Skip to content

Prozessbericht zur Berufungsverhandlung gegen den Stuttgarter Antifaschisten Chris

Foto: Solikreis
Am heutigen Mittwoch, dem 29. Februar, fand vor dem Stuttgarter Landgericht die Berufungsverhandlung im Verfahren gegen den Antirassisten Chris statt. Der ursprünglich auf drei Termine angesetzte Prozess endete mit einem Vergleich zwischen Anklage und Verteidigung. Die Haftstrafe wurde letztlich um vier Monate auf ein Jahr und drei Monate erhöht und im Gegenzug zur Bewährung ausgesetzt.

Kundgebung vor dem Landgericht
Wie bereits bei den vorherigen Prozessen wurde auch dieses Mal auf eine Kundgebung vor dem Prozess hin mobilisiert. Diese fand ab acht Uhr in der Urbanstraße statt. Anwesend waren ca. 30 Personen, die sich mit Chris solidarisch zeigten und durch Parolen, Transpis, etc. den wahren Charakter des Prozesses und der Klassenjustiz entlarven wollten.

Es gab verschiedene Reden, u.a. von der Ver.di Jugend, vom Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschafter, der MLPD und uns als Solikreis. Außerdem gab es einen Infotisch mit Materialien zum Prozess, Solishirts und Pullis, die im Voraus für die Verhandlung gemacht wurden.

Prozessverlauf
Aufgrund der peniblen Kontrollen vor dem Gerichtssaal konnte die Gerichtsverhandlung erst mit 15 minütiger Verspätung, mit der Feststellung der Personalien des Angeklagten, beginnen. Anschließend wurde das Urteil des Amtsgerichts auszugsweise verlesen. Der vorsitzende Richter Helwerth stellte anschließend die Position des Gerichtes dar: „Ich teile die Rechtsauffassung ihres Verteidigers, nach aktuellem Wissensstand, nicht“ und stellte klar, dass nach seiner Ansicht das „Urteil des Amtsgerichtes nicht nach einem Freispruch schreit“. Nachdrücklich wirkte er auf eine Einigung hin und betonte in Richtung Verteidigung, dass es „manchmal auch auf Schadensbegrenzung“ ankomme.

Bereits nach 15 Minuten wurde die Verhandlung unterbrochen, damit Staatsanwaltschaft und Verteidigung sich absprechen können.

Gegen 10 Uhr schloss sich der Richter den Gesprächen über eine mögliche Verständigung an. Knapp 45 Minuten später wurde die Verhandlung fortgesetzt. Richter Helwerth fasste die Ergebnisse zusammen, dass man zu dem Ergebnis kam, dass die Verteidigung ihre Berufung auf die Rechtsfolgen beschränkt und im Gegenzug die Staatsanwaltschaft einer Aussetzung zur Bewährung zustimmt.

Im Anschluss wurde Chris zu seiner Person befragt und der Auszug aus dem Bundeszentralregister verlesen. Aufgrund von Erheiterung im Publikum, stellte Richter Helwerth klar, dass er in dieser Hinsicht „vielleicht ein alter, repressiver Sack“ sei und forderte die Prozessbeobachter auf, sich ruhig zu verhalten.

Plädoyers
In seinem Plädoyer stellte Staatsanwalt Dr. Friedrich klar, dass man seiner Ansicht nach „den moralischen Zeigefinger nicht zu einer Faust“ machen dürfe und betonte: „Wir haben hier einen politisch engagierten Menschen (…), dessen Engagement strafrechtlich nicht zulässig ist“.

Neben einer Bestrafung im Rahmen des vereinbarten Strafrahmens, regte er für die Bewährungsauflagen an, „dass das Gericht sich Gedanken macht, wie der Kontakt zu bestimmten Gruppierungen untersagt“ werden könne. Dies begründete er damit, dass sein angeblich gewalttätiges Verhalten durch sein politisches Umfeld bedingt sei.

Der Verteidiger des Angeklagten hielt sich in seinem Plädoyer eher kurz und verwies darauf, während der Verständigungsgespräche bereits seinen Standpunkt dargelegt zu haben und dies zu Protokoll gegeben zu haben. Er sprach sich jedoch gegen ein politisches Betätigungsverbot aus und betonte, dass dies willkürlich sei und auch „nicht realisierbar wäre“.

Urteil
Nach einer 30 minütigen Unterbrechung verkündete das Gericht um 12 Uhr das Urteil: „1 Jahr und 3 Monate auf Bewährung.“ Diese wurden auf drei Jahre Bewährungszeit festgelegt. Zusätzlich wurden 150 Stunden gemeinnützige Arbeit, ein Antiaggressionstraining sowie das Verbot sich an „gewalttätigen Aktionen der Antifaschistischen Aktion oder ähnlichem zu beteiligen oder diese zu planen“ auferlegt. Desweiteren wurde ihm aufgetragen, sich von Demonstrationen, die sich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zu entwickeln drohen, sofort zu entfernen.

Der Richter betonte während der Urteilsbegründung ebenfalls, dass man lernen müsse, dass die Polizei nicht immer gleich der Feind sei, „zumindest nicht der wahre Feind“. Außerdem konnte er nicht davon absehen, über die Charaktereigenschaften des Stuttgarter Antirassisten zu urteilen und meinte, dass Chris ein „Heißsporn sei, der geneigt ist schnell um sich zu schlagen“. Dies ginge aus dem vorgelesenen Auszug des Bundeszentralregisters hervor. Wenn innerhalb einer Woche keiner der beiden Seiten Revision gegen das Urteil einlegt, so wird dieses rechtskräftig.

Politische Einschätzung des Urteils
Das heutige Urteil stellt aus Sicht des Solikreises keinen Sieg dar, aber einen Teilerfolg, der ohne den politischen Druck nicht zustande gekommen wäre. Die mediale Öffentlichkeit von Naziumtrieben durch das Auffliegen des Terrors der NSU und der momentan ebenfalls im Landgericht Stuttgart stattfindende Prozess wegen des Mordversuchs vonseiten der Nazis in Winterbach haben hierbei ebenso eine Rolle gespielt, wie die spektrenübergreifende Solidaritätsarbeit in Stuttgart.

