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Linke Medienakademie über Stuttgart 21 und die mediale Begleitung des Protestes

Wenn es auf der Linken Medienakademie um eine kritische (Medien-)öffentlichkeit geht, dann darf das Thema Stuttgart 21 natürlich nicht fehlen.
Der Stuttgarter Filmemacher und Autor Hermann G. Abmayr präsentierte seine Dokumentation "Stuttgart steht auf" (Trailer).

Abmayr begann seine Dokumentation am 30. September, dem schwarzen Donnerstag, als die Stuttgarter Polizei mit massivster Härte gegen die GegenerInnen des Immobilien- und Bahnhofsprojektes Stuttgart 21 vorgingen, und begleitete die Proteste bis Ende November. In diese Zeit fiel auch die sogenannte Schlichtung, die am Ende im Interesse der Bahn AG und der CDU-geführten Landesregierung mit Geißlers schlichtem Spruch beendet wurde.

Die Kamera begleitet die AktivistInnen auf Demos und Blockadetrainings. Für viele der DemostrantInnen ist dieser Protest der erste in ihrem Leben. Immer wieder kommen einige von ihnen zu Wort und erklären, dass sie bisher CDU gewählt hätten und warum sie nun aktiv werden. Ein Vater ist extra mit seinem Sohn zur Demo nach Stuttgart gereist, um ihm "Demokratie zu zeigen". Er soll nun eine Toilettenbenutzungsgebühr für das Gymnasiums des Sohnes zahlen und gleichzeitig werden bei Stuttgart 21 Gelder ausgegeben, die an anderen Stellen fehlen.

Auch bei der Besetzung des Südflügels am 17. Oktober ist das Filmteam dabei. Bei der Aufnahme der Personalien wollte die Polizei dann jedoch nicht gefilmt werden. "Mache Se de Kamera aus, sonst knallts" knurrt eine Polizistin die Filmemacher an.

Natürlich kann die Dokumentation nicht die Protestbewegung in ihrer Gesamtheit porträtieren, sie gibt jedoch einen guten Einblick in die Stuttgarter Realitäten.

Im Anschluss an den Film folgte eine Präsentation der Arbeit von Cams21.de, die mit ihren mobilen Kameras immer und überall unterwegs sind, wo gerade der Protest in der baden-württembergischen Landeshauptstadt unterwegs ist.
Auf Cams21.de werden Bewegtbilder von Demonstrationen und Veranstaltungen gezeigt, die über die Plattform bambuser.com live ins Netz gestreamt werden.
Ein Aktivist von Cams21 stellte an Hand von einigen Filme die Funktionsweise und die Einsatzmöglichkeiten vor und erklärte, über welche technischen Möglichkeiten man verfügen muss, um direkt von der Demo bewegte Bilder in die Welt zu schicken. Es reichen ein einfaches Netbook, eine handelsübliche Webcam und ein mobiler Internetzugang. Oder einfach ein Smartphone. Schon allein mit diesem Gerät ist es möglich, Videos ins Internet zu streamen.
Die Streams lassen sich nicht nur live verfolgen, sondern sind auch später noch online verfügbar und bereit, auf Internetseite und Blogs einzubinden.

Der Vorteil, mit mehreren Teams vor Ort zu sein, ermöglicht es den NutzerInnen, zum Beispiel einen Polizeieinsatz aus mehreren Perspektiven zu verfolgen.
Dadurch, dass das benötigte Equipment so klein ist, war es Hannes Rockenbauch auch möglich, die Begehung des Südflügels im Rahmen der "Schlichtung" zu dokumentieren. Vertreter klassischer Medien waren von der Begehung ausgeschlossen. So lieferte also Cams21 die einzigen Bilder und konnte zeigen, dass es in dem Gebäude eben doch Pausenräume der Bundespolizei gegeben hat. Dies hatten die KritikerInnen es Projektes immer wieder vermutet. Bahn, Politik und Polizei hatten dem immer vehement widersprochen.

Die Grenzen dieser Technik liegen jedoch in der Verfügbarkeit von mobilem Internet mit den entsprechenden Kapazitäten. Während das Gelände um den Stuttgarter Hauptbahnhof eben diese biete, seien die Voraussetzungen im Wendland deutlich schlechter. Dies dürfte sich jedoch mit dem weiteren Ausbau der Infrastruktur auch ändern, so dass für künftige Proteste eine mediale Begleitung durch mobile Videoteams durchaus realistisch sein könnte.

Mappus Raustreten! Zwölf Eier zum Abschuss

Aktion heute in Stuttgart
Foto: Jasmin Bartholomäus
Visionär Vorwegerlauschtes bei seiner Ansprache vor Demonstranten
Unserer Redaktion ist es gelungen, die Zeit zu überholen und die Ansprache unseres Ministerpräsidenten vorab in Teilen zu erlauschen. Unerschrocken wäre demnach Mappus auf den Balkon getreten und hätte zur Heerschar der Demonstranten sprechen wollen, die ihm allesamt nicht wohlgesonnen waren. Nach anderen Informationen hat er sich am Ende doch nicht getraut und einen Sprecher des Umweltministeriums Gönner vors feindliche Volk gejagt.

"...Rumpel... Rabäh... Stehen auch wir tieferschüttert vor dem Leid, das Japan, das Land unserer treuesten Bundesgenossen - nach den USA - betroffen hat. Glauben Sie mir, niemand lassen die Bilder kalt, die aus dem TV-Gerät heraus nach uns greifen. Ich möchte eine ausgiebige Schweigeminute vorschlagen...

Nun aber zu uns selber hier am Oberrhein. Zunächst die freudige Botschaft: Das Umweltbundesamt bestätigt, dass so etwas wie in Japan bei uns nie vorkommen kann. Mag jene Nation auch so hochtechnisiert sein wie keine, an Vorsicht hat es zumindest die jetzt betroffene Firma doch fehlen lassen. Erfahre ich doch erschüttert, dass diese jahrelang sämtliche Statistiken gefälscht und Unfälle verschwiegen hat. DAS WÄRE IN BADEN-WÜRTTEMBERG UNTER MEINER REGIERUNG UNDENKBAR. Was ein Herr Mayer vom BUND da vorbringt über Erdbeben, die auch die Oberrheingegend betreffen könnten darf uns nicht beunruhigen. Erdbeben größeren Ausmaßes gab es vielleicht in der Zeit, als Hohentwiel und Hohenkrähen noch Lava auswarfen. Irgendwie jüngere Kreidezeit, in welcher Herr Mayer wahrscheinlich zu Hause ist."


(HO! HO! Gelächter aus dem Lautsprecher).

"Für unsere braven Mitbürger steht eines fest: Wir machen weiter. Wir müssen weitermachen. Gerade jetzt, nachdem das Land Mehrheitsbesitzer der EnBW-Aktien - wieder - geworden ist, können wir es uns einfach nicht leisten, auf diese Energiequellen zu verzichten, die - wie ich nicht müde werde zu beteuern - ja kein einziges Gramm Kohlenwasserstoff absondern.

