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"Anders als die Polizei haben S21-Projektgegner Recht und Gesetz verteidigt" - Kommentar des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit

Journalisten, Fernsehreporter werden ausgeschlossen

Durch die "Allgemeinverfügung zur Anordnung eines Aufenthalts- und Betretungsverbots und zur Räumung des Zeltlagers für Teile der Mittleren Schloßgartenanlagen in Stuttgart" vom 22.12.2011 werden das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit für diesen Bereich, das Grundrecht auf Freizügigkeit und die Meinungs- und Pressefreiheit (Freiheit der Berichterstattung) vollständig außer Kraft gesetzt:

Bei den unter Punkt 1.4. aufgeführten "besonders berechtigten" Personen, die das Areal betreten dürfen, fehlen Journalisten, Fernsehreporter etc. vollständig.

In der Verfügung fehlt eine zeitliche Begrenzung. Das ist offensichtlich rechtswidrig!

Das Einschränken elementarer Grundrechte kann dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechend nicht zeitlich unbegrenzt stattfinden – es herrscht kein Ausnahmezustand!

Und das alles in einer Situation, in der das Baurecht der Bahn durchaus anzuzweifeln ist.

Das erkennt selbst das Innenministerium. SPD-Innenminister Gall: "Es kann nicht sein, dass die Polizei eine Baustelle schützt, die sich im Nachhinein als illegal erweist" (dpa 31.12.2011).

Der Stuttgarter Polizeipräsident Züfle stoppte daraufhin die Vorbereitungen für einen Polizeieinsatz im Schloßgarten. Das Amt für öffentliche Ordnung muß deshalb umgehend die "Allgemeine Verfügung" aufheben!

Bauarbeiten am Grundwassermanagement waren rechtswidrig

Spätestens nach dem Stopp der Bauarbeiten durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim ist klar: Die Bauarbeiten am Grundwassermanagement waren rechtswidrig und nicht durch das Baurecht
der DB gedeckt.

Ebenso die Baumfällungen am 30.9./1.10.2010: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart, hat Strafbefehle gegen drei DB-Bedienstete erlassen, die offenbar ein Gutachten zurückgehalten hatten, das zum Stopp der Baumfällarbeiten durch das Verwaltungsgericht Stuttgart geführt hätte.

Folglich waren alle polizeilichen Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Bauarbeiten rechtswidrig!

Projektgegner haben Recht und Gesetz verteidigt, nicht die Polizei

Bündnissprecher Thomas Trüten: „Im Recht waren und sind unserer Ansicht nach dagegen die Projektgegner, die sich mit Aktionen des zivilen Ungehorsams diesem ungesetzlichen Treiben entgegengestellt haben: Sie haben Recht und Gesetz verteidigt, nicht die Polizei!“

Alle Verfahren gegen S21-GegnerInnen einstellen

Die Staatsanwaltschaft ist eine weisungsgebundene Behörde und untersteht dem Justizminister. Wir fordern deshalb die Landesregierung und namentlich den Justizminister auf, die Staatsanwaltschaft Stuttgart
anzuweisen, alle Verfahren gegen S21- GegnerInnen einzustellen und eine Amnestie für die bereits Verurteilten zu erlassen!

Unterschriftenlisten zur Unterstützung dieser Forderung sind im DGB Haus Stuttgart erhältlich oder auf den Seiten des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit herunterladbar.

Pressemitteilung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit vom 5.1.2012, via hohenlohe ungefiltert

Götterdämmerung für den S21-Widerstand? Die Ergebnisse der "Volksabstimmung"

Grafik: Fakt

Foto: Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg
Lizenz: Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0)
Logos der "Grünen"
Mit der verlorenen sogenannten "Volksabstimmung" ist das Ende der Illusionen in die baden-württembergischen "GRÜNEN" und deren Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gekommen.

Viele prominente S21-GegnerInnen und heutige ProtestuntergangsbeschwörerInnen beginnen nun mit einer Absetzbewegung.

Nachdem sie alle Warnungen und Kritiken vor einer Beteiligung der Protestbewegung an der ursprünglich von der SPD ins Spiel gebrachten "Volksabstimmung" ignoriert hatten, erklären sie den Protest nun für gescheitert. Sie versuchen, die Proteste gegen Stuttgart 21 dorthin zu verlagern, wohin ihn die BefürworterInnen gerne hätten: in den Keller.

