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Stuttgart: Flyer und offener Brief gegen Bundeswehr Gelöbnis erschienen

Am 30. Juli soll in Stuttgart erstmals seit über 10 Jahren ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr veranstaltet werden. Dagegen rufen zwei Bündnisse mit unterschiedlicher Zielsetzung zu Protesten auf. Dokumentiert - die beiden Aufrufe und ein "offener Brief":

Das "Blockade Bündnis" hat vor einigen Tagen schon einen eigenen Aufruf zum Protest gegen die angekündigte erste öffentliche Rekrutenvereidigung in Stuttgart in diesem Jahrtausend veröffentlicht:


Vorderseite des Flyers


Rückseite des Flyers

Das "Blockade Bündnis" trifft sich das nächste Mal:

Mittwoch, 01. Juli, 18 Uhr
Subversiv -“ Soziales Zentrum Stuttgart
Burgstallstr. 54, Stuttgart

Inzwischen wurden auch die neuen Flyer des Stuttgarter "GelöbNix" Bündnisses gegen die geplante öffentliche Rekrutenvereidigung veröffentlicht:


Außenseite des Flyers


Innenseite des Flyers

Das "GelöbNix" Bündnis trifft sich das nächste Mal:

Mittwoch, 30. Juni 19 Uhr
Gewerkschaftshaus
Willi-Bleicher-Straße 20, Stuttgart

Darüber hinaus wird zur Unterzeichnung eines "offenen Briefes" aufgerufen, der die politisch Verantwortlichen dazu auffordert, die Zustimmung zu dieser Veranstaltung zu widerrufen. Wer den Brief unterzeichnen will möge dies per Mail bis 7. Juli an Roland Blach, DFG-VK, mit Name, Funktion und Ort tun:


Offener Brief Stuttgart, 21.6.2010

An den
Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg
Dr. Stefan Mappus
und alle Fraktionen des baden-württembergischen Landtags
sowie
an den
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart
Dr. Wolfgang Schuster
und alle Fraktionen des Stuttgarter Gemeinderats

Öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr am 30.7. absagen


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Mappus,
sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete,
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schuster,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats der Stadt Stuttgart,

die Bundeswehr plant im Stuttgarter Neuen Schloss am 30. Juli ein öffentliches Gelöbnis. Wir Bürgerinnen und Bürger in der Region Stuttgart wollen das nicht, und bitten Sie, die Zustimmung dazu zu widerrufen.

Die Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Vor 20 Jahren konnte sich kaum jemand vorstellen, dass deutsche Soldaten in Afghanistan, im Kosovo, Kongo, im Golf von Aden und anderswo kämpfen. Immer mehr Menschen in Deutschland lehnen diese Politik ab und immer weniger sind bereit, Soldat zu werden und für angebliche „deutsche Interessen“ in fernen
Ländern in den Krieg zu ziehen.

Darum wirbt die Bundeswehr immer häufiger in Schulen, Ausbildungsmessen und Arbeitslosenvermittlungen ihren Nachwuchs an -“ in diesem Jahr wurden die Ausgaben zur „Nachwuchswerbung“ von 12 Millionen auf 27 Millionen mehr als verdoppelt. Auch öffentliche Gelöbnisse, wie das am 30. Juli 2010 auf dem Stuttgarter Schlossplatz geplante, sollen die Akzeptanz und das Ansehen des Militärs in der Bevölkerung steigern. Selbst in Preußen haben Gelöbnisse und Vereidigungen im Kasernenhof stattgefunden -“ es hat nur eine Zeit in
Deutschland gegeben, wo öffentlich gelobt und vereidigt wurde, und das waren nicht die Zeiten der Demokratie, sondern des blanken faschistischen Terrors.

Doch seit 1980 werden Gelöbnisse in der BRD wieder öffentlich gefeiert -“ meistens unter großem Protest der Bevölkerung.

Laut Grundgesetz darf die Bundeswehr ausschließlich zur Landesverteidigung eingesetzt werden -“ in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 aus dem Hause Rühe wurden allerdings die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ als vitale deutsche Sicherheitsinteressen definiert. Das Weißbuch der Bundeswehr, das die Agenda des deutschen Militärs für die nächsten zehn Jahre festlegt, empfahl 2006, dass die Bundeswehr in der Lage sein soll, gleichzeitig bis zu fünf „Stabilisierungseinsätze“ mit insgesamt bis zu 14.000 Soldaten zu leisten. Bis 2010 soll sich die Armee unterteilen in 35.000 Eingreif-, 70.000 Stabilisierungs- und knapp 150.000 Unterstützungskräfte. Interventionskriege und deren Vorbereitung sind eindeutig verfassungswidrig. Wir lehnen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr entschieden ab.