Und sollte trotz aller Beteuerungen - unterstützt von Aussagen und Gebeten meiner wahrheitsliebenden Vorgänger - ich darf nur an Filbinger selig erinnern - doch einmal etwas Menschliches passieren, dann sicher lang nach unserem Ableben. Vergessen wir nie: Alles Menschenwerk steht in Gottes Hand. Er hat gegeben, er kann auch nehmen! Möge dann immer noch sein Auge über der verschlackten Gegend ruhen zwischen Karlsruhe und Basel. Auch Wüsten strahlen. Auch Urwälder, liebe Umweltfreunde, können blühen. So denn - in Zuversicht für Zeit und Ewigkeit. Auf zu gesinnungsfesten Landtagswahlen!"


Heiß ersehnte Stimme von oben:

"Landgraf, es reicht!"

(Mappus, das erste Mal bei einem Auftritt, verstummt. Allerdings auch, weil ihm ein Ei in der Kehle steckt. Die Bombardierung mit weiteren setzt ein. Alles auf Gottes Geheiß.)

Vorwegerlauscht in Traum und Tränen von Fritz Güde.

18. März: Internationaler Tag der politischen Gefangenen

Der 18. März als Kampftag für die Freilassung aller politischen Gefangenen knüpft an die Tradition der ArbeiterInnenbewegung an. Der 18. März 1848 steht für die Kämpfe des neu entstandenen Proletariats gegen die alten Herrscher und auch die neu entstandene Bourgeoisie. Am 18. März 1871 übernahm die Nationalgarde in Paris die Macht und läutet somit den Beginn der Pariser Commune ein. Beide Versuche, sich von den Fesseln der Herrschaft zu befreien, werden brutal niedergeschlagen. So kostete die Rache der französischen Bourgeoisie 25000 Menschen das Leben, 3000 starben in den Knästen, 13700 wurden verurteilt, die meisten zu lebenslänglichen Strafen. Dieser Tag wurde zuerst Tag der Pariser Kommune genannt.

1922 wurde auf dem IV. Weltkongress der kommunistischen Internationale die Internationale Rote Hilfe (IRH) gegründet und u. a. die Durchführung eines internationalen Tages der politischen Gefangenen beschlossen, der am 18. März 1923 erstmals ausgerufen werden konnte. Mit diesem Tag sollte vor allem das Bewusstsein und die Solidarität für die Lage der politischen Gefangenen weltweit erzeugt und verankert werden und auf diese Weise auch praktisch zum Ausdruck kommen.

Seitdem 1996 Libertad! und andere Initiativen sowie die Rote Hilfe e.V. wieder einen Tag für die Freiheit der politischen Gefangenen und gegen Repression und staatliche Unterdrückung initiierten, finden jedes Jahr bundesweit vielfältige Aktionen, Veranstaltungen und Demonstrationen zum Thema statt.

Für Stuttgart gibt es einen Bündnisaufruf:


Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen!

Bereits seit Jahren werden MigrantInnen seitens des Staates zunehmend verfolgt und kriminalisiert. Besonders im Fadenkreuz der Kriminalisierung steht die migrantische Linke: Vereine werden geschlossen, AktivistInnen angeklagt, verurteilt, weggesperrt und abgeschoben.

Bereits seit Jahren werden MigrantInnen seitens des Staates zunehmend verfolgt und kriminalisiert. Besonders im Fadenkreuz der Kriminalisierung steht die migrantische Linke: Vereine werden geschlossen, AktivistInnen angeklagt, verurteilt, weggesperrt und abgeschoben.

Die migrantische Linke und ihre Strukturen stehen im Fadenkreuz der Repression, weil sie sich gegen die unterdrückerischen und ausbeuterischen Verhältnisse, in denen wir leben, wehren und den legitimen Kampf für eine befreite Gesellschaft führen. Dabei soll der legitime Kampf und der Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse -“ sei es in der BRD oder in den jeweiligen Herkunftsländern, wie die Türkei, Kurdistan, Tamil Eelam etc. - seitens der Herrschenden mit allen Mitteln unterdrückt werden. Und gerade während sich international die politischen Krisen zuspitzen und das Potential an Widerstand gegen die herrschende Unterdrückung und Ausbeutung sich vervielfacht, greifen die Herrschenden immer öfters zu massiven Zwangsmittel, um Widerstand zu zerschlagen oder präventiv zu verhindern und damit die herrschende -“ ihre -“ Ordnung aufrechtzuerhalten.

Durch die internationale Zusammenarbeit in der Bekämpfung von Aufständen und politischen Strukturen, sowie durch die engen wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen der BRD mit der Türkei und anderen Staaten werden momentan -“ europaweit -“ migrantische Strukturen kriminalisiert. Nicht zuletzt weil die jeweiligen Länder ein großes Interesse an der Verfolgung dieser Strukturen haben, da diese den Kampf um Befreiung bis zu einem hohen Niveau entwickelt haben.

So kommt es bei politischen AktivistInnen in der BRD und anderen europäischen Ländern immer wieder zu Razzien, Verhaftungen, langjährigen Haftstrafen und Abschiebungen. Dabei handelt es sich oft um Menschen, die in ihrem Land politisch verfolgt, gefoltert und inhaftiert wurden, letztlich nach Deutschland geflüchtet sind, um jetzt hier verfolgt und kriminalisiert zu werden. Dabei erleichtern die verschärften Gesetze gegen MigrantInnen: „Ausländergesetze“, „Abschiebegesetze“, etc. es der Justiz MigrantInnen zu verfolgen. Rassistische Vorurteile und der weit verbreitete Rassismus gegenüber MigrantInnen ala Sarrazin schüren einerseits eine Angst und den Hass gegen MigrantInnen und erleichtern es auch die Maßnahmen zu legitimieren, da mit nur wenig Solidarität zu rechnen ist.

Neben den Gesetzen der BRD können die Behörden auch auf umfangreiche Kriminalisierungs-Möglichkeiten zurückgreifen, die in beinahe allen EU-Ländern geschaffen wurden und auf EU-Ebene dauerhaft ausgeweitet werden. Ein europäisches Polizeiamt (Europol) sorgt zusammen mit einem europaweiten Datenaustausch für umfangreichere Fahndungen. Gleichzeitig wird momentan auf EU Ebene eine „Einheit für justizielle Zusammenarbeit“ angestrebt, um auch die Verfolgung und Kriminalisierung zu vereinheitlichen. Insbesondere fortschrittliche Strukturen sind von diesen Maßnahmen betroffen, da durch einen effektiven Datenaustausch und -abgleich Personen effektiver verfolgt werden können.

