Skip to content

Erfolgreiche Kundgebung und Prozessbeobachtung zum Auftakt des Antifaprozesses in Stuttgart

Heute hat der Prozess gegen die sieben angeklagten Antifas vor dem Stuttgarter Landgericht begonnen. Für die Berufungsverhandlung sind weitere fünf Prozesstage angelegt, die einen Zeitraum von drei Wochen umfassen. Ein Bündnis aus verschiedenen linken Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen mobilisierte zum heutigen Prozessauftakt zu einer Kundgebung und der anschließenden kollektiven Prozessbeobachtung, bei der über 90 solidarische AntifaschistInnen zugegen waren.

Ab 8:30 Uhr sammelten sich nach und nach die UnterstützerInnen der Angeklagten vor dem Stuttgarter Landgericht und machten mit Fahnen und Transparenten auf ihr Anliegen aufmerksam. Skeptisch beobachtet und gefilmt wurden sie dabei von einem großen Aufgebot der Stuttgarter Bereitschaftspolizei, die im gesamten Umkreis des Landerichtes stationiert war.

Nachdem Redebeiträge der VVN/BdA Leonberg und des Solikreis-Stuttgart die skandalösen Umstände des Prozessablaufes vor dem Böblinger Amtsgericht im Jahre 2008, die Dringlichkeit und Legitimität eines starken antifaschistischen Widerstandes, sowie die generelle Notwendigkeit einer offensiven Antirepressionsarbeit herausstellten, bewegten sich die Gruppe mit inzwischen über 90 TeilnehmerInnen in das Gerichtsgebäude.

Im Eingangsbereich des Gebäudes erwarteten sie zunächst einige völlig überforderte Justizbeamte, deren Aufgabe das Einscannen der Personalausweise sämtlicher anwesender PorzessbeobachterInnen war. Der anfängliche Versuch dabei, Menschen mit lediglich türkischen Ausweispapieren den Zutritt zu den Gerichtssäälen zu verwehren, weil diese keine gültigen EU-Papiere mit sich führten, wurde in Anbetracht der großen Anzahl an ProzessbeobachterInnen nach kurzer Zeit wieder verworfen.
Nach dieser ersten Prozedur warteten die Sicherheitsbeamte schließlich unterstützt von einigen Bereitschaftspolizisten mit eingehenden Körperkontrollen und einem extra hierfür aufgebauten Metallscanner auf. Neben jeglichen Metallgegenstände mussten etliche Anwesende, die nicht der Presse angehören, hier ebenso sämtliche Schreibutensilien abgeben.

Im Gerichtssaal fanden sich schließlich neben den inzwischen knapp 100 ProzessbeobachterInnen fünf nervöse BereitschaftspolizistInnen ein, die mit Kamera und Schlagstöcken im Anschlag das Geschehen verfolgten. Als nach wenigen Warteminuten ein seit Anfang Dezember 2009 in Untersuchungshaft sitzender und mitangeklagter Antifaschist den Saal betrat, erhoben sich sämtliche anwesende ProzessbesucherInnen unter lautem Beifall und empfingen ihn mit der Parole "Freiheit für alle politischen Gefangenen!".

40 Minuten nach dem angesetzten Beginn betrat das Gericht den Saal, wobei sich nur ein Bruchteil der Anwesenden die Mühe zum Aufstehen machte.

Den Anfang machte nun der vorsitzende Richter Polachowski mit der Verlesung des Urteils, welches das Böblinger Amtsgericht im September 2008 fällte. Gegen dieses haben damals alle Angeklagten, ebenso wie die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Nachdem die Feststellungen zur Sache in detailreicher Ausführung aus diesem fragwürdigen Urteilsspruch entnommen wurden, wurde den Angeklagten die Möglichkeit gegeben, Angaben zu Person und Sache machen. Während Angaben zur Sache von allen Angeklagten, wie bereits im ersten Prozess auf Amtsebene, verweigert wurden, entschieden sich nun sechs der sieben dafür, Angaben zur Person, also ihrer Geschichte und aktuellen Situation zu machen.

Nach der kurzen Aufnahme der jeweiligen Lebenssituation und wenigen Zwischenfragen von Seiten der Staatsanwältin Weiss endete der erste Prozesstag bereits. Zum Schluss ging der Richter noch kurz auf die anwesenden ProzessbesucherInnen ein und kündigte an, dass die Körperkontrollen bei den folgenden Prozessterminen nicht mehr nötig sein sollten. Eine Ausnahme machte er allerdings: Am 27. April, dem vierten Prozesstag sind sämtliche "Geschädigte" - also die NPD-Faschisten - geladen. Der Richter stellte treffend fest, dass für diesen Tag von AntifaschistInnen erneut zu größerer Teilnahme an der Prozessbeobachtung aufgerufen wurde. Um für die Sicherheit der in den Worten des Richters bereits "vertrümmten" NPDler an jenem Prozesstag zu sorgen, soll es also am 27. April erneut eingehendere Kontrollen geben.

