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Undeutlich und erhaben ruft Trittin nach einem härteren "Weiter so!"

Der Vorsitzende Trittin hat im neu erschienenen FREITAG dieser Woche erfreulicherweise die Hoffnung aufgegeben, wie einst Obama durch massenhafte Verabreichung von Opiaten an die Macht zu kommen. Der Anblick des tiefen Falls nach dem messianischen Aufschwung schreckt ab. Trittin versucht es jetzt mit der brutal ehrlichen Masche und erklärt vor allem, was sich nach seinem Regierungsantritt nicht ändern wird. Dies alles allerdings in hoheitsvoller Undeutlichkeit. Namen werden nicht genannt.

Nach der Begriffswahl "Linke Mitte" muss aber angenommen werden, dass er auf die liebe alte rot-grüne Allianz setzt. Die LINKE wird nur inbegriffen verwarnt: Man muss auch an die Regierung kommen wollen. Den Willen dazu scheint Trittin in dieser Partei immer noch zu vermissen.

Und damit kommen wir gleich zum Kern des Problems. In aller Unschuld ersetzt unser grüner Vordenker die alten Ziele der Politik durch den schlichteren: Machterwerb.

Früher, muss man sich dazu erinnern, waren Parteien Gruppierungen, die eine bestimmte Art von Lebensveränderung durchsetzen wollten. Und nur dann in eine Regierung eintraten, wenn dieser Eintritt sie - allen Mitgliedern nachweisbar - diesem Ziel einen Schritt näher brachte. Heute soll der Wille zum Regieren "an sich" allein genügen.

Von daher ist es sehr konsequent, dass Trittin in seinem Quasi-Programm gewisse Punkte gar nicht anspricht. So nicht den Abzug aus Afghanistan - obwohl sich dadurch (Trittin's Hauptproblem) schon mal eine ganze Menge Geld sparen ließe. Nicht einmal in Erwägung gezogen wird die Abschaffung des gesamten Hartz-IV Programms. Allenfalls lässt sich bei gutem Willen herauslesen, dass die allerletzte Verschlechterung der Lage der Langzeitarbeitslosen zurückgenommen werden soll.

Trittin widmet sich in dankenswerter Offenheit dem Problem, wie unter Beibehaltung der Schuldenbegrenzung Geld für was auch immer aufgebracht werden kann. Dass die nicht aufgehoben wird und es nicht werden kann unter den gegenwärtigen Bedingungen, ist Trittins Grundvoraussetzung. Er nimmt sie hin, weil CDU und FDP ihm den Gefallen nicht tun werden, an dieser grundgesetzlich verpflockten Lage noch mal etwas zu verändern. Und hat Recht damit. Wer - wie die Grünen nach Trittins Willen - den Kampf darum schon aufgegeben hat, kann nur minimale Änderungen erwarten. (Anderen Staaten - auch solchen innerhalb der EU - wurde noch ganz anderes zugemutet - und es klappte doch).

Trittins Hinweise auf Europa negieren alle weiteren Erwartungen. Was "Vorreiterrolle" in diesem Zusammenhang heißen kann, hat uns die Praxis der Merkel-Gang ausreichend gezeigt, die in dieser Sportart auch immer brillierte. Vor allem eins: Ausredenproduktion. Der Vorreiter hat sich in Wirklichkeit an den letzten Packesel angeseilt.

Dass Trittins Vorschläge keine Außenseiterposition darstellen, lässt sich am Verhalten der Grünen-Fraktion in Nordrhein-Westfalen präzise ablesen. Hat jemand auch nur das leiseste Unlustsignal von Seiten der Grünen vermommen, dass die Verzögerungs-Plusterbacke Kraft (SPD) noch keinen Schritt zur - auch von Trittin geforderten - Abschaffung der Studiengebühren unternommen hat, unter den niedrigsten Vorwänden? Das gewiss nicht reichere Saarland hat es geschafft, Hessen auch. Im Stammland der Zukunftstrompeten läuft nichts, obwohl die Mehrheit dafür -mit der LINKEN - jeden Tag auf dem Tisch läge. Genau nach Trittins Rezept: Rechts schleimen - die LINKE in die Tonne treten.

Trittins Verwarnungen
Welche Gefahren sieht der Vordenker, wenn seine Linie verlassen wird? Zwei. Eine von verängstigten Rest-Antifaschisten in der Partei ernstgenommene: Zunehmender Rechtsdrall in der Bevölkerung. Haider steht als Gespenst hinter - oder schon vor - der Tür und bündelt die Wut der Unterprivilegierten und die gezüchtete Xenophobie des Bürgertums. Dafür spricht wenig.

Die andere Gefahr: Neue große Koalition von CDU und SPD. Dafür spricht alles.

Trittin lässt an dieser Stelle die Nennung der SPD aus. Warum? Vielleicht, weil er daran denkt, selbst Stützer und Stütze zu werden in dieser neuen "Großen Koalition", wenn die SPD, wegen immer noch vorhandener verschmorter sozialer Ambitionen, zu unzuverlässig wirken sollte. Undenkbar dürfte eine solche Kombination für den Machtdenker Trittin nicht sein. Wenn Mitregieren das Höchste ist, warum nicht auch mit denen? In Baden-Württemberg stand man doch - in Vor-Bahnhofszeiten - der Idee recht aufgeschlossen gegenüber.