Ein Beispiel für die praktische Anwendung sind die Antiterrorgesetze, die sich gegen „ausländische Terroristen“ richten. Diese Gesetze wurden -“ nach deutschem Vorbild -“ in vielen EU-Ländern eingeführt und die sogenannte Antiterrorliste eingeführt, auf der sich vornehmlich fortschrittliche, revolutionäre Organisationen befinden. In der BRD wurde 2002 -“ in Folge des „Kampfes gegen den Terrorismus“ - der §129b eingeführt, der die „Mitgliedschaft und/oder Unterstützung in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ unter Strafe stellt und dafür grundlegende Menschenrechte, wie auch die Unschuldsvermutung ausser Kraft setzt. Dafür genügt schon, wenn man einer Gruppe zugerechnet wird, die von einem geheimen Ausschuß als „terroristisch“ definiert wird. Der §129b dient bzw. wird dazu dienen breitflächig MigrantInnen, die für einen gerechten Kampf einstehen, zu kriminalisieren, wegzusperren und abzuschieben.

Momentan läuft vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf noch ein Prozess gegen eine Person, der mit Hilfe des §129b vorgeworfen wird Mitglied in der DHKP-C1 gewesen zu sein. Zwei andere Prozesse mit denselben Vorwürfen -“ davon fand einer in Stuttgart-Stammheim statt -“ gegen insgesamt 8 Personen sind bereits mit mehrjährigen Haftstrafen für die Angeklagten zu Ende gegangen. Im Laufe des Jahres werden weitere zwei Prozesse mit demselben Vorwurf beginnen, wie auch mindestens ein Prozess gegen angebliche LTTE2 Mitglieder.

Ein weiteres Beispiel für diese Entwicklung sind zwei Prozesse gegen insgesamt 17 kurdischen Jugendliche hier im Raum Stuttgart. Ihnen wird vorgeworfen an einem Angriff auf eine Kneipe im Raum Nürtingen im Mai 2010 beteiligt gewesen zu sein.Dabei sollen 4 der dort regelmäßig anzutreffenden türkischen Faschisten verletzt worden sein. Die Jugendlichen sitzen teilweise seit Mai 2010 getrennt voneinander in Knäste in ganz Baden- Württemberg verteilt. Seit Mitte Januar laufen zwei Prozesse am Stuttgarter Landgericht. Von der Staatsanwaltschaft wurden Strafen im Rahmen von 3 bis 5 Jahren gefordert.

Diese beiden Beispiele - die nur zwei in einer langen Liste von Prozessen, Verurteilungen und Kriminalisierungsversuche sind - geben einen Eindruck der zunehmenden Kriminalisierung von MigrantInnen und migrantischen Strukturen. Dabei beschränkt sich die Verfolgung aber in keinster Weise auf diese. Viel mehr sollen an den migrantischen Strukturen ein Exempel statuiert werden, um die Kriminalisierung später auf weitere Strukturen anzuwenden.

Wir wollen daher den 18. März als Tag der politischen Gefangenen dafür nutzen, um auf die zunehmende Kriminalisierung von MigrantInnen aufmerksam zu machen und um ein Zeichen gegen diese Entwicklung zu setzen. Denn nur wenn wir uns gemeinsam gegen diese Entwicklung wehren, können wir ihr auch etwas entgegensetzen -“ sowohl hier als auch international.

Daher gilt für uns:
Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen!
Hoch die Internationale Solidarität!

Kundgebungs-Termin:
Freitag, 18. März 2011,
ab 16 Uhr mit Wandtafeln
ab 17 Uhr Kundgebung
in der Marktstraße in Bad Cannstatt


DHKP-C: Die DHKP-C -“ die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front -“ kämpft in der Türkei gegen Unterdrückung und Ausbeutung und für eine befreite Gesellschaft.

LTTE: Die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) kämpfen gegen die Unterdrückung der tamilischen Bevölkerung durch Singhalesen, und für ein unabhängiges Tamil Eelam -“ einem Gebiet in Sri Lanka, das der tamilischen Bevölkerung zusteht, diesen aber nicht zugestanden wird.

UnterstützerInnen: Anatolische Föderation, ATIK-YDG (Neue Demokratische Jugend), Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen, Rote Hilfe Ortsgruppe Stuttgart, Young Struggle, Stuttgarter Plattform "Weg mit den §129! Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen!"

Fukushima: Erinnerung an die inzwischen fast prophetischen Bücher Gudrun Pausewangs

"Die letzten Kinder von Schevenborn" und "Die grüne Wolke".

Vorbemerkung: Aus traurigstem Anlass übernehmen wir aus dem Archiv von stattweb einen Artikel vom März 2008 - zum achtzigsten Geburtstag der Autorin:

Sie lebt nach wie vor in der kleinen Stadt Schlitz, in Oberhessen, nahe der ehemaligen Zonengrenze. Mit ihren zwei Büchern “Die letzten Kinder von Schevenborn- und “Die Wolke- rief sie in den achtziger Jahren die sonst unfassbare Gefährdung durch Atombomben und zugleich durch KKWs den dort Wohnenden unerbittlich in die persönlichste Vorstellung.

Vom naheliegenden “Hattenbacher Dreieck- an der Zonengrenze hieß es damals, dass es sowohl atomvermint vom Westen her als bedroht vom Osten her wäre. Es muss daran erinnert werden, dass die Schmidt-Regierung trotz erbitterter Proteste sich damals der Reagan-Politik unterwarf und den Nachrüstungsbeschluss brutalstmöglich durchboxte.

Es war Zeitungen zu entnehmen, dass in den USA die ganze Gegend in größtem Maßstab im Modell nachgebildet existierte, um die Kriegsplanung zu perfekt wie möglich auszugestalten.
Ich damals in einem Internat zwölf Kilometer entfernt tätig, hatte mit den Schülerinnen und Schülern mehrfach Gelegenheit, Frau Pausewang sowohl in der Schule selbst zu hören wie auch in einer “Kulturscheune- im nahegelegenen Dorf Wehrda.

In die “Letzten Kinder von Schevenborn- wird eine Katastrophe vorausgesetzt - durch welche Partei auch ausgelöst - die topographisch genau auf die alte Burgenstadt Schlitz übertragen werden konnte. Auch wenn der Name verändert worden war, konnte jeder sich Straße und Platz der zerstörten Stadt vorstellen.

Grauenhaft der Weg der Familie der Hauptpersonen durch ein vollkommen menschenleeres Land. Sie wollen zurück nach Frankfurt: doch als sie sich auf der Autobahn der Stelle nähern, wo die Abfahrt nach Frankfurt hätte sein sollen, ist nichts mehr zu sehen. Auf dem Boden liegend, lässt sich eine Schwelle ertasten. Dorthin hätte der Weg führen sollen. Die Familie schleppt sich zurück. Die Mutter bekommt ein Kind ohne Augen, das der Vater schweigend “entsorgt-.

Das Ende: es sind nur noch wenig Kinder übrig, alle versehrt und beschädigt. Sie wenden sich insgesamt gegen die Erwachsenen, die es noch gibt. Hätten sie nicht rechtzeitig eingreifen können und müssen?

Der Roman “Die Wolke- spielt nach einem Atomunglück in der Gegend Hanau/Aschaffenburg. Unvergesslich die Heuchelei und Lüge der offiziellen Beruhigungspolitik. Schluss: Eine Fernseh-Nachricht über Frankreich: Dort sei ein ganz neues KKW errichtet worden, ganz anders als die bisherigen. Völlig ungefährlich.....

