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Frankfurt: Stadt beantwortet Gesprächsangebot von Blockupy mit Demo-Verbot

Die Stadt Frankfurt hat die erneute Bitte des Blockupy-Bündnisses um einen Gesprächstermin mit einem Verbot der für den 19. Mai angemeldeten europäischen Demonstration beantwortet. Eine entsprechende E-Mail hat der Anmelder der Demo, Werner Rätz von Blockupy, heute Nachmittag erhalten. Darin heißt es, die Verbotsverfügung sei unterwegs.

"Hier wird das Demonstrationsrecht in einer Weise mit den Füßen getreten, die fast sprachlos macht. Eine solche Missachtung eines der wichtigsten Grundrechte unserer Verfassung habe ich bisher noch nicht erlebt", sagte Werner Rätz. "In Frankfurt droht die Demokratie ernsthaft Schaden zu nehmen – unabhängig davon, dass das Verbot juristisch und faktisch keinen Bestand haben wird." Sobald die Verbotsverfügung vorliegt, wird das Bündnis beim zuständigen Verwaltungsgericht Widerspruch einlegen.

Am Montag waren bereits zwölf Verbotsverfügungen bei Blockupy eingegangen, die sich auf Kundgebungen, Mahnwachen und Plätze für Camps bezogen. Gegen diese zwölf Verfügungen hat das Bündnis ebenfalls bereits Klage eingereicht. Laut Gericht können die Entscheidungen bis Anfang der Woche dauern.

"Offenbar gehört es zur Strategie des Ordnungsdezernenten, Gesprächsangebote von uns mit Verboten zu beantworten", stellte Blockupy-Sprecher Christoph Kleine fest. Markus Frank (CDU) hatte in den Medien verlautbaren lassen, er sei nur zu Gesprächen bereit, sollte das Blockupy-Bündnis auf Blockaden verzichten. Christoph Kleine: "Das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit ist keine Verhandlungsmasse! Während der Blockupy-Tage wird es auch Aktionen des Zivilen Ungehorsams geben, für die selbstverständlich niemand eine Genehmigung der Stadt erwartet. Verboten wurden hier aber Kundgebungen, eine Demo, Konzerte, etwa mit Konstantin Wecker, Mahnwachen und Flächen für das Camp!"

Das Bündnis betonte erneut, dass von seinen Aktionen keine Eskalation ausgehen wird. Es gehe darum, mit bunten, vielfältigen Aktionsformen drei Tage lang in der Innenstadt der Finanzmetropole Frankfurt den Protest gegen die Verarmungspolitik der Troika sichtbar zu machen. Blockupy-Sprecher Martin Behrsing sagte: "Es soll niemand gefährdet oder verletzt werden, keine Unbeteiligten, keine Bankangestellten, keine Protestteilnehmerinnen und Protestteilnehmer und auch keine Polizistinnen und Polizisten. So bereiten wir die Aktionen vor, und das wird über alle Kanäle kommuniziert. Und das wird auch so in den Aktionstrainings geübt."

Zudem wies Blockupy die Gleichsetzung von Massenblockaden mit Gewalt zurück. Auch rechtlich sind Massenblockaden keine Nötigung, sondern Ordnungswidrigkeiten, wie das Bundesverfassungsgericht bereits 1995 in seinem so genannten Mutlangen-Urteil feststellte.

Quelle: Pressemitteilung 8.5.

Protesterklärung gegen das Verbot

Hörtipp: Berri Txarrak - Haria

Am 18. Mai erscheint das neue Album "Haria" ("Der Faden") der baskischen Gruppe Berri Txarrak (etwa: "Schlechte Nachrichten"). Wir hatten die Möglichkeit, in ein Vorabrelase hineinzuhören und sind mal wieder begeistert. Trotz oder gerade wegen dem Wechsel von Bandmitgliedern in den siebzehn Jahren des Bestehens der Gruppe gelingt es dem Trio mit den zwölf Titeln auf "Haria" mal wieder ein sehr hörenswertes Album vorzulegen. Das durchweg mit baskischen Texten bestückte Album nimmt seinem Titel entsprechend den Faden der bisherigen Alben auf, ohne jedoch an der Vergangenheit kleben zu bleiben.

