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Stuttgart: Revolutionäre 1. Mai Demonstration & Polit- und Kulturfest

Wie jedes Jahr so in diesem: Wir fordern unsere LeserInnen auf: Beteiligt Euch an den Veranstaltungen zum 1. Mai!

In verschiedenen Städten gibt es zusätzlich zu den gewerkschaftlichen Aktionen weitergehende Möglichkeiten, diesen Tag kämpferisch zu begehen. Zum Beispiel in Stuttgart:

Auch in diesem Jahr werden wir am 1. Mai gemeinsam in Stuttgart auf die Straße gehen. Dabei werden wir lautstark und kraftvoll für eine Perspektive jenseits des Kapitalismus eintreten, für eine befreite Gesellschaft ohne Ausbeutung und die Angriffe des Kapitals, ohne imperialistische Kriege, ohne patriarchale Unterdrückung und ohne Rassismus und Faschismus. Rund um den 1. Mai finden mehrere Veranstaltungen statt:

Der Tag beginnt mit der traditionellen Gewerkschaftsdemonstration. Dort gilt es für eine klassenkämpferische Gewerkschaftsarbeit und ein Ende des Schmusekurses mit Staat und Kapital einzutreten.

10 Uhr: DGB-Demo | Marienplatz

Nach dem Ende der DGB-Demo geht es gemeinsam zum Auftakt der Revolutionären 1. Mai Demonstration auf dem Schlossplatz. Die kämpferische Demonstration wird durch die Innenstadt nach Stuttgart-Heslach führen.

11:30 Uhr: Revolutionäre 1. Mai Demonstration | Schlossplatz

Im Linken Zentrum Lilo Herrmann findet im Anschluss an die Revolutionäre 1. Mai Demonstration ein Polit- und Kulturfest statt, u.a. mit Auftritten von Microphone Mafia und Dirt Effect.

14 Uhr: Internationalistisches Fest | Linkes Zentrum | Böblingerstr. 105 | Stuttgart Heslach

Ankündigungstext | Bundesweiter Aufruf | Lokales Bündnis | Bundesweites Mobilisierungsvideo

Breivik: Vom klassischen Faschismus zur grundsteinlegenden Geste des Nichts.

Vor dem Prozess gegen Breivik verbreiteten viele Angst vor allem, was der Massenmörder während der Verhandlung vorbringen könnte. Beschwichtigend wurde vorgebracht, am Ende würde das Urteil das lauteste und endgültige Wort sprechen. Oder: Breiviks 1600 gesammelte Seiten gingen sowieso am Verständnis der meisten vorbei. Das Wichtigste wurde bei dieser Vordiskussion übersehen: die Öffentlichkeit der Justiz ist unerlässlich, wenn sich die schweigende Hinrichtung durch Drohnen - nicht nur nach Obamas Geschmack - nicht als brillante Einheitslösung durchsetzen soll. Auch die alleröffentlichste Gerichtsbarkeit bleibt Klassenjustiz! Aber sie wird zu nützlicher Kontrollierbarkeit genötigt durch eine eingespielte öffentliche Meinung, die sich selbst zur Aufsicht nötigt. Ein Dimitroff hätte Göring im Reichstagsbrandprozess nicht offen zur Rede stellen können,wenn nicht zu Beginn der Nazi-Zeit die überlieferten Regeln des bürgerlichen Prozessrechts noch stückweise in Kraft geblieben wären.

Zum Eindruck, den die bisherigen Verhöre gemacht haben, vergleiche: "Typisch Norwegen?" (Der Freitag)

Darüber hinaus brachte die öffentliche Anhörung des Rechten neuer Prägung aber auch unverzichtbare Erkenntnisse über Stand und Richtung der Bewegung.

Das Wichtigste: Breivik sammelt europaweit Stimmen, die er für verwandt hält. In den 1600 Seiten seines Sammelwerks findet er überall geheime oder offenere Zustimmung. Insofern ist ihm etwas gelungen, woran die deutschen Nazis in Sieg und Niederlage scheiterten: ein rechter Internationalismus. Wenn auch nur virtuell.

Erkauft freilich durch Fixierung auf einen einzigen Feind. Unter Weglassung aller Details: Der Islam zerstört unser Europa. Damit wird zugleich eine zweite Saite angeschlagen, die den Nazis von Hause aus fremd war. Zwar wurde von der "Festung Europa" in Zeiten der Not geklampft und gesungen, aber gehalten hat das Notgebilde nirgends.

Alle Faschismen sahen sich am Ende an den zugrundeliegenden Nationalismus gekettet - und demnach trotz aller Bemühungen isoliert.

Breivik hat sowohl in seiner Zitier - wie in seiner Versandtaktik es geschafft, Leute der "Wahren Finnen" anzusprechen - wie auch Anhängerinnen und Anhänger von Frau Le Pen. Und viele mehr.

Seine Art des Rechts-Seins ist anschlussfähig. Kennzeichnend schon, dass er wohl keinen Augenblick praktizierende Muslime vor seine Flinte zu bringen suchte, sondern die Verführer, die denen angeblich keinen Widerstand geleistet hätten. Das waren die, die man unter Alt-Nazis als "liberal!", "Weichei" oder sonstwie als Verräter gekennzeichnet hätte.

Damit waren frühere oder heutige Kommunistenjäger auf jeden Fall mitanzusprechen.

Bernard Schmid hat in einer kleinen Schrift schon aus dem letzten Jahr zusammengestellt, wie die angesprochenen Geistesverwandten in ganz Europa reagiert haben.

Als gemeinsames Merkmal aller genannten Gruppen arbeitet er heraus, dass sie den ererbten Antisemitismus der Faschisten aufgegeben haben. Sie verehren in der Regel den Staat Israel. Wegen seines unbeirrbaren Siegeswillens und seiner Siege. Wie Breivik selbst ohne einen Augenblick des Mitgefühls mit getöteten Juden. Sowenig wie mit totgeschossenen Palästinensern. Es geht um den Triumph der Selbstbehauptung.

Und damit kommen wir zum Entscheidenden der neuen Rechten. So abstrus die Lehren der alten Nazis waren, man bekommt doch oft den Eindruck, dass sie wirklich an eine Grundsubstanz glaubten, die in Gefahr wäre,zu versinken. Unterzugehen. Und zu deren Rettung alles erlaubt wäre. Notwehr um das Lebensnotwendige zu retten- vor dem Angriff. Auch vor dem unmerklichen Verfall durch Zersetzung.

Wo findet sich in Breiviks Zettelkasten ein solcher Ansatz von Glauben? Man entnimmt seinen Ausführungen etwas Beirrendes, schwer Verständliches: das, worauf er sich gründet, soll erst geschaffen werden. Durch die erhabene Geste. Die furchterregende Tat.Den begründenden Mythos. Diese Art der Selbstschöpfung findet sich vielleicht nach langem Bohren auch bei einem Goebbels. Aber verschüttet, dem Selbst verborgen unter lauter Glaubensbekenntnissen. So nackt und offen - so glaubenslos - hat sich rechte Gesinnung nie vorher präsentiert.