Gudrun Pausewang hat lange Jahre in Südamerika verlebt. Auch von dort hat sie einen eindrucksvollen kleinen Roman mitgebracht: “Kindergeburtstag-. In diesem Buch wird der dortige Festungskapitalismus minutiös geschildert: Streng bewachte, von Gräben und Hundestreifen umgebene Villen und Villenviertel dienen den Reichen als Rückzugsgebiet. Ein Kind gibt arglos den Verzweifelten und Armen Einlass:Die Gierigen überschwemmen die Satten. Alles so eindrucksvoll, dass von den Internatsinsassen, die selbst zum Teil aus fernen Ländern stammten oder deren Eltern auf Montage dort arbeiteten, sich an die Situation erinnerten, in der sie selbst in abgeschirmten Gebieten fern von den gewöhnlichen Leuten die Ferien verbracht hatten.

Gudrun Pausewangs Bücher- Beispiele eindringlichster Wirklichkeit. Ein BeispieL. Als die großen Friedensdemonstrationen in Bonn anstanden, meldeten sich ganze Klassen zur Hinfahrt. Mit ausdrücklicher Erlaubnis der Eltern. Vielleicht eins der wenigen Beispiele,wo praktisch eine ganze -private- Schule mit Lehrern, Schulproviant, über die Schule bestellten Bus sich geschlossen zur Friedensdemo aufmachte. Ohne die vorherige Vertiefung in Pausewangs Bücher kaum vorstellbar! Der großen Schriftstellerin gilt an diesem Tag unsere Erinnerung und unser Dank. Quelle: taz, 1.3.08

Bibliographische Angaben:
"Die Wolke" von Gudrun Pausewang von Ravensburger Buchverlag (Taschenbuch - 1. April 2010)
224 Seiten
ISBN-10: 3473580147
ISBN-13: 978-3473580149

Die Verfilmung des Buches: "Die Wolke". Darsteller: Paula Kalenberg, Franz Dinda, Hans-Laurin Beyerling, Regie: Gregor Schnitzler

"Die letzten Kinder von Schewenborn: oder ... sieht so unsere Zukunft aus?" von Gudrun Pausewang von Ravensburger Buchverlag (Taschenbuch - Juli 2003)
189 Seiten
ISBN-10: 9783473580071
ISBN-13: 978-3473580071

Inbegriff der Katastrophe: Westerwelle rechtgeben müssen!

Guido Westerwelle
Foto: Janwikifoto / WikiPedia
Lizenz: GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2
Kann es etwas Peinlicheres geben, als zwangsweise einen Westerwelle mit Lob zu überschütten. Angesichts der Grundrülpser, die die bekanntesten Kriegshetzer in der "taz" zum Aufstoß bringen, bleibt nicht viel übrig.

Cohn-Bendit Arm in Arm mit Sarkozy und einer Hälfte des offenbar schizophren gewordenen Bisky zum Feuerstoß bereit. "Wichtig ist, daß sich die Fraktion ganz eindeutig gegen jegliche Militäreinsätze gewandt hat. Dazu würden wir nie Ja sagen" (Bisky im Interview mit Neues Deutschland / 11.3.2011). Hält der Heerführer möglicherweise eine Beschießung von Rollbahnen und Flughäfen für nicht militärisch? Das spräche vielleicht entschuldigend für zerebrale Ausfallerscheinungen ganz oben unter dem Scheitel. Dann allerdings noch dringlicher für schleunige Entfernung des Denkers vom Dienst.

Zwar haben die drei keine Ahnung von den Qualitäten der Burschen, denen sie gerade am Halse hängen. Aber vorwärts mit denen! Wenn es nur knallt.

Vor solchen Delirien macht sich ein Westerwelle recht gut. All seine langweiligen Überlegungen: leider wie nahrhaft! Dass Flugverbot einfach kriegerischen Überfall bedeutet: traurig wahr, aber offenbar nicht jedem klar, der das Wort gebraucht. Dass wir mit den neu entdeckten Friedensfreunden vielleicht wieder Jahre lang  in der Wüste hocken werden: nach Afghanistan sehr glaubhaft! Dass Sarkozy meint, noch mehr als üblich lügen zu müssen, um die Wahl zu gewinnen: Was soll das uns angehen? In Deutschland wird bedauerlich wenig geschrieben und aufgeschrien gegen die Kriegsgefahr. Tiefe Verschlafenheit überall! Aber eine Wahl gewinnen mit einem Kriegs-Versprechen an alle tapferen Jungs kommt doch nicht in Frage. "Hallo, wer richtig  loslegt, kriegt noch drei Jahre Libyen drauf, wenn er sich in Afghanistan gut geschlagen hat". Ganz so versaut sind noch nicht viele in der BRD.

Mit einem Wort: es heißt für einmal, sich an einen ausgemachten Lall zu halten. Wie eben Westerwelle. Mal sehen, wie lange ihm Merkel seine Knäckebrotvernünftigkeit lässt. Immer noch besser als die Pfeffersuppe, die uns Cohn-Bendit höllisch serviert.

Vom bloßen Kapitalinteresse her müsste ja offenliegen: Die Risiken sind zu groß. Die Gewinnchancen zu gering. Wir kommen in unserer Lebenszeit auch eine Weile ohne Libysches Öl aus.Und haben sich die Dinge dort mal geklärt, wird der dann siegreiche Stamm doch wieder ins Angebot eintreten müssen. Also ist Westerwelles ausgedürrter Kalkül dem Schwall eines Sarkozy vorzuziehen. Nacktes Geldinteresse gegen das auflodernd Explosive der gewissenlosen Kriegshetzer hinter dem Rhein. Warum aber kann es nirgends vor Kriegen beim abstoßenden nackten Interesse bleiben? Woher das mörderische Blutverlangen dabei, das doch zum berechneten Waffeneinsatz gar nicht nötig wäre?

Antwort: Weil der Aufruf zur nüchtern eingesetzten Gewalt nur Leute ansprechen könnte, die echt etwas im Feindesland zu verlieren hätten. Schürfrechte. Aktienanteile. Ausfuhrchancen. Da stünden immer wenige zusammen, Geifer nur sparsam über die Mundwinkel verbreitet.

Dann gäbe es keinen Imperialismus. Nirgends den Wahn, der jeweilige Krieg brächte allen was ein. Damit aber auch keine Mehrheit für irgendeinen Überfall. Also braucht man die Cohn-Bendits. Lärmtrompeten, die jeden bremsenden Gedanken überölen.  Und  dann vorwärts mit herzlichem Frischauf! Für eine Sache, die niemand gesehen hat, die aber beide Ohren füllt. FREIHEIT! Oder sonstwas!  Die Zeiten der Flaute danach geben dann genügend Raum, eine neue Wurst an den Stecken zu binden - und mit dem wieder neu zu wedeln.

Was mir heute wichtig erscheint #259

Zuspitzung: In Wisconsin wurde das Anti-Gewerkschaftsgesetz beschlossen. Damit spitzt sich die Lage dort nach wochenlangen Protesten zu. Ob sich die ArbeiterInnen das gefallen lassen, ist offen.

