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2. Prozesstag gegen Karlsruher Demoanmelder - Kampagne 19. Mai mobilisiert zum Prozess

Nach der bundesweiten Demonstration am 19. Mai 2007 in Karlsruhe, die anlässlich von Repressionen gegen Kritiker des G8-Gipfels in Heiligendamm stattfand, erhielt der Anmelder einen Strafbefehl über 4800 Euro. Er soll nicht ausreichend für die Durchsetzung der Auflagen gesorgt haben. Zum Verfahren kommende Woche erschien eine Pressemitteilung der Kampagne 19. Mai:

Im Juni 2008 wurde der Anmelder einer bundesweiten Demonstration im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel in Heiligendamm vom Amtsgericht Karlsruhe zu 60 Tagessätzen verurteilt. Der Fall hat bundesweite Aufmerksamkeit erlangt. Mit dem Urteil in erster Instanz untergräbt das Amtsgericht Karlsruhe das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.

Nun folgt die zweite Instanz. Die Kampagne 19. Mai ruft dazu auf, den öffentlichen Prozess im Gerichtssaal zu begleiten.

Nach der Vernehmung etlicher Zeugen und der Begutachtung von Fotos und Filmaufnahmen am 1. Prozesstag wurde die Berufungsverhandlung gegen einen Anmelder einer Demonstration um 17 Uhr am Abend unterbrochen. Die Verhandlung wird erst am Donnerstag, den 5. Juli fortgesetzt. Der geplante Termin am 21. Juni entfällt.

Am 5. Juli sollen noch zwei weitere Zeugen vernommen werden. Anschließend ist mit den Plädoyers und der Urteilsverkündung am frühen Nachmittag zu rechnen.

Zweiter Verhandlungstag am Landgericht
Do, 5. Juli 2012, 9:00 Uhr, Saal 126 (1. OG)
Hans-Thoma-Str. 7
76133 Karlsruhe

Alle Infos und Presse zum Prozess: http://www.kampagne19mai.de

Einen Prozessbericht des 1. Prozesstages gibt es von der Roten Hilfe Karlsruhe.

Kiel: 1.000 wegen Streik gekündigt! Streikende + Streikrecht verteidigen!

Aufruf zur Demonstration

Samstag, 30. Juni 2012, 12 Uhr, Kiel

Gewerkschaftshaus, Legienstraße

Beim Krankenhauskonzern Fresenius Helios kämpfen die Beschäftigten derzeit um den Erhalt von existenzsichernden Tariflöhnen in den Servicebetrieben. Am ersten und zweiten Tag des Arbeitskampfes haben 70 Beschäftigte der Zentralen Servicegesellschaft Damp mbH (ZSG) aufgrund der Streikplanung von ver.di & NGG gestreikt.

Dies nahm der Konzern zum Anlass, allen 1.000 Beschäftigen der ZSG zu kündigen.

Dieses Vorgehen ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ohne Beispiel.
Es erinnert an frühkapitalistische Methoden. Fresenius Helios will den gerechten Streik mit 1.000 fristlosen Kündigungen brechen.

Nicht nur die Streikenden in den Servicebetrieben, sondern auch alle anderen Streikenden in den Krankenhäusern und Rehakliniken bei der Fresenius Helios Tochter Damp Holding AG sollen eingeschüchtert werden, damit sie ihr grundgesetzlich garantiertes Streikrecht nicht wahrnehmen.

 

Wehret den Anfängen!

Das ist ein Angriff auf alle Arbeitnehmer/innen, die von ihrem Streikrecht Gebrauch machen.

Wir demonstrieren für
  • Solidarität mit den betroffenen Kolleginnen und Kollegen
  • Wiedereinstellung der 1.000 Gekündigten
  • Respektierung des Streikrechts durch Fresenius Helios
  • Weg mit dem Renditedruck in privatisierten Krankenhäusern!