Schmids Verdienst ist es, in seinem Überblick eine ähnliche Entwicklung bei Einzelnen in ganz Europa nachzuweisen. Angefangen bei Oriana Fallaci, der früher von vielen bewunderten Kriegsreporterin. In ihrem Wüten gegen den Islam an sich tritt nur noch Lebensangst hervor. Angst, der sie durch bloße Setzung der Zeichen ihres Abscheus zu begegnen sucht. Islam wird ohne Kennzeichnung seiner verschiedenen Strömungen zum Vernichtenden an sich.

Subtiler gehen die Anhänger der Frau LePen vor. Am Beispiel des von ihnen betriebenen Lobpreises des LAIZISMUS lässt sich am deutlichsten die Abkehr von gewissen Grundmythen des früheren Faschismus ablesen. Die französische dritte Republik hatte entschieden auf der Trennung von Kirche und Staat beharrt. In Frankreich gibt es außerhalb des Elsaß mit alten Verträgen keine Kirchensteuer und keinen staatlichen Pfarrergehalt. Maurras und seine Faschismus-nahen Freunde hatten das vor und nach Pétain immer bekämpft. Kirche war und blieb nötig - vor allem wegen ihrer disziplinierenden Funktion. Die LePenGruppe dagegen hat Laizismus paradoxerweise als Heiliges entdeckt. Den Islam konsequenterweise dann als "Schänder" eines urfranzösischen Vermächtnisses. Es ist wahr, dass Islam auf der Heiligung des ganzen Lebens besteht, und deshalb keine Sonderabteilungen zulassen will, in denen Allah nichts zu sagen hat.Nur - wenn LePen am nächsten Ersten Mai ihre Grundsatzrede zu den Wahlen anstimmen wird - wo tut sie das? Vor der Statue der von der Kirche heiliggesprochenen Jeanne d'Arc. Und gibt damit zu, dass niemand auf dieser Erde sich von den ererbten religiösen Grundstimmungen losmachen kann. Dadurch können Schwierigkeiten entstehen. Sie könnten durch Untersuchung und Einfügung neuer Bauelemente gelöst werden. LePen will sie durch Entfernung aller Störenden lösen.

Es wird aufschlussreich sein, wie Sarkozy als hauptberuflicher Opportunist sich mit dem rechten Nihilismus neuer Art akkommodieren wird.

Zum „Aktionstag gegen Zeitarbeit und Kapitalismus“ und den antifaschistischen Gegenaktivitäten am 7. April 2012

Am 7. April planten Neonazis aus freien Kameradschaften, der NPD und Zusammenschlüssen so genannter „Autonomer Nationalisten“ einen „Aktionstag gegen Zeitarbeit und Kapitalismus“ mit bis zu acht Kundgebungen entlang der Zugstrecke von Geislingen bis Esslingen. Als Redner wurden Alexander Neidlein ehemaliger Söldner bei der faschistischen Hos Miliz in Jugoslawien, Bankräuber und JN Stützpunktleiter in Schwäbisch Hall sowie Kandidat für verschiedene Posten in der NPD, Thomas Baumann in dessen Wohnung vor einiger Zeit Material für den Bau von Rohrbomben und ein Sturmgewehr gefunden wurden, als auch der JN Landesvorsitzende Martin Krämer angekündigt.

Mobilisierung

Trotz klandestiner Vorbereitung und nur sehr kurzfristiger öffentlicher Mobilisierung seitens der Faschisten wurden ca. 2 Wochen vor dem geplanten „Aktionstag“ erste Hinweise auf Naziaktivitäten am 7. April bekannt. Daraufhin schlossen sich verschiedene antifaschistische Gruppen sowie Gewerkschaftsorganisationen und Parteistrukturen zu einem Mobilisierungsbündnis zusammen und riefen mit einem gemeinsamen Aufruf zur Verhinderung der geplanten Kundgebungen durch antifaschistische Intervention auf.

In Stuttgart, Esslingen und Göppingen sowie einigen anderen Städten in der Region wurden im Voraus massenhaft Flyer verteilt, in Kneipen und Läden ausgelegt, als auch Plakate angebracht. Den Umständen entsprechend, das heißt trotz sehr kurzer Mobilisierungszeit und nur vagen Infos über den genauen Ablauf des „Aktionstags“ kann man von einer breiten und erfolgreichen Mobilisierung sprechen. Aus dem gesamten Großraum Stuttgart und der Neckar-Fils Region waren NazigegnerInnen gekommen um sich den Nazis entschlossen in den Weg zu stellen.

Der „Aktionstag“

Angemeldet hatten die Nazis acht zeitlich versetzte Kundgebungen in Geislingen, Süßen, Eislingen, Göppingen, Uhingen, Ebersbach, Plochingen, und Esslingen. Letztendlich konnten sie nur drei davon in Geislingen, Eislingen und Göppingen beginnen. Erreicht haben sie damit jedoch dank der massiven Gegenproteste niemanden.

Auftakt

Auftakt des „Aktionstags“ war in Geislingen. Die ca. 60 mit dem Zug angereisten Neonazis liefen mit Polizeischutz, und begleitet von NazigegnerInnen zu ihrem Kundgebungsort in der Innenstadt. Bei strömendem Regen versuchten sie dann ihre faschistische Propaganda in die Öffentlichkeit zu tragen, was ihnen jedoch durch den lautstarken Protest der mittlerweile auf ca. 150 Personen angewachsenen GegendemonstrantInnen verunmöglicht wurde.

Antifaschistischer Infotisch

Währenddessen wurde in Esslingen am Bahnhof der antifaschistische Infotisch aufgebaut, der den ganzen Morgen über als Anlaufstelle und Infopoint für NazigegnerInnen diente. Hier wurden immer wieder aktuelle Infos zu den Aktivitäten der Nazis und den erfolgreichen Gegenaktionen bekannt gegeben. Später gab es noch Redebeiträge von einem Sprecher des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region sowie der Landessprecherin der VVN-BdA. Die Kundgebung war den ganzen Vormittag über stets von mindestens 50 Leuten besucht. Zeitgleich fand in der Esslingen Innenstadt ein Infostand von DGB und „Courage - Bündnis gegen Rechtsextremismus“ statt.

Nazis sitzen fest

Zur selben Zeit wurden die Nazis in Geislingen auf dem Rückweg zum Bahnhof von etwa 100 GegendemonstrantInnen blockiert. Ihren Zug hätten sie dadurch verpasst, wenn dieser nicht ohnehin auf Grund eines Kabelbrands auf der Bahnstrecke nach Göppingen im Geislinger Bahnhof hätte warten müssen.

Die nächsten 90 Minuten Stunden verbrachten die Faschisten dann in einer Regionalbahn im Bahnhof und mussten deshalb ihre geplante Kundgebung in Süßen ausfallen lassen.