Vertrauensverlust:  Während die Staatsanwaltschaft Stuttgart es in anderen Angelegenheiten ruhiger angehen lässt, wird inzwischen härter gegen Stuttgart 21 GegnerInnen vorgegangen. Über die Kriminalisierungsversuche der Bericht von MONITOR.

Geschmacklos: redblog über deplazierte Werbung.

Trojaner: Innerhalb von drei Jahren wuchs der Verteiler von Avaaz auf über 4.9 Millionen Menschen aus aller Welt an und wurde damit schon zur weltweit größten Internetbewegung. Sie selbst nennen es "Mitglieder", aber es reicht einmal in einer Kampagne unterzeichnet zu haben und schon ist man "Mitglied". Jetzt ruft die dubiose Internetkampagnengruppe dazu auf, per Unterschrift die Forderung nach einer No-Fly-Zone über Libyen zu unterstützen. Mehr dazu bei Joachim Guilliard.

Räumung: Ein Bericht über die Räumung des Tahir Platzes in Kairo bei occupied London.

Neokolonialismus:
Seit dem 2. März 2011 veranstaltet die BILD-Zeitung eine Schatzsuche nach "versunkenen Goldtafeln" der Maya. Ziel ist es, eine angeblich antike untergegangene Maya-Stadt im Lago de Izabal, Guatemala wieder zu entdecken und deren umfangreiche Goldschätze zu bergen. Die Vorgehensweise der BILD-Schatzsucher ist aus Sicht deutscher Wissenschaftler/-innen skandalös und entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. Via amerika21.de

Trickreich: Unterbindungsgewahrsam (2010) -“ Schutzhaft (1933), erfundene Straftaten, gegen den politischen Menschen. Meine Freiheit: Ja. Deine Freiheit: Nein. Sehenswertes Video bei 7h3linguist's journey.

Emanzipation: "(...) Für die libysche ArbeiterInnenklasse gibt es keine Möglichkeit zur Befreiung, wenn sie sich weiterhin vom Tribalismus absorbieren lässt und den opportunistischen Losungen der bürgerlichen Opposition nach „Freiheit- und „Demokratie- auf den Leim geht. Diese „Freiheit- und „Demokratie- wird nur eine neuere, effektivere politische und ideologische Basis für die fortgesetzte Ausbeutung und Unterdrückung sein. Sowohl die Stammesfehden und bürgerlichen Machtkämpfe als auch die destruktive Dynamik eines immer gierigeren Imperialismus haben eine tiefere Wurzel. Der wirkliche Grund der Krise liegt im ökonomischen System, welches weiterhin unter dem Namen Kapitalismus sein Unwesen treibt." Erste Betrachtungen zu Situation in Libyen der "Gruppe Internationaler SozialistInnen" via Lagota

nachschLAg:
Ein unvollständiger Wochenrückblick bei redblog.

Abgeschaltet:
Heimlich, still und leise haben die Betreiber von Facebook die Einstellungen der Nutzerkonten geändert. Jeder Facebook-Nutzer bekommt nun nur noch Meldungen ganz bestimmter Freunde zu sehen. Was tun? Die Stiftung Warentest hilft.

Beendet: Die knapp 300 Migranten, die seit 44 Tagen keine Nahrung und teilweise auch keine Flüssigkeit zu sich genommen hatten, haben am Mittwoch ihren Hungerstreik mit einem beachtlichen Teilerfolg beendet. Die Vollversammlung der Migranten akzeptierte das Angebot der griechischen Regierung, allen Hungerstreikenden zunächst eine sechs Monate gültige Duldung mit der Aussicht auf Verlängerung auszustellen. Bericht von Heike Schrader in der "junge Welt". Siehe auch  das Aktionsblog sowie Welcome to Europe.

Unerkannt:
Es war sozusagen der Auftakt einer ganzen Reihe von Prozessen, in denen die Staatsanwaltschaft München inzwischen 15 Antifaschist_innen die "Störung einer Versammlung" vorwirft. Die überwiegend jüngeren Aktivist_innen sollen am 8. Mai 2010, dem 65. Jahrestag der Kapitulation des Naziregimes die Straße besetzt haben, woraufhin die Neonazis wieder umkehren mussten. Gegen den Versuch, in den Verfahren einzelne der BlockiererInnen herauszugreifen, solidarisieren sich unter anderem mit Selbstanzeigen andere TeilnehmerInnen der Proteste. Siehe auch den Münchner Merkur dazu.

Zustimmung: "Das EU-Parlament hat sich am Donnerstag mit großer Mehrheit für die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen ausgesprochen. Wie die Tageszeitung junge Welt berichtet, stimmten für die entsprechende Resolution auch elf Abgeordnete der 34 Köpfe zählenden Linksfraktion GUE/NGL, darunter der Fraktionsvorsitzende Lothar Bisky als einziger deutscher Vertreter der Gruppe. 14 linke Abgeordnete stimmten dagegen. Bisky hatte den Resolutionsantrag, der von allen anderen Fraktionen getragen wurde, zusammen mit zwei weiteren GUE/NGL-Mitgliedern als Einzelperson in das Plenum mit eingebracht. Das Papier enthält auch die Forderung, "Beziehungen zum vorläufigen Nationalen Übergangsrat" in Libyen aufzunehmen. (...)" Mehr bei redglobe, Scharf-Links und der "jungen Welt". Siehe auch den Beitrag von Fritz Güde: "Dumm sein und Arbeit machen / Das ist das Glück" (Gottfried Benn, minimal variiert)

Eilaktion: "Datt Bhatt, Flüchtling aus Nepal, wurde am Montag, den 7. März 2011 bei der Ausländerbehörde Remscheid festgenommen, wo er seine Duldung verlängern wollte. Die Ausländerbehörde informierte sofort den Hausmeister des Flüchtlingsheims in der Schwelmer Strasse. Dieser ist in Herrn Datt Bhatts Zimmer und hat seine Sachen geräumt. Etwa eine Stunde später fuhr ein Abschiebewagen der Ausländerbehörde zum Flüchtlingsheim. Herr Datt Bhatt musste im Auto bleiben. Eine Beamtin ist in das Heim und hat die vom Hausmeister gepackten Sachen mitgenommen. Anschließend wurde Herr Datt Bhatt zum Amtsgericht nach Wuppertal und hiernach nach Büren gebracht. Am Montag, den 14.03.2011 soll Herr Datt Batt nach Kathmandu abgeschoben werden. (...)"  Mehr Information und Möglichkeiten zur Unterstützung von Datt Bhatt bei thecaravan.org

Makaber:
Als „geschichtslos und makaber“ hat der Ausschuss Kulturpolitik von ver.di NRW die Einstufung der bekannten „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig als „Massenprodukt“ bezeichnet. Das Finanzamt Köln-Altstadt verweigert dem Künstler den niedrigen Umsatzsteuersatz von sieben Prozent mit der Begründung, es handele sich hier nicht um Kunstwerke, sondern um ein Massenprodukt. Pressemeldung bei ver.di NRW

Glanzlichter:
Guantanamo bleibt; die Bahn steht schon wieder; Schäuble kann bald einen Neuen runterputzen; in Deutschland herrschen sinistre Mächte (mindestens) und Gutti lässt sich noch mal richtig feiern. Bei Opalkatze gibt es auch wieder einige interessante Links.