Es gibt sicher keinen Grund, dem Richter oder der Stuttgarter Staatsanwaltschaft dankbar zu sein. Vielmehr ist die Bereitschaft auf eine Haftstrafe zu verzichten, als Resultat der politischen und juristischen Arbeit zu betrachten. Der entschlossene Verfolgungswille gegen antifaschistisch und links Engagierte konnte durch eine Welle der Solidarität nich ausgebremst, aber zumindest abgefedert werden.

Weder dem Gericht noch der Staatsanwaltschaft ging es um die Klärung der “Schuldfrage”. Der Prozess wurde von Anfang an von beiden Seiten als politischer Prozess geführt. Die Verurteilung von Chris kann und muss letztendlich als Resultat im Spannungsfeld von Druck und Gegendruck bewertet werden. Es ist uns gelungen, hier als Akteur deutlich wahrnehmbar zu sein und Zugeständnisse zu erzwingen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Tatsache dass es weder vom Angeklagten noch seiner Verteidigung zu einer politischen Distanzierung von den vorgeworfenen Taten kam werten wir dabei als Selbstverständlichkeit.

Vorläufige Nachbereitung unserer Solidaritätsarbeit
In den vergangenen sieben Monaten haben wir als Solikreis versucht Öffentlichkeit zu schaffen und Druck aufzubauen. Es war schön für uns zu erleben, wie diese Arbeit spektrenübergreifend von vielen Akteuren aufgegriffen und unterstützt wurde. In den kommenden Wochen werden wir das Verfahren gegen Chris und unsere Arbeit intensiv nachbereiten.

Doch auch mit der Beendigung des Verfahrens gegen Chris ist die Kriminalisierung von Antifaschistinnen und Antifaschisten weiterhin ein aktuelles Thema. Die Verurteilung des Antifaschisten Smily am 17. Februar durch das Amtsgericht Stuttgart zu einer zehnmonatigen Haftstrafe, die hierzu anstehende Berufungsverhandlung, aber auch die vielen „kleinen“ Verfahren fordern weiterhin unsere Solidarität. In welcher Form wir als Stuttgarter Solikreis hierfür einen Rahmen darstellen können, werden wir ebenfalls in den kommenden Wochen diskutieren.

Stuttgarter Solikreis, 29. Februar 2012

Berufungsprozess gegen Stuttgarter Antirassisten

Kundgebung vor dem Amtsgericht
Am 29. Februar beginnt der Berufungsprozess gegen einen Stuttgarter Antirassisten vor dem Landgericht in Stuttgart. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, im Rahmen antirassistischer Protestaktionen gegen ein Aktionswochenende der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung Pax Europa e.V.“ und „PI - Politically Incorrect News“ Anfang Juni 2011 in Stuttgart einfache Körperverletzungsdelikte begangen zu haben. Zwei Monate nach den Ereignissen, am 4. August 2011 wurde er unvermittelt auf offener Straße durch LKA-Beamte festgenommen und über vier Monate in Untersuchungshaft in der JVA-Stammheim einbehalten.

Im September letzten Jahres wurde er vor dem Stuttgarter Amtsgericht zu 11 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Verteidigung forderte einen Freispruch und legte Berufung gegen das Urteil ein.

Im gesamten Verfahren und während der Zeit der Untersuchungshaft unterstützten zahlreiche linke und antirassistische Gruppierungen den Angeklagten. Mit Kundgebungen und Solidaritätserklärungen traten die Aktivisten für die Freilassung des Angeklagten ein und warfen der Staatsanwaltschaft eine politisch motivierte Prozessführung zu seinen Lasten vor. Felix Schneider, der Sprecher des „Solikreis Stuttgart“, der sich zur politischen Unterstützung des Angeklagten gegründet hat, kommentiert dazu: „Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat in diesem Verfahren ein weiteres Mal ihren Willen zur Kriminalisierung linker und selbstbestimmter Bewegungen unter Beweis gestellt. Eine unzureichende Beweislast und zahlreiche widersprüchliche Zeugenaussagen, hatten keinen Einfluss auf das harte Strafmaß der ersten Verurteilung. Dieses Vorgehen reiht sich nahtlos in politische Verhandlungen der letzten Jahre ein: Die Kriminalisierung durchgestrichener Hakenkreuze, massenhaft schikanöse Kleinprozesse gegen Stuttgart-21 Gegner und willkürliche Haftstrafen für kurdische Linke sind nur die hervorstechendsten Beispiele.“
Der Angeklagte wurde am 19. Dezember 2011 auf richterlichen Beschluss des Stuttgarter Landgerichts hin gegen eine Kautionszahlung und diverse Auflagen vorläufig aus der Haft entlassen. In drei Prozesstagen am 29. Februar, sowie am 7. und 15. März soll der Fall jeweils ab 9:00 Uhr erneut vor dem Landgericht verhandelt werden.

Der „Solikreis Stuttgart“ mobilisiert erneut zur Unterstützung des Angeklagten. Mit Kundgebungen vor dem Gericht ab jeweils 8:00 Uhr werden die beteiligen Gruppierungen an allen drei anberaumten Prozesstagen weiter ihren Protest gegen die Verfahrenspraxis der Stuttgarter Staatsanwaltschaft artikulieren. „Was im anstehenden Prozess verhandelt werden soll, ist der legitime Widerstand gegen rassistische Umtriebe. Wir werden jedoch nicht zulassen, dass wichtiges gesellschaftliches Engagement zu kriminellen Handlungen umgedeutet wird.“, so die Ankündigung von Felix Schneider

PFORZHEIM NAZIFREI! - Den rechten Terror bekämpfen!

PFORZHEIM NAZIFREI! -“ Den rechten Terror bekämpfen!

Für ein weltoffenes, l(i)ebenswertes Pforzheim -“
gegen Hass, Vorurteile und Gewalt in unserer Gesellschaft

Noch immer sind wir schockiert, dass in Deutschland Mitglieder einer Nazi-Terrorzelle gezielt Menschen ermordet haben, „nur“ weil diese offensichtlich aus einem anderen Land hierher kamen, um zu leben und zu arbeiten.

