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Wien: Strache - ordensberaubt, als Kanzler angelobt?

NO WKR! Demo 2012
Foto: Anarchistische Gruppe Freiburg via flickr!
Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0
Die Dinge stehen zwischen den Parteien in Österreich so: SPÖ im Abrutschen von 30 Prozent. ÖVP und FPÖ je 25! Mit offenbar nicht geringen Chancen, dass die FPÖ die ÖVP überholt, mit Strache als Kanzler antritt - und die ÖVP in Schlepptau nimmt.

Vor ein paar Jahren gab es das schon einmal - nur in umgekehrter Rangfolge. Mit Schüssel als Kanzler. Von der ÖVP.

Das Problem: Wenn einer schon keinen Orden verdient hat, darf er dann vor dem Präsidenten "angeloben"? Angeloben - ein österreichischer Fachausdruck für: den Eid ablegen auf die Verfassung vor Aug und Ohr des Präsidenten.

Die Chancen für eine Verweigerung stehen schlecht. Ein Recht auf einen Orden gibt es nicht. Dagegen - wenn eine Koalition dahintersteht - wohl schon das Recht auf Anerkennung als Kanzler.

Strache selbst stänkert weiter in allen möglichen Kanälen und Medien. Insbesondere spielen bei ihm verheulte Damen eine immer größere Rolle. Sie sollen ihm das Frackhemd durchgenässt haben mit ihren Tränen über spuckende Demonstranten. Zu Gesicht hat man bisher keine der Geschändeten bekommen. Da die Polizei einen Kordon von fünfzig Meter gebildet hatte zwischen Festgastin und linken Speichelkönigen, ist das Faktum auch nicht ganz glaubhaft. Den Linken ist ja alles zuzutrauen - aber fünfzig Meter. Das wäre Guinness-reif!

Ein Gesinnungsbruder Straches hat nach dessen Ausspuch. "Wir sind die neuen Juden" gleich dazuphantasiert: demnächst gibt es "Anhaltelager" für die FPÖ. "Anhaltelager" - ein für Österreich typisches Keuschwort für eine Art KZ. Von den Austrofaschisten unter Dollfuß und vor allem Schuschnigg erfunden, um missliebige Personen ohne große gerichtliche Umstände über einen Polizeibefehl stillzustellen. Vielleicht nicht ganz so brutal wie bei den Kollegen der SS im Nachbarland. Aber denen, die es erwischte, reichte es übrig. Man sieht: die österreichische Geschichte wird aufgebraucht. Nur mit umgekehrt angezogenen Ärmeln.

Interessanter die Frage: wo kommen die vielen Rechten her? Inhaltlich ist mir persönlich seit Jahren nichts zu Ohren gekommen, was irgendwie auffällig wäre. Sauber, gesund, reinen Herzens, vaterländisch- das wird offen bekannt. Aber wer will das in schwächeren Stunden nicht auch mal sein. Als Programm wirkt es mehr als lasch.

Antwort: Die FPÖ nährt sich wesentlich aus der Wut auf die seit 1945 nahezu ewige große Koalition zwischen angeblichen Todfeinden: SPÖ und ÖVP. Dass da noch viel mehr hinter die Kulissen geschoben wird als bei Merkel, leuchtet ein. So füllen denn auch die Reste der Zeitungen, die nicht vom Skandal handeln, die Prozesse und Untersuchungsausschüsse wegen Korruption. Zu allen andern ist erst in dieser Woche eine Meldung durchgekommen, dass man von Österreich aus versucht hat, einen Flugplatz im näheren Balkan zu privatisieren. Das Geschäft kam nicht zustande, aber ein paar Millionen blieben doch auf beiden Seiten hängen.

Ein Blick über Europa weg zeigt: ähnliche Gruppierungen ohne große Inhalte treten immer auf, wo entweder auch große Koalition angesagt ist- oder eine Klumpenregierung unter Merkels Fuchtel stöhnt. Etwa die "Wahren Finnen" in Finnland. Niemand hat herausbekommen, was die genau wollen. Aber die Wut auf die Euro-Nachschlapper und Gewölkebewohner oben treibt ihnen die Anhängerinnen und Anhänger zu.

Ausnahme unter den rechten Parteien Europas? Allenfalls Le Pen, Papa und Tochter. In Frankreich greifen sie denn doch viel offener aufs vertraute faschistische Erbe zurück. Die anderen stellen keine große Gefahr für einen Umsturz dar. Aber natürlich - wie in Deutschland auch - verschieben sie die Maße. Was eben noch als rechtsextrem verabscheut wurde, ist auf einmal ein hochanständiger Gedanke geworden, dem sicher - wie es dann heißen wird - einige mit Vorbehalt gegenüberstehen.

Aber korrekt abwägen müssen sie schon, weil sonst einseitig.

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