Stuttgart: 100.000 Stimmen gegen Isolation

„Ich bin in Einzelhaft. Ich darf mit keiner Gefangenen Kontakt haben. (...) Allein sein ist das Schlimmste. An sowas kann man sich nicht gewöhnen.“ , schreibt Nurhan Erdem in einem ihrer Briefe.
Zu seinen Haftbedingungen schreibt Cengiz Oban: „ (...)Ich hatte fast zwei Monate in einem Käfig von ca. 30 Quadratmetern Einzelhofgang. Es gab einige Schikanen von Seiten der Wärter. Nachdem meine Zeitungen von Vortagen weggenommen wurden, meine Zelle während des Hofgangs verwüstet wurde und meine Sachen beschädigt wurden, habe ich mit einem Hungerstreik darauf geantwortet.(...)“
Ein weiterer Gefangener, Faruk Ereren, bezeichnet die Isolationshaft als „Weiße Folter mit dem Ziel, uns zu zermürben.“

„Weiße Folter“ wird die Isolationshaft deshalb genannt, weil sie keine sichtbaren, physischen Spuren hinterlässt. Viel mehr zielt sie auf eine soziale Isolation und das Aushungern der Seh-, Hör-, Riech-, Geschmacks- und Tastorgane ab. Mögliche Folgen sind beispielsweise Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit, Tinituss, Schlafstörungen, chronischer Schnupfen und Gedächtnisverlust.

Auf Grund dieser Realität der 129b-Gefangenen veranstaltete die Anatolische Föderation bereits im Herbst des vergangenen Jahres einen Langen Marsch gegen Isolation, der am OLG Düsseldorf begann und durch die gesamte BRD führte. Um eine Sensibilität für diese Thematik zu erwecken wurde den jeweiligen Landesvertretungen eine Pressemappe überreicht und Veranstaltungen organisiert.

Am 9. März startet der Lange Marsch gegen Isolation erneut und wird am 14. März in Stuttgart halt machen.

In diesem Rahmen wird es eine Veranstaltung des Tayad Komitees und des Netzwerks Freiheit für alle politischen Gefangenen Stuttgart geben, bei der es um die Frage was ist der §129b und seiner Einschätzung, der Anwendung des selbigen und der daraus resultierenden Prozesse, der Haftbedingungen, insbesondere der Isolation, und der Solidaritätsarbeit hierzu gehen soll.

Ebenso soll am Nachmittag dieses Tages in Bad Cannstatt gemeinsam Flugblätter verteilt werden, um möglichst viele Menschen mit dieser Thematik zu erreichen und 100.000 Stimmen gegen die Isolationshaft zu sammeln!

Darüber hinaus wird es jetzt regelmäßige Flugblattverteilaktionen immer Samstags in Bad Cannstatt bis zum 18.03 geben.

Veranstaltung: am 14. März 2011 || 19 Uhr im Volkskulturhaus, Voltastr. 14, Stuttgart -“ Bad Cannstatt

Gemeinsames Flugblattverteilen: am 14. März || ab 14 Uhr, Marktstr. in Bad Cannstatt

"Dumm sein und Arbeit machen / Das ist das Glück" (Gottfried Benn, minimal variiert)

Das EU-Parlament tat am Aschermittwoch so, als denke es nach  über Libyen. ARD wusste um 14 Uhr und 15 Uhr zu berichten, es sei mehr oder weniger einstimmig das Flugverbot gefordert worden. Ab 16 Uhr waren es dann doch nur die "maßgeblichen" Fraktionen, die dafür waren. Gezeigt beim Bekenntnis wurde Schulz (SPD) und Cohn-Bendit (Grüne). Schulz gewann nach Minuten der Beschimpfung noch so viel Kontrolle zurück, erst mal den Sicherheitsrat ranzulassen. Cohn-Bendit, seit Jahren Vertreter des europäischen Imperialismus in Rot-Kreuz-Schwesterntracht, lief rot an und forderte sofortige Anerkennung einer Rebellengruppe als  Regierung. Da sich ganz offenbar Stämme da zusammengeschlossen haben, die mehr vom nationalen Öl abhaben wollen, ist schwer einzusehen, was an deren Interessen heiliger sein soll als an denen Gaddafis. Sie können allenfalls als Neulinge leichter eingewickelt werden als die gelernten Trader der anderen Seite.

Sonst Bekenntnisse, Geräusche, Wallungen. Offenbar ohne mehr Kenntnis über die inneren Verhältnisse Libyens als man der nächstbesten Zeitung entnehmen kann. "Dumm sein und Arbeit haben- das ist das Glück" meinte Gottfried Benn vor neunzig Jahren.  An dieser Stelle die vorgeschlagene Korrektur: Arbeit machen. Zu tun haben sie wenig. Aber Aufsehen muss sein. Dass Flugüberwachung nur ein Keuschwort ist für eine besonders brutale Art von Angriffskrieg, wurde in einer Mischung aus Wurstigkeit und Blutrausch gern zugegeben. Die vorgeschlagene Methode - zuletzt freudig benutzt in Kundus - hat nirgendwo Frieden geschaffen.

Konnte es nicht. Das ging im Johlen der versammelten europäischen Vaterlandsfreunde schnell unter. Schließlich passiert es ganz weit weg von Strasbourg.

Auffällig im Zusammenwirken des neuzeitlichen kollektiven Wehrmachtsberichts war das Posaunen von Spiegel-online. Nach dem Übertritt der Yvonne Kaufmann zur SPD säßen unter Aufsicht der Nahles schon manche bereit, mit fett ringelnden Würmern am Köder, um weitere ausgebleichte LINKE abzuziehen. Dabei ist Yvonne schon bei den LINKEN abgesprungen, als sie bei der Listenaufstellung zum Parasitenglück nicht mehr zugelassen wurde. Warum gerade jetzt diese Meldung?

Der Abend enthüllte das Warum. Niemand anders als Bisky (immer noch nominell LINKEr) rief auf zum Sprung ins große Jauchefass. Er bestand darauf, mit ähnlich besudelten Kreaturen seiner Fraktion aus anderen Ländern, dem Antrag der Überflieger zuzustimmen. Also dem Wunsch nach überfallartigen Angriffen auf sämtliche Flughäfen und Rollbahnen. Wie gesagt: der brutalsten Erscheinungsform eines Angriffskriegs. Am Donnerstag wird die endgültige Abstimmung erfolgen. Noch haben einzelne Fraktionsmitglieder der vereinigten Europa-Linken Bisky auf die schmutzigen Pfoten gehauen, als er den Unterwerfungsbrief schon abgeben wollte. So schmerzlich auch jeder Verlust sein mag in den mageren Reihen der LINKEN: er sollte keinen Tag länger geduldet werden im Verband.