In der gleichen Nummer des FREITAG hat Seeßlen Trittin und der Führungsspitze der Partei ein präzise gezeichnetes Portrait vorgehalten: "Das Wesentliche der Politik ist die Macht, und in der steckt, unvollkommen verborgen: die Gewalt.... Im Projekt der Grünen versucht die Politik (vergeblich), ihre barbarischen Wurzeln zu verbergen. Das Konsens-Versprechen der Grünen lautet, man werde sich die Hände nicht schmutzig machen -“ und nach dem Verlust lautet es, schlimmer noch: Man wird weitermachen, als habe man sich die Hände nicht schmutzig gemacht."

Genauer lässt es sich nicht analysieren.

Was aber tun im März?
Die Lage ist nicht einfach. Dringend wünschbar wäre ein kräftig fühlbarer Schlag für die Merkel-Gang in Berlin und ihren verzückten Vorsänger in Stuttgart. Der LINKEN seine Stimme bei der Wahl zu geben, ist ungefährlich und gerechtfertigt, reicht aber sicher nicht aus.

Wer in den sauren Apfel beißen will, und GRÜN runterschlucken, um Schwarz wegzuverdauen, sollte sich vorsichtshalber an das Saarland erinnern. Dort hat sich seit der Wahl nicht mehr viel Nennenswertes getan. Wer trotz allem auf GRÜN setzt, muss sich klar sein, dass die neugewählten Knausertanten durchaus auch im Stande sein könnten, trotz aller Schwüre auf die Leimruten der CDU zu kriechen. Und dann kräftig sparen helfen bei allem, was zur Bestärkung des staatlichen Verwaltungs- und Aufsichtsapparats beiträgt. Alle "schmerzlichen Prioritäten" Trittins mittragen, nur halt dann entgegen seinen jetzigen Zielsetzungen und allen Versprechen. Die GRÜNEN werden dabei schnell wieder runterkommen vom jetzigen Blau. Wer es also darauf ankommen lässt...

Hauptpunkt aber nach den erfolgreichen Gegenbewegungen ohne Partei-Aufsicht in Stuttgart und bei der Behinderung der CASTOR-Transporte darf "ich wähle" nie mehr bedeuten: "Ich glaube an den Gewählten". Und wenn da Lenin selber oben auf der Liste stünde. Wählen oder Nicht-Wählen bei schärfstem Misstrauen gegen alle schließlich in den Landtag Gekommenen - und bei härtestem Aufsichtswillen. Mit möglichst vielen direkten Aktionen, die immer neu die da oben daran erinnern, dass auch ihr Stündlein einmal schlagen wird.

Castor: Erklärung von „Réseau " Sortir du nucléaire "“ zur illegalen Aktion französischer Polizisten in Deutschland

Copyright: Christian Jäger
Am Mittwoch gab es hier einen kurzen Beitrag zum Einsatz französischer CRS Polizisten gegen DemonstrantInnen bei den Castor Protesten. Das französische Netzwerk „Réseau " Sortir du nucléaire "“ erklärt dazu in einer Pressemitteilung:

Am Sonntag, den 7. November waren während einer Demonstration gegen Atomkraft an der Bahnstrecke zwischen Göhrde und Karwitz neben deutschen Kollegen auch französische Polizisten anwesend.

Waren sie als Beobachter im Einsatz ? Offensichtlich nicht, denn einige von ihnen wurden dabei beobachtet, wie sie brutal gegen AtomkraftgegnerInnen vorgingen, die gegen die Lagerung hoch radioaktiven Atommülls in Gorleben protestierten. Oder haben sie ein anderes Verständnis des Begriffes „Beobachter“ ?

Fotos und Zeugnisse liegen dem französischen Netzwerk Atomausstieg „Réseau " Sortir du nucléaire "“ vor.

Nach der gewaltsamen Unterbindung mehrerer friedlicher Demonstrationen entlang der französischen Strecke des Castor-Transports, insbesondere in Caen (Normandie), ging der gewalttätige Einsatz einiger französischer Polizisten somit in Deutschland, mehr als 500 km hinter der deutsch-französischen Grenze weiter.

In Deutschland wie in Frankreich macht sich der Polizeistaat zum Helfer der Atomindustrie gegen die Bevölkerung, die Gesundheit, die Umwelt und die Grundrechte.

Die Ausübung von Gewalt scheint für die Einsatzkräfte zum Normalfall zu werden. Darüber hinaus ist die Frage nach der Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes zu stellen.

Welche Funktion sollen sie übernehmen? Wer zahlt die Rechnung? Etwa der französische Steuerzahler?

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums beantwortete eine entsprechende Frage deutscher Journalisten wie folgt: „Wir haben keine französischen Beamten angefordert, also waren in Deutschland auch keine französischen Polizisten im Einsatz“. Später relativierte er die Aussage und erklärte, ihm sei von einem solchen Einsatz nichts bekannt.

Von Seiten des Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Stroebele und der Tageszeitung TAZ hieß es hierzu : „Ausländische Polizisten haben in Deutschland keinerlei Eingriffsbefugnisse“. Sie dürfen höchstens eine Beobachterrolle einnehmen. Würden sie trotzdem tätig und wendeten dabei Gewalt an, sei dies ein Verstoß gegen das Waffengesetz.

Zudem fügt der Abgeordnete hinzu, dass deutsche Polizisten den Eingriff ihrer französischen Kollegen hätten unterbinden müssen.

Das französische Netzwerk für den Atomausstieg „Réseau " Sortir du nucléaire "“ verurteilt die polizeiliche Repression und verlangt vom französischen Innenministerium die lückenlose Aufklärung dieses Vorganges. Polizeigewalt bringt uns nicht zum Schweigen, sondern bestärkt uns in unserer Überzeugung : In einer Demokratie gibt es keinen Platz für Atomkraft.

Quelle: Pressemitteilung
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