Schlusskundgebung

am Anleger Reventlou

Redner/innen

  • Frank Bsirske, Vorsitzender ver.di
  • Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender NGG
  • Ellen Paschke, Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes
  • betroffene Kolleg/innen

Aufrufe von Ver.di & NGG

Gewerkschaftsführer in der Türkei festgenommen

Der 1. Mai 2012 - weit über eine Million GewerkschafterInnen demonstrieren am 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ auf dem Taksim Platz
Lami Özgen, Vorsitzender der Konföderation der Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst (KESK), wurde heute früh mit einer Reihe von anderen Gewerkschaftsführerinnen und Gewerkschafter in Ankara festgenommen. Nach Angaben der Polizeibehörden wurden bei der aktuellen Razzia insgesamt 71 Personen festgenommen.

Zu den Festgenommenen gehören u.a. führende Funktionäre der LehrerInnengewerkschaft Egitim-Sen sowie der Gewerkschaften der Mitarbeiter in den Kommunalverwaltungen (Tüm-Bel-Sen), im Telekommunikations- (Haber-Sen) und im Gesundheitssektor (SES). Die Festnahmen erfolgten im Rahmen der so genannten Operationen gegen die KCK (Konföderation der Völker Kurdistans), die in der Hauptstadt Ankara und in acht weiteren Städten durchgeführt wurden.

Die KCK-Operationen begannen am 19. April 2009 und wurden bis heute in mehreren Schüben fortgesetzt. Die türkischen Sicherheits- und Justizbehörden werfen der KCK vor, ein Ableger der PKK zu sein. Somit wird den rund 6.500 Personen, die bei den bisherigen KCK-Operationen verhaftet wurden, vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung zu unterstützen. Zu den Verhafteten gehören Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiken, Funktionäre der Partei für Frieden und Demokratie (BDP), Journalistinnen und Journalisten, Künstlerinnen und Künstler, Intellektuelle, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler usw.
Die jüngste Operation richtete sich gegen führende Gewerkschaftsfunktionäre.

Die Föderation der demokratischen Arbeitervereine verurteilt diese Angriffe auf Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, ruft zur internationalen Solidarität auf und erklärt hierzu:
“Die Angriffe der AKP Regierung gegen Demokratie, Menschenrechte und jüngst auch gegen die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter müssen verurteilt werden. Die türkische Regierung erhöht die Repressionen gegen oppositionelle Parteien, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sowie Intellektuelle und versucht jegliche Bestrebungen für gleiche soziale und politische Rechte im Keim zu ersticken. Wir rufen alle demokratischen und fortschrittlichen Kräfte sowie Gewerkschaften in Deutschland auf, sich gegen diese Politik der AKP Regierung zu richten. Oppositionelle, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter brauchen jetzt unsere Solidarität.”

Quelle

S21 Baggerprozess: Eine never ending story...

Cécile Lecomte
Quelle: Blog

Im Berufungsprozess gegen zwei Robin Wood KletteraktivistInnen, die sich aus Protest gegen das Milliardengrab Stuttgart 21 an der Besetzung eines Abrissbaggers am 30. August 2010 beteiligten, ist immer noch kein Urteil gefallen – trotz Plädoyers und letztem Wort der Angeklagten, Cécile Lecomte.

Ob das Urteil nun am 21. Juni (14 Uhr), den 7. Verhandlungstag fallen kann, ist nicht gesagt.

Mehr bei eichhörnchen - l'écureuille

Siehe auch: "Wir sind in Bewegung - Gerichtsverhandlung als politische Aktion"

Landgericht Karlsruhe verhandelt über Demonstrationsfreiheit - "Kampagne 19. Mai" ruft zu Kundgebung auf

Am kommenden Dienstag, 19.6.2012 muss sich der Anmelder einer Demonstration am 19. Mai 2007 in zweiter Instanz vor dem Karlsruher Landgericht verantworten. Während der Demonstration gegen Razzien bei Gegnern des G8-Gipfels 2007 sollen einzelne Teilnehmer gegen Auflagen verstoßen haben. In dem Prozess wird die Frage verhandelt, ob der Anmelder wegen diesen Vorwürfen bestraft werden kann. Ihm selbst wird kein Vergehen zur Last gelegt.

