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Kuschen vor Kriegstreibern?

Der jüdische US-Amerikaner und Politologe Norman Finkelstein hat seine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung: "Ein Jahr nach dem Überfall der israelischen Armee auf Gaza. Die Verantwortung der deutschen Regierung an der fortgesetzten Aushungerung der palästinensischen Bevölkerung" abgesagt. Die Tageszeitung "junge Welt" dokumentierte gestern neben Finkelsteins Absage erste Reaktionen auf diesen Vorgang. Am Freitag, 26.Februar, 19 Uhr findet in der jW-Ladengalerie (Torstraße 6 in Berlin-Mitte) eine Veranstaltung statt, Veranstaltung über die Lage im belagerten Gazastreifen ein Jahr nach dem Überfall der israelischen Armee und die Verantwortung Deutschlands statt. Norman Finkelstein wird mit einem Videobeitrag aus Prag zugeschaltet.

Heute erschien mit einer Erklärung des Bundesvorstandes Arbeiterfotografie eine weitere Replik auf den Vorgang:

Hört endlich auf, Euch dem Unrecht zu unterwerfen
Appell des Bundesverbands Arbeiterfotografie an die Verantwortlichen für Meinungsunterdrückung und Menschenrechtsverletzung

Dem Verband Arbeiterfotografie wäre im Oktober 2009 in Frankfurt fast das widerfahren, was jetzt in Zusammenhang mit der in Deutschland geplanten Vortragsreise des in den USA lebenden Norman Finkelstein geschehen ist: eine Veranstaltungsabsage infolge des Drucks von Interessensgruppen, die Menschenrechtsverletzungen und Krieg decken. Auch der Versuch der Stadt München im Oktober 2009, den israelischen Historiker Ilan Pappe infolge eines solchen Drucks mundtot zu machen, ist uns in Erinnerung. Deshalb sind wir bei allen Versuchen, die Freiheit der Meinungsäußerung zu beseitigen, stark sensibilisiert.

Das Vortragsthema von Norman Finkelstein, US-amerikanischer Politikwissenschaftler, Sohn von Holocaust-Überlebenden und Autor der Bücher "Die Holocaust-Industrie: Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird" und "Antisemitismus als politische Waffe: Israel, Amerika und der Missbrauch der Geschichte", sollte lauten: "1 Jahr nach dem israelischen Überfall auf Gaza -“ die Verantwortung der deutschen Regierung an der fortgesetzten Aushungerung der palästinensischen Bevölkerung". Dass über ein solches Thema, bei dem es um existentielle Belange von Millionen von Menschen geht, gesprochen werden kann und muss, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Erschreckend in Zusammenhang mit Norman Finkelstein ist besonders die Tatsache, dass es Organisationen mit dem Anspruch sind, für Nächstenliebe, Frieden und Menschenrechte einzutreten, die die Absage ausgesprochen haben: eine Gemeinde der evangelischen Kirche, die Heinrich-Böll- und die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Hermann Dierkes, Vorsitzender der Ratsfraktion Die Linke Duisburg, schreibt: "Rosa Luxemburg würde sich im Grabe herumdrehen... Ich fasse es nicht!" Dem kann sich der Bundesverband Arbeiterfotografie nur anschließen und ergänzen: das gilt auch für Jesus Christus und Heinrich Böll.

Die Behauptung, dass in Deutschland das Recht auf freie Rede nicht verletzt wird, ist für Norman Finkelstein eine Lüge. Damit hat er bedauerlicherweise recht. Das ist eine verheerende Entwicklung, der sich alle Menschen und Organisationen von Format entgegenstellen müssen, insbesondere die, denen es angeblich um Menschenrechte geht und die sich geschworen haben, nie wieder Faschismus entstehen zu lassen. Niemand darf sich dem Unrecht unterwerfen. Wer das tut, ist mitverantwortlich für die menschenverachtende, rechtsextreme Politik gegenüber der palästinensischen Bevölkerung.

