Revolution an der Tanzbar: Rolling Stones - Sympathy for the Devil / You Can't Always Get What You Want / Paint it Black
Als Anspieltipp. Video gibt es bei Youtube.
Die Entwicklung zeige, daß die Strategie der NATO [völkerrechtswidriger Angriffskrieg, Anmerk: redblog] richtig gewesen sei, dem serbischen Kriegstreiber nicht länger tatenlos zuzusehen.Mit seiner Presseerklärung machte Tauss deutlich, daß er eben jene kriegstreiberische Politik von Schröder, Fischer und Co und ihre Kriegslügen voll und ganz unterstützt hat.
Es sei eine große Tragik, daß erst nach wochenlangem Krieg ein Einlenken des Diktators in Belgrad erfolgte. Ohne das militärische Eingreifen der NATO wären die Kosovo- Albaner für immer vertrieben worden. Jetzt ist eine Rückkehr möglich, betonte Tauss.
Einen politischen Konflikt mit Staatsgewalt zu ersticken, Protest einzuschüchtern und zu zerschlagen, ist überall auf der Welt ein Verbrechen. Tatsächlich? Mit welcher Unverfrorenheit und Scheinheiligkeit fordern Politiker der Großen Koalition das Recht auf freie und ungehinderte Meinungsäußerung ein, dort, während sie hier in aller größter Selbstverständlichkeit dieses aus -ºSicherheitsinteressen-¹ außer Kraft setzen!
Als der G-8-Gipfel in Heiligendamm 2007 stattfand, wurde eine 40-Kilometer-breite -ºrote Zone-¹ eingerichtet, innerhalb derer jeder Protest verboten wurde. Ein zwölf Millionen teurer und ebenso langer Zaun rund um das Tagungsgelände sollte jeden Versuch, dieses Verbot zu ignorieren, im Keim ersticken. Über 17.000 Polizisten, Sondereinsatzkommandos, bis hin zur Bundeswehr6 wurden eingesetzt, um diese demokratiefreie Zone mit Gewalt durchzusetzen. Worauf sich der Protest gefasst machen sollte, bewiesen die Polizeiorgane bereits im Vorfeld, als sie Razzien in verschiedenen Städten durchführten, 18 Personen als vermeintliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung verfolgten, mit der Behauptung, sie würden eine "militante Kampagne gegen den G8-Gipfel"7 planen. Die heute im Iran um Meinungs- und Demonstrationsfreiheit kämpfenden Medienvertreter fanden diese gezielten Einschüchterungsmaßnahmen im Großen und Ganzen in Ordnung und notwendig.
Dennoch beteiligten sich ca. 50.000 Menschen an den Protesten gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm. Hunderte von DemonstrantInnen wurden in Käfige8 gesperrt, Tausende bekamen alleine für ihr dissidente Erscheinung -ºPlatzverbote-¹, über 3.000 Menschen wurden während des G-8-Gipfels festgenommen. Von -ºbedauerlichen Einzelfällen-¹ abgesehen, sekundierten die deutschen Meinungsmacher brav und gehorsam diese Polizeistrategie.
Man stelle sich vor, nicht 50.000, sondern eine Million Menschen wären auf die Straße gegangen, um sich gegen das de facto Demonstrationsverbot zur Wehr zu setzen. Zu was wären deutsche Sicherheits- also Repressionsorgane bereit gewesen, um solche -ºillegalen-¹, -ºverbotenen-¹ Demonstrationen auseinanderzutreiben?
Einige Anmerkungen zu Kritiken der deutschen Linken am iranischen -ºGottesstaat-¹
Neben dem Umstand, dass es sehr viele religiös-eingefasste und auf religiöse Dogmen beruhende Regierungssysteme in der Welt gibt, sticht an der gegenwärtigen iranischen Regierung unter Ahmadinedschad seine mehrmals wiederholte Haltung, den -ºHolocaust-¹ zu leugnen und den Staat Israel in Frage zu stellen, hervor. Die Frage, ob es sich dabei um propagandistische oder reale Absichten handelt, wäre für manche Linke spätestens dann beantwortet, wenn eine solches Regime in den Besitz von Atomwaffen käme. Alleine aus diesem Grunde müsse man alles unterstützen, damit dies nicht passiere. Dass man damit imperiale Mächte unterstütze, wisse man, sei aber nicht zu vermeiden.