Dass dieses Instrument, von dem von vornherein klar war, dass es nicht zur Verhinderung von Stuttgart 21 taugt, trotzdem von vielen, vor allem prominenten "Bewegten", favorisiert wurde, hat Tradition in dieser Auseinandersetzung.

Nachdem an dem bundesweit als "schwarzer Donnerstag" bekannt gewordenen 30. September 2010 hunderte Menschen verletzt wurden, nahmen Hunderttausende an den darauf folgenden Protestdemonstrationen teil.

Dann kam Heiner Geißler und mit ihm die Illusion der Schlichtung - als ob es Kompromisse beim Milliardenprojekt geben könnte. Die anschließende Orientierung auf die Abwahl der als korrupt angesehenen Mappus-Regierung und die damit verbundene Hoffnung, mit der Wahl der "GRÜNEN", die erstmals einen Ministerpräsidenten stellten, Stuttgart 21 auf parlamentarischen Weg verhindern zu können, schlugen ebenfalls fehl.

Die GRÜNEN hatten die Einstellung von Stuttgart 21 allerdings nur auf dem Umweg über den Ausstieg aus dem Finanzierungsanteil des Landes im Programm: "Wir wollen eine 'Volksabstimmung' über die Beteiligung des Landes an 'Stuttgart 21' einleiten." (Wahlprogramm, S. 194)

Konsequent brechen nun Bündnispartner wie der BUND aus dem Aktionsbündnis weg, mit dem Verweis auf dessen durch die "Volksabstimmung" angeblich erreichte Demokratische Legitimation.

Mit "NEIN" zum Ausstieg Baden-Württembergs aus der Finanzierung stimmten 28,3% der Wahlberechtigten im Land bzw. 35,7 % in Stuttgart. Ist DAS die "Mehrheit der Bevölkerung"?

Zumal wahlberechtigt nur "BürgerInnen", also Menschen mit deutschem Pass waren und ein Großteil der MigrantInnen davon ausgeschlossen war.

Genau mit diesem "Argument" gehen jetzt aber auch ehemals prominente S21-GegnerInnen hausieren und verbreiten Niederlagenstimmung nach allen Regeln der Kunst.

Sie fordern die Einstellung der Montagsdemos mit der Begründung, man würde damit "gegen die Mehrheit der Menschen" protestieren

Außer acht bleibt die bescheidene Frage, ob denn überhaupt noch demonstriert werden müsste, wenn die "Mehrheit der Menschen" sich den Zielen der Protestbewegung bereits angeschlossen hätte?

Im Kern schieben die VerfechterInnen des Projektes "Volksabstimmung" deren vorhersehbare Ergebnisse als Begründung für ihren eigenen Abschied aus der Protestbewegung vor.

Am einfachsten haben es die "GRÜNEN": Hatten sie bereits in der Vergangenheit ihre "Unschuld" verloren, weil sie durch ihre Zustimmung zu den NATO-Kriegen in Jugoslawien und Afghanistan, zum halbherzigen Atom"ausstieg" oder zu Hartz IV all dieses überhaupt erst möglich gemacht hatten, so enttäuschen sie auch jetzt nicht die Erwartungen.

Kretschmann fiel auf dem "GRÜNEN" Parteitag in der Woche vor der "Volksabstimmung" gleich zwei Bewegungen in den Rücken, indem er unterstrich, dass er bei gewonnener "Volksabstimmung" S21 auch von seiner Landespolizei geschützt durchsetzen wird, und indem er den Mitgliedern seiner Partei von der Unterstützung der Anti-Castor-Proteste abriet.

Sie dachten, sie wären an der Macht...

Die Hoffnung in die "Volksabstimmung" zu setzen, ist die Fortsetzung des Trugschlusses, es ginge in der Auseinandersetzung um Stuttgart 21 in erster Linie um die besseren Argumente und nicht um eine Machtauseinandersetzung.

