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VVN-BdA: Mahnwache vor der Innenministerkonferenz und Start einer neuen Unterschriftensammlung für NPD Verbot

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V (VVN-BdA) veranstaltet am Donnerstag, dem 8. Dezember, ab 10.00 Uhr, in Wiesbaden vor dem Tagungsgebäude der Innenministerkonferenz, dem Wiesbadener Kurhaus, am Kurhausplatz, Wilhelmstraße / Ecke Christian-Zais-Straße, eine Mahnwache, mit der die NS-Verfolgtenorganisation ein Verbotsverfahren gegen die NPD fordert und dies mit dem Ruf nach Abschaltung der als V-Leute tätigen Neonazis verbindet.

Mit dieser Mahnwache beginnt die VVN-BdA eine neue bundesweite Unterschriftensammlung für das NPD-Verbot. Die von NS-Opfern und Widerstandskämpfern gegründete Organisation, die sich als die stärkste Organisation von Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet, fordert das Verbot der NPD schon seit mehreren Jahren.

Sie hat dafür unter dem Logo „nonpd“ bundesweit bereits zwei Kampagnen durchgeführt. Bei der ersten Kampagne in 2007 wurde die Verbotsforderung von 175.000 Bürgerinnen und Bürgern mit ihrer Unterschrift unterstützt. Weitere 5.000 Bürgerinnen und Bürger gaben bei einer weiteren Sammelaktion der VVN-BdA persönliche Stellungnahmen und Begründungen für die Verbotsforderung ab.

In Anbetracht der jüngsten Entwicklung sieht die VVN-BdA mehr denn je Veranlassung, nunmehr endlich ein Verbotsverfahren durchzuführen. Ebenso nachdrücklich setzt sich die VVN-BdA für eine Abschaltung der als V-Leute tätigen und vom Verfassungsschutz bezahlten Neonazis ein. Die V-Leute hätten weder Umtriebe noch Verbrechen verhindert, sie noch nicht einmal aufgedeckt. Stattdessen würden Gewalttaten auch von V-Leuten gefördert.

Die Honorargelder des Verfassungsschutzes flössen in Neonaziaktivitäten. Schließlich habe die Existenz der V-Leute das erste Verbotsverfahren blockiert und so zur Bestandssicherung der NPD geführt. Das alles gebiete die sofortige Beendigung des V-Leute-Unwesens. Es bedürfe keiner Informationen der V-Leute, die ohnehin nicht gerichtsverwertbar seien, um ein NPD-Verbot zu begründen. Dazu genügten die offenen Aktivitäten der NPD, deren Äußerungen und vor allem deren Förderung und Unterstützung von Gewalttaten.

Vorderseite der Unterschriftenliste
Rückseite der Unterschriftenliste

Weitere Informationen vom Veranstalter:
VVN-BdA. Verantwortlich: Peter Christian Walther (Frankfurt/Main), Landessprecher der VVN-BdA Hessen. E-Mail: pc.walther@t-online.de Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Bundesvereinigung Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, Tel.: +49 (0)30-29784174, Fax.: +49 (0)30-29784179, E-Mail: bundesbuero@vvn-bda.de www.vvn-bda.de

USA - Todesstrafe gegen Mumia Abu-Jamal endgültig verhindert - Freitag 30. Haftjahrestag - Freilassung gefordert

Mumia Abu-Jamal Foto: freemumia.org
Heute hat Philadelphias Bezirksstaatsanwalt Seth Williams bestätigt, was eigentlich schon lange bekannt ist: die Todesstrafe gegen den afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal ist verfassungswidrig. Nun verzichtet der Ankläger endgültig darauf, weiter auf eine Hinrichtung des seit 30 Jahren inhaftierten Menschenrechtsaktivisten zu drängen.

Bereits vier mal hatten US-Bundesgerichte festgestellt, dass das Todesurteil auf Rechtsbrüchen im ursprünglichen Verfahren von 1982 basiert. Zuletzt hat das der Oberste Gerichtshof der USA im Oktober 2011 klargestellt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat jedoch bereits im Jahr 2000 festgestellt, dass das gesamte Verfahren "einen Bruch internationaler Mindeststandards für die Sicherung fairer Verfahren" darstelle und deshalb ein neues Verfahren gefordert.

Das Todesurteil ist nun endgültig vom Tisch - ein großer Sieg für Abu-Jamal. Dennoch wird die Internationale Solidaritätsbewegung, unterstützt von zahlreichen Personen des öffentlichen Lebens und verschiedenen Länder- und Kommunalparlamenten, nun erst recht die Freilassung des seit 3 Jahrzehnten inhaftierten Journalisten fordern.

In Philadelphias Constitution Center werden am kommenden Freitag aus Anlass des 30. Haftjahrestages von Abu-Jamal Sprecher und Sprecherinnen aus den gesamten USA die Stimme gegen die anhaltende Inhaftierung erheben. Lebenslänglich ohne Entlassung im Gefängnis ist keine Alternative.

Begleitet wird der Jahrestag von Protesten und Veranstaltungen in Mexiko, Kanada, Frankreich, Großbritanien, der Schweiz, Österreich und der Bundesrepublik: z.B. am Samstag um 16 Uhr vor der Nürnberger Lorenzkirche.

Die Verteidigung von Mumia Abu-Jamal ist im Frühjahr 2011 vom Legal Defense Fund des National Association for the Advancement of Colored People (NAACP-LDF) übernommen worden, die in dem Fall eines der wichtigsten Bürgerrechtsverfahren in den USA erachten.