Auch um Pforzheim und den Enzkreis macht die rechtsterroristische Szene keinen Bogen. Der sogenannte Freundeskreis steht in engem personellem und ideologischem Austausch mit dieser terroristischen Szene, so z.B mit der sogenannten „Freien Kameradschaft“ in Karlsruhe. Diese äußert sich auch in gewalttätigen Handlungen dieser Szene. So etwa im Oktober 2008, als gut 15 Neonazis aus dem Umfeld des „Heidnischen Sturms“ ein Konzert der Aktion „Laut gegen Nazis“ angriffen, im Mai 2009, als drei Neonazis einen dunkelhäutigen 14-jähri­gen durch die Pforzheimer Nordstadt jagten, und im Mai 2010, als ca. 50 mit Stahlknüppeln bewaffnete Personen einen Dönerimbiss in der Nordstadt angriffen und dazu aufriefen diesen zu zerstören und anzuzünden. Im Februar 2011 wurde in der Nordstadt ein türkischer Jugendlicher von einem Neonazi mit einem Messer niedergestochen. Ende November 2011 würde eine türkischstämmige Geschäftsinhaberin in der Nordstadt mit rassistischen Beleidigungen bedroht.

Es ist unerträglich, dass dieser sog. Freundeskreis „Ein Herz für Deutschland“ (FHD) alljährlich am 23. Februar mit einer Fackelmahnwache seine üble Gesinnung zum Ausdruck bringt.
Während viele PforzheimerInnen an diesem Tag ihrer Angehörigen gedenken, die bei den Bombenangriffen 1945 ums Leben kamen, ziehen 100-200 Neonazis zu einer gespenstischen Fackelmahnwache auf den Wartberg bei der sie Krieg und Gewalt glorifizieren. Dadurch missbrauchen sie das Andenken der Toten, denn sie verschweigen, dass erst das menschenverachtende Weltbild der Nazis, in deren Tradition sie stehen, zu den Toten geführt hat.
Der FHD ist keine Trauergruppe! Die Fackelmahnwache ist die größte regelmäßige faschistische Veranstaltung in Baden-Württemberg -“ hier in Pforzheim, mitten unter uns.

Dass diese Mahnwache Jahr für Jahr stattfinden kann ist ein Skandal!
Am 23. Februar 2012 wäre der Aufmarsch nicht nur so unerträglich wie in den vergangenen Jahren, sondern würde den Ruf Pforzheims im In- und Ausland nachhaltig beschädigen, da just an diesem Tag in Berlin die zentrale Gedenkveranstaltung für die Opfer der Nazi-Terrorzelle stattfindet. Undenkbar dass sich unmittelbar darauf Nazis auf dem Wartberg versammeln, und Rassismus, Faschismus und Krieg verherrlichen! Diese Versammlung darf in Zukunft nicht mehr stattfinden. Dazu bedarf es ausnahmslos aller antifaschistischen Kräfte!

Wir werden nicht zulassen, dass sich rechtes Gedankengut noch weiter in der Gesellschaft ausbreitet und in Gewalt gegen Menschen mündet. Weder in Pforzheim noch anderswo möchten wir ein Klima der Angst. Wir möchten in unserer Gesellschaft Platz für Menschen jeglicher Hautfarbe, Religiosität, Behinderung und sexueller Orientierung. Für Neonazis hingegen ist kein Platz - und wir werden ihn auch nicht machen.

Stehen wir gemeinsam für eine lebendige Vielfalt in Pforzheim!
Stehen wir gemeinsam gegen rassistische Vorurteile und Faschismus!
Stehen wir gemeinsam gegen Neonazis -“ am 23. Februar und an jedem anderen Tag!

Wir laden Sie herzlich ein, am Donnerstag, den 23. Februar 2012 um 17.30 Uhr zum Pfälzer Platz zu kommen, um an einer Demonstration mit Kundgebungen gegen den rechten Terror teilzunehmen.
Unsere Demonstrationsroute wird (vom Pfälzer Platz über die Pfälzer Straße, die Hohenzollernstraße, Christophallee, Nordstadtbrücke, Schlossberg, Bahnhofstraße in die Fußgängerzone führen und) ca. gegen 18.45 Uhr am Marktplatz enden.

Im Anschluss findet dort ab 19.15 Uhr die Kundgebung „Fackeln aus“ des „Bündnisses Pforzheim Nazifrei“ statt.


Initiative gegen Rechts/AK Pforzheim Nazifrei

Dresden: Tausende bei antifaschistischer Demonstration

Nach Angaben des Bündnisses Dresden Nazifrei demonstrierten heute mehr als 10000 Menschen gegen Faschismus und Rassismus und die sogenannten "sächsischen Verhältnisse". Gegen den Sumpf aus Verstrickung der Geheimdienste in die Nazimorde des sog. NSU, gegem Repressionen gegen AntifaschistInnen und Extremismusquatsch fand damit heute bisher die größte antifaschistische Demonstration in Dresden statt.

Während die Polizei einmal mehr die TeilnehmerInnenzahl herunter rechnete, gelang es einem von der Stadt Dresden initiierten bürgerlichen Bündnis lediglich 1000 TeilnehmerInnen zu mobilisieren.

Erstmals hatten in diesem Jahr die Nazis die seither von der "Jungen Landsmannschaft Ost" angemeldeten Aufmärsche, mit denen diese die Bombardierung Dresdens 1945 instrumentalisieren wollten, abgesagt.

Diverse antifaschistische Initiativen wollen sich mit dem Erfolg jedoch nicht zufrieden geben sondern kündigten an, weiter gegen den Mythos der unschuldigen Stadt protestieren zu wollen. Zudem sind auch die Repressionen gegen AntifaschistInnen aus den vergangenen Jahren, unter anderem der als "Handygate" bekannt gewordenene Abhöhrskandal oder verschiedene Verfahren wegen der §129 nach wie vor nicht ausgeräumt.

Die Demonstration verlief ab Hauptbahnhof zur neuen Synagoge, von dort aus über die Elbe in die Neustadt, wo es kurze Kundgebungen am Albertplatz und am Bahnhof Neustadt gab. Letzterer war in der Vergangenheit bereits Aufmarschort der Nazis und während des Faschismus Deportationsbahnhof für die Dresdner JüdInnen. Wegen der Dresdner Bombennacht fiel der letzte Transport in die Konzentrationslager aus.

Am Jugendfreizeitzentrum "Roter Baum", das in Zusammenhang mit den Protesten gegen den Naziaufmarsch vergangenes Jahr von einem Sondereinsatzkommando gestürmt wurde, fand die Abschlusskundgebung und Auflösung der Demonstration statt.