Palästinensische Christinnen und Christen aus mehreren Kirchen und kirchlichen Organisationen beschreiben das zum Himmel schreiende Unrecht in einer Erklärung vom 11. Dezember 2009: die Trennmauer, die auf palästinensischem Gebiet errichtet worden ist und Städte und Dörfer in Gefängnisse verwandelt; der Raub des Landes durch den Bau illegaler israelischer Siedlungen; der Raub der natürlichen Ressourcen wie Wasser und Ackerland; die unmenschlichen Bedingungen, unter denen Flüchtlinge trotz ihres Rechts seit Generationen in Lagern auf ihre Rückkehr warten; die Tausenden von Gefangenen, die in israelischen Gefängnissen dahinsiechen; die unmenschlichen Bedingungen in Gaza nach dem grausamen Krieg, den Israel im Dezember 2008 bis Januar 2009 dort geführt hat; das Herausdrängen palästinensischer Bürger, von Christen und Muslimen, aus Jerusalem, die Enteignung oder Zerstörung ihrer Häuser...

Dafür dürfen wir nicht mitverantwortlich sein. Dagegen müssen wir aufbegehren - auch indem wir Stimmen wie die von Norman Finkelstein - unüberhörbar zu Wort kommen lassen. Wir dürfen nicht wieder mitschuldig werden und die Augen verschließen, wenn Menschen systematisch unter Billigung ihrer "Mitmenschen" - wie in Jerusalem - aus ihren Häusern verschwinden oder ein historischer muslimischer Friedhof zerstört wird, um dort in perfider Weise ein "Museum für Toleranz" zu errichten.

22.2.2010
Vorstand des Bundesverbands Arbeiterfotografie

Afghanistan: US-Marines und NATO Truppen in Marjah sind erst der Anfang der Offensive

Wer glaubt nach den ganzen bisherigen Lügen eigentlich noch an die Mär vom "gerechten Krieg" in Afghanistan? General David Petraeus, verantwortlicher Militär und Leiter der CENTCOM, bezeichnet den Kampf in Marjah in der Provinz Helmand als eine "erste Salve" in einem auf 12 bis 18 Monate angesetzten Feldzug. Was wir gegenwärtig erleben ist nur der Anfang der US-Offensive.

Petraeus stellte diese in "Meet the Press" vor und machte den Preis deutlich, den das US-Militär für "zweckmäßige Maßnahmen zu zahlen" bereit ist. Gemeint ist die Folter:

"Ich habe seit 2003 immer wieder betont, wie wichtig es ist, unsere Werte zu leben und deutlich zu machen. Und ich denke, wann immer wir möglicherweise zweckmäßige Maßnahmen ergriffen haben, kehrten diese sich gegen uns um und haben uns in den Hintern gebissen. Wir entschieden uns frühzeitig in der 101. Airborne Division zu betonen, wir hätten uns entschieden die Genfer Konvention zu beachten, um so nach vorne zu kommen. Das steht, glaube ich, ehrlichen Elementen zu. Wir haben sehr hart gearbeitet, im Laufe der Jahre, ja, um sicherzustellen, dass Elemente wie das Internationale Rote Kreuz Komitee und anderen, die unser Verhalten gegenüber unseren Gefangenen zur Bedingung für eine Zustimmung zu unseren Maßnahmen machen, zu erlangen. Denn in den Fällen, in denen das nicht gelang mussten wir am Ende einen Preis bezahlen, der es letztlich nicht wert war. Abu Ghraib und andere Situationen sind nicht biologisch abbaubar. Sie gehen nicht weg. Der Feind schlägt sie dem Central Command wie mit einem Stock um die Ohren."


Das "unsere Werte leben" bedeutet offenbar auch, dass die USA / NATO-Truppen zivile Opfer einkalkulieren, darunter die 27 Menschen, die bombardiert wurden, als sie in einem LKW-Konvoi vor den Kämpfen flohen.