Nazikundgebungen verboten

Am Infopoint in Esslingen kam derweil die Info an, dass die Stadt Esslingen die Kundgebung der Neonazis verboten hat, was für gute Stimmung bei den KundgebungsteilnehmerInnen sorgte. Wenig später wurde dann auch ein Verbot für Plochingen bestätigt.

Zwischenstopp in Eislingen

Als die Nazis nach geraumer Zeit per Zug ihre Weiterreise antraten, war unter anderem durch abrückende Polizei in Süßen, relativ schnell klar, dass ihr nächstes Ziel Eislingen sein würde. Nach und nach trafen dort am Bahnhof AntifaschistInnen ein um die Nazis in Empfang zu nehmen. Als diese dann, mittlerweile auf ca. 50 Personen geschrumpft, ankamen, wurden sie von der Polizei an eine verlassene Fabrikhalle in der Nähe von einem abgelegenen Wohngebiet geführt.

Die darauf folgende Kundgebung wurde nicht nur von klassischer Trauermusik aus einem nahen Wohnblock gestört, sondern auch von den etwa 70 NazigegnerInnen übertönt.

Aufbruch in Esslingen

Währenddessen wurden in Esslingen die verbliebenen Leute dazu aufgerufen sich auf den Weg nach Göppingen, dem nächsten Stopp der Nazis, zu machen um dem jämmerlichen „Aktionstag“ ein Ende zu setzen. Kurz darauf wurde auch der Infotisch abgebaut, dass sich die beteiligten AntifaschistInnen auf den Weg nach Göppingen machen konnten.

Aufmarschversuch in Göppingen endet im Desaster

In Göppingen gipfelten die antifaschistischen Gegenaktivitäten letztendlich in einem absoluten Desaster für die Neonazis. Bereits vor ihrer Ankunft hatten sich schon mehr als 400 NazigegnerInnen aus verschiedensten Spektren, von BürgerInnen und Parteien über Gewerkschaften und Antifagruppen mit Transparenten, Fahnen und Schildern versammelt um den Faschisten einen kraftvollen Empfang zu bereiten.

Nach ihrer Ankunft am Göppinger Bahnhof wurden die mittlerweile noch ca. 40 Nazis bereits in der abgesperrten Bahnhofshalle mit lautstarken Parolen und vereinzelten Wurfgegenständen begrüßt.

Bereits das Verlesen der Auflagen durch Alexander Neidlein ging im ohrenbetäubenden Lärm von Trillerpfeifen, Parolen und Unmutsäußerungen seitens der GegendemonstrantInnen unter. Der nächste Redner, Martin Krämer hatte bei seiner Rede nicht mehr Erfolg. Selbst in der ersten Reihe, direkt hinter der Polizeiabsperrung war kein verständliches Wort zu hören, was die Nazis sichtlich verunsicherte und zunehmend verärgerte.

Schließlich kulminierten die Gegenaktivitäten am Göppinger Bahnhof in einem regelrechten Tomaten-Eier-Regen der auf die Faschisten niederprasselte und Beifall von allen Seiten auslöste. Da die Nazis ihre Kundgebungszeit ohnehin schon überschritten hatten drängte sie die Polizei mit Hilfe von Schlagstöcken und Pfefferspray in den Schutz der Bahnhofshalle.

Hier wurde von den Nazis auch noch die ein oder andere Träne vergossen, ehe ihnen vom Ordnungsamt und der Sozialbürgermeisterin der Stadt Göppingen, Gabriele Zull durch die Verlängerung der Kundgebungszeit die Möglichkeit zur erneuten Verbreitung ihres menschenverachtenden Weltbilds eingeräumt wurde. Das einzige was die Neonazis davon hatten war jedoch ein erneuter Eier-Tomaten-Hagel nach ihrer Rückkehr auf den Bahnhofsvorplatz.

An dieser Stelle beendete die Polizei die Kundgebung endgültig und geleitete die Faschisten zurück zum Gleis in Richtung des nächsten Kundgebungsorts.

Peinliches Finale

Zwei Möglichkeiten zum öffentlichen Auftreten hatten die Nazis noch in Uhingen und Ebersbach. Da Uhingen näher als Ebersbach liegt wurde von Göppingen aus direkt nach Uhingen mobilisiert.

Den etwa 200 AntifaschistInnen die nach und nach eintrafen bot sich ein einziges Trauerspiel. Auf dem Vorplatz des recht abgelegenen Bahnhofs stand ein Häufchen von 30 Neonazis, die sich, umgeben von Polizei und GegendemonstrantInnen, nicht einmal die Mühe machten ein Transparent oder eine Fahne zu entrollen geschweige denn irgendwelche Anstalten machten eine Kundgebung abzuhalten.

Markierte Neonazis

Zwischendurch wurden dem Infotelefon ein paar Nazis in Plochingen gemeldet, die durch Eierreste an der Kleidung wohl der Differenz der von Göppingen nach Uhingen weiter geschrumpften Anzahl der Faschos zuzuordnen waren.

Abreise der Faschisten

In Uhingen wurden die Neonazis nach und nach von der Polizei durch die Unterführung auf die andere Seite des Bahnhofs zu bereit stehenden, Privatautos gebracht, mit denen sie dann den Rückzug antraten.

Mehrere absolut sinnfreie Kesselungsversuche von NazigegnerInnen durch die Polizei verliefen vollkommen erfolglos.

Als die verbliebenen Nazis dann in einen Zug gesteckt wurden machten einige AntifaschistInnen noch einen Abstecher nach Ebersbach um auf eventuelle Naziaktivitäten reagieren zu können.

Hier wurde jedoch relativ schnell klar, dass die Faschisten endgültig genug hatten und die Heimreise angetreten hatten.

Fazit

Dieser Samstag könnte im Nachhinein durchaus als großer Erfolg für die antifaschistischen Kräfte in der Region gewertet werden. Doch wurde nur wenige Tage später in verschiedenen Zeitungen (Südwestpresse/Stuttgarter Zeitung) und im Fernsehen (Südwestrundfunk) eine Debatte über so genannte „LinksextremistInnen“ geschürt. Auf Bild-Zeitungsniveau wurde mit üblen Lügen und Behauptungen gegen AntifaschistInnen gehetzt und versucht die Gegenproteste in „gut“ und „böse“ zu spalten.

Dass durch Teile des Bündnisses „Kreis Göppingen nazifrei“ eine Spaltung und Diffamierung linker Kräfte in der Region um Göppingen, wo es ohnehin noch an antifaschistischem Engagement mangelt, unterstützt und gefördert wird ist ein folgenschwerer politischer Fehler. Durch die Gleichsetzung von „links“ und „rechts“ werden Faschisten verharmlost und Gefahren aus der Mitte der Gesellschaft werden von vornherein ausgeschlossen. Diese sogenannte „Extremismustheorie“ die von rechten „Wissenschaftlern“ des Verfassungsschutzes stammt muss strikt abgelehnt werden. Der Verfassungsschutz ist ohnehin nicht für sein Engagement gegen Neonazis bekannt sondern fiel erst vor kurzem im Zusammenhang mit dem „nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) unter anderem dadurch auf, faschistische Strukturen über Jahre gedeckt, und unterstützt zu haben.