Zur Bilderserie Fronttransparent - mehr Bilder durch anklicken des Fotos

Mehr Berichte:
Dresden Nazifrei
Das Rote Blog

Gegen das sächsische Demokratieverständnis und die Kriminalisierung von Antifaschismus - Gegen das sächsische Demokratieverständnis und die Kriminalisierung von Antifaschismus

Heute ist antifaschistische Großdemo in Dresden. Treffpunkt: Hauptbahnhof Dresden (Bayreuther Straße) 12:00 Uhr. Der Aufruf:

extrem_ist_in


Gegen das sächsische Demokratieverständnis und die Kriminalisierung von Antifaschismus


Aufruf

erstens.

Nachdem im November 2011 bekannt wurde, dass ein Netzwerk von Nazis jahrelang Menschen ermorden, Banken überfallen und mitten in Deutschland untertauchen konnte, war die öffentliche Empörung groß. Doch so gut Menschen- und Lichterketten, Konzerte und Erklärungen auch gemeint sein mögen, sie helfen weder den Betroffenen noch verhindern sie rassistische Übergriffe und Morde. Solange eine rassistische Grundstimmung dazu führt, dass eine Mordserie über Jahre als "Dönermorde" durch die mediale Berichterstattung geistern kann und solange es wahrscheinlicher scheint, dass die Ermordeten Streitigkeiten in einem "kriminellen Milieu" zum Opfer gefallen sind, als dass Nazis ihr mörderisches Versprechen in die Tat umgesetzt haben, solange können öffentliche Anteilnahmen und Versprechungen nicht gut, sondern nur gut gemeint sein. Sie dienen leider bloß dazu, das eigene Gewissen zu beruhigen, sowie das Image einer Stadt, einer Region, letztlich Deutschlands aufzupolieren und zum Normalbetrieb zurückzufinden.

zweitens.

Wer Nazis und ihre Einstellungen als Problem ausgemacht hat und ernsthaft gegen diese vorgehen will, sollte sich darüber im Klaren sein, dass diese nicht ohne die sie umgebende Gesellschaft denkbar sind. Deshalb muss eine kritische Haltung gegenüber Nazis, mit einer kritischen Haltung gegenüber dieser Gesellschaft einhergehen. Ein konsequenter und angemessener Umgang mit den Morden durch den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) erfordert somit, die verantwortlichen Ermittlungsbehörden und die Verfassungsschutzämter in ihrer Praxis und, der ihnen zugrunde liegenden politischen Motivation in Frage zu stellen. Stattdessen sollen die zuständigen Behörden und Ämter neue, "effektivere" Instrumente an die Hand bekommen, wie die derzeit völlig unkritisch diskutierte, zentrale "Extremisten-Datei". Dass im gleichen Atemzug nur von Pannen oder Versäumnissen der zuständigen Ermittler_innen gesprochen wird, ist nicht nur verharmlosend. Vielmehr werden die mindestens zehn Opfer des NSU zu bloßen Kollateralschäden eines perfiden Spiels zwischen Verfassungsschutzämtern und einen Milieu von mordwilligen Rassist_innen degradiert. Ein Blick auf die zahlreichen VS-Skandale der letzten Jahrzehnte lässt erahnen, wie ein Geheimdienst funktioniert, der außerhalb jedweder demokratischer Kontrolle agiert. Nicht nur in Thüringen wurde die Naziszene für die lächerlichen Informationen ihrer V-Männer üppig entlohnt und so der Aufbau nachhaltiger Strukturen subventioniert. Nicht nur in Thüringen sehen die Verfassungsschutzämter ihre Aufgabe neben der Beschaffung von Informationen ebenfalls darin, ihre Quellen vor dem Zugriff durch die Polizei zu schützen und deren Rolle in der Szene dadurch zu stärken. Dazu bedarf es keiner Verschwörung, es reicht vollkommen aus, dass an vielen Stellen innerhalb dieser Behörden Menschen arbeiten, die den kollegialen Umgang mit Nazis schätzen oder denen es zumindest egal ist. Damit scheinen die Schlapphüte auch davon zu kommen, denn ganz im Stile der "sächsischen Demokratie" werden alle öffentlichen Aufklärungsversuche, wie beispielsweise ein Untersuchungsausschuss, bisher von der konservativ-autoritären Mehrheit im Parlament blockiert. Die mediale Aufmerksamkeit, die solchen "Enthüllungen" gerade zukommt, wird nur von kurzer Dauer sein − der Kreis derjenigen, die eine fundamentale Kritik an der geheimdienstlichen Praxis stark machen, wird schon bald wieder überschaubar und damit leicht als "extremistisch" zu denunzieren sein.


drittens.


