Skip to content

Die Monkey Wrench Gang

Buchcover
2010 wurde der Kultklassiker "Die Monkey Wrench Gang" von Edward Abbey - illustriert mit 50 Zeichnungen von Robert Crumb - im Verlag Walde-Graf neu aufgelegt. In Zeiten, in denen die diversen Bestsellerlisten von esoterischen Ratgebern, allerlei Lehrbüchern zur Frage, wie man am stilvollsten Menschen umbringt oder Sachbüchern abgehalfteter Bundesbankvorstandsmitglieder überquellen, liest sich der subversive Roman eher ungewohnt. Die unterhaltsame Lektüre in Sachen "Ziviler Ungehorsam" hat zwar schon 36 Jahre auf dem Buckel und die Mentalität seiner Protagonisten entspricht einem scheinbar längst untergegangenen Menschenschlag - trotzdem: Eine lesenswerte und inspirierende Anleitung dafür, wie man im wahrsten Sinne des Wortes Sand ins Getriebe streuen kann.

Die Kernhandlung spinnt sich um 4 grundverschiedene Öko-Saboteure, einen Staudamm, der den Colorado River aufstaut und von verschiedenen Brücken. Und von ihrem verwegenen Plan, der Natur wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.

Der Finanzier des Quartetts, Doc Sarvis und seine praxisorientierte Lebensgefährtin Bonnie Abbzug fackeln nicht lange. Insbesondere bei Werbeplakattafeln, die regelmäßig in Flammen aufgehen, wenn die beiden in der Nähe sind. Der recht abgewrackt herumlaufende Vietnam-Veteran George Washington Hayduke III., träumt permanent von "Dynamit, Dynamit, Dynamit". Am besten von DuPont. Dann wäre da noch der von seinen drei Frauen selten gesehene Mormone Joseph Fielding "Seldom Seen" Smith. Er organisiert Bootstouren auf dem Colorado River. Bei einer solchen lernen sich die vier kennen.

Die netten Saboteure üben sich zunehmend professioneller in der endgültigen Außerbetriebsetzung von Baugerätschaften aller Art, allen voran den bekannten Baggern und Erdräummaschinen der Firma Caterpillar, bekanntlich der weltgrößte Hersteller von Baumaschinen mit Hauptsitz in Peoria, Illinois (USA). Die Maschinen der auch heute noch unbeliebten Firma zeigen sich unerwartet empfindlich gegen Ablassen von Motoren- und Hydrauliköl, gegen Sand oder Melasse im Tank ebenso wie gegen brennbare Flüssigkeiten. Nach eingehender Behandlung mit dem namengebenden "Monkey Wrench" - dem schweren Schraubenschlüssel - widersteht keines der auf üblichen Großbaustellen verwendeten Fahrzeuge und anderen Gerätschaften. Aber auch ganz ohne Werkzeug lassen sich Vermessungspfähle durchaus kreativ neu anordnen.

Unwissende LeserInnen erfahren durch die Lektüre, welche Tricks und Werkzeuge dazu nötig sind, und was man anstellen muss, um ein derartiges Fahrzeug zu starten. Überhaupt hat das Buch zahlreiche Tipps für zukünftige Saboteure auf Lager, die fernab von Northface oder Jack Wolfskin Lifestyle Trekking ein Überleben und Agieren unter schwierigen Bedingungen ermöglichen, vom Anlegen von Depots für Nahrungsmittel und Werkzeug, der Geldbeschaffung bis hin zum Fahrzeug- und Kennzeichenwechsel. Das Buch stand lange Zeit wegen dieser konkret dargestellten Sabotageakte in einigen US-Bundesstaaten auf dem Index und diente als Quelle der Inspiration für die 1979 gegründete radikale Umweltschutzorganisation Earth First!.

Der Gegenseite entgeht dieses anarchistische Treiben natürlich nicht. So entsteht aus einer zufälligen Begegnung mit einer selbsternannten Bürgerwehr - unter der Führung eines Mormonenbischofs der "Seldom Seen" Smith seit langem auf dem Kieker hat - die Jagd auf die Truppe. Während sich die Schlinge immer enger zieht, bleiben weltanschauliche Auseinandersetzungen nicht aus. Bei der Planung der Sabotage einer Eisenbahnbrücke entspinnt sich eine Diskussion, wie weit "Gewalt gegen Sachen" gehen darf.

"Die Massen"
spielen in dem Roman keine Rolle. Bedauerlich einerseits, erklärt sich das Handeln der Vier jedoch aus der offenkundigen Tatsache heraus, dass die Phase der Massenproteste bereits erledigt oder nicht wahrnehmbar ist. Wobei sich die Frage stellt: Wie denn auch in der dünn besiedelten Gegend im Grenzgebiet zwischen Arizona, Colorado, New Mexico und Utah, in der die Handlung angesiedelt ist? Und darin liegt einer der wesentlichen Unterschiede zu den gegenwärtigen Protesten hierzulande, seien es die Aktivitäten gegen Castortransporte, die gegen das Zwischenlager in Gorleben oder gegen Stuttgart 21. Nicht nur, dass hier es kaum einen Quadratkilometer ohne Wachtmeister gibt - auch die Möglichkeiten zur Vorbereitung, Durchführung und zur anschließenden Flucht unterscheiden sich doch zu sehr, als dass die Konzepte des Teams als Schema übernommen werden könnten. Trotzdem gab und gibt es mehr oder weniger erfolgreiche Versuche, die Erfahrungen der radikalen Umweltbewegung auch hierzulande in direkte Aktionen umzusetzen von Blockaden und "Schottern". Ein Teil dieser spiegelt sich in der Geschichte der Startbahnbewegung der 80er Jahre wider.