Unabhängig davon, wie real diese Bedrohungen sind, kann man eines festhalten: Bislang wurden atomare Massenvernichtungswaffen nur von der US-Regierung 1945 in Hiroshima und Nagasaki/Japan9 eingesetzt -“ nicht als letztes Mittel, um der eigenen Vernichtung zu entgehen, sondern aus der Position der absoluten Überlegenheit heraus. Es spricht also nichts dafür, dass der Besitz von Atomwaffen in den Händen -ºweltlicher-¹ Herrschaftssysteme weniger bedrohlich sei, als in den Händen islamischer Regime. Wer als Linke dazu beitragen will, dass die -ºfriedliche Nutzung-¹ der Atomenergie nicht für militärische Zwecke genutzt werden kann, muss für einen generellen Stopp jeglicher Nutzung von Atomenergie eintreten. Alles andere ist ein Beitrag zur Fiktion eines -ºguten-¹ Imperialismus10, der mit falschen Motiven das unbeabsichtigt Richtige tut. Und wer -“ aus guten Gründen -“ dazu beitragen will, dass der Iran nicht in den Besitz von atomaren Massenvernichtungswaffen gelangen darf, der sollte nicht als (bedeutungsloser) Co-Manager einer imperialen Logik bestimmen, in welchen Händen Atomwaffen gefährlicher sind, sondern dafür kämpfen, dass keine Herrschaft, keine Regierung - also auch kein sozialistische -“ in deren Besitz kommt bzw. bleibt. Das sollte für eine Linke nicht zu viel verlangt sein. Es würde nur dem Wortlaut des Vertrags über die Nichtverbreitung von Atomwaffen entsprechen: 1968 kam es "zum Abschluss des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages, dem nur vier Mitglieder der Vereinten Nationen noch nicht beigetreten sind. Gemäß des Nichtverbreitungsvertrages haben sich die 182 Nichtatomwaffenstaaten der Erde verpflichtet, keine Atomwaffen zu erwerben, und im Gegenzug haben die fünf offiziellen Atommächte versprochen, ihre Atomwaffen abzuschaffen." Die Erklärung der Überprüfungskonferenz 2000, die von allen fünf offiziellen Atommächten unterzeichnet wurde, beinhaltet " ... eine unzweideutige Verpflichtung der Atomwaffenmächte, die vollständige Abschaffung ihrer Atomwaffenarsenale zu betreiben bis zur vollständigen nuklearen Abrüstung, zu der alle Vertragsparteien nach Artikel VI verpflichtet sind."11
Herrschaft der -ºAufklärung-¹ versus religiöser/islamischer -ºFanatismus-¹ - Zivilisation versus Tyrannei
Dass westliche, kapitalistische Regierungen mit diesem ideologischen Frontverlauf Kriege führen und -ºzivilisatorisch-¹ begründen, ist seit dem Krieg gegen den Irak 1991 Gang und gebe. Der -ºFeind der Menschheit-¹, der Kommunismus musste geliftet, den -ºneuen Herausforderungen-¹ angepasst werden. All das wäre nicht der Rede werte wert, wenn nicht Teile der Linken dieser ideologischen Kriegsfront beigetreten wären. Auch wenn -ºantideutsche-¹ Positionen darin schrill hervorstechen, so ist zu befürchten, dass sich viele Linke dieser Position zumindest gefühlsmäßig anschließen können: Der -ºaufgeklärte-¹, also -ºrationale-¹ Kapitalismus sei sicherlich ungerecht, aber wenigstens berechenbar. Das demokratische/parlamentarische System sei zwar nicht das Nonplusultra, aber immerhin eine institutionelle Begrenzung gegenüber totalitären Machtansprüchen. All das sei summa summarum einem religiösen, also -ºirrationalen-¹ System mit -ºfanatischen-¹ und totalitären Zielen und Zügen vorzuziehen.
Unabhängig, davon ob in einem Herrschaftssystem -ºGott-¹ oder das -ºKapital-¹ oberste, extra-legale Instanz ist, für beide Herrschaftsmodi braucht es reale Machtfaktoren, die weder im Himmel, noch in der -ºunsichtbaren Hand des Marktes-¹ liegen. Unabhängig davon, wie stark religiöse Kräfte in den USA oder im Iran die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen beeinflussen, sollte eine Linke darauf beharren, hinter jedwede Ideologie zu schauen, ob es sich um eine kapital-gedeckte oder um eine religiös-bestimmte handelt. Für eine Linke sollte es nicht darum gehen, welche Herrschaftsideologie -ºbesser-¹ ist, sondern welche je verschiedenen Interessen sich dahinter verbergen bzw. durchzusetzen versuchen. Diese finden sich weder im Koran, noch in den Lehren von der -ºfreien Marktwirtschaft-¹.