Der britische Telegraph berichtet über die Verurteilung des NATO-Luftangriffes durch die afghanische Regierung und stellte fest, dass am vergangenen Donnerstag, in Folge eines Bombenangriff der NATO in der nördlichen Provinz Kundus sieben afghanische Polizisten getötet wurden und am 15. Februar die NATO die Verantwortung dafür übernommen hat, dass fünf Zivilisten "versehentlich" getötet und zwei weitere in einem Luftangriff im Süden Afghanistans verletzt wurden.

Während Petraeus versucht, die amerikanische Öffentlichkeit auf die Steigerung der Verluste bei den US-Truppen vorzubereiten, spielen die Opfer auf Seiten der afghanischen Bevölkerung, der wesentlich höher als die bei den Truppen in der Regel übehaupt keine Rolle bei den US-Kriegsplanern, es sei denn, sie sind "biologisch nicht abbaubar", oder der Feind "schlägt sie dem Central Command wie mit einem Stock um die Ohren".

Kevin Gostzola setzt sich mit diesem menschenverachtenden Sprachgebrauch im Beitrag "Die Sprachlügen derBesetzung: Ermordete Zivilisten in Marjah sind Menschen, keine "menschliche Schutzschilde"" auseinander:

"Militärs behaupten, zivile Opfer geschehen, weil die Taliban Zivilisten als "menschliche Schutzschilde benutzen." Sie dienen als Quelle des Bösen trotz Beweise und Berichten von Organisationen wie Amnesty International die darauf hindeuten, dass es die US-und NATO-Streitkräfte sind, die mit wahllosen Angriffe beschäftigt sind. (Die genau so schlecht wie die Verwendung von Zivilisten als "Schutzschilde" sind)."

Es ist ungewiss, wie lange diese "Woge" dauern wird. Die USA und NATO scheinen gewillt zu sein, mit ihren eigenen Maßnahmen die illusionäre Rechtfertigung für Krieg und Besatzung in Afghanistan zu schaffen. Egal, wie lange dies dauert, die Zivilbevölkerung zahlt dafür den höchsten Preis.

Al Jazeera berichtet über das Leben der Menschen in der Umgebung: Zivilisten flüchten vor den Kämpfen in Marjah. "Wir haben alles verloren, wir haben nichts dabei, keine Decken auf denen wir schlafen könnten. Wir haben nur diese Schals die wir tragen, um uns zu bedecken."



Larry Everest schlussfolgert zur Rolle der US-Besatzung in der Eskalation der Gewalt im Beitrag: "USA beginnen massive Offensive in Süd-Afghanistan":

"Die Position der USA in Afghanistan ist prekär. Der Krieg hat sich in das benachbarte Pakistan - ein wichtiger Verbündeter der USA - ausgeweitet, was dort zu einem wachsenden islamistischen Aufstand und der Vertiefung weiterer innen- und außenpolitischer Widersprüche führt. Und die USA sehen sich mit weiteren realen Hindernissen und Herausforderungen für ihre Dominanz im Nahen Osten, zum Beispiel Iran als auch weltweit konfrontiert. Sie reagieren auf diese Herausforderungen mit der Eskaltation der Gewalt gegen das Volk."

"Wo ist die Empörung in den USA für die Opfer unter der Zivilbevölkerung?" Auch das sollte in dieser Woche bedacht werden, in der Friedensgruppen den 1.000sten US Toten in Afghanistan erwarten.

Das beste Geschenk für die Menschheit wäre, eine Situation zu schaffen, ähnlich wie die, die Menschen in den Niederlanden haben. Die niederländische Regierung brach an diesem Wochenende wegen der Widersprüche zur Stärke der niederländischen Truppen in Afghanistan auseinander. Ihre Truppen verlassen Afghanistan bis Ende dieses Jahres.

Auch wenn Präsident Obama europäische Regierungen weiter unter Druck setzt, damit diese mehr Truppen entsenden: Weltweit stellen sich die Menschen gegen die Besatzung und den Krieg. Und das sollten wir auch!

(Quelle: Eigene Übersetzung eines Beitrages von Debra Sweet, National Director of World Can-™t Wait)
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