Viele von uns haben die LINKEN in Westdeutschland immer wieder gewählt. Nicht wegen großer Verdienste im Klassenkampf. Aber weil sie ein Alleinstellungsmonopol bisher standhaft und erbittert verteidigten: die absolute Kriegsfeindschaft. Ablehnung aller kriegerischen Maßnahmen, unter welchem Hütchen die sich auch maskierten. Wenn das jetzt auch noch wegfallen soll: Was bleibt dann noch? Was bleibt dann noch zu wählen in Baden-Württemberg und der Pfalz am Ende des Monats?

Was mir heute wichtig erscheint #258

Solidaritätstag: Am Montag, den 7. März ordnete das griechische Gesundheitsministerium an, das Gebäude in Athen, in dem 300 MigrantInnen einen Hungerstreik durchführen, zu räumen und die geschwächten Migranten zur Zwangsernährung in Krankenhäuser zu transportieren. Am morgigen 10. März soll es einen internationalen Tag der Solidarität mit den um ihre Legalisierung kämpfenden Hungerstreikenden geben.

Nachgeschmack: Das Coca Cola nicht nur zuckersüß ist, zeigt dier endrückliche Film über Blut, Tränen und Limonade - "Der Fall Coca Cola". Abfüllfabriken in Kolumbien, Guatemala und der Türkei, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, mutmaßliche Kidnappings, Folter und Ermordungen von Gewerkschaftsführern. (via nokturnal times)

Unsterblich: Am 5. März verstarb Alberto Granado, Jugendfreund Ernesto Che Guevaras und sein Reisegefährte, im Alter von 88 Jahren in Havanna. Redblog mit einem Kurzbeitrag und einer telesur Sendung dazu.

Prozess: "Diesen Donnerstag findet um 9 Uhr vor dem Stuttgarter Amtsgericht ein Prozess gegen drei linke AktivistInnen statt. Ihnen wird vorgeworfen in der Nacht zum 8. März 2010 das Haus der Burschenschaft „Germania“ auf der Uhlandshöhe in Stuttgart mit der Parole "Frauenkampf ist Klassenkampf" und ein Aufruf zum internationalen Frauenkampftag besprüht zu haben. Das elitäre Verbindungswesen der Burschenschaften, ihr reaktionärer Männlichkeitskult und ihre Nähe zu verschiedenen Spektren der politischen Rechten zeigen klar, dass der Kampf gegen die Unterdrückung der Frau und für eine befreite Gesellschaft zugleich immer auch ein Kampf gegen die Bewahrer steinzeitlicher Traditionen an den Universitäten sein muss. Kommt zum Prozess und unterstützt die Angeklagten! Emanzipation statt Elite!" (Via linksunten)

Frieden: Es geht "um geopolitische Machtfragen sowie den Zugriff auf die Erdöl- und Erdgasvorkommen des Landes. Die Erdöl-Ausbeutung begann 1961 - zunächst ohne daß dies der Bevölkerung des Landes zugute gekommen wäre. Das änderte sich ab 1969 unter der Herrschaft Gaddafis. 1970 wurden die britischen und US-Stützpunkte geschlossen. Das libysche Öl wurde nationalisiert. Es gelang der Aufbau eines für arabische Verhältnisse vorbildlichen Sozialsystems. Diese Entwicklung, die seit 2003 durch Erfüllung von Forderungen des IWF nach "Strukturanpassungen" bereits starken Schaden genommen hat, soll offensichtlich mit Hilfe von Kräften im Land und - wenn das nicht reicht - mittels offenen Eingreifens von außen vollständig rückgängig gemacht werden." Der Vorstand des Bundesverbandes Arbeiterfotografie ruft in seiner Erklärung vom 6.3.2011 "alle Kräfte des Friedens - in Parteien, Gewerkschaften und anderen Organisationen - dazu auf, auf die Bundesregierung einzuwirken, sich in allen internationalen Gremien gegen jede Androhung und jeden Einsatz von militärischer Gewalt gegen Libyen einzusetzen."


Manupulation: Die griechische Regierung verbreitet Gerüchte, dass alle 300 Hungerstreikenden abgeschoben werden sollen, wenn sie die angebotenen auf 6 Monate befristeten "Duldungen" nicht akzeptieren. Wir erinnern an dieser Stelle, dass die Regierung gestern die Verlegung aller Hungerstreikenden in Krankenhäuser forderte und dass sie ihrenKampf aufzugeben. Am Dienstag Morgen wurden 2 Frauen, die Hungerstreikende in einem Athener Krankenhaus begleiteten verhaftet mit der Begründung, sie würden die Hungerstreikenden am Essen hindern. Am Nachmittag machte ein Staatsanwalt die Ärzte für die Gesundheit der Hungerstreikenden verantwortlich.

Eingestellt: Am zweiten Verhandlungstag wurde das Verfahren gegen Berliner Buchhändler eingestellt, die mittels bedruckten Papiers u.a. gegen das Waffengesetz verstoßen haben sollen. Details siehe: Die Zeitschrift als Waffe. Mehr Durchsuchungen in Berlin" und Offline-Zensur -“ Prozessbeginn gegen linke BuchhändlerInnen. Die Pressemitteilung der Initiative unzensiert.lesen "Viel Lärm um nichts?" zu Lesen bei Anne Roth.

Allheilmittel: Vom 20. - 22. Mai 2011 diskutieren in der TU in Berlin über 100 ReferentInnen in über 70 Veranstaltungen darüber, wie eine Postwachstumsökonomie aussehen könnte, welche Hindernisse es auf dem Weg zu einer solidarischen Gesellschaft ohne Wachstum zu überwinden gilt, und warum Umverteilung ein zentraler Bestandteil einer nicht wachsenden Wirtschaft sein muss. Aufruf.

Rechenwerk: Moppelkotze war mit "Chris von F!XMBR bei der Pro Guttenberg Demo in Hamburg" und vermutet, "sich vielleicht um 30 Pro-Fans handeln könnte -“ die Polizei, und damit dann auch alle angeschlossenen Sender, sorry, alle Medien, die über die Demo in Hamburg berichtet haben, reden von 350 Leuten. PRO Guttenberg-Fans, wohlgemerkt." Der Gegenbeweis wird in dem Beitrag erbracht.

Einfach: Ein Fehler in einem USB-Treiber im Linux-Kernel kann fatale Folgen haben. Ein speziell präpariertes USB-Device könnte den Rechner etwa mit Spionage-Software infizieren. Sagt zumindest heise.de

Weltbild: Der Freundeskreis Tambacounda e.V. hatte mit einem offenen Brief an das niedersächsische Kultusministerium auf die inhaltlichen Misstände des für das Zentralabitur 2011 vorgesehene Lehrbuch A la découverte de l-™Afrique noire francophone hingewiesen und eine recht abwiegelnde Antwort erhalten.