Als positiv zu bewerten sind die Reaktionen der Stadt Plochingen und der Stadt Esslingen, die die Kundgebungen der Faschisten aufgrund des massiven politischen Drucks von allen Seiten verboten haben. Der Stadt Göppingen wiederum kann vorgeworfen werden zum wiederholten Mal keine Anstalten gemacht zu haben, etwas gegen die Aktivitäten der Nazis zu unternehmen. Im Gegenteil - die Nazis bekamen in Göppingen nach Ablauf ihrer Kundgebungszeit durch ein Gespräch mit dem Ordnungsamt und der Sozialbürgermeisterin Gabriele Zull sogar noch eine Verlängerung ihrer Anmeldung vor dem Göppinger Bahnhof und somit erneut die Möglichkeit ihre faschistische Propaganda in die Öffentlichkeit zu tragen.

Im Nachhinein gibt sich Frau Zull im Interview mit der Stuttgarter Zeitung betroffen und sagt sogar sie befürchtet, dass die Nazis wiederkommen. Dass die Kundgebung der Nazis nicht verboten wurde, rechtfertigt sie damit, dass im Jahr 2006 ein Verbot eines Naziaufmarsches vor Gericht zurückgewiesen wurde.

Dass die Nazis wiederkommen werden liegt auf der Hand, jedoch nicht ausschließlich weil Frau Zull ihnen den roten Teppich ausrollt sondern auch weil sich in der Vergangenheit ein permanenter Aktionismus der Nazis abgezeichnet hat. Zwar fanden nur lächerliche Kundgebungen mit selten mehr als 20 Neonazis statt, jedoch ließen sie sich bisher nicht klein kriegen und tauchten bei nahezu jeder Gelegenheit wieder auf. Diesen faschistischen Umtrieben gilt es mit einem breiten und entschlossenen Widerstand entgegenzutreten. Hierzu gehören sowohl Bündnisarbeit, eine kontinuierliche Aufklärung der Bevölkerung, ein organisierter antifaschistischer Selbstschutz und die Stärkung antifaschistischer Strukturen in der Region.

Die antifaschistischen Aktionen gegen den so genannten „Aktionstag gegen Zeitarbeit und Kapitalismus“ am 7. April haben deutlich gezeigt wie effektive Anti-Nazi-Arbeit auszusehen kann. Es gilt an derart erfolgreiche Mobilisierungen gegen Naziaktivitäten anzuknüpfen und den antifaschistischen Widerstand weiterzuentwickeln.

Esslingen, den 26. April 2012

Quelle: Communiqué des Esslinger Mobilisierungsbündnisses gegen den „Aktionstag gegen Zeitarbeit und Kapitalismus“

Freiheit für Deniz K.!

Anlässlich der Inhaftierung eines antifaschistischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund wurde ein Solidaritätskomitee unter dem Namen „Freiheit für Deniz“ gegründet. Der haarsträubende Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet „versuchter Totschlag“. Das Komitee kündigt an, das Verfahren politisch zu begleiten, fordert die sofortige Freilassung des Jugendlichen und mahnt die Medien zu sachlicher Berichterstattung.

Am 31. März fand in Nürnberg eine antifaschistische Bündnisdemonstration statt. Die Demonstration richtete sich gegen die steigende Nazigewalt. Ihr gingen zahlreiche Anschläge und Übergriffe von Neonazis in der Region und das Bekanntwerden der Skandale um die NSU- Mordserie voran. 2010 wurde in Nürnberg ein Antifaschist mit Migrationshintergrund am Boden liegend von einem Neonazi fast totgetreten. Der Täter wurde lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Antifa-Demo wollte in der Innenstadt die dortigen PassantInnen über diese Situation aufklären.

Die Polizei untersagte die Route durch die Innenstadt und sperrte diese ab. Es kam zu Rangeleien, als Teilnehmer der Demo versuchten, in die Innenstadt zu gelangen, um ihr Recht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen. Die Polizei setzte Knüppel und Pfefferspray ein. Nach der Demo wurde Kritik am überzogenen Polizeieinsatz laut. Vier DemoteilnehmerInnen mussten mit schweren Verletzungen im Krankenhaus behandelt werden, zahlreiche weitere wurden leicht verletzt. Vier Polizisten wurden leicht verletzt. Die teilweise äußerst aggressiven BeamtInnen beleidigten eine Nürnberger Stadträtin, die das Geschehen beobachtete. „Ob dieser massive Einsatz von Schlagstöcken notwendig war, bezweifle ich“, kommentierte ein unbeteiligter Beobachter laut NN vom 02.04.12 den Polizeieinsatz.

In der Berichterstattung nach dem 31.03.12 war zwar von martialischem Auftreten auf beiden Seiten die Rede, nicht jedoch von Vorfällen, die den Vorwurf des versuchten Totschlags rechtfertigen. Polizei wie Presse kommentierten die fragliche Situation -“ auch in Verbindung mit Bild- und Videomaterial anfangs noch eher nüchtern. Die NN betitelte ein Video am 01.04. mit „Antifa-Demonstration verläuft weitestgehend friedlich“. Im Polizeibericht vom 01.04. zu der fraglichen Situation steht nur, dass Demonstranten versuchten, die Aufzugsstrecke zu verlassen und dort aufgestellte Gitterabsperrung zu übersteigen. Von schweren Verletzungen bei der Polizei -“ geschweige denn einer Todesgefahr war bislang nichts zu hören.

Nach beinahe einem Monat wird nun ein Heranwachsender verhaftet und aus seinem Leben gerissen, mit dem Vorwurf des versuchten Totschlags. Von einer Holzstange ist nun die Rede, während auf Fotos nur maximal 2 cm dicke Fahnenstecken zu sehen sind. Versuchter Totschlag, das heißt, jemand hat den Vorsatz einen Menschen zu töten. Sicherlich war es das Ziel der DemonstrantInnen, die Polizeiabsperrung zu überwinden. Ob irgendjemand dazu jedoch gepanzerte Polizisten mit Fahnen aus Weichholz töten wollten, ist mehr als fraglich.