Quelle: Berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal Haus der Demokratie und Menschenrechte Greifswalderstr. 4 - 10405 Berlin

Solidaritätstermine:
Fr. 9.12.2011 - Philadelphia (USA) Philadelphia Constitution Center - 19:30
No Life in Prison - Free Mumia Now!
Philadelphia Constitution Center, 525 Arch Street, Philadelphia, PA 19106, USA
weitere Infos http://www.freemumia.com/?p=627

Fr. 9.12.2011 - Mexico City (Mexico) 8-stündige Musikkundgebung vor der US-Botschaft
für die sofortige Freilassung von Mumia Abu-Jamal
Embajada de Estados Unidos de América - Cuauhtémoc, Nueva Cobertura, Mexico City, DF, Mexiko

Fr. 9.12.2011 Wien (Österreich), Generali-Center 16:00
Mahnwache für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal
Generali-Center - Ecke Mariahhilferstr./Neubaug., 1070 Wien
Wiener Komitee „Freiheit für Mumia Abu-Jamal"
Info: http://www.labournetaustria.at/mumia.htm

Fr. 9.12.2011 - Dresden (BRD), AZ Conni, 20:00
Infos zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal und Film:
"Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
AZ Conni Dresden - Rudolf-Leonhard-Straße 39, 01097 Dresden

Fr. 9.12.2011 - Kaiserslautern (BRD), Roachhouse 20:00
Mumia Abu Jamal – 30 Jahre im Todestrakt
Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU) über Mumia Abu-Jamal und die us-amerikanische
Justiz vor dem Hintergrund von Rassismus, Gefängnisindustrie und Todesstrafe
Roachhouse - Richard-Wagner-Str.78 [Hinterhaus], 67655 Kaiserslautern
http://kokroaches.blogsport.de/2011/11/25/film-u-informationsva-mumia-abu-jamal-30-jahre-im-todestrakt/

Fr. 9.12.2011 - Berlin (BRD), Kadterschmiede - 20:00
Gefängnisindustrie und Repression in den USA - Info Abend am 30. Haftjahrestag von Mumia Abu-Jamal:
2,5 Millionen Gefangene - die überwiegende Mehrheit davon People Of Color - erwirtschaften unter Zwang enorme Gewinne für Konzerne und Staat innerhalb der Gefängnisindustrie. Hintergründe zur modernen Fortführung der Sklaverei unter anderem Namen und Ausblicke auf Europa - anschließend ein Film über den Anti-Knastaktivisten und Journalisten Mumia Abu-Jamal an seinem 30. Haftjahrestag.
20:00 Vokü - 21:00 Infos von Free-Mumia-Berlin und ABC-Berlin
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Kadterschmiede - Rigaerstr. 94, 10247 Berlin - U5 - Samariterstr. / Tram M10 - Bersarinplatz
Die Veranstaltung ist Teil der Berliner Anti-Knast-Aktionen rund um Sylvester 2011
http://www.abc-berlin.net/veranstaltungsmonat-und-silvester-zum-knast-demo-in-berlin

Fr 9.12.2011 Regensburg (BRD), L.E.D.E.R.E.R - 20:00
30 JAHRE TODESZELLE - FREE MUMIA!
Info- und Soli-Abend mit Kurzfilm, Diskussion, Party
im L.E.D.E.R.E.R., Lederergasse 25, 93047 Regensburg
http://www.jungewelt-regensburg.org/?itm=336

Sa. 10.12.2011 - Nürnberg (BRD), Demonstration am Tag der Menschenrechte - 16:00
Gegen die Todesstrafe - Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
Beginn: Lorenzkirche, 90402 Nürnberg - U-Bahnhof Lorenzkirche

Mi. 14.12.2011 - Wetzikon (Schweiz) Kulturfabrik
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Kulturfabrik - Zürcherstrasse 42, 8620 Wetzikon - www.kulturfabrik.ch

Do. 15.12.2011 - Bremgarten (Schweiz), KuZeB 19:00
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
KuZeB Bremgarten - Ecke Zürcher-/Zugerstrasse, 5620 Bremgarten AG - www.kuzeb.ch

Fr. 16.12.2011 Zürich (Schweiz) Infoladen Kasama
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Infoladen Kasama - Militärstrasse 87a, 8026 Zürich

Sa. 17.12.11 - Kiel (BRD), Alte Meierei
Solidaritätsparty/Konzert für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal
mit Conexion Musical, MS AT4, Esperado und Djanes (Electro, Hip Hop, Techno)
Alte Meierei - Hornheimerweg 2, 24113 Kiel - http://www.altemeierei.de/

Sa, 17.12.2011 - St. Gallen (Schweiz), Rümpeltum
12:00 VoKü, 14:00 Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Rümpeltum - Haldenstrasse 23, 9000 St. Gallen - www.rumpeltum.ch

So. 18.12.2011 - Luzern (Schweiz), Romp 19:00
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Romp - Steinenstrasse 17, 6000 Luzern - www.romp.ch

19.12. Infoladen Fribourg (Schweiz), centre fries, 20:00
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
mit Übersetzung in französisch
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
centre fries - Rue G. Techtermann 8, 1700 Fribourg

Di. 20.12.2011 - Basel (Schweiz) Infoladen Magazin 20:00
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Infoladen Magazin - Inselstrasse 79, 4057 Basel

Mi. 21.12.2011 - Bern (Schweiz), Infoladen
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Infoladen - Neubrückstrasse 8, 3012 Bern - www.infoladen-bern.ch

Do. 22.12.2011 - Winterthur (Schweiz) Infoladen Rabia 19:00
Infoveranstaltung zur Freilassungskampagne für Mumia Abu-Jamal
danach Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU)
Infoladen Rabia - Bachtelstrasse 70, 8400 Winterthur

Sa. 14.01.2012 - Berlin (BRD), Urania - Rosa-Luxemburg Konferenz 2012
Rede von Mumia Abu-Jamal und anschließender Vortrag von Johanna Fernandez (USA) über die Freilassungskampagne von Mumia

Aktuelle Termine siehe auch http://www.mumia-hoerbuch.de/termine.htm

Guttenberg scherbengeil. Wieviel Klirren hat er schon vernommen?

Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg, Old Style, 2011
Foto: Peter Weis / WikiPedia - gemeinfreie Lizenz
Napoleon in Elba am Auslaufhafen. Angestrengt lauschend. Erfolgreiche Rückkehr setzt Glasbruch voraus. Guttenbergs großes Vorbild konnte nur landen - in jedem Wortsinn - wenn die bestehende Herrschaft im Knirschen war. Und zähneklapperte.

Guttenberg hat sich ans Muster gehalten.

