistigen Enkel dieser Henkersknechte den Stadtsäuberer.

Dieser Brief ist öffentlich und wird in verschiedenen Foren veröffentlicht.

Ulrich Scheuffele
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