In erster Instanz hatte das Amtsgericht Karlsruhe den Angeklagten im Juni 2008 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Begründet wurde das Urteil mit einer vermeintlichen Untätigkeit des Angeklagten. Seine Verteidigung hatte Freispruch beantragt, weil eine "stellvertretende" Verurteilung nicht zulässig ist und legte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein.

Der Anwalt des Angeklagten Martin Heiming sieht in der Verurteilung nach dem fragwürdigen Prinzip "Einer haftet für Andere" eine Einschränkung der Demonstrationsfreiheit. Sollte sich das Urteil bestätigen, wird es in Zukunft unmöglich sein, eine Demonstration anzumelden und durchzuführen, ohne mit einer Strafverfolgung rechnen zu müssen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens für die Versammlungsfreiheit wird das "Komitee für Grundrechte und Demokratie" durch persönliche Anwesenheit von Elke Steven den Prozess begleiten.

Der Prozess vor dem Landgericht ist auf zwei Prozesstage angesetzt. Für den ersten Verhandlungstag am 19. Juni ruft die "Kampagne 19. Mai" ab 8:30 Uhr unter dem Motto "Demonstrationen gehören den Demonstranten" zu einer Kundgebung vor dem Landgericht auf. Der zweite Verhandlungstag findet am 21. Juni um 9 Uhr statt.

Demo-Anmelder-Prozess
Landgericht Karlsruhe
Hans-Thoma-Str. 7, Saal 126, 1. OG
19. Juni 2012, 8:30 Uhr

Weitere Informationen und Hintergründe zum Prozess

Der Kampf ist noch nicht vorbei

In dem bereits 2004 in den USA erschienenen und nun in deutscher Übersetzung zugänglichen Buch verarbeitet Mumia Abu-Jamal seine Erfahrungen in der Black Panther Party for Self Defense, der späteren Black Panther Party (BPP).



Was das bereits vor acht Jahren in den USA erschienene Buch auch für heutige Bewegungen wirklich lesenswert macht, ist die detaillierte Beschreibung der Entwicklung des Widerstands der People of Color gegen die bis heute existente rassistische Repression und Ausbeutung vor dem Hintergrund der Beteiligung der USA am Vietnamkrieg.

Die Abschaffung der Sklaverei nach 1865 führte nicht zu einer wirklichen Befreiung der afroamerikanischen Bevölkerung, sondern zu deren Ghettoisierung und Apartheid. Rassistisch geprägte staatliche Willkür gerade in der Wiege der Nation – in Philadelphia erklärten die USA 1787 zwar ihre Unabhängigkeit, nicht aber die Sklaverei für illegal – führten angesichts der Rechtlosigkeit der afroamerikanischen Bevölkerung im Oktober 1966 zur Gründung der BPP – zunächst als Organisation zur Selbstverteidigung.

Diese fand im Spannungsfeld ideologischer und politischer Auseinandersetzungen zwischen den militant agierenden Kräften um Malcolm X in der Organization of Afro-American Unity (OAAU), den seit den 1930er Jahren auf eine separatistische „Homeland“-Lösung hinarbeitenden, in der Nation of Islam Organisierten und den ausschließlich auf gewaltfreie Aktionen bedachten Kräften wie der Southern Christian Leadership Conference (SCLC) unter dem Vorsitz Martin Luther Kings, statt.

Die BPP organisierte unter der Führung ihrer Gründer Huey P. Newton und Bobby Seale ganz praktische Arbeit, die zu einer rasanten Stärkung führte: Neben der anfänglichen, bewaffnet durchgeführten Dokumentation rassistischer Polizeiübergriffe, der juristischen Unterstützung inhaftierter Mitglieder und des politischen Umfeldes, organisierte die BPP neben der Versorgung von Kindern armer Familien mit Essen auch eine Gesundheitsversorgung.