Viel ist gerätselt und gelacht worden über den ersten Teil des Interviews in der ZEIT. Vor gefälligem Beichtvater. Guttenberg wollte betrogen haben, aber partout kein Betrüger sein. Dann bleibt nur eine Erklärung: die achtzig Disketten und vier Computer haben sich hinter dem Rücken des Autors autonom zusammengeschlossen. Der steht fassungslos vor dem, was sich in seinem Namen vollzogen hat.

Gut. So muss man reden, um Vergangenheit zu vernebeln. Mag sich Guttenberg weiter als Tugendbold fühlen.

Vergangenes also weggedrückt. Wie steht es aber mit den Zukunftsabsichten?Darüber ist bisher weniger geredet worden. Die CSU-Kandidatur in Kulmbach liefe zwar geschmiert. (Wie sie die brave Bäckersfrau bei Anne Will am Mittwoch vor einer Woche wütend einforderte.) Nur: wozu? Nach den Schienbeintritten Guttenbergs gegen seine Partei ist kaum anzunehmen, dass es gleich wieder zu Pöstchen reicht. Seehofer gibt demnächst nichts mehr aus.

Bleibt, was ziemlich deutlich angedeutet wurde,die sagenhafte Neue Partei. Henkel, der ähnliche Absichten hat, wurde schon sehr nervös.Und verteidigte die bisherige Alleinstellung. Viele Seelentätschler und Einfühler waren etwas pikiert, dass Guttenberg die Trauerarbeit auf neun Monate verkürzt hatte. Ein wenig mehr Schaujammern, Zerknirschungsweh hätte sich rührender ausgenommen.

So haben es die Berater im Stabe Guttenberg sicher auch gesehen. Warum dann trotzdem der Schnellschuss? Antwort: Es war keine Zeit zu verlieren. Der ehrgeizige Rückkehrer muss in der Flüsterzeitung für Insider gelesen haben, dass Merkels Position nach hundert gebrochenen Versprechen brüchig wird. Wie jämmerlich die Erfolge des Diktats in Europa! Berlusconi und der durchaus amerika-freundliche Papandreou geopfert. Und dann steigen die Zinsen für Länderkredite ungerührt weiter. Und das großspurige Vorgeben vor dem Bundestag letzte Woche, die ganze EU umzukrempeln, nur um kein Schlupfloch für ihre Diktate übrig zu lassen. Zum Wochenende wird der Hahn zum drittenmal krähen. Und dann?

Im Innern: Abschaffung der FDP-Reste. Der Ausgang der parteiinternen Umfrage in dieser Partei bleibt offen. Sicher aber- selbst wenn die Röslers noch mal durchkommen- die Gegner bleiben Gegner und stehen als Manövriermasse für radikalere Euro-Feinde bereit. Jedenfalls: Spätestens nach den Wahlen in Schleswig-Holstein muss Klar-Schiff gemacht werden. FDP dann- Flattervolk, nestlos. Deshalb Guttenbergs Eile.

Und die Mühen des Parteiaufbaus, die manche dem Freiherrn nicht zutrauen? Ist Westerwelle endlich abgesägt, und wieder frei zum Klappe-Aufreißen, stünde er wohl für die neu-alte Partei bereit. Als Compagnon. Mit samt einer immer noch vorhandenen Parteiorganisation. Auch er ein hauptberuflicher Wiedergänger.

Und die Ziele der neuen Partei? Ein paar wohlklingende Parolen werden sich finden lassen- wie jetzt bei der SPD im Parteitag. Angesprochen sollen werden alle, denen die CDU unter Merkel denn doch zu anpasserisch ausgefallen ist. Guttenberg wird der Mutterpartei nicht inhaltlich groß widersprechen. Er wird durch Deutlichkeit punkten. Wie damals, als er als erster von "Krieg" sprach in Afghanistan. Statt von "Auseinandersetzungen" zu säuseln. Nicht um Krieg abzuschaffen. Um ihn brutaler weiterzuführen. Guttenberg wird an seine blitzartigen Kündigungen und Absägungen erinnern. Alle im Grunde juristisch nicht haltbar.Aber zügig. Wie es der kleine Aufstauner gerne hat.

Ein Einwand: Die Presse hat sich missfällig geäußert -bis hin zu solchen, die Guttenberg eigentlich nahestehen. Nur -wie flatterhaft ist das! Die größten Missetaten werden in neuer Beleuchtung vergessen. Man muss nicht auf Napoleon I - den Kriegsverlierer und Millionenopferer - und Napoleon III. zurückgreifen.

Die Erinnerung an Franz Josef Strauss mag genügen. Er hatte mit einer Amtsanmaßung, die zu erwünschten Verhaftungen führte, wirkliche Straftaten begangen. Und für seine Affäre mit "Onkel Alois" musste er im Bundestag peinlich saubergeschruppt werden. Half alles nichts! Er war wieder da. Und alles, was gegen ihn vorgebracht wurde, kam ins Archiv. Wurde zwar von Unentwegten immer wieder ausgegraben. Aber von den vereinten Zeitgeistlern und Neuzeitlern nicht mehr ernst genommen.

Bleibt beim Parteiaufbau nur ein Hindernis: der künftige Chef ist unheilbarer Egozentriker. Er nimmt alles nur aus einer Perspektive wahr: wird es ihm zum Machterhalt verhelfen - oder ihn beklemmen. Beispiel: Sein Vorschlag, sich offen zu Israel zu bekennen. Nicht etwa aus irgendeiner Sympathie für den Staat der Juden. Der ist ihm ziemlich egal,wie vielen anderen Israel-Bekennern auch. Grund vielmehr: Die rechten Spinner fernhalten. Dass der Attentäter aus Norwegen wie viele andere Rechte inzwischen die Wehrhaftigkeit Israels zum bewunderten Fetisch erhob, ist dem Neuerer entgangen.

Alles nur Phantasie? Ist denn der Zerfall riesiger Parteien in Italien und Frankreich schon vergessen? Die Democrazia Christiana schien - als ich jung war - so unerschütterlich wie die CDU. Wo ist sie hingegangen? Warum sollte so etwas in der BRD unmöglich sein?

Also kein Grund zur Beruhigung. Es kommen härtere Tage.