Adil Cicek, Sprecher des Solidaritätskomitees, kommentiert: „Wir wissen nicht ob Deniz überhaupt in Nürnberg war. Wir wissen auch nicht, ob es überhaupt einen Angriff auf Polizisten gegeben hat. Selbst wenn das so war, halten wir einen Tötungsvorsatz bei egal welcher Handlung auf der Demo für dermaßen fern liegend, dass hier nur von einem politisch motivierten Verfahren die Rede sein kann.“

Die Stimmung bei den Freunden und Angehörigen von Deniz K. ist angespannt. „Die stellen ihn wie einen Killer hin“, empört sich eine Freundin. Einer erinnert daran, dass es u.a. die Nürnberger Ermittlungsbehörden war, die als SoKo Bosporus jahrelang in rassistischer Manier in den Kreisen der Opfer der NSU-Mordserie ermittelten und deren Umfeld verdächtigten. „Die Demo in Nürnberg richtete sich doch gegen diese Missstände -“ und dieses absurde Verfahren bestätigt doch die Vorwürfe, dass der Staat stärker gegen Ausländer und Linke ermittelt“, meint der Freund des Beschuldigten.

Die Folgen für den Jugendlichen sind schon jetzt gravierend. Die Medien stürzten sich reißerisch auf die Sache und übernahmen die drastischen Formulierungen der Staatsanwaltschaft.

„Das grenzt an Vorverurteilung. Die Medien sollten sachlich bleiben und nicht vergessen, dass jemand bis zu seiner Verurteilung als unschuldig gilt“, so Cicek.

Vor dem Hintergrund der Unschuldsvermutung ist auch die Untersuchungshaft zu hinterfragen. Diese dient dazu, die Durchführung des Verfahrens abzusichern. Deniz K. hat jedoch einen festen Wohnsitz und möchte am 07. Mai ein Praktikum beginnen. Für Herbst hat er eine Ausbildungsstelle zugesichert bekommen.

„ Wir fordern die Aufhebung des Haftbefehls wegen versuchten Totschlags, mindestens aber Haftverschonung. Deniz K. sollte sofort und vor allem vor Beginn seines Praktikums frei gelassen werden. Der lächerliche Vorwurf des vorsätzlichen versuchten Totschlags hat schon zu viel Schaden in Deniz' Leben angerichtet. Die Inhaftierung ist angesichts der Fakten doch nur Stimmungsmache“
, so abschließend das Solidaritätskomitee.

Das Komitee kündigt an, das Verfahren öffentlich begleiten zu wollen und Solidarität mit Deniz zu organisieren. Diesen Freitag findet eine Kundgebung um 16 Uhr vor der Staatsanwaltschaft und um 17 Uhr vor der JVA Nürnberg statt, wo Deniz K. inhaftiert ist.

Zudem wurde ein Spendenkonto der Roten Hilfe eingerichtet, da es sich hier um ein politisches Verfahren handelt. Rote Hilfe Kto.: 4007238359, BLZ: 43060967, Verwendungszweck: „Freiheit für Deniz“ .

Für Fragen stehen der Sprecher Adil Cicek (0157 34662634), sowie der Rechtsanwalt des Beschuldigten RA Heiming (06221 337511) zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung 26.04.2012

Die Bombadierung Guernikas: "Es war ein wunderbarer klarer Tag, der Himmel war weich und klar"

Das nach dem Angriff zerstörte Guernica
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-H25224 / CC-BY-SA
Vor 75 Jahren, am 26.April 1937 wurde das baskische Städtchen Guernika von Bombern der deutschen Legion Condor in Schutt und Asche gelegt.

Was war die Legion Condor?
Am 17.Juli 1936 hatte die spanische Afrika-Armee unter Führung von General Franco gegen die rechtmäßige Regierung in Madrid geputscht. In Spanien selber konnte der Putsch in den meisten Städten von den bewaffneten Arbeitermilizen der Gewerkschaften und Arbeiterparteien nieder geworfen werden.

Die Flotte weigerte sich, Francos Afrika-Armee aufs Festland über zusetzen. Franco wandte sich an die deutschen Hitlerfaschisten um Hilfe:
Am 28.Juli 1936 landeten 20 Passagiermaschinen vom Typ Ju52 im marrokanischen Tetuan, innerhalb von 10 Tagen wurden 14.000 Soldaten aufs spanische Festland geflogen. Damit war der Putsch gerettet und aus dem Putsch wurde der Krieg.

Das war die Geburtsstunde der Legion Condor. In ihr wurden alle Wehrmachtseinheiten, die in Spanien operierten, zusammengefaßt, darunter auch die Luftwaffeneinheit mit bis zu 700 Flugzeugen.

Was war der Zweck des Angriffs auf Guernika?
Hermann Göring erklärte dazu im Nürnberger Prozess, er habe in Spanien seine "junge Luftwaffe in dieser oder jener Hinsicht erproben" wollen. Tatsächlich waren rotierend fast 20.000 Piloten dort eingesetzt worden, um "praktische Erfahrungen" zu sammeln.
Auch Flugzeuge, Kampfformationen und Bomben wurden getestet: Bei einer Abwurfmenge von 31.000 kg wurde eine "Zerstörungsquote von 75%" erzielt.

Aber der Krieg als Experimentierfeld und die dadurch verursachten Zerstörungen waren nicht das Entscheidende: Bei der Bombadierung Guernikas ging es nicht um militärische Objekte, noch darum möglichst viele Menschen zu töten, sondern es ging um "das,was mit denen passiert, die überleben. Es geht nicht um Zerstörung, sondern um das Erzeugen von Panik."
Das Ziel Guernika wurde entsprechend diesem Ziel der Demoralisierung ausgesucht: Es war das politische Zentrum der Basken, hier fanden seit Jahrhunderten die Volksversammlungen der Basken statt, unter einer großen Eiche,die zum Symbol der Unabhängigkeit der Basken wurde.
Die Zivilbevölkerung war ein militärisches Ziel geworden.

Im folgenden eigene Eindrücke von einem Besuch des Museo de la paz in Guernika:
"Nach dem ersten Teil der Ausstellung gelangt man an eine Tür mit dem Hinweis, dass gerade eine Videoinstallation läuft und man warten soll, bis sich die Tür öffnet. Nach einiger Zeit öffnet sich die Tür - und wir stehen in einem Wohnzimmer aus den 30iger Jahren in Guernika: Ein Tisch mit Nähzeug und geflickten Espandrillos, eine Holzbank, eine Wanduhr, ein Kalender mit dem Datum 26. April. Der Raum wird durch einen Spiegel gedoppelt. Eine weibliche Stimme beginnt vom Leben in Guernika zu erzählen, von Alltagssorgen und Alltagsfreuden. Das Brummen von Flugzeugmotoren ist zu hören, nicht bedrohlich, die Einwohner von Guernika haben sich daran gewöhnt, dass immer mal wieder Flugzeuge ihre Stadt überfliegen. Heute ist Markttag, sagt die Stimme, das Brummen der Flugzeugmotoren wird zum Dröhnen, Detonationen kommen näher, vor dem Fenster Feuerschein, die Wohnzimmerlampe flackert, dann der ohrenbetäubende Knall des Volltreffers - Dunkelheit. Der Spiegel wird durchsichtig, man sieht zuerst nur die zersplitterte Wanduhr und dann einen immer größer werdenden Trümmerberg. Wir verlassen wie betäubt die Installation und betreten den nächsten Teil der Ausstellung: Der Boden ist durchsichtig und unter unseren Füßen sehen wir Trümmerteile der Häuser von Guernika."