Obwohl die BPP-Führung – wie viele andere in der Organisation – sich ideologisch auf Ideen und Aspekte der Werke von Marx, Lenin und Mao stützten, war die politische Ausrichtung der BPP keine ausgesprochen marxistisch-leninistische. Das hinderte das FBI, das damals unter der jahrzehntelangen Regie von J. Edgar Hoover stand, nicht daran, vor allem das legendäre 10-Punkte-Programm der Panthers zum Anlass für deren Beobachtung zu nehmen.

In diesem Programm entwickelte die BPP Forderungen, die von der politischen, kulturellen und materiellen Selbstbestimmung über Forderung nach Arbeit, Wohnungen, einem Erziehungssystem, dass „den wahren Charakter dieser dekadenten amerikanischen Gesellschaft entlarvt“ (S. 135), bis hin zur Forderung, dass „alle schwarze Menschen sich zur Selbstverteidigung bewaffnen sollten“ (ebd.) reichten. Konzentriert wurde dies in der Forderung nach

„Land, Brot, Wohnungen, Bildung, Kleidung, Gerechtigkeit und Frieden. Und als politisches Hauptziel wollen wir eine von den Vereinten Nationen überwachte Volksabstimmung in allen Teilen der Kolonie, an der nur schwarze Untertanen der Kolonie teilnehmen dürfen, mit dem Ziel, den Willen der schwarzen Menschen im Hinblick auf ihr nationales Schicksal festzustellen.“

(S. 136)

Die BPP konnte mit ihrer Arbeit auch international Radikale und Revolutionäre inspirieren. Nach ihrem Vorbild gründeten sich zum Beispiel in England, auf den Bermudas und in Indien Organisationen nach ähnlichem Schema bis hin zur 1971 von Jüdinnen und Juden marokkanischer Herkunft gegründeten Black Panther Party Israels.

Auf der Grundlage des durch das FBI entwickelten Counter Intelligence Program (COINTELPRO), das auf die Störung von politischen Organisationen innerhalb der USA abzielte, wurden Spitzel, Attentäter und Provokateure gezielt in die BPP eingeschleust. Mittels gefälschten Briefen (Brownmail) wurden systematisch politische Widersprüche zwischen einzelnen Fraktionen der BPP ausgenutzt, um diese von innen heraus zu zerstören.

Zu diesen Widersprüchen gehörten die innerparteiliche Auseinandersetzung um die Rolle der Frau, Sexismus, der Konsum von Drogen ebenso wie die Frage des schwarzen Nationalismus und der Kampf um eine einheitliche politische Linie.
Zwischen 1967 und 1970 wurden rund 40 Mitglieder ermordet und über 85 schwer verletzt. Gleichzeitig wurde der Drogenhandel und -konsum in den Ghettos mit dem Ziel der Desorientierung und -organisierung vor allem jugendlicher Afroamerikaner_innen gefördert.

Die im Kapitel Neun behandelte Spaltung der BPP 1971 durch die Brownmail und die brutale Polizeirepression funktionierte laut Mumia Abu-Jamal „erstaunlich gut“. (S. 255) Im Ergebnis formierten sich diverse Parteien, die den Anspruch, den Geist der BPP weiterleben zu lassen, in ihrer Arbeit mehr oder weniger gelungen fortführen. Die BPP als Symbol des Widerstandes lebt in den USA auch kulturell in Form vielerlei Zitate im Hip Hop, Filmen, Büchern et cetera weiter.