Dramatische Lage in Barrancabermeja, Kolumbien

In Barrancabermeja und der Region des Mittleren Magdalena nehmen die systematischen Verletzungen der Menschenrechte kein Ende. Betroffen sind besonders die Repräsentanten der sozialen Bewegungen und Gewerkschaften.

Die sozialen Bündnisse, die Bauern- und Studentenvereinigungen, die Gewerkschaften, alle Mitglieder im sogenannten Espacio de Trabajadores y Trabajadoras para los derechos humanos (Bündnis der Arbeiterinnen und Arbeiter für die Menschenrechte) haben immer wieder die Kontrolle durch die Paramilitärs angeklagt, die gemordet, Leute haben verschwinden lassen, andere vertrieben und bedroht haben. Opfer sind alle, die es wagen, Recht und Gerechtigkeit einzufordern und für den Frieden zu arbeiten. Und all das angesichts einer ständigen Präsenz der öffentlichen Ordnungskräfte (Polizei, Heer und Marine), die ja eigentlich das Leben und die Unversehrtheit der Bevölkerung garantieren sollen.

Wir erheben erneut Anklage aufgrund der systematischen Bedrohungslage, die beweist, dass unter der aktuellen Regierung genau wie zu Zeiten der Regierung von Alvaro Uribe der Schutz des Lebens der Menschenrechtsverteidiger nicht gewährleistet ist:

Vor 10 Tagen hat der Espacio de Trabajadores y Trabajadoras de Derechos Humanos in einer Presseversammlung die Bedrohungen und Stigmatisierung einiger seiner Mitglieder dargelegt (SINALTRAINAL(Lebensmittelgewerkschaft), O.F.P (Frauenorganisation), USO (Erdölgewerkschaft), ASODESAMUBA) und die auch jetzt noch fortgesetzt werden. Man muss betonen, dass die Ereignisse im November (2011) durch Drohungen und Attentate auf die Wohnungen der Repräsentanten und ihrer Familien charakterisiert sind.

Fakten
Am 26. November wurde in der Wohnung von zwei Vertretern der Erdölgewerkschaft ein Pamphlet der Paramilitärs gefunden, die sich “Rastrojos- nennen, mit dem Datum vom 25. November. In diesem drohen sie: -Wir erlassen Warnungen an diese Organisationen von Schwulen und Tarnorganisationen der Guerilla und fordern, dass ihr eure Aktivitäten einzustellt, weil sie dieser Gesellschaft nur Übel bringen...hört auf mit Euren Spinnereien und tarnt nicht weiter terroristische Guerilleros oder wir erklären Euch zum militärischen Ziel. Diese Drohungen sind gerichtet an: CREDHOS, USO, OFP, Gente en Acción, E.T.T.D.H, Quinto mandamiento, FUNDACION DRC, SINTRAINQUIGAS, ANDAS und an alle diejenigen, die dies wieder in eine kommunistische Hort verwandel wollen-. Eine besonders schwere Drohung stoßen sie noch gegen die Bewegung LGTB (Schwule, Lesben, Bis und Trans) aus: “Wir wissen über Eure Albernheiten Bescheid und dass ihr einen schwulen Marsch durch die Stadt plant.“

Am 25. November halten sich die Drohungen gegen USO-Mitglieder und die Kinder von Repräsentanten der USO.

Es ist wichtig zu wissen, dass der 25.November der Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen ist, an dem wir Aktionen gegen die Gewalt gegen die Körper, das Leben und die organisatorischen Prozesse der Frauen durchgeführt haben.
Diese Geschehnisse zeigen die schwierige Lage in der Stadt und Region, wo Organisationen und ihre Repräsentanten in ständiger Gefahr leben. Wir sehen mit großer Sorge, dass trotz unserer wiederholten Anklagen und unserer permanenten Kommunikation mit den lokalen und nationalen Behörden die Feindseeligkeiten, Verleumdungen und Verfolgungen weitergehen.

• Wir begleiten in spezieller Weise den Kampf unserer Companeros von SINALTRAINAL, die besonders gefährdet, verfolgt und vertrieben werden wegen des Eintretens für die Forderungen ihrer Mitglieder, gegen Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt seitens der Transnationalen Konzerne und der nationalen Monopole.

• Wir machen die zuständigen Behörden, die Polizei und die Militärs auf lokaler und nationaler Ebene für die Konsequenzen, die diese Angriffe für uns haben können, verantwortlich.

• Wir verlangen von den Repräsentanten der Stadt, angefangen beim Herrn Bürgermeister Carlos Contreras, zu der Menschenrechtslage in der Stadt Stellung zu beziehen und die Arbeit der Menschenrechtsverteidiger zu unterstützen, sowie alle Garantien zu geben für die geplanten Aktivitäten der Gemeinschaft LGTB.

• Wir verlangen von den Justizbehörden, ihre konstitutionelle Aufgabe zu erfüllen, die Kontrolle über die Ordnungskräfte wahrzunehmen, denn wir stellen fest, dass es eine Duldung der illegalen Gruppen in dieser Region gibt.

• Wir verlangen von den militärischen Autoritäten und der Polizei, dass sie ihre wirkliche Aufgabe erfüllen, die Sicherheit in Stadt und Region zu gewährleisten.

• Wir verlangen von der Staatsanwaltschaft, die entsprechenden Untersuchungen einzuleiten, um die Verantwortlichen dieser Vorkommnisse zu ermitteln.

• Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, die Gruppen und Organisationen im Magdalena Medio und ihre Aktivitäten aufmerksam zu begleiten. Die Botschaften bitten wir, die Wiederbelebung der “übergreifende Kommission für das Leben- zu unterstützen, die sich am 21. Dezember 2011 erfolgen soll.

• Wir rufen Alle dazu auf, wachsam zu sein und alle Aktionen anzuzeigen, die gegen das Leben und die Sicherheit der Stadt gerichtet sind und den für den 2. Dezember geplanten Marsch der Gemeinschaft LGTBI zu begleiten.