Es wäre sehr wünschenswert, dass es der Gruppe mit diesem Album gelingt, breitere Kreise auch außerhalb Spaniens zu erreichen, was für baskische Formationen nicht immer einfach ist - gehört doch die Unterdrückung baskischer Kultur, zumal noch einer politischen - immer zum guten Ton in der Branche. Nicht nur in Spanien. Trotzdem und das ist für die Band bezeichnend - gelang es Berri Txarrak seit ihrer Gründung ihre Bekanntheit im spanischen Baskenland und auf dem Rest der Iberischen Halbinsel auszubauen und sich auch außerhalb Spaniens mit unzäligen Auftritten auf linken und anderen fortschrittlichen Festivals einen guten Namen zu machen.

Wie die meisten baskischen Bands arbeitet "Berri Txarrak" als Kollektiv und mit vor allem politischen aber durchaus gefühlvollen Texten. Kein Wunder, dass angesichts der rauen Lebensrealitäten im Baskenland auch die Musik entsprechend Hardcore mässig "klare Kante" zeigt.

Als NoiseCoreMetalPunks begannen "Berri Txarrak"  1994 im baskischen Lekunberri (Navarre). Die Band veröffentlichte bisher 6 Studioalben und eine Dokumentation. Das line-up formierte sich in den Anfangstagen aus Gorka Urbizu (Gesang, Gitarre), Aitor Goikoetxea (Drums), Mikel Lopez "Rubio" (Bass) und Aitor Oreja (Gitarre). Das Quartett veröffentlichte zusammen die ersten vier Alben: Berri Txarrak (1997), Ikasten (1999), Eskuak / Ukabilak (2001) und Libre (2003). Mit letzterem, auf welchem auch Rise Against Sänger Tim McIllrath mitwirkte, gelang der baskischen Rockformation auch außerhalb von Spanien der Durchbruch. Die Kooperation mit anderen Gruppen ist charakteristisch für viele baskische Bands, so auch für Berri Txarrak, die neben Rise Against bei "Letrarekin" zum Beispiel auch mit den ebenfalls sehr empfehlenswerten spanisch / baskischen Bands Boikot, Dikers und Sociedad Alcoholica in einem gemeinsamen Clip - "Stop censura" mitwirkten.

Als Anspieltipp für das neue Album empfiehlt sich zum Beispiel "Albo-Kalteak":



Die Tracklist:

01. Sugea Suge
02. Albo-Kalteak
03. Haria
04. Guda
05. Lepokoak
06. Iraila
07. Harra
08. Makuluak
09. Faq
10. Non Bestela
11. Soilik Agur
12. Lehortzen

Mehr Informationen:

Hunderttausende TeilnehmerInnen beim - 1. Mai in Istanbul - “YaÅŸasın 1 Mayıs!“

Die wohl größten Maikundgebungen Europas finden in Instanbul statt. Kamen im letzten Jahr nach unterschiedlichen Angaben bis zu einer Million Menschen auf dem Taksim Platz zusammen, wurde diese Zahl in diesem Jahr wohl deutlich übertroffen. Während die ersten TeilnehmerInnen den Platz bereits wieder verließen, hatten noch längst nicht alle Gruppen diesen erreicht. Eine größere Gruppe kurdischer Organisationen konnte wegen Verkehrsproblemen nicht teilnehmen.

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ Taksim Platz mit Haupttransparent

Am 1. Mai 1977 versammelten sich auf dem Taksim Platz in Istanbul Hunderttausende Menschen. Angehörige faschistischer Konterguerilla feuerten aus einem Hotelfenster Schüsse in die Menge ab. In der dadurch entstandenen Panik wurden Menschen niedergetrampelt, die Polizei fuhr mit Panzern in die Menge. 37 Menschen starben, zahllose wurden teilweise schwerst verletzt. Am Denkmal für die Opfer des 1. Mai 1977 gab es eine Ansprache des Vorsitzenden der Konföderation der Revolutionären Arbeitergewerkschaften (DISK) im Beisein einiger Überlebender von damals, die zum Teil bis heute von ihren Verletzungen gezeichnet sind.