Was bleibt im „Zeitalter der Vorherrschaft des Marktes und der Kommerzialisierung der Kultur?“ Abu-Jamal hebt „die Bedeutung des Dienstes für die Öffentlichkeit als wichtigstes Ziel einer Organisation“, der vor allem „uneigennützig, unbezahlt und als kollektive Pflicht“ organisiert wurde, hervor. Damit gelang es der Partei „Schwarze zu gewinnen und zu erlösen, die in unsoziale, kriminelle Aktivitäten verwickelt wurden.“ (S. 291)

Die zutiefst anti-imperialistische und antikoloniale Arbeit der BPP nennt Abu-Jamal ein „Abbild der Ambivalenz in den Herzen der Schwarzen, die aus der afroamerikanischen Erfahrung besteht.“ (S. 303)

Mumia Abu-Jamal, der von seinem vierzehnten bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr in der BPP aktiv war, schließt in seinem Nachwort zu dem in der Todeszelle geschriebenen Buch:

Dieses

„tiefe Gefühl, diese ganz spezielle Empfindung in den Herzen von Millionen Schwarzen [ist] nach wie vor lebendig. Die Black Panther Party mag zwar Geschichte sein, aber die Kräfte, durch die sie entstanden ist, sind es nicht. Sie warten auf den richtigen Augenblick, um wieder aufzustehen“. (S. 304)

Das Buch sei nicht nur denen ans Herz gelegt, die einen Blick aus erster Hand in eine der bedeutendsten Massenbewegungen zur Befreiung von People of Color werfen wollen. Dieser fällt insbesondere weißen Westeuropäer_innen nicht immer leicht. Aus dem Scheitern der BPP können und müssen auch Lehren gezogen werden, wie revolutionäre Bewegungen nicht an staatlicher Repression und vor allem an inneren Widersprüchen scheitern.

"We Want Freedom: Ein Leben in der Black Panther Party".

Unrast Verlag, Münster.
ISBN: 978-3-89771-044-3. 328 Seiten. 18.00 Euro.



Zuerst veröffentlicht bei kritisch-lesen.de

Prozess gegen Sonja Suder und Christian Gauger: Kontinuitäten von Politik und Verfolgung

Sonja Suder und Christian Gauger sind im September 2011 nach 33 Jahren im Exil von Frankreich an die deutsche Justiz ausgeliefert worden. In diesem Jahr wird ihnen der Prozess vor dem Landgericht Frankfurt gemacht wegen Aktionen der Revolutionären Zellen (RZ) von 1977 gegen Atomkonzerne, Apartheid in Südafrika und Stadtsanierungs- und Vertreibungspolitik, heute Gentrifizierung genannt. Ein weiterer Vorwurf behauptet aufgrund einer Kronzeugenaussage, Sonja hätte den Überfall auf die Opec-Konferenz 1975 logistisch unterstützt.

Sonja Suder ist 80 Jahre alt und sitzt in Frankfurt Preungesheim im Knast, Christian ist 70 und unter Auflagen frei. Beide lehnen jegliche Zusammenarbeit mit dem Staatsschutz ab.

VertreterInnen der Soligruppe "Verdammt Lang Quer", die sich nach der Auslieferung in Frankfurt gegründet hat, werden über die geschichtlichen Hintergründe staatlicher Repression gegen die RZ, über den aktuellen Stand des Prozesses, die Prozessvorbereitung, die Bedeutung des Prozesses für die radikale Linke in der BRD und Solidaritätsaktivitäten für Sonja und Christian berichten.

Freitag, 29. Juni 2012 | 19.30 Uhr
Stuttgart, Linkes Zentrum Lilo Herrmann
Böblinger Str. 105 (U1/U14 Haltestelle Erwin-Schöttle Platz)

kritisch-lesen.de Nr. 18: Körperregeln

Beim Kampf gegen bestehende Herrschaftsverhältnisse geraten mehr und mehr Körper ins Blickfeld. Körper nehmen dabei zwei Funktionen ein: Zum einen werden anhand der Zuschreibung körperlicher Merkmale und Eigenschaften verschiedene Formen von Unterdrückungsverhältnissen legitimiert und begründet, zum anderen schreiben sie sich in Körper ein. Denn Körpernormen und Körperbilder wirken sich auf die Selbstwahrnehmung, aber auch auf den Blick dessen, was als „schön“ oder „attraktiv“ empfunden wird, aus. Das scheinbar individuelle Handeln, das sich in alltäglichen körperlichen Selbstinszenierungen oder Zurschaustellungen manifestiert, ist im Umkehrschluss durchzogen von gesellschaftlichen Normvorstellungen. Körperdiskurse legitimieren Körper anhand bestimmter Maßstäbe als „gesund“, während andere, die diesen Normen nicht entsprechen, als abweichend konstruiert werden. Diese Normen zu hinterfragen und Linien zwischen „krank“/„gesund“, „schön“/„hässlich“, „fit“/„faul“, „stark“/„schwach“ aufzubrechen sind wichtige Aufgaben linker Politiken.