Eindeutiger Vorteil des Quartetts ist denn auch die Weitläufigkeit der Landsschaft und die Abgeschiedenheit vieler der Ziele. Die Nutzung der geografischen Lage ist spätestens seit Clausewitz' Hinweisen im sechsten und vor allem siebenten Buch seines Werkes "Vom Kriege" - auch außerhalb des militärischen Kontextes - eine der Grundvoraussetzungen, die bei Protesten zu berücksichtigen sind.

Die personelle Unterlegenheit gegenüber dem Macht- und Staatsapparat kann durch kleine, flexible Einheiten überwunden werden - bewegte Menschen können trotz taktischer Unterlegenheit diese scheinbare Schwäche in Stärke verwandeln. Man muss den eigenen Kopf gebrauchen und das ist eine Stärke jedes einzelnen der Charaktere, die trotz mitunter aufkommender Zweifel an dem Bestreben festhalten, Bedenken den Bedenkenträger überlassen und konsequent handeln. Ein Prinzip, bei dem die vier auch diverse fleischliche und geistige Genüsse nicht zu kurz kommen lassen.

Das sehr ansprechend gestaltete und hergestellte Buch gehört daher - wenn auch nicht als konkrete Anleitung sondern vielmehr als äußerst unterhaltsamer Denkeinstieg - in die Hand jedes politisch aktiven Menschen.

"Die Monkey Wrench Gang"
Verlag Walde und Graf, Zürich 2010
ISBN-10 3037740159
ISBN-13 9783037740156
Gebunden, 472 Seiten, 24,95 EUR

Rheinland-Pfalz: Behäbiges Mümmeln beim Verwaltungsgericht nach dem Tod einer Abgeschobenen

Der Fall selbst ist einfach erzählt und für sich selbst abscheuerregend genug. Vater, Mutter, Sohn werden nach dem bekannten Verfahren frühmorgens geweckt - zur Abschiebung nach Kosovo. Der Sohn ist einer der  besten in seiner Schule - also dem Ekelwort nach "vollintegriert". Die Mutter schwer krank. Sie stirbt kurz nach der Ankunft im - laut Verwaltungsgericht durchaus gastlichen Kosovo.

Danach stellt sich heraus, dass  laut  einem Ministerbeschluss der Länder solche Kinder gar nicht abgeschoben werden dürften - und solange das Kind minderjährig - die Eltern dadurch mitgeschützt blieben. Weiter  zeigte sich, dass die Ehefrau als krank bekannt gewesen war.

Nur ein Fall unter vielen. Hunderte sind vorausgeplant. Schlimmer als das amtlich zu verantwortende Verbrechen selbst ist das ungerührte Mümmeln aller Verantwortlichen. Bleiberecht für "Integrierte". (Wochen vorher festgelegt) - Das konnten wir doch beim Beschluss noch nicht wissen. Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo? Laut Außenministerium durchaus gegeben. Lebensmöglichkeiten in einer extrem fremdenfeindlichen Umgebung? Sinngemäß: Darum können wir uns - bei unserer vielen Arbeit - nicht auch noch kümmern.

Vorliegt - ohne Übertreibung - ein Fall von fahrlässiger Beihilfe zum Tod eines anvertrauten Menschen durch Amtspersonen.

Entschuldigungen der Mittäter entfallen. Der Staat und seine Zulanger können nicht fehlerhaft handeln. Immer noch nicht. Nach allem, was über Gerichte und ihre Entscheidungen - sehr wohl auch nach 1945- bekannt geworden ist.

Wer auch nur als Zeitungsleser aufgetreten ist, und dadurch mitbekommen hat, was der Regierung Kosovos vorgeworfen wird, handelt vorwerfbar leichtgläubig, wenn er sich auf Informationen des Außenministeriums verlässt. Schon wenn nur berechtigte Zweifel  am menschenwürdigen Überleben der Abgeschobenen auftreten  müssen, ist Abschiebung verantwortungslos.

Aber es wird keinem der Abschieber auch nur das geringste passieren.

Soviel über die primär Schuldigen. Es gab lebhaften Protest gegen die staatliche Abschiebeindustrie und ihre Kärrner.

Wie aber steht es mit allen, die inzwischen von dem Fall erfahren haben? Während des Vietnam - Kriegs kümmerten sich Organisationen etwa um den Transport von US-Soldaten nach Schweden, die  sich am Völkermord nicht mehr beteiligen wollten. Kann es nicht etwas Entsprechendes geben, um solchen staatlich Verfolgten und Abgeschobenen zu Hilfe zu kommen? Zweifellos gibt es Unterstützergruppen in Deutschland selbst, die Schutz garantieren wollen, auch Unterschlupf erleichtern. Müsste es aber nicht organisierte Ketten geben, die sich staatlichem Unrecht unter Berufung auf höheres Recht aktiv widersetzen, um Abgeschobene wieder zurückzuholen? Um der grauenhaften Schubmaschine, die sich sicher fühlt, die Unwirksamkeit ihrer verwerflichen Zugriffe immer neu vor Augen zu führen?

Gewiss: Leicht gefordert, schwer in die Gänge gebracht. Ich selber könnte außer Geldspenden auch wenig dazu beitragen. Trotzdem: Die Forderung stellt sich zwingend auch angesichts  scheinbarer Unerfüllbarkeit.

Infoladenprogramm Januar

Jeden Mittwoch Infos, VoKü, Theke, Bücherei, Filme, Vorträge, Diskussionen und mehr

Im Januar wird jeden Mittwoch ein politischer Spielfilm gezeigt und anschließend diskutiert. Der Film wird vorher nicht bekannt gegeben.

Natürlich gibt es wie immer dazu die VoKü.

cronjob