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Hotel Silber: Offener Brief an Breuninger

Wir dokumentieren und unterstützen ausdrücklich den offenen Brief der "Initiative Gedenkort Hotel Silber" und verweisen auf die morgen, Samstag 19.12.2009 von 11:00 Uhr bis 16:00 hinter "Breuninger" in Stuttgart (Ecke Sporerstrasse/Karlsstrasse) stattfindende Aktion, in deren Mittelpunkt die Verbreitung dieses "Offenen Briefs an Breuninger" stehen wird. Die Aktion ist mit einigen Auflagen vom Amt für öffentliche Ordnung genehmigt.

E. Breuninger GmbH & Co Stuttgart, 19. Dezember 2009
Geschäftsführender Vorstand
Herr Willem G. van Agtmael
Marktstraße 1-3
70173 Stuttgart

„So wie es mit den nach Mord und Menschenverachtung stinkenden Eingeweiden des Hotel Silber geschehen soll, das in der Dorotheenstraße stört und noch steht, noch Schimpf und Schande schreit. Nicht mehr lange, weil diese Stadt sich selbst immer erinnerungsloser macht, die letzten Zeugen an die Wand stellt und unter den Einschlägen der Abrissbirne wegsacken lässt."
Anna Katharina Hahn, Stuttgarter Zeitung 28.11.2009
ihr Breunlnger-KundInnen schauen hln Ausverkauf:


Ausverkauf:Breuninger entsorgt ehemalige Gestapozentrale -šHotel Silber-™ !


Sehr geehrter Herr Agtmael,
nach zahlreichen vergeblichen Versuchen, direkt mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, wenden wir uns nun in der Öffentlichkeit an Sie als Verantwortlichen für die Firma Breuninger. Wir, das sind Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger, die sich in der Initiative Gedenkort Hotel Silber zusammengeschlossen haben. Wir kommen aus vierzehn verschiedenen Initiativen und Organisationen, in denen wir uns seit Jahren gegen das Vergessen und Verdrängen der nationalsozialistischen Terrorherrschaft engagieren.

Die Firma Breuninger hat vor, im Rahmen des so genannten DaVinci-Projektes das Gebäude Dorotheenstraße 10 abreißen zu lassen, um Platz zu schaffen für ein Nobelhotel und ein weiteres Einkaufszentrum. Den städtebaulichen Sinn oder Unsinn dieses Vorhabens wollen wir dahingestellt sein lassen.
Eines steht jedoch fest: mit diesem Schritt würde die ehemalige Gestapozentrale, der zentrale Stuttgarter Tatort des NS-Terrors „zynisch entsorgt“, wie dies die Frankfurter Rundschau beschrieb. An diesem Ort wurden Menschen, denen die Nazis das Lebensrecht absprachen oder die sich ihnen widersetzt hatten, gedemütigt, verhört, gefoltert, ermordet. In diesem Gebäude wurde die Deportation der Stuttgarter und Württemberger Juden in die Vernichtungslager organisiert.

Der Abriss des -šHotel Silber-™ ist nicht akzeptabel. Mit ihm würde die Verleugnungs- und Verdrängungspolitik der Nachkriegsgeschichte vollendet. Tausende Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts haben gegen dieses Vorhaben mit ihrer Unterschrift Einspruch erhoben.
Zahlreiche Künstler, Wissenschaftler und Politiker aus ganz Deutschland protestierten. Es wäre eine Schande und ein Skandal, sagte der Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, Anfang Oktober im Stuttgarter Schauspielhaus. Bundesweit äußert die Presse Unverständnis. „Stuttgart erblindet“ kommentierte die ZEIT. Viele Nachfahren von Opfern des NS-Terrors versichern uns, dass der Abriss für sie ein Schlag ins Gesicht wäre. Die Authentizität des Gebäudes besteht für sie in den schmerzhaften Erinnerungen, die sich mit diesem Ort verknüpfen.

Das Gebäude Dorotheenstraße 10 muss erhalten werden, als Gedenkort, als Lernort, als Forschungsort. Hier soll nach Kölner, Berliner, Nürnberger, Dresdner und Münchner Vorbild das längst überfällige Stuttgarter und Württemberger NS-Dokumentationszentrum entstehen. Die Aufarbeitung der Stuttgarter NS-Geschichte muss als öffentliche Aufgabe anerkannt werden, Stadt, Land und lokale Firmen müssen sich für diese Aufgabe engagieren.
Wenn die Verantwortlichen das wollen, würden sie hierfür auch architektonische und finanzielle Lösungen finden. Zahlreiche gebaute Beispiele beweisen, dass es durchaus möglich ist, ein historisches Gebäude in einen hochmodernen Komplex zu integrieren.

Die erste Verantwortung hierfür liegt bei der Politik, beim Gemeinderat und beim Landtag. Sie können sicher sein, dass wir nichts unversucht lassen werden, in diesem Sinne unseren Einfluss geltend zu machen und einen Bebauungsplan zu verhindern, der den Abriss des -šHotel Silber-™ vorsieht.