In dieser Ausgabe wird sich dem umfangreichen Thema aus unterschiedlichen Perspektiven genähert. Zunächst empfielhlt Ulrike Roth das Buch Projekt Körper und hält fest, dass es auch als gelungene Analyse einer neoliberalen Gesellschaft am Beispiel Körper gelesen werden kann. Anschließend zeigt Heinz-Jürgen Voß in der Rezension des Buchs Ein Junge namens Sue „Lebensgeschichten von Trans*-Menschen” auf. Die Studie Schönheit als Praxis zeigt anschaulich, dass im Schönheitsdiskurs gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse verhandelt werden, eignet sich aber laut Rezensent Ulrich Peters eher nicht zum Einstieg in die Thematik. Hingegen hält Peps Perdu Fleischmarkt für eine gute Einstiegslektüre. Sie sieht in dem Buch eine Kampfansage gegen die Rolle, die weiblichen Körpern im Kapitalismus zugeschrieben wird. Zwar vermisst sie einen intersektionalen Zugang, sieht aber dennoch neue feministische Perspektiven unterstützt. Thomas Möller bespricht den Sammelband Körper haben, dem das Ziel einer interdisziplinäre Herangehensweise an das Thema zu Grunde liegt. Diese wird laut Möller durch einen zu allgemeinen theoretischen Rahmen jedoch nur unzureichend eingelöst. Den Abschluss des Schwerpunkts liefert Heinz-Jürgen Voßs Rezension des Ausstellungsbegleitbandes 1-0-1 (one ´o one) intersex , der als eine der besten deutschsprachigen Publikationen gewürdigt wird, die für die Rechte der Intersexen eintreten.

Unter den aktuellen Rezensionen lobt zunächst Patrick Schreiner die Widerlegung vieler unhinterfragter neoliberaler Mythen, die der Ökonom Ha-Joon Chang in seinem fundierten populärwissenschaftlichen Buch 23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen vornimmt. Zu einem vernichtenden Urteil kommt dagegen Philippe Kellermann in seiner Rezension von Transparenzgesellschaft: Der Autor und Philosoph Byung-Chul Han verbaue sich mit seiner Kritik an dem Konzept eine nuancierte Betrachtung der Fallstricke der Transparenzforderung und verunmögliche damit auch eine emanzipatorische Antwort. Das Buch Wir kommen von Inan Türkmen wurde vor allem in Österreich breit diskutiert. Sebastian Kalicha bemängelt in seiner Rezension trotz des möglichen subversiven Potenzials des Essays das Fehlen eines über Provokationen mit neuen Klischees hinausgehenden Inhalts. Für die Mehrheit der Gesellschaft provokante Thesen enthält auch Markus Bernhardts Darstellung der „Hintergründe, Verharmloser und Förderer“ des NSU-Terrors, die Michael Lausberg in seiner Besprechung Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) und die Inlandsgeheimdienste als gelungene Einstiegslektüre in das Thema empfiehlt. Thomas Trueten bespricht schließlich in Der Kampf ist noch nicht vorbei Mumia Abu Jamals bereits 2004 in den USA veröffentlichtes Buch über sein Leben in der Black Panther Party, das nun auch in deutscher Übersetzung erschienen ist.


Weiterlesen in der am 5.6. erschienenen Ausgabe von kritisch-lesen.