Das verkannte, dass die hochmotivierte Gegenseite, bestehend aus dem real existierenden baden-württembergischen schwarzen Filz aus Seilschaften, um ihre Milliardenprofite besorgten Konzerne, alles aufbieten würde, um die Abstimmung propagandistisch für sich zu entscheiden.

So nahmen allein die Regionalversammlung 1 Million Euro und der Stuttgarter Oberbürgermeister Schuster zusätzliche 130.000 Euro an Steuergeldern für einen Brief an die "lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger" in die Hand, um in einer gewaltigen Desinformationskampagne gemeinsam mit den Unternehmerverbänden und der IHK die entsprechende Stimmung zu erzeugen.

Die Motive dafür brachte der langjährige Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, bereits am 28. September in der "Stuttgarter Zeitung" auf den Punkt:

"Wenn Stuttgart 21 gekippt wird, dann hat dies verheerende Auswirkungen auf unsere nationale und internationale Reputation als rechtssicherer und verlässlicher Wirtschafts- und Investitionsstandort."

... dabei waren sie nur in der Regierung

Hundts Angst vor Eingriffen in die kapitalistische Investitionsentscheidungsfreiheit unterstrich damit zugleich auch, was in Teilen der radikalen Linken nicht unumstritten ist - dass der Kampf gegen S21 im Kern ein antikapitalistischer ist und - unabhängig vom Bewusstsein der AkteurInnen im S21-Widerstand - den Herrschenden die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel streitig gemacht werden.

Diese Erkenntnis wäre jedoch für die Verbreitung und Weiterentwicklung des Widerstandes, der bislang eher von besserverdienenden Menschen geprägt ist, von großer Bedeutung.

Diesen langen und schwierigen Weg zu beschreiten, ist für die bisher eher als Randerscheinung agierende Linke eine Herausforderung. Nicht umsonst fällt es bürgerlichen Führungsfiguren leicht, vor "radikalen Kräften" zu warnen.

S21 bleibt trotz der "Volksabstimmung" ein "verkorkstes" Projekt

Die "Volksabstimmung" muss als das verarbeitet werden, als was sie gedacht war und wie sie von der Befürworterseite vorangetrieben wurde: als perfides Spaltungsmanöver, in das die Protestbewegung hinein bugsiert wurde. Es gibt deshalb keinen Grund, sich dem Ergebnis unterzuordnen oder - noch schlimmer - es als Maßstab für das eigene Handeln zu nehmen. Diejenigen Vorschläge, die jetzt analog zur "kritischen Begleitung" des Projektes durch die Landesregierung den Protest weichspülen wollen, erweisen ihm einen Bärendienst.

Der Protest ist auf der Straße, bei Blockaden, Infoständen im Park und bei Wind und Wetter durch Aktionen, bei denen sich die Menschen einbringen konnten, stark geworden. In dem Maß, wie stattdessen auf den parlamentarischen Weg, auf Schlichtung statt Verschärfung gesetzt wurde, bröckelten dessen Teilnehmerzahlen.

Der Zivile Ungehorsam war noch nie ein Mehrheitsprogramm, weswegen gerade er jetzt durch die Freunde der "Volksabstimmung" für unangebracht erklärt wird.

Selbstbewusst und auf die eigenen Positionen vertrauend, werden Sympathien gewonnen und nicht anbiedernd

Optionen und Reserven für einen wirkungsvollen Kampf gegen Stuttgart 21 gibt es auch und gerade, wenn der Blick nicht durch scheindemokratische Ablenkungsmanöver verstellt wird. Die Verbindung der Auseinandersetzung um S21 mit anderen sozialen und politischen Kämpfen, die Ausrichtung auf die Menschen, die den öffentlichen Nahverkehr nutzen, auf die Menschen, die im Protest unterrepräsentiert sind wie Erwerbslose und MigrantInnen, die Öffnung gegenüber kapitalismuskritischen Kräften. Das Lernen von ähnlichen Bewegungen wie der NoTAV-Bewegung im italienischen Susa Tal, der Bewegung gegen den LGV im Baskenland oder von der Vielfalt der Bewegung im Wendland.

S21 ist ein kapitalistisches Projekt, das nach kurzfristiger Profitlogik gebaut werden soll und nicht entsprechend der Bedürfnisse dieser Menschen. In der Widersprüchlichkeit, die eigenen Bedürfnisse der Profitlogik unterzuordnen, bewegt sich weitgehend auch das Denken der Menschen.