In Guernika fanden etwa 1000 Menschen den Tod, 800 wurden verletzt, 71% der Häuser vollständig zerstört.

(Quelle: Hannes Heer: Guernica oder der Beginn des Zweiten Weltkriegs, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 57 (2009), 7/8 und 9, S. 581-612 und S. 677-701)

Klagen gegen Heilbronner Polizeikessel vom 1. Mai 2011

Stuttgart, 22.04.2012. Im März 2012 wurden beim Verwaltungsgericht Stuttgart mehrere Klagen gegen die Einkesselung und „Ingewahrsamnahme“ einiger hundert Demonstrantinnen und Demonstranten eingereicht. Sie wollten sich am 1. Mai 2011 an Protesten gegen Neonazis in Heilbronn beteiligen.

Viele Bürgerinnen und Bürger folgten an diesem Tag den Aufrufen der Bündnisse „Heilbronn stellt sich quer“ und „Heilbronn sagt nein“, um an den Protestaktionen in der Stadt teilzunehmen. Die Ablehnung des Naziaufmarschs war auch ein Schwerpunkt der gewerkschaftlichen Maikundgebung. Doch für viele Angereiste endete der Protest am Bahnhof.

Während die Neonazis ungehindert durchs Bahnhofsviertel marschieren konnten, wurden mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger zwischen 9 und 20 Uhr von Polizeikräften eingekesselt und – wie ihnen später erklärt wurde – „in Gewahrsam genommen“.

Erst am 29.11.2010 hatte das Verwaltungsgericht Sigmaringen in zwei Entscheidungen einen ähnlichen Polizeikessel am 1. Mai 2009 beim Weinhof in Ulm für rechtswidrig erklärt. Dort waren mehrere hundert Personen an der Teilnahme an der DGB-Demonstration gehindert worden. Ähnliche Urteile gab es schon früher. Trotzdem wurde diese Polizeimaßnahme in Heilbronn erneut angewandt.

Statt die Angereisten an den Protesten teilnehmen zu lassen, wurden sie daran gehindert. Nicht nur diesen Demonstrantinnen und Demonstranten war bekannt, dass zwei Wochen zuvor Neonazis in Winterbach eine Hütte in Brand gesetzt hatten, nachdem sich Menschen, die vor ihnen flüchten mussten, dorthin gerettet hatten. Nicht zuletzt dagegen sollte ein Zeichen gesetzt werden.

„Darum klagen wir jetzt auch“, erklärte Thomas Trüten, der Anmelder einer Gegendemonstration in Heilbronn, die am Nachmittag stattfinden sollte, aber nicht zustande kam. Die vor dem Hauptbahnhof Eingekesselten konnten sich weder dorthin begeben noch zuvor zur Maikundgebung des DGB. „Genau diesen Feiertag, der laut Landesverfassung ‚dem Bekenntnis zu sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit und Völkerverständigung’ dient, hatten die Neonazis gewählt, um ihre menschenverachtenden Parolen auf die Straße zu tragen“, so einer der Kläger, ein Funktionär der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

„Beim DGB Tübingen wurde beschlossen, eine Abordnung hin zu schicken. Mein mitgebrachtes Transparent mit den offiziellen DGB-Losungen konnte ich allerdings an diesem Tag nur vor dem Heilbronner Hauptbahnhof entfalten. Weiter kamen wir ja nicht.“

Mit den Klagen wird bezweckt, die Unrechtmäßigkeit dieses Polizeikessels vor Gericht festzustellen. „An die entsprechenden Urteile muss die Polizei sich endlich halten“, so Trüten. Der Strafverfolgung von Nazigegnern müsse Einhalt geboten werden – auch dies sei ein Ziel der Fortsetzungsfeststellungsklagen. Angesichts des „skandalösen Verhaltens der Behörden“ wird außerdem die Einstellung aller Verfahren gegen antifaschistische Gegendemonstrantinnen und Demonstranten vom 1. Mai 2011 gefordert.

Wie aktuell dieser Protest war und ist, wurde nach Meinung der Kläger deutlich, als bekannt wurde, dass die Bereitschaftspolizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn am 25.04.2007 vermutlich von einer nazistischen Terrorgruppe ermordet wurde.



Via Pressemitteilung vom 22.04.2012 bei kesselklage.de

Prozesserklärung der angeklagten AntimilitaristInnen im Ketchup-Prozess

Gestern fand am Stuttgarter Amtsgericht der Prozess gegen zwei AntimilitaristInnen statt, die wegen der Beschmutzung eines Teppichs und einer Uniform während eines Bundeswehrstands an der Didacta-Bildungsmesse am 24. Februar 2011 angeklagt waren. Wir dokumentieren die Erklärung der Angeklagten, siehe auch den gestrigen Beitrag „Solange Sie sich an die Spielregeln halten...“:

"Wir, Jan Laibling und Anna Sander befinden uns heute hier weil wir an einer Protestaktion gegen die Bundeswehr auf der Didacta-Bildungsmesse am 24. Februar 2011 beteiligt waren. Auf dieser Messe haben wir mit einer symbolischen und kreativen Aktion dargestellt wofür die Bundeswehr eigentlich steht: für den Krieg!

Den mörderischen Kriegsalltag haben wir dargestellt, indem wir unter dem Lärm von Gewehrschüssen auf den Boden vor dem Bundeswehrstand fielen. Ketchup sollte dabei das Blut und die Brutalität des Krieges, zum Beispiel des aktuellen Afghanistaneinsatzes verbildlichen.

Mit einer Rede erläuterten wir den Anwesenden, dass wir es nicht für richtig halten und nicht akzeptieren wollen, dass die Bundeswehr auf Bildungsmessen, an Schulen, in Jobcentern, im Fernsehen und sonstwo offen Werbung für ihre Kriegsmaschinerie macht.

Mit Lügen über ihre angeblich humanitären Ziele versucht die Bundeswehr aktuell für ihre globalen Kriegseinsätze Rückhalt in der Gesellschaft zu bekommen. Dass die eigentlichen Ziele hinter dieser Fassade die Sicherung der wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen der Herrschenden in diesem Land sind, wird natürlich nicht erwähnt.

Ein weiteres Ziel der Bundeswehr auf ihren Werbetouren ist es, neue Rekruten zu gewinnen. Sie braucht motivierten Nachwuchs, der die menschenverachtenden Einsätze durchführen soll. Junge Menschen sollen dafür mit angeblichen Karrierechancen geködert werden - dass dieser wortwörtlich „todsichere Job“ auf dem Töten und Getötet-Werden von Anderen baut, wird in der Bundeswehr-Propaganda natürlich ebenso ausgeklammert.