Wir freuen uns über die rege Teilnahme am Prozessauftakt und hoffen auf die Unterstützung der Angeklagten und der Soliarbeit durch kontinuierliche antifaschistische Präsenz an den kommenden Prozesstagen.

Nächste Prozesstermine: Di. 20.04., Mo. 26.04., Di. 27.04., Mo. 10.05., Di. 11.05.

Quelle: Prozessbesucher der Soligruppe

Bisherige Beiträge zu den Prozessen bei uns:

• Freitag, 9. Februar 2007: Aktionsbündnis ruft zur Verhinderung von NPD-Veranstaltung in Stuttgart auf
• Samstag, 17. Februar 2007: VVN Presseerklärung zum NPD-Rennicke Auftritt in Stuttgart am 16.2.2007
• Mittwoch, 21. Februar 2007: VVN-BdA Baden-Württemberg zum Rennicke-Konzert in Sindelfingen
• Freitag, 23. Februar 2007: Rennicke-Auftritt in Sindelfingen: Gegendarstellung zur VVN-Presseerklärung
• Samstag, 24. Februar 2007: Veranstaltungsort für "private" Faschingsfeier war bekannt
• Sonntag, 25. März 2007: Stuttgart/Sindelfingen: Der Rennicke-Auftritt als Symptom der Lage
• Freitag, 30. März 2007: Sindelfingen: "Zwischen Nachsicht und Härte"
• Donnerstag, 18. Oktober 2007: Sindelfingen: Unterschriftensammlung für NPD Verbot
• Samstag, 18. April 2008: 80 Teilnehmer bei Veranstaltung: „Nazis hetzen wieder gegen Migranten und Flüchtlinge! Warum, wozu, für wen?“
• Mittwoch, 9. Juli 2008: Antifaschistische Kampagne gegen die NPD in Sindelfingen
• Mittwoch, 16. Juli: Stuttgart: Flash-Mob Aktion gegen Nazi-Propaganda
• Samstag, 19. Juli 2008: Demonstration: Nazis keine Basis bieten!
• Sonntag, 20. Juli 2008: Knapp 500 Menschen demonstrierten in Sindelfingen gegen die NPD und andere faschistische Strukturen
• Donnerstag, 23. Oktober 2008: Ein Gespräch der "Stattzeitung" mit den Betroffenen zum Skandalurteil von Böblingen
• Freitag, 26. März 2010: Stuttgart: Prozess gegen sieben Antifaschisten geht in die zweite Runde
• Freitag, 9. April 2010: Stuttgart: Der Skandalprozess gegen „Die Sieben“ geht in die nächste Runde
• Sonntag, 11.April2010: Prozess gegen sieben Antifaschisten am Landgericht, Stuttgart Erklärung der Roten Hilfe
• Montag, 12. April 2010: Ein Besuch in Stammheim
• Sonntag, 18. April 2010: Pagepeel zur Solidarität mit den 7 in Stuttgart angeklagten Antifaschisten

Zweites Bündnistreffen: "Bundeswehr-Gelöbnis am 30. Juli in Stuttgart verhindern!"

In der Einladung zum zweiten Bündnistreffen am Mittwoch, 28. April um 19 Uhr im Sozialzentrum des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Haußmannstr. 6, Stuttgart-Ost heißt es:

Nach einem erfolgreichen ersten Bündnistreffen am 15. April, bei dem sich auf eine grundlegende Herangehensweise für das Gelöbnis geeinigt wurde, laden wir nun zum zweiten Bündnistreffen ein und hoffen, dass sich noch viele weitere Gruppen und Organisationen an der Organisation des Widerstands gegen das Gelöbnis beteiligen!

Am 30. Juli 2010 werden Soldaten in einem öffentlichen Gelöbnis auf dem Stuttgarter Schlossplatz vereidigt mit den Worten: "„Ich gelobe der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“." Diese öffentliche Werbe- und Militarisierungsveranstaltung gilt es zu verhindern!


Initiatoren: DFG-VK Baden-Württemberg, Friedensnetz Baden-Württemberg, Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart

Kontakt: Deutsche Friedensgesellschaft -Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Landesverband Baden-Württemberg, Haußmannstr. 6, 70188 Stuttgart, Fon 0711-2155112, Fax 0711-2155214, Mail: ba-wue[at]dfg-vk.de
cronjob