27. November 2011
Barrancabermeja - Magdalena Medio.

Siehe auch: Kooptierte pax christi - Gruppe in Barrancabermeja

"Nicht Sarrazin war für die 'Sarrazindebatte' entscheidend"

Ein Interview aus der graswurzelrevolution 364

Sebastian Friedrich ist Redakteur von kritisch-lesen.de, freier Mitarbeiter der Opferberatungsstelle ReachOut Berlin, Mitglied des AK Rechts und der Diskurswerkstatt des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS). Er ist aktiv bei der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP). Im August 2011 hat er bei edition assemblage "Rassismus in der Leistungsgesellschaft. Analysen und kritische Perspektiven zu den rassistischen Normalisierungsprozessen der "Sarrazindebate"" herausgegeben. Der GWR gab er dieses Interview über das Buch, die "Sarrazindebatte", antimuslimischen Rassismus und was wir dagegen tun können. (GWR-Red.)

GWR: Kannst du uns, als Herausgeber von Rassismus in der Leistungsgesellschaft, einen kurzen Überblick über die verschiedenen Beiträge und AutorInnen geben?

Sebastian Friedrich: Der Sammelband besteht aus 15 Beiträgen, die insgesamt von 17 AutorInnen verfasst wurden.

Zunächst gibt es eine ausführliche Einleitung, in der sowohl die "Sarrazindebatte" nachgezeichnet, als auch der Zusammenhang von ökonomischen und rassistischen Argumentationen untersucht wird.

Es folgt das Kapitel "Migration und Rassismus". Z.B. analysiert hier Yasemin Shooman die dominanten Bilder im antimuslimischen Rassismus, die auch bei Sarrazin ins rechte Licht gerückt wurden.

Im zweiten Kapitel liegt der Fokus auf "Bevölkerungs- und Biopolitik". Juliane Karakayali zeigt etwa auf, wie die "Sarrazindebatte" sich in aktuelle Geschlechterpolitiken einfügt.

Im Abschnitt "Kapital und Nation" finden sich vier weitere Beiträge. So entfaltet zum Beispiel Jürgen Link die verschiedenen Dimensionen des von Sarrazin vorgestellten Deutschland und zeigt auf, dass "Sarrazins Deutschland" nicht nur von Neoliberalismus, sondern auch von Neo-Sozialdarwinismus durchzogen ist.

Schließlich widmen sich zwei Beiträge möglichen "Interventionen und Perspektiven".

Gabriel Kuhn und Regina Wamper befassen sich in ihrem Essay mit der rhetorischen Figur der Meinungsfreiheit und empfehlen kritischen Analysen, sich nicht auf rechte Opferdiskurse einzulassen.

Entgegen vieler anderer kritischer Beiträge zur "Sarrazindebatte" fokussiert sich euer Buch weder darauf, Sarrazin als Person zu kritisieren, noch versucht es, die Thesen von Deutschland schafft sich ab zu widerlegen. Wie kam es zu diesem Zugang und wie sieht eure Herangehensweise aus?

In der Einleitung heißt es, dass nicht Sarrazin für die "Sarrazindebatte" entscheidend war, sondern das Feld, auf dem seine "Thesen" wirken konnten. Fast alles, was Sarrazin geschrieben und gesagt hat, kennen wir aus den Diskursen der letzten Jahrzehnte. Jedoch wurden bei Sarrazin und bei der nachfolgenden Debatte verschiedene Diskurse - wie etwa der Ökonomie-, der Eugenik- und der Einwanderungsdiskurs - weiter und zum Teil engmaschiger verknüpft.

Um solche komplexen Debatten zu untersuchen, bietet es sich an, die Diskurse und ihr Zusammenwirken, also ihre Verschränkungen, zu analysieren. Im Buch sind aber auch viele andere theoretische Zugänge zu finden. Für eine diskurstheoretische Perspektive jedoch ist entscheidend zu fragen, was wann von wem wie sagbar ist. Bezogen auf die "Sarrazindebatte" zeigt sich deutlich, wie es innerhalb der Debatte zu einer Verschiebung nach rechts im Mainstream kam. Während Anfangs noch Sarrazins Rassismus und in Teilen sogar seine Verwertungslogik kritisiert werden konnten, verlagerte sich die Debatte letztlich auf die Frage, ob in Deutschland Fachkräfte aus dem Ausland im Sinne einer standortnationalistischen Logik benötigt werden. Linke Positionen, die Verwertungslogiken grundsätzlich in Frage stellen, waren gegen Ende der Debatte in den hegemonialen Medien kaum bis gar nicht mehr zu finden.

Denkst du, dass es dennoch sinnvoll ist, zu versuchen, Sarrazins Thesen schlichtweg durch Studien und Zahlen zu widerlegen?

Sollten Interventionen darauf beschränkt sein, fände ich das problematisch.

Wenn Statistiken aufgefahren werden, die Sarrazins Zahlen widersprechen und widerlegen, setzt das den Unterdrückungsdiskursen zwar etwas entgegen, wiederholt aber die Prinzipien, etwa von Nützlichkeit. Was ist, wenn "bewiesen" wird, dass eine bestimmte Menschengruppe doch eine weitaus produktivere Funktion hat, als von Sarrazin dargestellt?

Da besteht die große Gefahr, die Einteilung von Menschen nach kapitalistischer Verwertung zu akzeptieren und sogar mitzutragen. Es findet dann ein Einlassen auf die von Sarrazin eingeführten Spielregeln statt.

Jedoch waren Interventionen wie etwa die von Naika Foroutan und ihrem Team gerade zu Beginn der "Sarrazindebatte" sehr wichtig.

Als Ende August letzten Jahres täglich die Thesen Sarrazins heißer gekocht wurden, waren ihre Entgegnungen in den Talkshows und in Zeitungsartikeln hilfreich, um Sarrazins Image als vermeintlich objektiver, neutraler Statistiker als Farce zu entlarven.

Yasemin Shooman spricht in ihrem Beitrag davon, dass der Rassismus wandlungsfähig sei. Der Wandel von einem biologistischen Rassismus hin zu einem kulturellen scheint sich größtenteils bereits vollzogen zu haben. Hierfür wurden u.a. Begriffe wie "Rassismus ohne Rassen" oder "Neorassismus" geprägt. Kannst du uns diese Begriffe und Theorien kurz erklären?