Die Bundeswehr versucht nun zum ersten Mal seit 1999 wieder in Stuttgart ein Gelöbnis zu feiern. Dank großer Proteste damals mied die Bundeswehr 11 Jahre Stuttgart. Jetzt sollen 33.500 Euro Mehrkosten in die Neuauflage des Spektakels investiert werden.

Die Zeremonie selbst steht den Grundwerten einer zivilen, emanzipatorischen und friedlichen Gesellschaft entgegen. Das Strammstehen, das gleichgeschaltete Marschieren, das Bewegen aufgrund militärischer Kommandos sowie die Wiederholung von Gelöbnisformeln lassen die einzelnen Personen
unmündig und ihrer Individualität beraubt erscheinen. Es geht um die öffentliche Demonstration des Prinzips von Befehl und Gehorsam, um Hierarchie, um die Vereinnahmung des Individuums in eine Tötungsmaschinerie.

Die Soldaten und Soldatinnen werden nicht aufs Grundgesetz, sondern auf den Staat vereidigt, unabhängig vom Inhalt der Politik, für die sie kämpfen sollen.

Wir sehen dieses geplante Spektakel im Zusammenhang mit der schwindenden Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit für die Auslandseinsätze der Bundeswehr (70 % der Bevölkerung sind gegen den Afghanistan-Einsatz). Mit Hilfe solcher Werbe-Veranstaltungen soll die Akzeptanz des Militärischen und der wachsenden Militarisierung unserer Gesellschaft erhöht werden. Durch eine Kooperationsvereinbarung der Bundeswehr mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg soll die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Schulen intensiviert werden. Jugendoffiziere übernehmen Unterrichtseinheiten und betätigen sich in der Lehrerfortbildung. Immer häufiger taucht die Bundeswehr auf Bildungs- und Azubi-Messen sowie in Job-Centern auf. Das alles geschieht vor dem Hintergrund eines massiven Arbeitsplatzabbaus in der Automobil- und Metallindustrie der Region. Jugendliche haben immer weniger Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Diese Entwicklung betrachten wir mit großer Sorge!

Stuttgart ist seit 11. November 2004 Mitglied bei den „Mayors for Peace“. Der Präsident dieses Bündnisses, der Oberbürgermeister von Hiroshima, hat sich an Sie mit dem Satz gewandt „Die vornehmste Aufgabe eines Bürgermeisters: Das Leben und Eigentum der Bürger zu schützen.“ Im Sinne dieses Anliegens von „Mayors for Peace“ bitten wir Sie, das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr im Innenhof des Stuttgarter Neuen Schloss abzusagen!

Töten und getötet werden ist keine Perspektive für die jungen Menschen -“ nicht nur in unserer Stadt! Die Sprengkraft des Themas „Auslandseinsätze der Bundeswehr“ und ihre wirklichen oder vermeintlichen Gründe, zeigt nicht zuletzt auch der Rücktritt von Bundespräsident Köhler. Die Menschen in den von Auslandseinsätzen betroffenen Ländern sind Opfer und Leidtragende dieser Militärpolitik. Die 142 Toten von Kundus sind nur ein Beispiel dafür.

Wir wollen solche Militärspektakel nicht in unserer Stadt!

Stuttgart soll eine Stadt des Friedens sein und bleiben!

Mit freundlichen Grüßen

Bundeswehr Gelöbnis in Stuttgart: "Was kann schöner sein auf Erden, als Bundeswehrsoldat zu werden?"

Stilistisch ist der FolkRock von Cochise - einer in den linken und alternativen Bewegungen der 80er Jahre verwurzelten Band - vielleicht nicht mehr ganz aktuell. Ihre Texte sind angesichts des Militarismusspektakels, das mit dem öffentlichen Gelöbnis am 30. Juli in Stuttgart droht, um so aktueller. Gegen dieses Ereignis haben sich Menschen in zwei Bündnissen zusammengefunden: Dem Blockadebündnis (zum Aufruf - nächstes Treffen: Donnerstag 1. Juli 2010, 18:00 EKM-Verein, Nordbahnhofstr. 61, Stuttgart Nord | U15 Haltestelle Mittnachtstraße) und dem GelöbNix (zum Aufruf - nächstes Treffen: 30. Juni 2010, 19:00 DGB Haus Stuttgart, Willi Bleicher Str. 20).