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ Überlebende von 1977

Erst seit dem Jahr 2009 finden auf dem Taksim Platz wieder zugelassene Maikundgebungen fortschrittlicher Gewerkschschaften und zahlloser linken Gruppen statt; ebenso bildeten Künstlergruppen, Fußballvereine und andere fortschrittliche Engagierte im kulturellen Bereich Blöcke mit Fahnen, gemeinsamer Kleidung, Gesang, Sprüchen und mehr. Der Taksim Platz war auch in diesem Jahr wieder das Ziel der von mindestens drei Startpunkten aus beginnenden, endlos erscheinenden Demonstrationszüge. Unter den TeilnehmerInnen gab es zudem eine Anzahl von KollegInnen aus Deutschland, die beispielsweise mit Delegationen aus Köln vertreten waren.

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ Solidarischer Besuch: IG Metaller aus Deutschland

Wie auch in den vergangenen Jahren war sowohl der Platz selber als auch die Zufahrtsstraßen mit Gittern abgeriegelt. Wer auf den Platz wollte musste sich einzeln von Polizisten kontrollieren lassen - Taschendurchsuchung und Körperabtastung inklusive.

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ Personenkontrollen

Die einzelnen Gruppen marschierten bei sommerlichen Temperaturen ab 9 Uhr fein säuberlich voneinander getrennt in Richtung auf den Platz.

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ Bosch Gewerkschafter

Während das offizielle Programm auf einer großen Bühne direkt neben dem Denkmal aufgebaut war, hielten sich auf dem Platz selber die offiziell bestätigten 20.000 Polizisten im Hintergrund. Dennoch - Räumpanzer und Wasserwerfer in den Seitenstraßen der unmittelbaren Umgebung machten deutlich, dass der 1. Mai, der in der Türkei erst nach dem Militärputsch von 1980 von diesem abgeschafft und erst im April 2009 als offizieller Feiertag aufgrund des politischen Drucks der Menschen wieder eingeführt wurde, dort tatsächlich noch "Kampftag" ist.

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ Kombinierter Räumpanzer und Wasserwerfer

Dem entsprechend waren die Forderungen, die von den Gruppen gestellt wurden, breit gefächert. Von der Forderung nach höheren Löhnen über Arbeitssicherheit, Kündigungsschutzgesetzen, Arbeitslosenversicherungen, gegen Faschismus, für eine befreite Gesellschaft, für mehr politische Rechte usw. gab es kaum ein politisches Feld, das nicht besetzt wurde.

Die Triebfeder dieser Aktivitäten ist eindeutig in den extremen sozialen Gegensätzen in der Türkei zu suchen. Der ausufernde Bauboom in Istanbul bringt den enormen Reichtum einiger weniger im Gegensatz zum deutlich sichtbaren sozialen Elend großer Teile der Bevölkerung zum Ausdruck. Dass am ersten Mai so viele verschiedene Kräfte zusammen kommen ist für sich genommen vielleicht nur ein kleiner Schritt in einem notwendigen Prozess der politischen und sozialen Organisierung und Orientierung. Zugleich machte die beeindruckende Demonstration und Kundgebung auch deutlich, dass bei allen Unterschieden der Wunsch in die Richtung einer fortschrittlichen Veränderung bei vielen Menschen in der Türkei immer größer wird.

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ TKP Haupttransparent ...

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ Autoritär geprägte Organisationen...

Fotoserie zum 1. Mai 2012 in Istanbul - “Yasasin 1 Mayis!“ ... antiautoritäre Gruppen - hier das "Team der Menschen..."

Entsprechend versuchte Premierminister Recep Tayyip Erdogan sich zum Anwalt der ArbeiterInnen zu machen. Er erklärte: “Wir blicken seit den Anfängen unserer Regierung auf die Probleme der Arbeiter als wären es unsere eigenen Sorgen. Ich hoffe, dass Maifeiertag in einer freundlichen Atmosphäre und in Solidarität gefeiert wird.”

Zeitgleich machten in Ankara, Bursa und vielen anderen türkischen Städten die ArbeiterInnen mit ihrer Teilnahme an den Maidemonstrationen deutlich, dass sie ihre Angelegenheiten lieber selber in die Hand nehmen.

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