Aus der antikommunistischen Entstehungsgeschichte des VS und all seinen Aktivitäten bis heute lässt sich ohne weiteres ablesen, dass diese Behörde ihre Feinde "links" sieht. Selbst wenn einige Nazis für die Taten des NSU verurteilt, einige V-Leute "abgeschaltet" und einige Beamt_innen ihre Jobs bei VS, LKA und BKA verlieren werden − am Grundproblem ändert dies nichts. Um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, werden wohl auch in Zukunft fleißig weiter Daten über vermeintliche "Extremisten" gesammelt und "Demokratieerklärungen" verlangt, anstatt sich ernsthaft mit Nazis und den Zuständen, in denen sie so leicht agieren können, auseinander zu setzen. Die Diffamierung, die den Opfern statt einer Aufklärung zuteilwurde, wird weiterhin Bestand haben, die Betroffenen werden wohl auch zukünftig nicht ernst genommen. Dass die staatlichen Behörden nicht per se unfähig und untätig sind, was die Ausschöpfung der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel betrifft, zeigt sich auch an ihrem eifrigen Engagement gegen Antifaschist_innen. So wurden im Umfeld des 13. und 19. Februar 2011 hunderttausende Telefondaten von vermeintlichen und tatsächlichen Nazigegner_innen durch sächsische Behörden gespeichert und ausgewertet. Vor wenigen Wochen kam es darüber hinaus zu ersten Verurteilungen von Blockierer_innen des Naziaufmarsches am 19. Februar 2011. In diesem Zusammenhang, aber auch resultierend aus der fadenscheinigen Konstruktion krimineller Vereinigungen nach §129 StGB, fanden zahlreiche Hausdurchsuchungen und Überwachungen in der gesamten Republik statt. Gleichzeitig wird das Gespenst eines neuen Linksterrorismus herbeigeredet und die Forderung laut, nun endlich den linken die gleiche Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen wie den rechten "Extremisten". Dass hier ausgerechnet der Verfassungsschutz, also jene Behörde, die maßgeblich zum Aufbau der Naziszene beigetragen hat, mit ihrem Modell des "politischen Extremismus" die Deutungshoheit erlangt hat, sollte eigentlich aufhorchen lassen. Nach der Logik dieser Extremismustheorie muss der Verfassungsstaat und seine "freiheitlich-demokratische Grundordnung" gegen jene verteidigt werden, die sich jenseits einer wie auch immer für moralisch gut befundenen "demokratischen Mitte" bewegen. Linker und rechter "Extremismus" werden so, verbildlicht durch die Form eines Hufeisens, gleichgesetzt. Mit der Erklärung nazistischer und menschenfeindlicher Ideologien zu Randphänomenen wird auch eine notwendige Kritik an alltäglichem Rassismus und anderen Diskriminierungen in eben jener "Mitte der Gesellschaft" delegitimiert und als extremistisch gebrandmarkt. Sachsens Staatsminister des Inneren Markus Ulbig treibt diese Logik der Gleichsetzung auf die Spitze, wenn er in einer Video-Botschaft die Bevölkerung mahnt, dass "Antifaschismus nicht die richtige Antwort" auf rassistische Morde sei. Dass solcher Unfug nicht nur dummes Gerede eines Innenministers ist, sondern in Sachsen bereits Realität, zeigt sich am Beispiel Limbach-Oberfrohna. Dort müssen sich Menschen, die der rechten Hegemonie im ländlichen Sachsen zumindest antifaschistische Akzente entgegen zu setzen versuchen, nicht nur gegen gewalttätige Nazis wehren, sondern auch gegen Kriminalisierungsversuche durch Polizei und Verwaltung. Dass Ublig die zaghaften Fortschritte nun für sich und sein Klientel reklamieren will, ist mehr als zynisch. Aber solche Widersprüche lassen diejenigen, die Demokratie per Geschäftsordnung umsetzen wollen ebenso kalt, wie die Opfer derer, die ihr mörderisches Versprechen − Rassismus − in die Tat umsetzen. Dies alles erscheint ihnen nur als Kollateralschaden, um "Sicherheit" und ein gutes Image zu erhalten.



viertens.

Wenn Nazigegnerinnen diffamiert und kriminalisiert werden, während Nazis ungestraft und mit staatlicher Unterstützung jahrelang morden können, muss die Abschaffung der Verfassungsschutzämter und konsequenter Antifaschismus, im Zweifel gegen den Willen staatlicher Stellen, die Antwort sein. Wenn die Grenzen des staatlich Geduldeten überschritten werden müssen, um Menschen effektiv vor dem Zugriff durch Rassistinnen und Antisemitinnen zu schützen, dann werden wir das tun. Denn ein Staat der die Nazis unterstützt, die Bedrohung durch sie kleinredet und Antifaschistinnen bei jeder Gelegenheit Steine in den Weg legt − so ein Staat muss damit rechnen, dass diese Steine auch aufgehoben werden. Dass es bei der ganzen Propaganda der "Extremistengegner" nicht um den Schutz der Einzelnen vor körperlicher Unversehrtheit geht, das hat die Realität bewiesen − es ist an uns zu beweisen, dass wir diese Realität nicht akzeptieren. Deshalb fordern wir als erste notwendige Schritte:

  • die Auflösung aller Inlandsgeheimdienste,

  • das Ende der "sächsischen Demokratie",

  • öffentliche Aufklärung der NSU-Taten,

  • und Offenlegung aller Geheimdienstakten.

  • Ein Bündnis antisächsischer Extrem_ist_innen Januar, 2012


    13. Februar 2012 in Dresden - Nazis eine Abfuhr erteilt!

    Es war ein langer Tag. Und in der Konsequenz auch ein erfolgreicher. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Die Nazis konnten zwar laufen, aber nur eine stark verkürzte Route. Und das hat sie richtig geärgert. Man kann sagen, ihre Route war so kurz, das sich der Kopf schon wieder in den Schwanz gebissen hat.

    Aber von Anfang an.

    13 Uhr startete am Comeniusplatz der „Mahngang Täterspuren“. Diese war im letzten Jahr unverständlicherweise verboten worden, diesmal fand er statt. Es ging darum, an Hand 11 innerstädtischer Punkte aufzuzeigen, dass Dresden nicht die Opferstadt war, als die sie immer noch romantisiert war, sondern das es in Dresden nicht wenige Täter, Mitläufer und Wegschauer gab.




    An diesem Mahngang nahmen über 2000 Menschen teil! Besucht wurden unter anderem die Mutschman-Villa (Mutschmann war Ministerpräsident, Partei-Gauleiter und Reichstatthalter), der Standort der ehemaligen Gefangenenanstalt Mathildenstraße, selbstverständlich die Synagoge, das Polizeipräsidium und der ehemalige Sitz der Gestapo, Bayrische Straße. (Mehr dazu auf www.dresden-nazifrei.com, die Seite ist aber wegen eines vermutlichen Angriffs derzeit offline) An den verschiedenen Punkten sprachen Dresdner Künstler und bekannte Persönlichkeiten Texte zu dem jeweiligen Thema.




    Am Polizeipräsidium spaltete sich der Mahngang auf. Während der größere Teil weiter Richtung Hygienemuseum lief, bewegten sich ca. 500 Jugendlicher Richtung Postplatz und Freiberger Straße. Die Polizei war das erste Mal sichtlich überfordert. Ziel war die Kreuzung Freiberger Straße / Ammonstraße am Word Trade Center, die blitzschnell besetzt wurde. Die Blockade blieb auch bis zum Ende der Naziaktivitäten bestehen! Ein großartiger Erfolg.