Text und Musik: Günther Holtmann

Eines Tages war es soweit,
Da kam ein Brief ins Haus geschneit,
Das war mein Musterungsbescheid.
Ach du meine große Scheiße,
Dachte ich so bei mir,
Was woll'n die Ärsche denn von mir?

Was kann schöner sein auf Erden,
Als Bundeswehrsoldat zu werden,
Was kann denn wohl schöner sein?

Und dann stellte ich mir vor,
Ich ständ vor'm Kasernentor
In Uniform und mit kurzgeschorenem Haar.
Mich durchfuhr ein kalter Schauer,
Dann überlegte ich genauer
'ne Stunde lang, und die Idee war da.

Mein Freund arbeitet im Krankenhaus,
Der brachte mir Spritzen mit nach Haus,
Und stach mir Löcher in den Arm.
Ich wusch mich nicht 'ne Woche lang,
Zog uralte Klamotten an,
Und rasierte mich nicht,
Bis der Tag endlich kam.

Was kann schöner sein auf Erden,
Als Bundeswehrsoldat zu werden,
Was kann denn wohl schöner sein?

Vorher die ganze Nacht,
Hab' ich kein Auge zugemacht,
Trank viel Alkohol und viel Kaffee.
So präpariert kam ich dann,
Beim Kreiswehrersatzamt an,
Völlig im Arsch und total verstört.
Der Musterungsarzt war empört,
Dann hab' ich das Ergebnis gehört:
LEISTUNGSFUNKTIONSGESTÖRT!

Was kann schöner sein auf Erden,
Als Bundeswehrsoldat zu werden,
Was kann denn wohl schöner sein?

Ich kann dir sagen,
was schöner ist,
Als der ganze Militaristenmist,
100 001 Sachen, die ich viel lieber mache.


Mehr zu Cochise

Universitäten als Kriegs"Dienstleister". Gegenmittel Zivilklausel. Widerstand jetzt!

Naturwissenschaftlich-technische Bereiche mittlerweile aller großen Hochschulen sind über Finan­zierung aus öffentlichen Rüstungshaus­halten (mehr als 1 Mrd. jährlich) und private Rüstungsmittel an militärischen und zivilmilitärischen Forschungsprogrammen beteiligt. Zunehmend werden auch geistes- und sozialwissenschaft­liche Bereiche zur Unterstützung von kriegerischer Außenpolitik eingespannt. Bundeswehr, Rüstung und Kriegseinätze sollen an Schulen und Hochschulen zur selbstverständlichsten Sache der Welt gemacht werden.

Dagegen regt sich Widerstand bei Studierenden an Hochschulen, Gewerkschaften und Friedens­bewe­gung. Das Bildungsstreik-Bündnis Baden-Württemberg hat im Februar die Einführung und Unter­stützung von Zivilklauseln („Lehre und Forschung nur für zivile und friedliche Zwecke.“) für die Hoch­schulen des Landes Baden-Württemberg und die Auflösung der Kooperationsverein­barung zwischen der Landesregierung und der Bundeswehr gefordert. Die Forderung nach Zivilklauseln wird von den Gewerkschaften und der LandesStudierenden­Vertretung unterstützt.

Der Ausgangspunkt für die inzwischen weit über Baden-Württemberg hinaus wirksame Protest­bewegung war die Zusammenlegung der Universität Karlsruhe und des Forschungszentrums Karlsruhe zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie eine bisher bundesweit einmalige Urabstimmung der Studierenden der Uni Karlsruhe für eine Zivilklausel am KIT.

Dietrich Schulze von der „Initiative gegen Militärforschung an Universitäten“ (Webdokumentation: www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf ) wird über diese Entwicklung berichten. Und darüber, wie Militärforschung an der Uni Karlsruhe aufgedeckt wurde, wie der Widerstand an den Hochschulen gegen die Militarisierung verstärkt werden kann und welche Pläne es für eine bundesweite und internationale Vernetzung gibt.