Zeichensetzung: Pünktlich zum 8. März, dem 100. Jubiläum des Internationalen Frauen(kampf)tags, hat die Marxistische Aktion Tübingen eine lesenswerte Broschüre mit dem Titel:  “Frauen, zurück auf die Barrikaden! Internationale Frauenkämpfe in Geschichte und Gegenwart- erarbeitet, die nun zum Download bereit steht.

Verspätet: "Das Landesverfassungsgericht hat laut Medienberichten eine Klage von NPD-Landtagsabgeordneten gegen die Zahlung von Fraktionszulagen zurückgewiesen. Ausschlaggebend für die Entscheidung seien formelle Gründe, hieß es. Die Kläger hätten mit ihrem Antrag die sechsmonatige Antragsfrist überschritten." Mehr bei NPD-Blog.Info

Systempresse: Das kommunistische Bündnis PRO Guttenberg hat einen Pressespiegel veröffentlicht.

Rückschlag: "Gipfel sind schwer in Mode: Integrationsgipfel, Bildungsgipfel und jetzt auch noch ein Benzingipfel. Bundesregierung und Mineralölindustrie haben Probleme mit der Einführung des neuen Kraftstoffgemischs E10, und wie üblich wird viel Geschrei gemacht, in dem die Information nur in homöopathischen Dosen vorkommt." Wolfgang Pomrehn bei telepolis.

Bürgernähe:
"Die NPD hat alle Kräfte nach Sachsen-Anhalt mobilisiert, um dort in den dritten Landtag einzuziehen. Der Wahlkampf ist gut organisiert, die Partei setzt auf ein bürgerliches Image, Spitzenkandidat Heyder bereitete seine Kampagnen genau vor. Doch hinter den Kulissen sieht es einmal mehr anders aus, wie Maik Baumgärtner und Andrea Röpke in einem Hintergrundartikel für den blick nach rechts berichten." (Via npd-blog.info)

Ungleichberechtigt: "(...) Über 42% aller Migrantinnen im Alter von 20-29 Alter bleiben ohne einen Berufsabschluss, während dies bei gleichaltrigen Deutschen nur 11 % der Fall ist. Des Weiteren entscheiden sich Mädchen im Rahmen ihrer Berufswahl noch häufig für “typisch weibliche- Berufsfelder oder Studienfächer. 51% der jungen Frauen mit Migrationshintergrund bewerben sich in nur vier Ausbildungsberufe, bei jungen westdeutschen Frauen beträgt dieser Anteil nur 30%. Der am häufigsten gewählte Ausbildungsberuf ist dann auch der der Friseurin (14%) gefolgt von der Arzt-/Zahnarzthelferin (10,5% & 10,4%). (...)" Junge Frauen stark benachteiligt

Vorbei: Endlich ist Aschermittwoch. Heute früh hat Fritz Güde bereits die Aschermittwochspredigt gehalten, David von "Einfach Übel" weiss noch ein paar Dinge, "die besser sind als Fasching" und bei Opalkatze gibt es eine kleine Zusammenfassung diverser Ausfälle - die Karnevalsnachlese 2011.

Memento homo quia pulvis es - Materialismus der Bibel

Symbolische Verkörperung der Fastenzeit beim Karneval, Detail aus "Der Kampf zwischen Karneval und Fasten" von Pieter Bruegel dem Älteren
"Gedenk, o Mensch, dass Du Staub bist - und zum Staube wirst Du zurückkehren". Der Spruch, den man über der gesenkten, noch schweißnassen Stirn des Heimgekehrten spricht. In der katholischen Kirche. Wenn die Jubelschreie verklangen und fahl der Morgen sich heraufschiebt. Nicht viel anders als Brechts Aussicht für den Hinfälligen, dass er "Aas werden wird wie anderes Aas". Und entsprechende drastische Ausmalungen auf Bildern des Spätmittelalters, auf denen die Toten sich erheben, zerlumpt in den anhaftenden Fleisch - und Muskelfetzen. Bis die sich zusammenfügen zum festlichen oder auch schlotternden Antreten vor dem Richter, der das endgültige Urteil spricht. Eins für die Ewigkeit. Auch in dieser frommen Vorstellung steckt ein humaner Rest: Bevor Gott selbst gesprochen hat, darf kein Mensch für die Ewigkeit richten.

Unseren kindischen Grübeleien wurde im Familienkreis ernst widersprochen: selbst die ewige Verdammnis eines Judas Ischariot stünde nicht zweifelsfrei fest, bevor das letzte Urteil ergangen wäre. Und so barbarisch die Todesstrafe auch ist, im letzten Spruch der irdisch Zuständigen wurde noch ein Hintertürchen für die Barmherzigkeit offengehalten. "Angeklagter, Ihr Leben ist verwirkt". (Der Stab wird gebrochen). Das letzte, was er dann in diesem Leben vernimmt. "Gott sei Ihrer armen Seele gnädig". Das Fallbeil sorgt für die endgültige Zaesur.

Und damit allgemein zur Übernahme in eine atheistische Zeit. Das Niederdrückende des Sterbenmüssens - Staubwerdens - muss anerkannt werden. Es verliert allerdings seine Schwere,wenn wir uns klar machen, dass der Dreck, der wir sind, hinfällig und kehrschaufelbereit, zur Abfuhr in die ewigen Behälter, doch fähig ist, diese Hinfälligkeit auszusprechen.

"Wir sind ein Schilfrohr im Winde, aber ein denkendes" wie der französische Mathematiker und Philosoph Pascal es verstand. Ein denkendes - damit vor allem ein sprechendes.

In gelindem Größenwahn ließe sich mit Ingeborg Bachmann erfinden:

"Nur Sinken um uns von Gestirnen. Abglanz und Schweigen. /
Doch das Lied überm Staub danach /
wird uns übersteigen."
 

Und wer der Nachwelt keinerlei Lied zu bieten hat? Immerhin: Selbst wenn - unmöglicherweise - Sarrazin dösiger Angsttraum in Erfüllung ginge und zwischen Konstanz und Flensburg würde kein Wort Deutsch mehr gesprochen, was hinderte daran, dass so wie Goethe das Wort der persischen Dichter Hafis und anderer erneuerte, auch mitten unter den dann hier lebenden Menschen sich nicht Erinnerung auftäte und einer Goethe weiterdichtete. Denn tatsächlich hat das unbegreifliche Wunder des menschlichen Wortes die Eigenheit, dass es sich fortschwingt von dem Mund, der es erstmals gesprochen hat. Und dass sich immer neue Ohren auftun, es zu empfangen. Bei aller verbreiteten Bosheit des Menschengeschlechts - wie merkwürdig die Neidlosigkeit einer jeden Generation gegenüber allen folgenden.

Warum? Nur in unserem eigenen Leben hat sich alles ergeben, was uns begehrenswert schien. An dieses sind wir angepflockt. Damit haben wir uns abzufinden, wie Walter Benjamin in seinen letzten Lebensjahren meinte. Und darum, das mag die letzte Assoziation des Kopfes unter der aschenberieselten Stirne sein, ist uns um der Vergänglichkeit willen die Gegenwart allzeit so nährend und knusprig erschienen.
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