Doch auch die Firma Breuninger trägt eine Verantwortung für die Stadtkultur. Alfred Breuninger, der Firmenchef in der NS-Zeit, war ein Profiteur des Nazi-Regimes. Das ist nachzulesen im kürzlich erschienen Buch „Stuttgarter NS-Täter“. Für das Handeln der Firmenleitung in der NS-Zeit kann die heutige Firmenleitung nicht verantwortlich gemacht werden; doch sie trägt eine Verantwortung für den geschichtsbewussten Umgang mit diesem Erbe.
Dasselbe gilt für Ihre Projektpartner. Die Finanzverwaltung hatte die Ausplünderung der Stuttgarter Juden organisiert. Im Innenministerium wurde die Ermordung von zehntausend behinderter Menschen in Grafeneck geplant. Eine Firma lebt von ihrem Ruf. Kann es Ihnen gleichgültig sein, dass der Name und das Ansehen der Firma Breuninger durch diese geschichtsvergessene Planung beschädigt wird?

Für ein Gespräch stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung. Gerne würden wir Ihnen auch die Namen der Menschen nennen, die nach dem Stand unserer Recherchen im -šHotel Silber-™ gequält wurden, darunter prominente Persönlichkeiten wie Eugen Bolz und Kurt Schuhmacher. Wir können Ihnen auch Gespräche mit Nachfahren von Opfern vermitteln, die Ihnen erklären könnten, was ein Abriss für sie bedeuten würde.

Wir grüßen Sie im Namen der in der -šInitiative Gedenkort Hotel Silber-™ zusammengeschlossenen Initiativen und Organisationen.

Harald Stingele
Haraldstingele[@]aol.com

Elke Banabak
elke.banabak[@]gmx.de

Ebbe Kögel
ebbe.kogel[@]talk21.com


Arbeitskreis „Euthanasie“ der Stuttgarter Initiativen Stolpersteine; Die AnStifter Stuttgart; Initiative Deserteurdenkmal für Stuttgart; Weissenburg e.V. -“ schwul-lesbisches Zentrum Stuttgart; Mauthausen Komitee Stuttgart e.V.; Stadtjugendring Stuttgart e.V.; Stuttgarter Initiativen Stolpersteine; VVN-BdA -“ Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Kreisverband Stuttgart; Verband Deutscher Sinti und Roma -“ Landesverband Baden-Württemberg e.V.; Zeichen der Erinnerung e.V.; IG CSD Stuttgart e.V.; „Weiler schaut hin“ e.V. Bündnis gegen rechte Gewalt; Arbeitskreis Asyl Stuttgart; Geschichtswerkstatt Stuttgart Nord e.V.

Verhandlung zum Buch "Stuttgarter NS - Täter" geplatzt

Die für heute angesetzte mündliche Verhandlung zum Buch "Stuttgarter NS - Täter" ist kurzfristig abgesagt worden. Grund ist der Rückzug des Antrags auf einstweilige Verfügung durch den Kläger, des Stuttgarter Rechtsanwaltes Volker Lemp. Dieser geht juristisch wegen des Kapitels über seinen Großvater Karl Lempp gegen den Autor, Arzt und NS-Forscher Karl-Horst Marquart sowie dessen Verleger, Hermann G. Abmayr vor.

Karl Lempp, ehemaliger Leiter des Städtischen Kinderheims sowie des Städtischen Gesundheitsamtes war laut Darstellung des Buches als leitender städtischer Beamter an Zwangsterilisierungen und an Kindereuthanasie beteiligt. Sein Enkel wollte mittels Unterlassungsklage erzwingen, die Verbreitung des Buches "sofort und so lange einzustellen, bis die Seiten, die Herrn Dr. Karl Lempp betreffen, aus dem Buch entfernt oder unkenntlich gemacht worden sind, einschließlich der Namensnennung auf der rückwärtigen Umschlagseite und im Inhaltsverzeichnis". Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde beantragt, dem Verleger und dem Autor ein Ordnungsgeld bis zu je 250.000,00 € bzw. Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen.

Der für die heutige Verhandlung vorhergesehene Raum 155 des Stuttgarter war mit weit über 100 Teilnehmern völlig überfüllt. Auf dem Gang vor dem Saal drängten sich dutzende weitere Interessierte, darunter eine Schulklasse. Vertreter des Arbeitskreis „Euthanasie“, der Stolperstein-Initiativen, von den AnStiftern, des Schmetterling Verlages sowie Herausgeber und Autoren informierten die Anwesenden im Gerichtssaal kurz über die Ereignisse.

Mit "gemischten Gefühlen" wurde die geplatzte Verhandlung von den Vertretern der Initativen aufgenommen. Auch wenn damit vorerst der Druck und auch die wirtschaftlichen Folgen von Verlag und Herausgeber genommen sein dürfte, bliebe damit doch die Stuttgarter "Kultur des Wegschauens" vorerst unangetastet. "Bei einer Verhandlung wären die Vertreter der Stadt zu einer Stellungnahme gezwungen worden", so einer der Vertreter. Schließlich schlummern in den Archiven der Stadt meterweise Akten über die an den Verbrechen während des Faschismus Beteiligten, die noch immer nicht aufgearbeitet wurden. Das unterstreicht die Notwendigkeit eines Dokumentationszentrums, das nach den Vorstellungen der Initiative Gedenkort Hotel Silber in der ehemaligen GeStaPo Zentrale eingerichtet werden soll. Aktuell ist das ehemalige Hotel jedoch vom Abriß bedroht.