    Zu dem Zeitpunkt hatte ich Zweifel, ob das reichen wird. Schließlich könnten die Nazis ja noch über die Rosenstraße zur Freiberger Straße gelangen. Die Nazis hatten ihren Sammelpunkt unter der Brücke Budapester Straße. Gegen 17 Uhr war aber noch niemand zu sehen. Das Areal am Hauptbahnhof war massiv durch die Polizei abgesperrt. Überhaupt ging an diesem Tag verkehrstechnisch in der Innenstadt recht wenig. Schon der Mahngang Täterspuren hatte an der Synagoge den Platz weiträumig blockiert. Aber da mussten die braven Dresdner Bürger mal durch. Sie konnten ja gleich dableiben.




    Vielleicht war das aber auch der Grund, warum in diesem Jahr weniger Menschen an der Menschenkette teilnahmen als im letzten Jahr, wie die Sächsische Zeitung Online schreibt. Aber die Menschenkette war sowieso ein Witz. Ich sage es immer wieder, ich kann es verstehen, dass nicht jeder den Mut hat, sich offensiv an Blockaden zu beteiligen. Ich finde es auch in Ordnung, wenn sie wenigsten ein Zeichen setzen, indem sie sich an der Menschenkette beteiligen. Aber von „sich den Nazis entgegenstellen“, wie im Aufruf zu lesen war, konnte wirklich keine Rede sein. Die Nazis befanden sich alle in der Nähe des Hauptbahnhofs und die Menschenkette am Rathaus war davon 600 bis über tausend Meter entfernt. Aufgehalten wurde dadurch nicht ein einziger Nazis, das waren wieder die unzähligen Antifaschisten, die länger als 10 Minuten (So zwischen Einkaufen und McDonalds) auf der Straße standen und saßen. Immerhin schafft die SZ das in einem Satz nebenbei zu erwähnen: „2010 und 2011 hatten Tausende Gegendemonstranten Neonazi-Märsche verhindert.“




    Die Blockade Freiberger Straße / Ammonstraße sollte aber nicht die einzige bleiben. Inzwischen hatten sich auch hunderte oder tausend Menschen auf dem Sternplatz eingefunden und in Seitenstraßen sah man auch kleinere Gruppen. Das Ergebnis war, dass die Nazis nur eine sehr kurze Route latschen konnten, eine Zwischenkundgebung fiel komplett aus. Das stank denen gewaltig. An der Kreuzung Güterbahnhofstraße / Ammonstraße riss der widerliche Aufmarsch der Nazis plötzlich ab und ein Teil blieb über eine halbe Stunde stehen. Belustigt konnte man sich dann anschauen, wie sich die Nazis gegenseitig anschrien und die Ordner drohten, einzelne von denen aus ihrer Demo rauszuwerfen. Na hätten sie mal… Lange Zeit war unklar, was los ist, bis mir ein Kollege erklärte: „Die sind bockig, weil ihre Route so verkürzt wurde.“

    Na das war doch mal was!




    Letztlich zogen die Nazis wieder alle ab, von der Polizei begleitet, und gegen 21 Uhr konnten die Antifaschisten zufrieden nach Hause gehen. Am Postplatz gab es noch eine kleine Abschlusskundgebung. Passend war dort schön laut „Ten German Bombers“ von Egotronic zu hören.

    Das Fazit von Dresden Nazifrei, zu lesen bei Facebook:

    Unser Fazit: 6000-8000 BlockiererInnen machen Trauermarsch zur Lachnummer, 2500 protestieren mit Täterspuren gegen den Opfermythos Dresden. Für uns ist der 13. Februar 2012 ein voller Erfolg. Unser Ziviler Ungehorsam ist legitim und wir sehen uns nächste Woche Samstag wieder in Dresden!

    Ausdrücklich möchte sich das Mod-Team bei allen HelferInnen im und um das Bündnis herum bedanken, die in den letzten Wochen alles dafür getan haben, dass der Naziaufmarsch in Dresden ein Stück mehr Geschichte wird. Ihr ward und seid die Besten!




    Am Samstag den 18. Februar wird es nach aktuellem Kenntnisstand keine Nazidemo geben. Das haben sie wohl schon aufgegeben. Bleibt es dabei, seid ihr trotzdem alle in Dresden zu einer großen antifaschistischen Demonstration ab 12 Uhr am Hauptbahnhof eingeladen. Es gibt noch genügend, gegen das man protestieren muss. Die Kriminalisierung der Antifaschisten hat nicht aufgehört.

    No pasaran!

    Zuerst veröffentlicht in Das Rote Blog - woschod.de

    Richard Wagner zum heutigen Todestag

    „Wagner ist auch nicht schwieriger als Lehár. Da brauche ich nur Strapse, Hakenkreuze, brennende Engel, am Bühnenrand noch zwei Jugendliche im Analverkehr. Fertig ist die zeitgemäße Inszenierung.“ Harald Schmidt zum vor 128 Jahren verstorbenen antisemitischen Vorkämpfer Richard Wagner

    Wien: Strache - ordensberaubt, als Kanzler angelobt?

    NO WKR! Demo 2012
    Foto: Anarchistische Gruppe Freiburg via flickr!
    Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0
    Die Dinge stehen zwischen den Parteien in Österreich so: SPÖ im Abrutschen von 30 Prozent. ÖVP und FPÖ je 25! Mit offenbar nicht geringen Chancen, dass die FPÖ die ÖVP überholt, mit Strache als Kanzler antritt - und die ÖVP in Schlepptau nimmt.

    Vor ein paar Jahren gab es das schon einmal - nur in umgekehrter Rangfolge. Mit Schüssel als Kanzler. Von der ÖVP.

    Das Problem: Wenn einer schon keinen Orden verdient hat, darf er dann vor dem Präsidenten "angeloben"? Angeloben - ein österreichischer Fachausdruck für: den Eid ablegen auf die Verfassung vor Aug und Ohr des Präsidenten.

    Die Chancen für eine Verweigerung stehen schlecht. Ein Recht auf einen Orden gibt es nicht. Dagegen - wenn eine Koalition dahintersteht - wohl schon das Recht auf Anerkennung als Kanzler.

    Strache selbst stänkert weiter in allen möglichen Kanälen und Medien. Insbesondere spielen bei ihm verheulte Damen eine immer größere Rolle. Sie sollen ihm das Frackhemd durchgenässt haben mit ihren Tränen über spuckende Demonstranten. Zu Gesicht hat man bisher keine der Geschändeten bekommen. Da die Polizei einen Kordon von fünfzig Meter gebildet hatte zwischen Festgastin und linken Speichelkönigen, ist das Faktum auch nicht ganz glaubhaft. Den Linken ist ja alles zuzutrauen - aber fünfzig Meter. Das wäre Guinness-reif!