Montag, den 21. Juni, um 19 Uhr im Subversiv Stuttgart, Burgstallstr. 54, Stuttgart Heslach (U 14 bis Bihlplatz)

Veranstalter: Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart

AUSDRUCK -- das IMI-Magazin (Juni 2010)

Titelseite
Soeben ist die Juni-Ausgabe des IMI Magazins "AUSDRUCK" erschienen. Darin finden sich u.a. Beiträge zu den Kosten des Afghanistan-Krieges, die um ein Vielfaches höher liegen als dies von offizieller Seite behauptet wird. Außerdem enthalten sind Analysen zur interessengeleiteten Entwicklungspolitik seit dem Amtsantritt Dirk Niebels sowie den Versuchen, ein Sonderrecht für Soldaten zu etablieren. Darüber hinaus finden sich längere Texte zur Militarisierung der Vereinten Nationen, dem kürzlich vorgelegten Konzeptentwurf für eine neue NATO-Strategie sowie der Situation im Irak.

INHALTSVERZEICHNIS


DEUTSCHLAND UND DIE BUNDESWEHR

Jürgen Wagner
Die Rechnung bitte! Sozialabbau und die Kosten des deutschen Afghanistan-Einsatzes
http://imi-online.de/download/JW-Juni-2010.pdf

Michael Haid
Zivile Gerichtsbarkeit und Völkerstrafgesetzbuch (Teil II): Kein Sonderrecht für Soldaten
http://imi-online.de/download/MH-Juni-2010.pdf

Jonna Schürkes
Die interessengeleitete Entwicklungshilfe des Herrn Niebel
http://imi-online.de/download/JS-Juni-2010.pdf

Marischka/Strutyunski/Braun
Streitfrage: Wie provokativ darf antimilitaristischer Protest sein?
http://imi-online.de/download/MSB-Juni-2010.pdf

Jürgen Wagner
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold: Köhlers Abtritt und deutsche Heucheleien
http://imi-online.de/download/JW2-Juni-2010.pdf

VEREINTE NATIONEN

Thomas Mickan
Die UN und der neue Militarismus (Teil II)
http://imi-online.de/download/TM-Juni-2010.pdf

NATO

Jürgen Wagner
NATO 2020: Expertenkommission des Generalsekretärs legt Entwurf für ein neues Strategisches Konzept vor
http://imi-online.de/download/JW-NATO-Juni-2010.pdf

AFRIKA

Tim Schumacher
"Shoot-to-kill": Südafrika rüstet sich für die WM
http://imi-online.de/download/TS-Juni-2010.pdf

IRAK

Joachim Guilliard
Irak im achten Jahr des Krieges: Besatzung in der Sackgasse -- doch kein Ende in Sicht
http://imi-online.de/download/JG-Juni-2010.pdf

"...tapfer zu verteidigen..." Das Rekrutengelöbnis der Bundeswehr: Ritual - Kritik - Protest

Am 30. Juli 2010 soll es nach 10 Jahren wieder eine öffentliche Rekrutenvereidigung in Stuttgart geben. Dagegen formieren sich Proteste, es haben sich zwei Bündnisse gebildet:
Gründe, gegen ein öffentliches Gelöbnis zu sein gibt es viele. In loser Folge stellen wir hier einige vor. Zuerst einige Grundlagen:

"...tapfer zu verteidigen..." Das Rekrutengelöbnis der Bundeswehr: Ritual - Kritik - Protest

Ein Interviewfilm in 6 Teilen mit
Beate Binder, Frank Peter Bitter, Christina von Braun, Frank Brendle, Ekkehart Krippendorff, Wolf-Dieter Narr, Peter Niedermüller, Harald Pape, Ekkehart Werthebach

von

Carolin Behrmann
Markus Euskirchen
Henrik Lebuhn

Berlin 2001

Zum ersten Mal seit Ende des 2. Weltkrieges legten im Mai 1996 Rekruten der Bundeswehr in Berlin öffentlich das feierliche Gelöbnis ab, „Recht und Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“ Das medienwirksam inszenierte Militärritual gehört seitdem zum festen Repertoire der nationalen Selbstinszenierung der „neuen Berliner Republik“. Zentrale Bedeutung hat es zudem durch die bewaffneten Auslandseinsätze der Bundeswehr erhalten, in deren Rahmen die Bundesrepublik Deutschland ihre nationalen Interessen erstmals seit 1945 auch international wieder militärisch vertreten und durchsetzen kann und dabei nicht einmal mehr völkerrechtlicher Legitimation durch die Vereinten Nationen bedarf.
Innerhalb dieses politischen Kontextes seziert dieser Film Funktion und Wirkweise ritualisierter Bundeswehrauftritte am Beispiel der öffentichen Berliner Rekrutengelöbnisse.