Für uns gehören die Bundeswehrbefehlshaber, die für Hunderte von Toten der Welt verantwortlich sind auf die Anklagebank – nicht diejenigen, die sich dagegen engagieren!

Bundeswehroberst Klein war am 4. September 2009 in Kundus für den Tot von 104 Menschen verantwortlich. Das Verfahren gegen ihn wegen Mordes wurde aber von deutschen Gerichten zurückgewiesen und der Versuch eines Disziplinarverfahrens gegen ihn wurde wieder eingestellt!

Wir als Antimilitaristeninnen hingegen müssen uns wegen einer harmlosen Anti-Kriegsaktion hier von der Staatsanwaltschaft vor Gericht zerren lassen!

Selbst das Amtsgericht hat den ersten Anklageversuch der Staatsanwaltschaft wegen der Geringfügigkeit des Tatvorwurfes wieder einstellt.

Doch wie von der Staatsanwaltschaft Stuttgart kaum anders zu erwarten war, hat sie weiterhin auf das Verfahren gegen uns gedrängt. Sie leitete die Anklage trotz der ersten Einstellung weiter zum Landgericht. Das Landgericht hat den Beschluss des Amtsgerichts dann wieder aufgehoben und den heutigen Prozess veranlasst.

An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass die Anklage uns nichts weiteres als abwaschbare Verschmutzungen an einem Teppich und einer Uniform vorwirft.

Der Stuttgarter Staatsanwaltschaft scheint aber keine linke Protestaktion zu geringfügig zur großangelegten Verfolgung zu sein. Ständig wird mit Dringlichkeit versucht, jede linke politische Handlung im Keim zu ersticken und richterlich zu verfolgen.

So wie wir es schon kennen, zum Beispiel bei den hunderten Verfahren gegen S-21 GegnerInnen und den Haftstrafen gegen die Antifaschisten Chris und Smily.

Ganz egal wie der heutige Prozess auch ausgeht: Wir lassen uns durch die Staatsanwaltschaft, durch das Gericht und die Bundeswehr nicht daran hindern, die Ungerechtigkeit und die Unterdrückung dieses Systems anzuprangern. Die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft ist ein Problem, gegen das wir uns alle wehren müssen

Antimilitarismus ist und bleibt legitim!

Auf die Anklagebank gehören die Kriegstreiber der Bundeswehr!

Freispruch für uns!"

Offener Brief an das Bündnis „Kreis Göppingen Nazifrei“ und deren Pressesprecher

Nach den vielseitigen, erfolgreichen antifaschistischen Protesten gegen den faschistischen "Aktionstag gegen Zeitarbeit und Kapitalismus" am Samstag, den 7. April 2012 wurde in einigen Medien eine Debatte über den antifaschistischen Widerstand geschürt. Vielseitige Aktionen verhinderten am Samstag jeglichen politischen Erfolg der Neonazis. Im Vorhinein wurde vom Bündnis "Kreis Göppingen Nazifrei" und weiteren Organisationen aus einem Esslinger Mobilisierungsbündnis solidarisch zu den Protesten aufgerufen.

Es waren Antifaschistinnen und Antifaschisten aus vielen verschiedenen politischen Spektren bei den Gegenprotesten anwesend. Neben vielen bunten Transparenten, Schildern, lauten antifaschistischen Parolen und Trillerpfeifen, wurden die Faschisten mehrmals durch Tomaten- und Eierwürfe zurückgedrängt oder wie in Geislingen durch eine Blockade längere Zeit an der Abfahrt gehindert. Daran beteiligten sich verschiedenste Personen, außerdem gab es Beifall von allen Seiten. Durch diese vielseitigen Proteste und einen solidarischen Umgang unter den Nazigegnerinnen und Gegnern konnte jegliche Öffentlichkeit für die Faschisten unterbunden werden. Von insgesamt 8 angemeldeten Nazidemonstrationen konnten diese nur 3, von der Polizei abgeschottet, abhalten.

Und dies nicht trotz sondern gerade weil sich Antifaschistinnen und Antifaschisten verschiedener Mittel mit einem Ziel, der Verhinderung der Nazidemos, bedienten und somit die Polizei dazu zwangen, die Neonazis abzuschotten.

Im Nachhinein erklärte der Pressesprecher des Bündnisses "Kreis Göppingen Nazifrei" : "Leider können wir nicht beeinflussen wer kommt"(StZ, 12.04.2012) und "wir verurteilen, dass Eier und andere Dinge geflogen sind" (SüdwestPresse) und bestätigte damit Pressemeldungen von angeblicher "Randale"(SWP), "Krawall", "gewaltbereiten Schwarzen Block" und "Jagdszenen zwischen Schwarzem Block und Rechtsextremen" (alle StZ).

Die antifaschistischen Proteste wurden versucht in "gut und böse" zu spalten und zu diffamieren. In der Realität kam es zu keinen "Jagdszenen" oder "Krawall"en. Direkter antifaschistischer Protest in Form von Eier- und Tomatenwürfen wurde vor Ort von Vielen für richtig und wichtig befunden.

Wir halten es für einen folgenschweren politischen Fehler wenn hier von dem Pressesprecher des Bündnisses "Kreis Göppingen Nazifrei" eine Spaltung und Diffamierung der antifaschistischen Proteste unterstützt und gefördert wird. Im Gegenteil ist es notwendig möglichst alle antifaschistischen Kräfte zu bündeln und zu unterstützen und sich gemeinsam gegen Spaltungsversuche zu wehren. Dabei muss die wissenschaftlich falsche "Extremismustheorie", die durch Gleichsetzung von "Rechts" und "Links" die Faschisten verharmlost und Gefahren aus der "Mitte der Gesellschaft" ausschließt, strikt abgelehnt werden. Dieser Extremismusbegriff wurde von rechten "Wissenschaftlern" des Verfassungsschutzes entwickelt, dessen Unterstützung und Verdeckung der faschistischen Terrorzelle "NSU" erst vor Kurzem ans Licht gekommen ist.

Ziel unserer gemeinsamen antifaschistischen Politik sollte nicht die Distanzierung von BündnispartnerInnen, sondern ein vereinter, vielfältiger und somit möglichst effektiver Kampf gegen die Faschisten, deren öffentliches Auftreten und menschenverachtende Propaganda sein!

Für einen breiten, vielfältigen und effektiven Antifaschismus! Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

UnterstützerInnen:

Antifaschistische Aktion [Aufbau]

Stuttgart Antifa Esslingen/Nürtingen

Antifaschistische Gruppe Göppingen

Antifaschistische Initiative Leonberg (AIL)

Antifaschistische Jugend Rems-Murr

Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)

Autonome Antifaschistische Linke Ost Alb

DIDF Jugend Baden-Württemberg

Initiative "Rems-Murr nazifrei!"