    Ein Gesinnungsbruder Straches hat nach dessen Ausspuch. "Wir sind die neuen Juden" gleich dazuphantasiert: demnächst gibt es "Anhaltelager" für die FPÖ. "Anhaltelager" - ein für Österreich typisches Keuschwort für eine Art KZ. Von den Austrofaschisten unter Dollfuß und vor allem Schuschnigg erfunden, um missliebige Personen ohne große gerichtliche Umstände über einen Polizeibefehl stillzustellen. Vielleicht nicht ganz so brutal wie bei den Kollegen der SS im Nachbarland. Aber denen, die es erwischte, reichte es übrig. Man sieht: die österreichische Geschichte wird aufgebraucht. Nur mit umgekehrt angezogenen Ärmeln.

    Interessanter die Frage: wo kommen die vielen Rechten her? Inhaltlich ist mir persönlich seit Jahren nichts zu Ohren gekommen, was irgendwie auffällig wäre. Sauber, gesund, reinen Herzens, vaterländisch- das wird offen bekannt. Aber wer will das in schwächeren Stunden nicht auch mal sein. Als Programm wirkt es mehr als lasch.

    Antwort: Die FPÖ nährt sich wesentlich aus der Wut auf die seit 1945 nahezu ewige große Koalition zwischen angeblichen Todfeinden: SPÖ und ÖVP. Dass da noch viel mehr hinter die Kulissen geschoben wird als bei Merkel, leuchtet ein. So füllen denn auch die Reste der Zeitungen, die nicht vom Skandal handeln, die Prozesse und Untersuchungsausschüsse wegen Korruption. Zu allen andern ist erst in dieser Woche eine Meldung durchgekommen, dass man von Österreich aus versucht hat, einen Flugplatz im näheren Balkan zu privatisieren. Das Geschäft kam nicht zustande, aber ein paar Millionen blieben doch auf beiden Seiten hängen.

    Ein Blick über Europa weg zeigt: ähnliche Gruppierungen ohne große Inhalte treten immer auf, wo entweder auch große Koalition angesagt ist- oder eine Klumpenregierung unter Merkels Fuchtel stöhnt. Etwa die "Wahren Finnen" in Finnland. Niemand hat herausbekommen, was die genau wollen. Aber die Wut auf die Euro-Nachschlapper und Gewölkebewohner oben treibt ihnen die Anhängerinnen und Anhänger zu.

    Ausnahme unter den rechten Parteien Europas? Allenfalls Le Pen, Papa und Tochter. In Frankreich greifen sie denn doch viel offener aufs vertraute faschistische Erbe zurück. Die anderen stellen keine große Gefahr für einen Umsturz dar. Aber natürlich - wie in Deutschland auch - verschieben sie die Maße. Was eben noch als rechtsextrem verabscheut wurde, ist auf einmal ein hochanständiger Gedanke geworden, dem sicher - wie es dann heißen wird - einige mit Vorbehalt gegenüberstehen.

    Aber korrekt abwägen müssen sie schon, weil sonst einseitig.

    Altbach: Flüchtlinge sind kein "Gefahrenpotenzial"!

    In einem am 21. Januar in der Esslinger Zeitung veröffentlichten Artikel wendet sich die örtliche CDU gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in Altbach. Konkret geht es darum, dass dort bis zu 90 Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Irak in bislang leer stehenden Immobilien untergebracht werden sollen.

    Der Fraktionsvorsitzende der Altbacher CDU, Helmut Maschler, sieht in den "zum Herumlungern verdammten" Flüchtlingen ein "Gefahrenpotential", vor dem die Bürger angeblich "verständlicherweise Angst" hätten. Dies gründet sich auf Ängste vor vermuteten Konflikten durch kulturelle Unterschiede.

    Diese "Angst" steht in keiner Relation zu der Angst, die viele der Flüchtlinge als Verfolgte haben, die in ihrem Herkunftsland aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder politischen Überzeugung um ihr Leben fürchten müssen.

    Anstatt diese Problematik in den Vordergrund zu rücken, wird von der CDU ein Menschenbild propagiert, das Flüchtlinge als Gefahr darstellt, deren Aufnahme der Gemeinde keinen wirtschaftlichen Nutzen einbringt und die offenbar als lästige, rechtliche Verpflichtung angesehen werden.

    Schon am 26. Januar zeigen diese Äußerungen Wirkung, so dass der Pressesprecher des Landratsamtes, Peter Keck, die Reduzierung von 90 auf 60 Plätze im Antrag des Landkreises Esslingen für ein Asylbewerberheim in Altbach verkündet. Die Unterkunft soll ein ehemaliges Altenpflegeheim werden, das laut Maschler einst über 45 Pflegeplätze verfügte und somit für 90 Flüchtlinge nur unzureichend Platz bietet. Um - wie aus anderen Flüchtlingsunterkünften bekannt - katastrophale hygienische Zustände und mangelhafte Bewegungsfreiheit zu vermeiden, fordert der Esslinger Kreisverband der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) ein anderes Unterbringungskonzept, damit ein menschenwürdiges Leben garantiert werden kann. Der CDU scheint die Enge der geplanten Unterkunft jedoch gerade Recht zu kommen, denkt sie doch statt über alternativen oder zusätzlichen Platz lieber an eine "gerechtere Verteilung der Asylanten auf alle Kommunen".

    Diese Menschen verlassen ihr Heimatland in größter Not, stammen häufig aus Kriegs- und Hungergebieten, müssen bei einer Rückkehr mit Verfolgung, Folter oder Ermordung rechnen. Die Art und Weise, in der hier über die Asylsuchenden diskutiert und die Problematik als unangenehme Pflicht abgetan wird, verurteilen wir aufs schärfste!

    Das seit 1993 stark eingeschränkte Asylrecht erschwert es Asylsuchenden ohnehin, in Deutschland Asyl beantragen zu können und sorgt zudem für Umstände, die es unmöglich machen, sich - wie von der CDU gewünscht - zu "integrieren". Die bislang nur in Deutschland geltende "Residenzpflicht" sorgt für eine örtliche Beschränkung des Aufenthalts und damit für eine einfachere Kontrollier- und Kriminalisierbarkeit der Flüchtlinge. Wir fordern die Abschaffung dieser Auflage, da sie den betroffenen Menschen die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes, freiheitliches Leben raubt!

