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Merkel: Geheimnisglucke auf dem Windei

Angela Merkel
Bildquelle:
Armin Linnartz
Dieses Foto ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland) lizenziert.
Gestern bei Wills Abschiedsparty das letzte Mal - gebs Gott! - ein Auftritt Barings. Der Alte keifte - wie üblich. Dann aber sein Knallargument: Ihr wisst ja alle nix! Und das stimmte, wenn es nach Merkel ging. Wir alle durften schon von der Tatsache nichts erfahren, dass der Sicherheitsrat überhaupt getagt hatte. Noch weniger, was dabei herausgekommen war. Wie unverantwortlich, dann darüber zu reden! (Dass der Weise sich dann selber nicht an seine Regel hielt, müssen wir irdischer Hinfälligkeit zuschreiben - oder einfacher Sabberlust).

Unbestreitbar jedenfalls: es durfte nur in Redeformen vom Unsagbaren gehandelt werden, die aus den verschollensten Kapiteln einer Grammatik stammten, die schon lange nicht mehr der lebendigen Rede dient. Allenfalls schriftlichen Propelleraufstiegen zur Flugschrift ins reine Blau. "Wenn es denn einen Beschluss gegeben haben sollte, und sich dieser auf Waffenlieferungen bezogen hätte, so wäre diesbezüglich zu überprüfen, ob und wie in diesem deutsche Interessen wohlverwahrt sich wiederfinden könnten". So redet natürlich keiner. Jeder weiß: die Saudis kriegen was, womit man zur Not auch Demonstranten - nicht-letal, versteht sich - auf gegebenen Plätzen plattmachen kann. Ein paar Neugeborene oder durch Amnesie gelöschte lallten müde, richtige Demonstranten ließen sich von Panzern gar nicht beeindrucken. Haben solche Leute - auch schon rüstigeren Alters - ganz vergessen, wie sie einst trotzig zu Demos angetreten sind gegen die Untaten der russischen Brummis am 17.Juni 1953? Und wie entrüstet damals aufgeschrien wurde gegen die Untat? Dabei haben die Russen es damals vermieden, voll in die Menge zu halten. Der Aufmarsch genügte. Ebenso in der damaligen Tschechoslowakei.

Siegeskalkül am Ende: Wenig Leichen, viel Friedhof! Ruhe, wohin das Siegerauge blicket.

Mit einem Wort: Mit und ohne den Geheimnisschleier - die Sache darunter ist bekannt und kann auch gar nicht auf Dauer verborgen bleiben. Merkel hätte zur Abwechslung gerade so gut einmal Frau Bismarck machen können und dem andächtig gekrümmten Publikum erklären, dass sie - durch Dick und Dünn - für deutsche Interessen eintritt. Ob ein paar Blöker das nun gutheißen oder nicht. Hätte vielleicht sogar einen Punkt Plus beim masochistischen Teil der Gemeinde ergeben.

Warum das alles nicht? Interessant war eine Durchsage: Das deutsche Parlament geht die Sache gar nichts an. "Deutsche Waffen, deutsches Geld - morden mit in aller Welt." Dabei soll es auch bleiben. Aber bei zwei Gremien wurde doch unterwürfig angefragt: beim amerikanischen Verteidigungsministerium - und bei dem des wehrhaften Israel. Das also offenbar die künftige Herrschaftslimitierung.

Außenpolitisch wird entschieden- nach Anfrage bei Mächten, die ihrerseits das eigene Parlament schon lange außen vor lassen. Aber militärisch entscheiden. Die sind also in Zukunft die wirklichen Souveräne. Deutsche allenfalls zugelassen nachträglich für die Hurra-Kompanie.

In diesem Zusammenhang ergibt Merkels Totalsichtschutz Sinn. Er soll das Parlament mit seinen Abstimmungsmöglichkeiten niederzwingen. Zum wütenden Schweigen bringen. Zum geduckten Hinkrümmen der Hinterteile, damit der Fußtritt richtig sitzt.

Etwas allgemeiner gesagt: So wie die Dinge stehen in Rest-Europa lässt sich das Datum ausrechnen, an welchem alle Hilfsdarlehen nicht mehr ausreichen, um die Randexistenzen am Riemen zu reißen. Nach heutigen Meldungen treiben die Ratings gerade Italien in Sichtweite des Schlachthofs. In dieser Lage kann Reden über die Krise die Krise in jedem Fall nur verschärfen. Nach Merkel muss dann schweigend gehandelt werden, mit zunächst noch der Gelegenheit, nachträglich und ohnmächtig abzunicken. Selbst kleinere berechenbare Gnadenstöße wie gegen Libyen sind dann nicht mehr ausgeschlossen.

Merkels Letztziel, da auf eigene Mehrheiten nach dem gegenwärtigen Stand nicht mehr zu rechnen ist: Parlament weitgehend ausschalten.

Sie hat dafür ein großes Vorbild, sogar - im weiteren Sinn - aus den eigenen Reihen. Brüning, langjähriger Chef des ZENTRUM, schreibt in seinen Memoiren, nach dem Krieg zugänglich geworden, ganz offen: sein Ziel sei es gewesen, den Reichstag wieder auf den Stand zurückzustoßen, den er im Kaiserreich gehabt habe. Das heißt: Kanzlerernennung nur durch das Staatsoberhaupt, damals den Kaiser. Kein Misstrauensantrag möglich. Mosern im Parlament erlaubt. Aber folgenlos. Dieses Ziel hatte Brüning ab 1930 erreicht. Als Staatsoberhaupt musste statt eines Hohenzollern Hindenburg herhalten. Alles lief prima: Politik gab es in den letzten Jahren Weimars nur noch hintenherum. Geheimes florierte. Niemand störte.