Die jetzt von den 700 TeilnehmerInnen des großen Ratschlags vom 4. Dezember beschlossene Konzentration der Argumente auf die Kosten verdeckt jedoch nur unzureichend, dass genau dies der Propaganda der ProjektbetreiberInnen auf den Leim geht. Soll der eigene Standpunkt von Mehrheiten abhängig gemacht werden? Ist Stuttgart 21, und wenn es nur die Hälfte kosten würde, dann besser?

Wäre Stuttgart 21 das erste Projekt, das trotz der "aus dem Ruder gelaufenen Kosten" nicht weitergebaut wird, gerade weil es ein Projekt der Profitmaximierung ist?

Eine der Beteiligten wird sich über diese Argumentationslinie in jedem Fall freuen. Die Bahn AG hatte bereits vor der "Volksabstimmung" erklärt, dass im Falle einer Kostenüberschreitung eben "nachverhandelt" werden müsse.

Dies trifft vor allem auch die Stadt Stuttgart, die S21 mitfinanziert und die sich aktuell mit 850 Millionen Euro bis 2016 neu verschuldet. Statt in der Situation die Reißleine zu ziehen und die städtische Finanzierung von S21 mit 238,58 Mio. Euro zu kappen, sollen statt dessen dringend notwendige Schulsanierungen, Kitaausbau und Ganztagsbetreuung um "einige Jahre gestreckt" werden.

Der Protest muss den gesteckten Rahmen durchbrechen

Zwischen dem 6. und 10. Januar soll der Südflügel des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes abgerissen werden, kurz darauf sollen die Bäume im Schlossgarten fallen.

Darauf reagierte der "große Ratschlag" der S21-GegnerInnen in Stuttgart am 4. Dezember damit, die Montagsdemos weiterhin durchzuführen, jedoch mit einem anderen Konzept und an anderer Stelle, direkt zwischen dem vom Abbruch bedrohten Südflügel und dem Schlossgarten.

Dort wird es 2012 unausweichlich "zur Sache" gehen: Für den 6. Januar sind die ersten Arbeiten angekündigt.

Kretschmann droht: "Man muss damit rechnen, dass es da zu Auseinandersetzungen kommt."


Denjenigen, die bereit sind, am konsequenten Widerstand festzuhalten, bekommen von der Landespolizei bereits die Instrumente gezeigt: Neben 9.000 PolizeibeamtInnen zur Durchsetzung des Baus wurde bereits angekündigt, ein Containerdorf zur Festsetzung der bei den vorhersehbaren Protesten Teilnehmenden auf dem Gelände des Cannstatter Wasens einzurichten.

Der Stuttgarter Polizeipräsident sagt dazu: "Wer das hohe Gut der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit friedlich wahrnimmt, darf auf den polizeilichen Schutz vertrauen."

Ministerpräsident Kretschmann verteidigte diese Pläne. "Dies sei besser, als wenn sie zur Aufnahme der Personalien draußen warten müssten und etwa eingekesselt werden müssten. Innenminister Reinhold Gall (SPD) sei verpflichtet, Vorsorge zu treffen."

So wird die Spaltung der Bewegung gegen S21 entlang der Gewaltfrage forciert. Obwohl es von dieser "Gewalt" - zumindest seitens der DemonstrantInnen - weit und breit nichts zu sehen gibt, ist die Gefahr, in diese Falle zu tappen, groß.

Erstveröffentlichung 20.12.2011 in "graswurzelrevolution" Nr. 365 / Januar 2012

Artikel bei der "graswurzelrevolution" zum gleichen Thema:
Schön, dass wir drüber geredet haben
355 januar 2011
Geißlers Schlichterspruch und die Folgen
355 januar 2011
Die gewaltfreie Revolte gegen "Stuttgart 21"
354 dezember 2010
"Stuttgart 21" - längst keine Frage der Argumente
353 november 2010
Stuttgart 21: Aufstand der Anständigen
352 oktober 2010

kritisch-lesen.de Nr. 13 - Feministische Praxen

Foto: © Jörg Möller
Für kritisch-lesen.de beginnt das neue Jahr mit Redaktionszuwachs: Sebastian Kalicha und Ulrich Peters haben bereits in der Vergangenheit als Mitglieder des Autorinnen- und Sympathisantinnen-Kreises (ASK) die Redaktion punktuell als Rezensenten und in der Konzeption von Ausgaben bereichert, nun verstärken sie als feste Redaktionsmitglieder das Kollektiv.