Volker Lempp erhielt gestern abend durch die Anwälte der Beklagten umfangreiche Post. Mit der 12 seitigen Erwiderung und der ergänzenden 15 seitigen Anlage belegen die Verteidiger, dass "(...) Dr. Lempp federführend in das Zwangssterilisationsverfahren im hiesigen Raum involviert war (...)". Zugleich wird klargestellt, dass die Faschisten die Euthanasie und die darin verstrickten verantwortlichen Personen naturgemäß "diskret" behandelten, wie auch die Abläufe der Geheimhaltung unterlagen. So ist "bekannt, daß Ärzte nur in Zusammenhang mit einschlägigen Euthanasiefällen Zugang zum Kriminaltechnischen Institut des Reichssicherungshauptamtest hatten" und dass die in den historischen Dokumenten geäußerten Bezeichnungen ""Behandlung" in Wahrheit "Tötung durch Verabreichung einer Überdosis von Tabletten oder Spritzen bedeutet." Betraut mit der Besorgung des in der Euthanasie bevorzugt verwendeten Medikamentes "Luminal" war die Assistentin Lempps, Dr. Schütte.  Sie und der "an höchster Stelle angesiedelte Medizinalbeamte" Prof. Dr. Eugen Stähle, der das Euthanasieprogramm in Baden - Württemberg organisierte und sich "mithin in der Rolle des Vorgesetzten von Dr. Lempp" befand, waren auch die "Entlastungszeugen" für Dr. Lempp während dessen Entnazifizierungsprozesses. In diesem Geflecht aus gegenseitigem Schutz und Verschweigen der Wahrheit wird deutlich, warum in der so genannten "Entnazifizierung" Dr. Karl Lempp lediglich als "Mitläufer" charakterisiert und lediglich zur Zahlung eines "Sühnebeitrages" von 2000 Mark verurteilt und danach nie wieder angeklagt wurde. Für Volker Lempp war das Urteil in dem Spruchkammerverfahren von 1947 jedoch entscheidend. Er forderte in seiner Klage den "postmortalen Persönlichkeitsschutz" seines Großvaters.

Ob die Erwiderung für Volker Lempp ausschlagggebend war, den Antrag auf einstweilige Verfügung zurückzuziehen konnte heute nicht geklärt werden - von seiner Seite gab es zumindest im Gerichtssaal keine Verlautbarung. Auch sonst enthielt sich der Anwalt, der laut -Stuttgarter Nachrichten- vom 30.11.09 wegen des Buches für seine Familie befürchtet,  “darauf angesprochen oder geschnitten zu werden-, öffentlichen Diskussionen, die ihm mehrfach angeboten wurden. Ob er die Geister, die er rief so wieder los wird?

In der Hauptsache wolle er jedoch an der Klage festhalten, so die Beklagten. Der Schmetterling Verlag will jetzt überprüfen, ob der Vertrieb an den Handel wieder aufgenommen werden kann, aber auch, ob Schadensersatz gefordert wird. Bis zur Klärung kann das 383 seitige Buch mit 48 Schwarz-Weiß-Abbildungen beim Verlag Hermann G. Abmayr zum Preis von 19,80 € bestellt werden. Am 12.12. wird um 15:30 h im Kino Atelier der Film „Spur der Erinnerung“ gezeigt. Dabei gibt es auch die Gelegenheit über den Fall des "Täterbuchs" zu sprechen.

Siehe auch:

Alfred Hrdlicka mit 81 Jahren verstorben

Gestern verstarb der österreichische Bildhauer, Zeichner, Maler, Grafiker und Schriftsteller Alfred Hrdlicka im Alter von 81 Jahren. Eine seiner beeindruckendsten Werke für mich war sein Denkmal gegen Faschismus und Krieg in Wien. Klaus Mentzel hat auf StattWeb anlässlich Hrdlickas 80. Geburtstages einen Beitrag verfasst.

Zur Bilderserie : Teil des Denkmals gegen Faschismus und Krieg in Wien

Was Sie schon immer über V - Leute wissen wollten...

... sich oder Ihren Innenminister aber nicht zu fragen trauten: Dieser wichtigen Frage geht das "Das ultimative V-Männer-Quiz" nach, das auf der Seite der NoNPD Kampagne gespielt werden kann. Neun Fragen und jeweils drei Antwortvarianten hinterfragen lieb gewonnene oder weit verbreitete Fehlinformationen, Auflösung und Auswertung gibt es im Anschluss. Die Teilnahme an dem Quiz ist natürlich kostenlos. Bei Interesse kann für Kampagnen vor Ort, am Arbeitsplatz der Nachbarschaft, dem Jugendhaus uvw. neben umfangreichen weiterem Material auch anderem auch ein Flyer zum Quiz bestellt werden.
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