Bekanntlich kam Brüning damals etwas Winziges dazwischen. Der Hindenburg, den er selbst so groß gemacht, dem er zur Wiederwahl verholfen hatte, dem gefiel Brüning von einem Tag zum andern nicht mehr. Und Brüning konnte absolut nichts gegen seine Entmachtung einwenden, als es ihn erwischte. Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt. Geheimnisse florierten. Aber am Ende kam unverstellt etwas sehr Trauriges heraus.

Wir haben aber keinen Hindenburg. Kann man einwenden. Wenn Merkel ihr geheimes Windei wirklich ausbrütet: Wer kann dann sie noch absetzen? Zunächst niemand. Merkel for ever! Nur dass die verborgensten Geheimküchen etwas niemals verbergen können: die Folgen. Die Folgen aller geheimen Ratschlüsse,Verträge und Machenschaften. Genau das, was die Allergeheimsten den eigenen Augen entziehen müssen, damit das Gewerbe überhaupt weiterläuft. Vor den Folgen aber ist keine und keiner sicher. Auch ein Mubarak fand sich jahrzehntelang unangreifbar und toll. Bis wieder etwas dazwischenkam. Und wenn er Pech hat, muss er doch noch vor Gericht.

Soweit kann es mit Merkel nie kommen. Sagt sie sich versonnen. Und macht weiter und weiter...

Treffen für Betroffene der Repression am 1. Mai in Heilbronn

Der schwarze Block in Heilbronn
Foto: woschod.de
Der mit massiven Polizeikräften durchgesetzte Naziaufmarsch am 1. Mai in Heilbronn hatte stundenlange Kesselungen und andere Repressionen gegen AntifaschistInnen zur Folge.

"Was den Tag zweifelsohne geprägt hat, war der eindeutig politisch motivierte Polizeieinsatz: in breiten Kreisen, bis hin zu vielen Passanten die lediglich zum HBF gelangen wollten, bestand Einigkeit darin, dass es um noch mehr ging als die Durchsetzung eines Aufmarsches von ein paar hundert Nazis. Die Flugblätter und Plakate der Polizei im Vorfeld, die dazu aufforderten sich nicht an Blockaden zu beteiligen, das fast schon bizarre Aufgebot an Polizeikräften selbst auf engsten Räumen, die vielen hundert Absperrgitter, das massive Vorgehen gegen Antifaschisten, die Beibehaltung des Kessels inkl. mehreren Angriffen auch noch lange nachdem die Nazis bereits wieder abgereist waren, die Verhinderung der linken Demonstration bei gleichzeitiger Bereitschaft, den Nazi-Aufmarsch um jeden Preis durchzusetzen, die rechtswidrige Behandlung der festgenommen Antifaschisten etc. machten eines offensichtlich: es sollte ein Exempel statuiert werden, die revolutionäre und antifaschistische Mobilisierung sollte massiv angegriffen und praktisch verhindert werden. Den Menschen, die es wagten sich an Blockaden zu beteiligen, die sich bewusst nicht auf die, nur von Wenigen besuchten Pseudo-Proteste von ein paar DGB-Funktionären und bürgerlichen Vereinen beschränkten, die gar an einer von revolutionären Gruppen geprägten Mobilisierung teilnehmen wollten, sollten mit aller Wucht getroffen werden. Das die Polizei im Vorfeld die Anwohner dazu aufrief, am 1. Mai doch einen Ausflug zu machen und Heilbronn zu verlassen, scheint im Nachhinein fast schon einen Grund darin gehabt zu haben, dass die Polizeirepression möglichst ungesehen zuschlagen konnte.

Die einzelnen Bereiche der schwierigen und zu großen Teilen gescheiterten Mobilisierung erfordern sicher ausführliche Analysen, die Rückschläge müssen genau diskutiert werden. Dennoch sind auch zumindest ein paar positive Aspekte hervor zu heben: Die Nazis haben mit ihrem Versuch den 1. Mai für ihre Propaganda zu vereinnahmen in Heilbronn wohl eher das Gegenteil bewirkt. Die revolutionäre und die antifaschistische Mobilisierung waren durch zehntausendfache und unterschiedliche Veröffentlichungen in ganz Süddeutschland wesentlich präsenter. Während bei den vergangenen Aufmärschen von Nazis in Heilbronn lediglich ein paar hundert Menschen protestierten, waren es diesmal mehr als 2000 -“ dies obwohl insbesondere von Funktionären des DGB um Bernhard Löffler darauf hingewirkt wurde, dass Gewerkschafter aus anderen Städten bei den lokalen Kundgebungen und Festen blieben.

Bei allen die den Polizeieinsatz einigermaßen richtig einschätzen, dürfte die Bereitschaft zukünftig noch mehr gegen diesen Apparat und das System, das solche Vorgehensweisen beinhaltet, aktiv zu werden, deutlich angewachsen sein."
(linksunten)

Am Dienstag, 19. Juli findet im Linken Zentrum Lilo Herrmann (Böblinger Str. 105, Stuttgart-Heslach) um 19 Uhr ein Koordinierungstreffen der Roten Hilfe Stuttgart statt. Bei dem Treffen soll ein gemeinsames Vorgehen gegen die Folgen am 1. Mai beraten werden. Dazu sind alle von den Repressionen betroffenen eingeladen.

Einladung und weitere Infos der Roten Hilfe.
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