In der Zeit des Kolonialismus wurden die Ausbeutung und Ermordung von Menschen durch die Konstruktion von "Rassen" legitimiert. "Rassen" sind somit biologistische Erfindungen des Rassismus. Im kulturellen Rassismus sind es nicht mehr "Rassen", in die Menschen eingeteilt werden, sondern "Kulturen". Die Begriffe änderten sich, der Inhalt der Begriffe jedoch nicht. "Kultur" wird im kulturellen Rassismus zum unveränderlichen Rahmen, zur quasi-natürlichen Eigenschaft, die Werte und Verhalten determiniert.

Der von Yasemin Shooman angesprochene antimuslimische Rassismus ist eine Form eines solchen Rassismus. "Der Islam" wird als dem "eigenen" Westlichen gegenüberstehende homogene "Kultur" konstruiert. Es wird davon ausgegangen, dass zwischen "islamischer" und "westlicher Kultur" eine unaufhebbare Differenz besteht.

Der konstruierten islamischen Kultur werden dabei negative Eigenschaften zugeschrieben. Zugleich findet eine Konstruktion des Westens als überlegene Kultur statt.

Ein beliebtes Instrument ist der Verweis auf Frauenrechte: In einer binären Logik wird behauptet, im Islam spielten Frauenrechte keine Rolle, was zugleich darauf verweisen soll, dass in Europa dahingehend alles relativ in Ordnung sei.

Solche Argumentationsformen verlagern gesellschaftliche Unterdrückungsstrukturen ins Außen und schieben sie einer gemachten Gruppe zu. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass Sexismus (aber auch Homo- und Transphobie sowie Antisemitismus) ein gesamtgesellschaftliches Phänomen ist. Im Buch befasst sich Serhat Karakayali ausführlich mit der Thematik. Er begreift den Rekurs auf Begriffe wie Faschismus ("Islamofaschismus") in Verbindung mit "dem Islam" als Teil eines "reflexiven Eurozentrismus", bei dem es auch darum geht, die "eigene" Läuterung durch vergangene historische Erfahrungen zu verkünden.

In der "Sarrazindebatte" wurde jedoch auch mit Nützlichkeitskriterien argumentiert. Inwieweit siehst du da ein Novum?


Zunächst muss gesagt werden, dass nicht erst seit Sarrazin Einwanderung und Ökonomie verknüpft werden. Das sehen wir während des Kolonialismus, im GastarbeiterInnen-Diskurs oder schlicht bei der im Mainstream fest verankerten Unterscheidung von Wirtschaftsflüchtlingen und politischen Flüchtlingen.

Neben der neokolonialistischen Werbung um Fachkräfte kommt aber in der "Sarrazindebatte" auch ein anderer Aspekt zum Vorschein. Rassismus wird mehr und mehr mit ökonomischen Nützlichkeitskriterien verknüpft. In der "Sarrazindebatte" wurde wesentlich auch der durch Personen wie Peter Sloterdijk geprägte Unterschichtendiskurs bedient. Aber wir sehen deutlich, dass der Unterschichtendiskurs in der "Sarrazindebatte" vor allem den als migrantisch markierten Teil der "Unterschicht" trifft.

Viele der Argumente von "Leistungsempfängern", die den "Leistungsträgern" angeblich auf der Tasche liegen, wurden wiederholt, aber fast ausschließlich in Verbindung mit "Migranten" gesetzt.

Der allgemeine, nicht nur auf als migrantisch markierte Menschen bezogene Klassismus von Sarrazin ist offensichtlich vor allem anschlussfähig, wenn er verknüpft wird mit Rassismus.

Wie sehr das gemeinsam wirkt, zeigt sich auch bei Reportagen und Porträts während der "Sarrazindebatte" in den hegemonialen Medien, die in einem Beitrag von Hannah Schultes und mir analysiert werden.

In den Porträts scheint eine Art neoliberal gewendeter Rassismus auf.

Es werden "Musterbeispiele gelungener Integration" dargestellt. Der Erfolg der als "integriert" Begriffenen bildet dabei den Beweis dafür, dass man es eben doch schaffen kann, wenn man sich richtig anstrengt - gleichzeitig werden sie zu Ausnahmen stilisiert, die einer Masse von nicht diesem Ideal entsprechenden Menschen gegenüberstehen und mit diesen kontrastiert werden.

In eine ähnliche Richtung geht auch der Beitrag von Vassilis Tsianos und Marianne Pieper im Buch. Sie konstatieren eine Veränderung in den rassistischen Formationen. Die Grenzen zwischen "Wir" und "Sie" verlaufen nicht mehr alleinig entlang einer leitkulturellen Norm, sondern sind weitaus flüssiger und werden entlang von vermeintlichen Gleichheitsvorstellungen gezogen, wenn etwa Kopftuchträgerinnen als Unterdrückte gelesen werden.

Welche Gegenstrategien würdest du vorschlagen, um antimuslimischem Rassismus zu begegnen? Wie in eurem Buch schon richtig festgestellt wird, können die Aussagen von Leuten wie Broder, Schwarzer, Kelek, Sarrazin und Co. ja nur deshalb derartig wirken, weil sie auf einen Nährboden fallen, der offen ist für rassistische Argumente.

Kann man sich also das Kritisieren von einzelnen bekannten ExponentInnen der islamfeindlichen Szene sparen?


Sarrazin, Broder, Kelek und Co. sind selbstverständlich nicht die SchöpferInnen von rassistischen Argumenten, sondern bewegen sich auf einem gesellschaftlich verankerten Feld.

Dennoch sind sie auch zu kritisieren, weil einerseits konkrete Verantwortlichkeiten benannt werden müssen und andererseits eine Kritik an den SprecherInnen von rassistischen Äußerungen auch die Position der Sprechenden aufzeigen kann.

Gabriel Kuhn und Regina Wamper zeigen das deutlich in ihrem Beitrag, wenn sie darstellen, wie männliche, weiße und sozial Privilegierte sich als Opfer von Meinungsfreiheit gerieren. "Deutschland schafft sich ab" konnte auch deshalb so wirken, weil Sarrazin Zugänge zu großen Verlagen hat, über exzellente Kontakte verfügt und auf verschiedene andere Weisen privilegiert ist.