Nach der Femme-Ausgabe vom Juni und der Ausgabe zu Entwicklungen feministischer Politiken vom Juli, verfolgt die erste Ausgabe des neuen Jahres zum dritten Mal eine explizit feministische Fragestellung. Dabei stehen feministische Strategien und Praxen in Feldern wie Sprache, Musik/Popkultur oder Frauengeschichtsschreibung im Vordergrund ebenso wie die Frage danach, wie feministische Theorie verschiedene Praxisfelder besser einbeziehen kann.

Ganz klar für eine weitergehende Beschäftigung mit Feminismus spricht sich Andrea Strübe in ihrer Rezension zu dem vom Herausgeberinnenkollektiv Affront veröffentlichten Buch Darum Feminismus! aus. Darin macht sie nicht nur die Notwendigkeit einer Kritik deutlich, die die gesellschaftlichen Verhältnisse adressiert, sondern auch einer, welche die eigene Verstricktheit in ebendiese Verhältnisse reflektiert. Als eine wichtige feministische Strategie kann die bewusste Verwendung von Sprache verstanden werden, insofern auch der Sprech- ein Handlungsakt ist, der diskriminierendes Denken (re)produziert. Dies analysiert der vom AK Feministische Sprachpraxis herausgegebene Band Feminismus schreiben lernen, den Peps Perdu genauer unter die Lupe genommen hat. In seiner Lektüre des 1984 erschienen Werkes Die Mystifikation des Sexuellen, in der Volkmar Sigusch die Verwobenheit von Geschlecht und Sexualität mit der kapitalistischen Produktionsweise analysiert, sieht Heinz-Jürgen Voß Anschlussmöglichkeiten für aktuelle (queer)feministische Praxen und Debatten. Martin Brandt unterstreicht anschließend in der Rezension Vom Erbe der Frauenbewegung die Schwierigkeit, auf die die Autorinnen Anne Lenz und Laura Paetau in ihrer Studie “Feminismen und ,Neue Politische Generation‘” stoßen – nämlich die aktuelle Feminist_in kohärent zu beschreiben. Sebastian Friedrich freut sich in seiner Rezension Sichtbar revolutionär nicht nur über neue Wandmotive, die der Band „Revolutionäre Frauen. Biografien und Stencils“ des Queen of the Neighbourhood Collective neben den entsprechenden Kurzbiografien gleich mitliefert. „Revolution Girl Style Now!” lautete hingegen eine der Parolen der feministischen Riot Grrrl Bewegung, die in dem Buch Riot Grrrl Revisited dokumentiert ist. Rezensent Ulrich Peters empfiehlt die Lektüre zur Vergegenwärtigung von Einfluss und Vermächtnis von Riot Grrrl.

Drei weitere Besprechungen widmen sich aktuellen Erscheinungen aus verschiedenen Themenbereichen. Mit Zapatismus in der Sprechblase beschäftigt sich die Besprechung von Kleine Geschichte des Zapatismus von Sebastian Kalicha, der dem Comic eine vielfältige und weitreichende Auseinandersetzung mit der Bewegung bescheinigt. Der in der deutschsprachigen Literatur eher unterbelichteten Rolle Frankreichs in postkolonialen afrikanischen Staaten geht die Publikation „Frankreich in Afrika“ nach. Stärken und Schwächen des Buches beleuchtet Ismail Küpeli in seiner Besprechung Das postkoloniale Afrika im Netz der Abhängigkeiten. Obgleich Sebastian Kalicha es in seiner Rezension zum Anti-Sarrazin von Sascha Stanicic begrüßt, dass eine weitere Kritik an der „Sarrazindebatte“ auf den Markt gekommen ist, erkennt er darin eher ein trotzkistisches Positionspaper denn eine sachlich-kritische Analyse der Thematik.

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