Liturgie (7:47min, 5.75 MB)
Der Betrachter lernt das Gelöbnis in seiner Inszenierung und seinem Ablauf kennen. Das Gelöbnis läuft tatsächlich immer weitgehend gleich ab -“ egal wann und wo. Dieser Abschnitt liefert die deskriptive Grundlage für die folgenden 6 Zugänge.

Teil 1: Ritual und Initiation (12:04min, 8.72 MB)
Bei dem Rekrutengelöbnis handelt es sich um eine formalisierte und öffentliche Handlung, die eine bestimmte „Botschaft“ vermittelt. Rituale gibt es, das sieht man an dem Gelöbnis, auch in modernen Industriegesellschaften und sie haben nach wie vor in erster Linie identitätsstiftende Funktion.

Teil 2: Nation Militär Staat (14:59min, 10.8 MB)
Im militärischen Ritual sind, wie wir am Beispiel des Gelöbnisses zeigen, Staat und Nation immer präsent. Über Symbole (Flagge, Adler), die Hymne, eine bestimmte Rhetorik („wir“) und den gemeinsamen Auftritt von PolitikerInnen und Militärs wird eine nationale Symbolordnung und mit ihr die Vorstellung von Nationalgemeinschaft hergestellt. Staat, Nation und Militär verschmelzen im Gelöbnis zu einer untrennbaren Einheit. Das Gelöbnis stiftet in dieser Form sowohl „nach innen“, wie vor allem auch „nach außen“ eine nationale und gewaltförmige Identität. Es ist damit Bestandteil eines Arsenals von „ideologischen und legitimatorischen Techniken“ zur Herstellung von Konsens über die Herrschafts- und Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft.

Teil 3: Disziplinierung und Gewissensumbau (12:15min, 8.89 MB)
Für die teilnehmenden Rekruten ist das Gelöbnis der Abschluss einer mehrwöchigen Disziplinierung. Befehl und Gehorsam als konstitutive Struktur des Militärs werden vor allem über Techniken der Körperdressur in die Soldaten „eingelassen“. Das Gelöbnis schließt diese Ausbildung ab und bildet eine Art „Schwelle“ auf dem Weg zum „richtigen Soldaten“. Zentraler Bestandteil der soldatischen Konditionierung ist der Gewissensumbau vom zivilen Tötungsverbot zum soldatischen Tötungs- und Sterbegebot.

Teil 4: Männlichkeit und Kollektivkörper (11:50min, 8.39 MB)
Überschreitet der Rekrut im Gelöbnis die Schwelle zum „richtigen Soldaten“, so bedeutet dies gleichzeitig, dass er auch als „echter Mann“ initiiert wird. Neben der individuellen Initiation ist das Gelöbnis zentraler Moment der Konstitution des militärischen Kollektivkörpers: Die Einsicht des einzelnen Soldaten in die Untrennbarkeit und Unsterblichkeit des männlich-militärischen Kollektivkörpers und seine Teilhabe an diesem Körper sind die erforderlichen Bedingungen für den gewaltförmigen und tödlich-sterblichen Einsatz des individuellen Soldaten.

Teil 5: Raum und Geschichtskonstruktion (11:10min, 8.17 MB)
Die Konstruktion nationaler Geschichte und die Erfindung einer Bundeswehrtradition funktionieren über den Ort "Bendlerblock" mit seiner spezifischen Bedeutung (20. Juli 1944). Historische Fakten und Zusammenhänge werden zu diesem Zweck schonungslos verdreht und verfälscht. Allgemeines Ziel der Geschichts- und Traditionskonstruktion ist die Legitimation der Bundeswehr; spezifische Absicht scheint die Herstellung eines Konsens zu den aktuellen Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu sein.

Teil 6: Öffentlichkeit und GelöbNIX (17:52min, 12.9 MB)
Die massiven Proteste bei den Gelöbnissen in Berlin haben die beabsichtigte Wirkung nachhaltig gestört. Die fehlende unmittelbare Öffentlichkeit wird beim Gelöbnis vor allem durch die bundesweite mediale Vermittlung hergestellt. Die Notwendigkeit beim Gelöbnis eine spezifische Öffentlichkeit herzustellen gibt den Gelöbnisgegnern Gelegenheit, das Ritual nicht nur inhaltlich zu kritisieren, sondern über die „Verletzung der Spielregeln“ auch formal zu stören. Letztendlich ist in dieser Hinsicht schon der Rückzug in den Bendlerblock als Erfolg einer Gegenöffentlichkeit zu bewerten.


Quelle: "Das Rekrutengelöbnis - Ein Interviewfilm" via Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär
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