Insgesamt müssen Rassismus und Klassismus auf allen Ebenen bekämpft werden: individuell, indem etwa eigene Verstrickungen in ausgrenzende Diskurse reflektiert werden.

Außerdem können auf einer kulturell-symbolischen Ebene beispielsweise Mediendiskurse untersucht und kritisiert werden. So kann etwa gefordert werden, dass Medien die zu Wort kommen lassen müssen, über die gesprochen wird - und das nicht nur als Anschauungsobjekt in durch weiß-deutsch dominierte Redaktionen produzierten Reportagen. Aber auch die strukturelle Ebene sollte nicht aus dem Blickfeld gerückt werden.

So kann es etwa beim Angriff des ausgrenzenden Unterschichtendiskurses nicht nur darum gehen, Anerkennung für Betroffene sozialer Ungleichheit einzufordern. Vielmehr müssen die Strukturen und Institutionen bekämpft werden, die "Verlierer" und "Gewinner" produzieren.

Interview: Sebastian Kalicha

Sebastian Friedrich (Hg.)


Rassismus in der Leistungsgesellschaft

Analysen und kritische Perspektiven zu den rassistischen Normalisierungsprozessen der „Sarrazindebatte“

farb. Broschur, ca. 260 Seiten, 19.80 EUR [D]

ISBN 978-3-942885-01-0


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Park-Funk: Aus!Sitzen. live im Freien Radio

Am Montag, 5. Dezember 2011, berichtet Park-Funk, die wunderbare Welt des Widerstands, ab 6 Uhr live von Aus!Sitzen. – Jetzt stoppt frau den Bau. Infos aus der Sitzblockade, Musik und was sonst alles bewegt.

Freies Radio für Stuttgart: 99.2 MHz in der Luft, 102.1 MHz im Kabelnetz, http://streaming.freies-radio.de:8000/listen.m3u?src=1, http://streaming.freies-radio.de:8000/listen.m3u?src=2

Heute vor 40 Jahren: Georg von Rauch erschossen

Titelseite des Buches
"Die Erschießung des Georg von Rauch"
Warum:
Der Tote schuldig ist,
der Todesschütze freigesprochen,
der Kritiker verurteilt wird.

Am 4.12.1971 wurde Georg von Rauch in der Eisenacher Straße in Berlin im Rahmen einer "Großfahndung" von einem Polizisten erschossen. Georg von Rauch hat nicht geschossen. Ein Gerichtsverfahren gegen den Polizisten fand nicht statt.

1973 erwirkte der Berliner Polizeipräsident einen Strafbefehl gegen Klaus Wagenbach, weil in einem der Bücher des Verlages zu lesen war, Georg von Rauch (und auch Benno Ohnesorg) seien "ermordet" worden. Im ersten Verfahren wurde Klaus Wagenbach freigesprochen, in der von Polizeipräsident und Staatsanwaltschaft angestrengten Berufung 1975 verurteilt. Die EHRE der Berliner Polizei ist wiederhergestellt. Ob es allerdings der Berliner Polizei zur EHRE gereicht, daß auf ihren Antrag hin als einziger in Sachen der von ihr erschossenen Benno Ohnesorg und Georg von Rauch einer der Kritiker der Schüsse verurteilt wurde, steht dahin.

Die politische Entwicklung freilich ist deutlich: Als am 2. Juni 1967 Benno Ohnesorg erschossen wurde, wurde der Todesschütze zwar freigesprochen, aber er mußte sich in zwei Gerichtsverfahren verantworten, wurde später entlassen und auch der Polizeipräsident dankte ab. 1971 war das schon anders - der Schütze wurde gar nicht mehr angeklagt, der Polizeipräsidentenstuhl wackelte nur ein wenig (allerdings offenbar genug, um künftig jedes Rütteln als "Ehrverletzung" anzusehen), aber auch seinerseits mußte eine liberale Öffentlichkeit noch beruhigt werden mit höchst zweifelhaften "schußgutachten" und nachgestellten Filmen vom "Tathergang". 1975 schließlich reichen dann solche lückenhaften Unterlagen bereits aus, die liberale Öffentlichkeit (daß es sich um einen "linken Verleger" handelt, ist ein mehr taktisches Alibi) per Gerichtsurteil zum Schweigen zu bringen. Insofern ist dieser Prozess (das belegen auch Dauer und Aufwand) ein Musterprozeß. 1975 ist auch das Jahr, da in der Bundesrepublik Deutschland Spezialgesetze für einen Spezialprozeß erlassen wurden, da öffentlich über die "freigabe des (polizeilichen) Todesschusses" diskutiert und ein Gesetz vorgelegt wird, das Zensur fordert, aber "Gesetz zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens" heißt.

Personenbeschreibung:

Benno Ohnesorg
(Student)
erschossen am 2. Juni 1967 während der Anti-Schah Demonstration von dem freigesprochenen Todeschützen Kurras.

Georg von Rauch ("Anarchist")
erschossen am 4.12.1971 während einer BaaderMeinhof-Großjagd mit dem Stichwort "Trabrennen". Als einziger seiner Freunde Baumann, Brockmann und Knoll, die mit ihm am 4.12. in der Eisenacherstraße waren, kam er Tage vor seiner Erschießung auf die BM-Fahndungsliste. Nachweislich war GvR nicht zugehörig zur Baader-Meinhof-Gruppe.

Michael Baumann ("Anarchist")
Im Untergrund. Gibt Interviews ("Spiegel") und veröffentlicht Momoiren. (hat auch ausgepackt und verraten)

Werner Brockmann ("Anarchist")
Seit 1973 im Gefängnis. Machte umfangreiche Aussagen.

Knoll ("Anarchist")
lebt ebenfalls im Untergrund

Thomas Weisbecker ("Anarchist")
erschossen am 2.3.1972 in Augsburg nach wochenlanger Observation des Landeskriminalamtes, dem sein damals ständiger Aufenthaltsort bekannt war.