    Eine Unterbringung in abgelegenen Gegenden oder von der Bevölkerung abgesonderten Sammelunterkünften lehnen wir ab. Eine Leben in Wohngemeinschaften inmitten der Bevölkerung ist menschenwürdiger, ermöglicht ein solidarische Zusammenleben in jeder Hinsicht und ist zudem sogar günstiger, wie die Erfahrungen in anderen Landkreisen bzw. Bundesländern zeigen.

    Die durch Krieg, Vertreibung und Massenvernichtung geprägte nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands sollte uns zudem zur Solidarität gegenüber Menschen, die vor solchen Zuständen flüchten und Schutz suchen, mahnen.

    Rechtsauftreten österreichisch und deutsch. Brief aus Wien.

    NO WKR! Demo 2012
    Foto: Anarchistische Gruppe Freiburg via flickr!
    Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0
    Wenn man dem FPÖ-Vorsitzenden Strache glauben darf, dann bestand die Kristallnacht in Wien 1938 darin, dass JüdInnen Schwierigkeiten hatten, zum Ball in die Hofburg zu kommen. Jedenfalls äußerte er sich - selbst anwesend beim Ball der rechten Burschenschaften - lauthals und öffentlich so. Dass ihm "Kristallnacht" - November 1938 - und die Pogrome nach der Besatzung des Landes durch die deutsche Wehrmacht - Frühjahr 1938 - dabei durcheinander kamen, mag man beim sonstigen Zustand seiner mentalen Fähigkeiten noch nachsichtig beurteilen. Dass er die mitgeschleppten sogenannten Couleurdamen zur Verstärkung seines Arguments verwendete, schon weniger. Diese nämlich seien beim Durchdrängen durch die reichlich erschienenen Gegendemonstranten eben so beschimpft worden, wie Geschichtskenner Strache sich das so vorstellt für das Jahr 1938.

    Ein Reporter des Wiener "Kurier" hatte sich unters bekennende deutschnationale Publikum gemischt, mit einem Buch in der Hand, für das er scheinheilig eine Signatur des Autors Strache verlangte. Es entstand ein Gespräch zwischen Volksführer und seinem angeblichen Anbeter, bei welchem eben das Wort von der neuen Kristallnacht fiel.

    In der Wiener Presse nennt man solche offenherzigen Bekenntnisse treuherzig "Sager". Als ob eben aus Versehen etwas aus der Mundhöhle gerutscht sei.

    Am nächsten Tag hätte Strache im Fernsehen Gelegenheit gehabt, entweder alles abzustreiten oder sich halbherzig zu entschuldigen. So wäre das im reichsdeutschen Vaterland vermutlich behandelt worden.

    Nichts davon bei Strache. Der Reporter im ORF bedrängte ihn kräftig. Strache gefiel sich im Dreh.

    Erste Satzhälfte: Er hätte nur laut nachgedacht, wie solche Bewegungen im "Mob" entstehen könnten und hätte dabei - natürlich - an die in Wien noch offenherzig so benannte "Kristallnacht" denken müssen.

    Dann aber zweiter Dreh: Und natürlich sei es so, dass heute die Rechten tatsächlich - wieder - so behandelt würden wie damals die markierten Personengruppen. Und der Satz "Wir sind die neuen Juden" sei bekanntlich ein Haiderzitat. Wie er - Strache - zu seinem Wahrheitsgehalt stehe, blieb offen. Dafür aber erbitterte Angriffe gegen den Journalisten, der ihm die Herzensgeheimnisse entlockt hatte. "Bespitzelung" war noch das gelindeste, was vom gekränkten Ehrenmann dazu zu vernehmen war.

    Die Zeitungen - außer der bewährten KRONENZEITUNG - erwiesen sich zum großen Teil schadenfroh und gönnten es dem FPÖ-Obmann von Herzen. Verloren sich aber schon am übernächsten Tag in Diskussionen über ihren Kollegen beim "Kurier". War das noch ehrenhaft, was er da erlauscht und publiziert hatte?

    Dann aber ein Schlag. Der Bundespräsident Fischer, der an sich noch weniger zu sagen hat als unsere Neuerwerbung Wulff, trat hervor und ließ durch seinen Sprecher verkünden, die Ordensverleihung für den FPÖ-Mann sei bis auf weiteres "aufgeschoben". In Österreich, muss man wissen, bekommt jedes Parlamentsmitglied ohne weiteres Verdienst einen Orden, wenn er zehn Jahre lang seinen Arsch auf den zugehörigen Sesselchen abgenutzt hat. Und jetzt das! Wehegeschrei aus den Tiefen. Welches Unrecht! Aber Strache hatte es ja vorausgesagt: die Rechten sind heute das Opfer!

    Von den regierenden Parteien SPÖ und ÖVP war wenig bis gar nichts zu hören. Kein Wunder! Beide hoffen für die nächsten Wahlen auf eine Koalition mit den jetzt noch Verachteten, bald aber Nützlichen. Den Umfragewerten nach ist die FPÖ wieder kräftig angewachsen seit Haiders Tod. Also Vorsicht beim Quengeln!

    Der Unterschied zu den deutschen Verhältnissen fällt in die Augen. Nicht nur, dass unsere NPD derzeit noch zu miefig und mickerig ist, um als Koalitionspartner in Frage zu kommen. Vor allem: Weder ARD noch ZDF wären im Augenblick - noch - auf den Gedanken gekommen, einer Person ein Interview in den Abendnachrichten zuzugestehen, die ihrem Herzensstreben und Schädelinhalt sich so wenig von den alten Nazis unterscheidet. In Österreich bleibt Obmann Strache ein ehrenwerter Mann.

    Es könnte sein, dass die österreichischen Rechten es darauf anlegen, ein trotz allem halbwegs respektables europäisches Bündnis der vaterländisch Gesinnten hinzubekommen.

    Kleines Zusatzindiz: Die Tochter Le Pens, kurz vor einem ansehnlichen erwarteten Wahlgewinn, schwang auf dem Korporationsball nicht nur das Tanzbein, sondern auch den Arm um teure Gesinnungsverwandte. So könnte es anfangen.

    cronjob