Libertäres Bündnis Ludwigsburg (LB²)

Linksjugend [solid] Baden-Württemberg

Linksjugend [solid] Böblingen- Calw

Linksjugend [solid] Ludwigsburg

FAU Stuttgart

Offenes Antifaschistisches Bündnis Kirchheim (OAB)

RASH Stuttgart

Schwarze Antifa Stuttgart (SAS)

Ver.di Jugend Stuttgart

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA)Kreisvereinigungen Esslingen, Leonberg, Böblingen, Sindelfingen

Volkshaus/Halkevi Kirchheim e.V.

Weiler schaut hin! e.V.

Young Struggle Stuttgart

Quelle: VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen

kritisch-lesen.de Nr. 16: Zeugnisse des Anarchismus

Wie bereits in Ausgabe 11 (Debatten und Praxen des Anarchismus) im November letzten Jahres angekündigt wurde, widmet sich Ausgabe 16 erneut dem Anarchismus. Dieses Mal wird sich den „Zeugnissen des Anarchismus“ zugewendet. Was ist darunter zu verstehen? Mit Zeugnissen meinen wir zum Beispiel (Auto)Biografien, Werkausgaben, Memoiren, Tagebücher, Textsammlungen etc. Dabei handelt es sich in der Regel um Publikationen von oder über Anarchist_innen, die einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Bewegung inne haben bzw. zu den so genannten „Klassikern“ zählen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass diese Menschen in Theorie und Praxis Bedeutendes für die anarchistische Bewegung geleistet haben, was Grund genug dafür ist, ihrer Arbeit die zweite Anarchismus-Ausgabe auf kritisch-lesen.de zu widmen.

Den Beginn macht das voluminöseste Werk unter den besprochenen Büchern: Emma Goldmans neu aufgelegte Autobiografie Gelebtes Leben – ein fast 1000-seitiger, großformatiger Hardcover-Ziegel, den Regina Wamper gelesen und besprochen hat. Dem nur ein Jahr nach Goldman geborenen, aber bedeutend früher gestorbenen Gustav Landauer (geb. 1870; 1919 von rechten Freikorps-Soldaten in München ermordet) ist die zweite Rezension gewidmet. Gabriel Kuhn bespricht den siebten Band mit dem Titel Skepsis und Mystik aus Landauers „Ausgewählten Werken“. Beschäftigt man sich mit Gustav Landauer, so dauert es nicht lange bis auch Erich Mühsam, sein Freund und Genosse aus der Münchener Räterepublik, mit ins Spiel kommt. Der 1934 im KZ-Oranienburg ermordete Mühsam hinterließ umfangreiche Tagebuchaufzeichnungen, wovon kürzlich die ersten Bände veröffentlicht wurden. Gabriel Kuhn bespricht jenen, der die Jahre 1910-1911 zum Inhalt hat. Mit Errico Malatesta, dem italienischen Anarchokommunisten, dem es stets zuwider war, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, und der sich daher auch beharrlich weigerte, eine Autobiografie zu verfassen, beschäftigt sich Sebastian Kalicha. Er bespricht Malatestas Ungeschriebene Autobiografie. Philippe Kellermann rezensiert die kommentierte Studienausgabe von Max Stirners Der Einzige und sein Eigentum. Stirner, der gemeinhin als wichtiger Vertreter des Individualanarchismus gilt, musste nicht nur von Marx persönlich, sondern auch von vielen Anarchist_innen nicht immer solidarische Kritik einstecken. Der Rezensent findet hingegen lobende Worte für das Buch und Stirners Philosophie. Die beiden letzten Rezensionen zum Schwerpunkt widmen sich Anarchisten, die, im Gegensatz zu den bislang erwähnten, noch persönlich in die jüngere Vergangenheit einwirken konnten: dem Wobbly Sam Dolgoff und dem Anarchosyndikalisten Augustin Souchy. Eine Rezension über die ins Deutsche übersetzten Memoiren Dolgoffs und den ambivalenten Eindruck, den Sebastian Kalicha davon hatte, sind in Die Geschichte(n) des Sam Dolgoff zu lesen. Sebastian Friedrich hat sich mit der Textsammlung Anarchistischer Sozialismus, in der Beiträge Souchys zu verschiedenen Themen aus unterschiedlichen Epochen zusammengestellt wurden, beschäftigt.

Die weiteren Rezensionen eröffnen wir diesmal mit einem Roman. Heinz-Jürgen Voß widmet sich in So sehr, wie es nur geht der einfühlsam erzählten Geschichte der ineinander verliebten Jungs „Ali und Ramazan“. Im Anschluss wirft Adi Quarti den Blick auf die Kolumnen Jaques Rancières, die jüngst in Buchform zusammengetragen wurden und eine “Chronik der Konsensgesellschaft“ nachzeichnen. Historisch wird es in der letzten Rezension, in der sich Anja Gregor mit Medikalisierung und Herrschaft auf die Suche nach den Spuren der Medizin als patriarchales Herrschaftsinstrument macht.

Übrigens: kritisch-lesen.de ist jetzt seit genau einem Jahr online! Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich bei unseren Leserinnen, Autorinnen und Freundinnen, die uns in diesem anstrengenden, aber sehr motivierenden ersten Jahr unterstützt haben. Wir sind begeistert von dem Anklang, den unser Projekt – nicht nur im Netz – findet. Die Reaktionen und Besucherinnenzahlen gehen weit über das hinaus, was wir erhofft haben. Auch im zweiten Jahr von kritisch-lesen.de werden wir einmal im Monat eine Ausgabe mit einem Schwerpunkt veröffentlichen und darüber hinaus Diskussionen und Buchvorstellungen veranstalten. Geplant sind außerdem ein kleines kritisch-lesen.de-Festival mit Diskussionsveranstaltungen und anschließendem Konzert sowie ein Relaunch unserer Homepage.

Viel Spaß beim kritischen Lesen!

Lotta #47 erschienen

Die antifaschistische Fachzeitschrift LOTTA ist mit ihrer siebenundvierzigsten Ausgabe erschienen. Schwerpunktthema ist dieses Mal:


  • Die Grauzone
    Eine Einleitung in den Schwerpunkt

  • Rebellion im Schützenclub
    »Unpolitisch« als Totschlagargument

  • Leere Worte für Millionen
    Die Kultband »Böhse Onkelz« hat auch sieben Jahre nach ihrer Auflösung kaum an Bedeutung verloren

  • »Unpolitisches«, »Unity« und braune Flecken
    Die Grauzone im »LOTTA-Land«

  • Schwarzzone
    Die Inszenierung des Unpolitischen im Black Metal

  • Extrem unangenehm
    ½ Gegenschlag + ¼ Rachezug + ein Junge fürs Grobe = Unpolitisch



Außerdem in dieser Ausgabe:


U.v.m.

Die "Lotta" ist zum Einzelpreis von 3 Euro oder im Abo zu beziehen:

"LOTTA"
Am Förderturm 27
46049 Oberhausen

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