Europa: Von Forestiers Röchelweh zurück zur Festung Europa
FDP Absturz - kein Problem der "Euroskepsis"
Grafik: Frank Kopperschläger
Grafik: Frank Kopperschläger
Ein paar Jahre später kam heraus, dass es den Forestier nie gegeben hatte, der gestorben sein sollte in den Fieberhöllen des französischen Vietnamkriegs. Vor dem Tod hätte er einem Kumpel weitergegeben, was er so empfand auf langen Wegen. Er - Elsässer - nämlich hätte sich schon 1941 freiwillig gemeldet bei der SS- und tapfer gekämpft für die "Festung Europa" solange es ging. Daher die Kiew und Witebsk in seinen Ergießungen.
Perfekt erfunden vom geschäftstüchtigen Vers-Promoter Kraemer, dem wirklichen Dichter, für junge Kriegsteilnehmer- und solche, die gerade noch um den Einsatz herumgekommen waren. Alt-Europa- Neu-Europa: ein geträumter Vormarsch. Damals noch geträumt:
"Das alte Europa/
kann noch nicht sterben,/
unter brandigen Narben/
pocht stark sein Blut,/
... Horch auf dein Herz:/
Europa stirbt nicht./
Es kann nicht sterben,/
solang du es liebst"
Inzwischen stehen die ersten Eingreiftruppen bereit. Sheriff Oettinger hat sie schon als Eingreiftruppe parat. Noch ohne Uniform. Aber als Steuereintreiber. Und Ausverkaufshelfer.
Heute, da hört uns Deutschland...
Über sechzig Jahre später. Forestiers Romantik abgerubbelt. Durch zementenen Großheimatwillen für Europa ersetzt. Allgemeine Drohungen gegen Nichtzahlungswillige fallen von allen Seiten. Von Schäuble bis Steinmeier.
Alle praktizieren Erpressung. Keiner redet darüber. Jeder weiß, dass es nicht unendlich so weiter gehen kann. Aber Merkel hält sich mit den anständigen Parteien an Debords Rezept. Theater spielen -solang die Kulisse noch hält.
Irgendwann wird die Sache in die Hose gehen. Aber dann ist sie vielleicht nicht mehr Chefin. Also Ohren verstopft, Augen verklebt und "Auf zum großen Als ob".
Die Gedanken sind frei...
Wenn Rösler(FDP) das Siegel von den Lippen löste, nur wegen Berlin, dann ist er dümmer, als selbst seine Partei erlaubt. Für Berlin hätte er Monate vorher anfangen müssen.Dort liegt er jetzt noch flacher auf dem Bauch als je gedacht. Der Schnellschuss wurde ihm verdacht.
Möglicherweise hat Rösler wirklich an später gedacht. Allerdings auch dann zu undeutlich. Er will den breiten Schichten eine Stimme geben- und vor allem von ihnen wiederkriegen-, die die "Vereinigten Staaten von Europa" verabscheuen - aber auch nicht die nächsten Jahre lang Knete für Ouzo-Produzenten rüberschieben wollen. Und beruft sich dabei auf die Meinungsfreiheit. Da hat er gründlich was missverstanden. Das FDP-Lieblingsliedlein "Die Gedanken sind frei", preisen zwar überschwänglich die Lust, zwischen den Ohren alles zu produzieren,was das Hirn so hält. Vom Aussprechen sagen sie kein Wort. Wie das Verfassungsgericht, das seinerzeit das "Haben einer Meinung" garantierte. Im Kopf. Ja nichts anmerken lassen. Dagegen hat Rösler verstoßen. Und deshalb sitzt er jetzt in der Klemme. Er für sich könnte durchaus Stimmen kriegen als Euro-und Europa-Kritiker. Aber die treuen Parteigenossinnen und -genossen werden bis zum letzten Augenblick an ihren Sesselchen kleben. Wer möchte schon die nächsten Jahre am Eingang der Zeil in Frankfurt sitzen mit einem Schild um den Hals "War acht Jahre für Euch im Bundestag- bitte nachträglich um Zustimmung und eine milde Gabe."
Deshalb keine Aussicht auf Neuwahlen. SPD hilft doch gern im Notfall. Weg über alle Schwierigkeiten zwischendurch. Fürs Vaterländische. Für den guten Ruf. Für die Hoffnung auf Nachfolge. Es wird sich hinziehen bis 2013. Ohne Regungsmöglichkeit. Raupenartig. Aber hochparlamentarisch.
"...ei nur wegen dem Tschinderassabum"
Und jetzt? Es wird Bekenntnisse geben auf offener Bühne. Ausrufe. Beschwörungen. Schreie. Nur ja die Bühne nicht frei geben.
Was von den niedrigsten Schleimern der neueren Geschichte zu erwarten ist, hat das Monument schmatzender Selbstgerechtigkeit Wowereit bei "Jauch" vorgeführt. Wie den ganzen Wahlkampf durch- keine inhaltliche Aussage. Gleich offen mit der CDU kann er noch nicht. Also wird der den GRÜNEN so lange auf die Gurgel treten, bis die fast alles zugestanden haben, was sie vor den Wahlen noch zum Ausspucken brachte. Sind sie dann - fast - soweit und vor aller Welt ausgemolken, spreizt Wowereit angeekelt die Finger, leckt sie sauber und reicht sie der heimlich schon lange Angebeteten. Bis dahin müsste auf Bundesebene die SPD als Finanzierungshebamme ihre Dienste schon angetreten haben.
Letzter Weckruf in die Restzeit-Regierung: "Immer dran denken, nie davon sprechen". Und aus ihr heraus. So lange es eben geht.