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Mehringhoftheater "Erich Mühsam - kein Lampenputzer" Lesung und Konzert

Erich Mühsam: Begnadeter Schüttelreimer, Münchner Räterevolutionär, Bohemien, langjähriger Festungshäftling, Kabarettist, Anarchist, Caféhausliterat, von den Nazis im KZ ermordeteter Jude. Wohlmeinende Ratschläge, er solle sich doch besser festlegen, ob er Künstler oder politischer Aktivist sei, ergingen häufiger an ihn. Von Frank Wedekind zum Beispiel: „Sie reiten stehend auf zwei Gäulen, die nach verschiedenen Richtungen streben; sie werden Ihnen die Beine auseinanderreißen.“ Mühsam verwarf solchen Rat. Der Vorwurf, er sei zu außenseiterisch, unrealistisch und habe Illusionen, prallte ohnehin an ihm ab: "Immer, wenn man mich einen Don Quichote nannte, wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin."

Mühsams Texte werden gelesen von Harry Rowohlt und Thomas Ebermann, DJ Patex, Manuel Schwiers und Frank Spilker ("Die Sterne") besingen sie.

Harry Rowohlt, 1945 in Hamburg geboren, arbeitet als Autor, Übersetzer, Schauspieler und Vortragskünstler. Seine Kolumne „Pooh-™s Corner“ in der ZEIT erreichte Kultstatus, für die Hörbuch-CD "Pu der Bär" erhielt er 2000 die Goldene Schallplatte.

Thomas Ebermann, 1951 in Hamburg geboren, war in den siebziger Jahren im Kommunistischen Bund aktiv, in den achtziger Jahren grüner Abgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft und im Bundestag. Seit seinem Parteiaustritt arbeitet er als Publizist und Buchautor.

Knarf Rellöm, Manuel Schwiers und Frank Spilker, Frontmann der Hamburger Band „Die Sterne“, vertonen seit Jahren Gedichte von Mühsam und tragen sie so in die Gegenwart. Da Knarf Rellöm diesmal nicht mit auftreten kann, wird die Hamburger Musikerin DJ Patex ihn vertreten.

4. Juni 2011, 14 Uhr
Eintritt: 12€, Ermäßigt 8€

Via racethebreeze

kritisch-lesen.de Nr. 4 - "Zeichen des Aufstands"

Foto: © Jörg Möller
Das Bild zeigt die Puerta del Sol in Madrid. Seit nunmehr zwei Wochen demonstrieren dort sowie in zahlreichen anderen Städten des Landes Hunderttausende gegen Sozialabbau, Repression und Kapitalismus. Sie halten zentrale Plätze besetzt, campieren und weichen auch nicht trotz Versammlungsverbot. Die Menschen sind wütend auf die Regierung, die finanzielle Krisen auf ihrem Rücken auszutragen versucht. Es lässt sich eine Tendenz erkennen, dass Menschen für ihre Bedürfnisse aufstehen und ihre Wut zeigen. Protestwellen haben in den letzten Jahren viele Regionen der Welt erfasst: Ägypten, Tunesien, Frankreich, Griechenland und jetzt Spanien. Auch wenn die Ziele unterschiedlich sein mögen, die Menschen nehmen ihre Sache selbst in die Hand und solidarisieren sich in Massen.

Mit dieser Ausgabe wollen wir einen Einblick wagen in Teile der Bewegungen der letzten Jahre. Die Vielheiten der Ideen und Motivationen sich zu regen sollen offen bleiben. Deshalb wollen wir auch Blicke auf Bücher werfen, welche versuchen ins Offene und Mögliche zu schauen. Die Auswahl der Rezensionen beschränkt sich in dieser Ausgabe leider auf den europäischen Kontinent -“ einen weiteren Blick werden wir in kommenden Ausgaben wagen. Den Anfang machen zwei Autor_innen, die sich Louisa und Michael nennen. Sie verteidigen das Pamphlet Der kommende Aufstand gegen Kritiken, nach denen es sich um eine „antimoderne Hetzschrift“ handele, und heben hervor, der Band leiste Beitrag, „Wut und Zorn sagbar zu machen“. In der Rezension zu Wir sind ein Bild der Zukunft beschäftigt Fritz Güde sich mit den Revolten in Griechenland und kommt zum Schluss, dass mit einem Aufschwung der Bewegung zu rechnen ist, wenn es ihr nach den neuen Erpressungen Griechenlands durch die EU gelingt, sich einer breiteren Empörung dagegen anzuschließen. Um die Prozesse gegen die Militante Gruppe (mg) geht es in der Rezension Alles was uns fehlt ist die Solidarität von Thomas Trueten, die die Schwierigkeiten von solidarischer Antirepressionsarbeit verdeutlicht. In der letzten Schwerpunktbesprechung widmet sich Fritz Güde der fiktiven Geschichte Schwarzenberg von Stephan Heym, der aus der tatsächlich sechs Wochen lang nicht besetzten Region 1945 die Räterepublik wiederauferstehen lässt. Dieses “Experiment im Vakuum- hält der Rezensent für eine inspirierende Lektüre.