Lebenslauf Georg von Rauch

1947 in Marburg geboren. Mutter Hausfrau, Vater Professor der Philosophie, Brüder Lehrer und Ingenieuer

1966 Heirat mit Illo, Malerin. Studium der Soziologie und der Philosophie in Kiel

1967 Geburt der Tochter Yasmin. Die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg (2. Juni) war mitauslösend für den Entschluß, nach Berlin zu gehen

1968 Vietnam Konkreß. Attentat auf Rudi Dutschke, als einschneidendes Erlebnis. Beteiligung an vielen Demonstrationen. Mitarbeit an der von der Linken gegründeten Gegen-Universität in Berlin ("Kritische Universität").
Auseinandersetzung mit der Geschichte des Anarchismus (Bakunin-Raubdruck). Leben in Wohngemeinschaft: Kinderladen-Initiative.

1969 Die "umherschweifenden Hasch-Rebellen" - eine provokative Gegengruppe zu den als dogmatisch abgelehnten ML-Parteiansätzen. "Knastcamp" in Ebrach (Solidaritätswoche mit politischen Gefangenen). Reisen mit Thomas Weisbecker.

1970 Verhaftung in Berlin (6.2.), mit Thomas Weisbecker. Anklage: "Nötigung, Körperverletzung, versuchter schwerer Raub." Anlaß: Rauch, Weisbecker und andere hatten einen Journalisten verprügelt, als "exemplarische Strafaktion" gegen einen Hetztext in der Illustrierten "Quick".

1971 Prozeß, nach 14 Monaten Untersuchungshaft, gegen Georg von Rauch und Thomas Weisbecker. Am 9.7. Verurteilung von Georg von Rauch. Freispruch von Thomas Weisbecker. "Verwechslungs-go-out": Georg von Rauch verläßt an Stelle von Thomas Weisbecker den Moabiter Gerichtssaal und muß seitdem im Untergrund leben.

Am 4.12. in der Eisenacher Straße erschossen.(...)

Weiter bei den Haschrebellen

"So, Herr Kretschmann, sieht die Wirklichkeit aus"

Dokumentiert: Ein offener Brief an Ministerpräsident Kretschmann vom 16.11.2011. Darin haben von "polizeilichen Maßnahmen" gegen engagierte Kopfbahnhof-Befürworter Betroffene auf die in den Stuttgarter Nachrichten zitierten Äußerungen des Grünen Ministerpräsidenten reagiert, in denen dieser die Aufstellung von Containern als Gefangenensammelstelle für Stuttgart 21 Gegner als "Vorsorgemaßnahme" im Interesse der Demonstranten begrüßt hatte.

An

Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Winfried Kretschmann
Staatsministerium Baden-Württemberg
Richard-Wagner-Str. 15
70184 Stuttgart

Offener Brief an den Ministerpräsidenten Kretschmann

Sehr geehrter Herr Kretschmann,

Sie werden bei Stuttgarter Nachrichten online vom 8.11.2011 wie folgt zitiert: "Kretschmann verteidigte die Pläne der Polizei, für einen solchen Großeinsatz Container aufzustellen, in denen vorübergehend Personen festgehalten werden könnten. Dies sei besser, als wenn sie zur Aufnahme der Personalien draußen warten müssten und etwa eingekesselt werden müssten. Innenminister Reinhold Gall ( SPD) sei verpflichtet, Vorsorge zu treffen."

Wir, die Unterzeichnenden, hatten am 1.2.2011 das zweifelhafte Vergnügen, Opfer dieser "Vorsorge" der Polizei zu werden:

Unter Verletzung des Versammlungsrechts (keine Auflösung der Versammlung, keine Aufforderung, sich zu entfernen) wurden wir morgens um 7.30 Uhr vor dem Grundwassermanagment eingekesselt. Einige von uns standen nur auf dem Gehsteig.

Die Einkesselung bei klirrender Kälte zog sich über drei Stunden hin. Wir wurden dabei wie Schwerverbrecher behandelt: Aufnahme der Personalien, Foto mit Nummer fürs Verbrecheralbum, unsre gesamte persönliche Habe wurde asserviert, d.h. in Plastiktüten verpackt und in einer Liste erfasst, wir wurden einzeln hinter den Polizeibus geführt und einer Leibesvisitation unterzogen. Es fehlte eigentlich nur noch, dass uns Fingerabdrücke genommen und ein DNA-Test gemacht wurde.

Danach wurden wir auf die extra an diesem Tag geöffnete Wasenwache gefahren, wo wir dasselbe Procedere nochmal über uns ergehen lassen mussten (außer der Asservierung unsrer Habe). Ohne richterliche Anordnung wurden wir gesetzwidrig bis 14.30 Uhr in Gewahrsam gehalten. Wir bekamen nichts zu essen und nur auf Nachfrage Leitungswasser zu trinken.

Die Polizei hatte in einer Pressemitteilung zu unsrer Gewahrsamnahme Lügen verbreitet. Auf eine Gegendarstellung unsrerseits hat weder die Polizei noch die Presse reagiert.

So, Herr Kretschmann, sieht die Wirklichkeit aus.

Wir sind empört über ihre Äußerungen und fordern Sie dazu auf, statt Gewahrsamscontainer am Wasen aufstellen zulassen, dafür zu sorgen, dass Ihre Minister des Inneren und der Justiz,die Kriminalisierung des Widerstands gegen S21 stoppen, die Verfahren gegen S21-Gegner einstellen , eine Amnestie für die bereits Verurteilten verhängen und Oberstaatsanwalt Häußler entlassen.

Wir fordern, dass Justiz und das Innenministerium endlich gegen die kriminellen Machenschaften der Bahn vorgehen.

Wir sagen aber auch ganz deutlich: Wir lassen uns durch Gewahrsamnahmen nicht einschüchtern und vom Widerstand abhalten. Wir haben beim Verwaltungsgericht Klage erhoben wegen der Rechtswidrigkeit der Gewahrsamnahme am 1.2.2011

Mit freundlichen Grüßen

Ursel Beck
Wolfgang Hänisch
Silke Krause
Guntrum Kuschner
Nina Picasso
Heike Weidner
Gerhard Wick
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