Jeder Staat ist Herrschaft oder Diktatur

Friedrich Engels in jungen Jahren
„In Wirklichkeit aber ist der Staat nichts als eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andere, und zwar in der demokratischen Republik nicht minder als in der Monarchie; und im besten Fall ein Übel, das dem im Kampf um die Klassen-herrschaft siegreichen Proletariat vererbt wird und dessen schlimmsten Seiten es ebenso wenig wie die Kommune umhin können wird, sofort möglichst zu beschneiden, bis ein in neuen, freien Gesellschaftszuständen herangewachsenes Geschlecht imstande sein wird, den ganzen Staatsplunder von sich abzutun.“

Friedrich Engels, Einleitung von 1891 zu „K. Marx: Bürgerkrieg in Frankreich“, MEW 17, 625.

Autonome Nationalisten, Übernahme linker Styles und andere Entwicklungen der süddeutschen Neonaziszene

Veranstaltung von KOMMA und der VVN-BdA Kreis Esslingen mit Robert Andreasch

Dienstag 26. Juni 2012, 19:00 im KOMMA, Maille 5-9, Esslingen

Robert Andreasch referiert über Neo-und Altnazi-Strukturen in Süddeutschland. Er berichtet aus seiner Arbeit als Enthüllungs-Journalist und davon, was er bei Veranstaltungen und Aufmärschen der rechten Szene erfährt. Die vielen Organisationen und Gruppen der extremen Rechten werden von ihm dargestellt und dabei ein Schwerpunkt auf die süddeutschen Kameradschaften und die Arbeit des NPD Landesverbandes BaWü gelegt. Wie versuchen die, noch mehr SympathisantInnen zu gewinnen? Welche Themen werden von ihnen und anderen Neonazis aufgegriffen?

Wie wichtig dieser Einblick ist, zeigen die Geschehnisse auch hier in der Region:

&bull: Im April 2010 überfielen Neonazis brutal Migranten auf ihrem Gartengrundstück in Winterbach und zündeten die Hütte an, in die sich die Verfolgten in Panik flüchteten.
&bull: Immer wieder, zuletzt am Osterwochenende diesen Jahres, versuchen Neonazis ihr menschenverachtendes Gedankengut im Kreis Esslingen auf die Straße zu tragen.

Robert Andreasch zeigt Bilder der neonazistischen Szene jenseits der bekannten Klischees von dumpfen Skinheads. Er erklärt vielmehr die vielfältigen Stile und Erscheinungsformen, in denen die süddeutsche extreme Rechte mittlerweile auftritt. Rassismus, antisemitische Hetze, Homophobie und andere Ressentiments der Neonazis enden dabei letztendlich immer in Gewalt. Wie sozialwissenschaftliche Studien zeigen, sind diese Ideologien jedoch kein „Randphänomen“ sondern zunehmend in der ganzen Gesellschaft zu finden.

Geheimdienste und andere staatliche Behörden spielten und spielen bei den Verbrechen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) eine unrühmliche Rolle. Das jahrzehntelange Ignorieren des bundesdeutschen Rechtsterrorismus, das nun von Untersuchungsausschüssen als Aufdecken von Versäumnissen behandelt wird, lässt Vertrauen in staatliche Institutionen in sehr kritischem Licht sehen. Schon die „Zwickauer Terrorzelle“ wurde trotz nachgewiesener umfangreicher Beobachtung in ihren Anfangsjahren und des Einsatzes von V-Leuten nicht gestoppt.

Ursachen dieser Entwicklungen und notwendige Gegenmaßnahmen können an diesem Abend anschließend mit dem Referenten diskutiert werden.

Robert Andreasch ist Soziologe, Buchautor und Journalist. Sein Arbeitsgebiet ist seit vielen Jahren die Neonaziszene Süddeutschlands. Zahlreiche Medien im In- und Ausland veröffentlichen seine Recherchen und Beiträge, auch die Bundeszentrale für politische Bildung, der baden-württembergische Landtag und das bayerische "Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus".

Mehr Information:


Quelle
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