Zudem gibt es in dieser Ausgabe noch zwei weitere aktuelle Besprechungen. Ismail Küpeli unterzieht das Buch Islamfeindlichkeit in Deutschland von Achim Bühl einer solidarischen Kritik. Den Determinismusvorwurf in der Biographie Marxens von Rolf Hosfeld nimmt Dirk Brauner unter die Lupe und entlarvt es als einseitigen Versuch, das eine Marxbild zu entwerfen.

Aus dem Archiv kommen außerdem Fritz Güdes Besprechung zu Bini Adamczaks Gestern Morgen hinzu, in der er die wegweisenden Blicke der Autorin in vermeintlichen Sackgassen hervorhebt. Und zum Schluss bespricht Adi Quarti (Post-) Operaismus von Birkner/Foltin, eine Einführung in Theorie und Praxis dieser Arbeiterbewegung.

Es sei noch auf unseren Newsletter hingewiesen. Wer immer rechtzeitig über die neuesten Ausgaben per Mail informiert werden will, sollte sich unbedingt mit Email-Adresse bei unserem Newsletter anmelden (siehe Spalte rechts auf unserer Homepage).

Zum Schluss ein Hinweis: Vom 03. bis zum 05. Juni finden in Berlin die Linken Buchtage statt. Wir werden uns gemeinsam mit dem Antifaschistischen Infoblatt, der edition assemblage und dem US-amerikanischen Verlag PM Press einen Infostand teilen und freuen uns auf spannende Diskussionen und Kontakte.

Viel Spaß beim (kritischen) Lesen!

Rezensionen zum Schwerpunkt

Aktuelle Rezensionen

Rezensionen aus dem Archiv

Bobby Sands über sich selbst

"Ein Tag in meinem Leben" - schrieb Bobby Sands in den H-Blocks von Long Kesh auf Toilettenpapier, mit einem Stift, den er in seinem Körper versteckt hielt.
(In einem Kassiber an den Armeerat der IRA vom 31.1.1981, aus den H-Blocks herausgeschmuggelt):

"Ich werde am 9. März siebenundzwanzig, also 9.3.54 geboren. Die Stella Primary School besucht und die Secondary in Rathcool. 9 Monate am Newtonabbey Tech. Dann als Lehrling bei einem Karosserieschlosser für 3 Jahre oder so. Ich war auch ein fantastischer Sportler. Als ich noch jung war, hab ich Fußball, Leichtathletik, Schwimmen und noch etwa zehntausend andere Sportarten gemacht. Aber ich war nie in einem Gaelic-football Verein. Übrigens habe ich für Willowfield Temperance Harriers (sehr protestantisch!) an allen wichtigen Laufwettbewerben im Norden für Jungs teilgenommen, nur zweimal war ich zu langsam und da haben sie mich geschnappt.

Das erste Mal wurde ich in Lisburn geschnappt. Ich war damals 18 und sehr naiv. Ich hatte eine "schlechte Zeit" in der Polizeikaserne und unterschrieb ein erzwungenes Geständnis. Verurteilt wurde ich Ende März, Anfang April 73 von Richter Higgins zu fünf Jahren wegen Besitz von 4 Pistolen, die dort versteckt waren, wo ich mich aufhielt (sie waren in keinem guten Zustand, deshalb kam ich so glimpflich davon). Die Dame des Hauses verkaufte ihre Seele für 300 Pfd. und haute ab nach England, vorher ließ sie die Briten ins Haus, um mir aufzulauern. (...)

Also, ich kam am 13.4.76 raus und lebte in Twinbrook mit Frau und Kind und wurde am 14.10.76 wieder geschnappt. (...) Ich wurde ins Verhörzentrum Castlereagh gebracht, wurde dort sehr schlecht behandelt, habe diesmal aber nur meinen Namen, Adresse und dass ich Arbeit suche , angegeben, ich habe nichts unterschrieben und nach 11 Monaten Untersuchungshaft (4 davon im H-Block) wurde ich zu 14 Jahren wegen vorsätzlichem Waffenbesitz verurteilt. Ich erkannte das Gericht nicht an. (...)

Die Verhandlung war eine Farce. Es gab einen Krawall, nachdem wir verurteilt worden waren, wir hatten nicht angefangen, die Wärter schlugen uns zusammen und drei von uns kamen in die Strafabteilung und ihnen wurden 6 Monate Haftverkürzung gestrichen.

Die ersten 22 Tage war ich in der Strafabteilung im Crumlin Road Jail, 15 Tage davon vollkommen nackt vor hunderten von Kriminellen. (...)

Mein Geburtstag wird wahrscheinlich in die spätere Stufe des Hungerstreiks fallen.

Was meine Familie anbetrifft: Meine Mutter und mein Vater sind wie alle Eltern, sehr verletztbar (...)

Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass ich sterben werde, ich spiele nicht den Draufgänger oder Egomanen. Ich bin sicher, ihr versteht mich (...)."

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