Wenn eine Linke den Islam genauso entschleiern helfen würde wie den -ºNeoliberalismus-¹ hier, würde sie zu einem Verständnis beitragen, das den gesellschaftlichen Konflikt in den Vordergrund stellen würde, anstatt sich als besonders radikale Religionskritiker gegenseitig zu überbieten.
Die Londoner -ºFinancial Times-¹, sicherlich nicht im Verdacht stehend, das Mullahregime zu hofieren, schreibt dazu: "Veränderung heißt für die Armen Arbeit und Nahrung und nicht lockerer Dresscode oder gemischte Freizeitgestaltung" und schließt diesen Gedankengang wie folgt ab: "Politik im Iran hat sehr viel mehr mit Klassenkrieg zu tun als mit Religion."12
Man muss diesen Andeutungen nicht Wort für Wort folgen -“ man sollte sie jedenfalls nicht unterschreiten.13
Dummer Antiimperialismus
"Verlierer will siegen - Straßenschlachten nach Wiederwahl Ahmadinedschads im Iran. Herausforderer Mussawi setzt Überprüfung der Ergebnisse durch. Nach dem Erdrutschsieg des amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad bei den iranischen Präsidentschaftswahlen am vergangenen Freitag ist es am Wochenende in Teheran zu Zusammenstößen zwischen gewaltbereiten jungen Oppositionellen, angestachelt durch zahlreiche Vermummte, und der Polizei gekommen. Die Randalierer, wütend ob der Niederlage ihres Favoriten, des 68jährigen Politveteranen Mirhossein Mussawi, riefen -ºTod dem Diktator-¹, -ºNieder mit der Diktatur-¹ oder -ºFreiheit-¹. Sie zündeten Mülltonnen, Parkbänke und Autoreifen an, Fensterscheiben von Geschäften und Banken gingen zu Bruch. Der arabische TV-Sender Al Dschasira berichtete, die Demonstranten hätten Polizisten mit Steinen beworfen, die daraufhin mit Stöcken zurückgeschlagen, Tränengas eingesetzt und Warnschüsse abgefeuert hätten. Nach Polizeiangaben wurden rund 60 Demonstranten festgenommen."
Die Wortwahl, der denunziatorische Polizei-Jargon, die Verharmlosung des repressiven staatlichen Vorgehens würde man gerne den Springer-Zeitungen zuschreiben. Tatsächlich ist es eine Textpassage aus der -ºJunge Welt-¹ vom 16.06.2009.
Es gibt keinen einzigen Grund die amtierende Regierung Ahmadinedschads, ihre Vorstellung von Gesellschaft und Demokratie zu verteidigen -“ auch dann nicht, wenn diese in den Augen der US-Regierung und vieler europäischer Regierungen -“ aus ganz anderen Gründen - einen -ºSchurkenstaat-¹ anführt, womit vor allem eines legitimiert werden soll: Ein -ºRegimewechsel-¹ mit politischen und (wenn das nicht funktioniert) militärischen Mitteln.
Und es gibt keinen Grund, den Protest von Hunderttausenden zu denunzieren, selbst wenn er "hauptsächlich aus der Oberschicht des Landes und von begüterten Iranern"14 getragen werden würde. Gegen die (möglicherweise) schlechten Motive gegen das reaktionäre Regime Ahmadinedschads zu protestieren, braucht man keine Polizei, sondern eine bessere, eine emanzipatorische Idee. Zu aller erst sollte man jedoch genau hinhören, was die Opposition will und wie unterschiedlich (möglicherweise) die Motive sind, gegen das gegenwärtige Regime auf die Straße zu gehen. Auf jeden Fall ist die Empathie für den Protest gegen das reaktionäre Regime der -ºbedingungslosen-¹ Solidarität mit dem -ºFeind meiner Feinde-¹ vorzuziehen.
1 Das ist keine utopische Forderung, sondern Vertragsbestandteil des Atomwaffensperrvertrages.
2 Siehe auch:
3 Kommunistische Partei Irans
5 FR vom 16.6.2009
6 "Nach offizieller Darstellung waren 1.100 im Rahmen von Amtshilfe sowie weitere 1.000 Soldaten im Rahmen originärer Bundeswehraufgaben während des G-8-Gipfels im Einsatz." Hans-Christian Ströbele vom 13.9.2007
7 Diese Verfahren nach § 129a wurden 2008 sang- und klanglos eingestellt.
8 Gefangenensammelstelle (GeSa), Industriestraße, Rostock
9 Dabei wurden sofort etwa 155.000 Menschen, in Folge der Verstrahlung weitere 110.000 Zivilisten ermordet.
10 Das zentrale Theorem des linken Bellizismus vom -ºSchrecklichen und jetzt Richtigen-¹ (Gremliza, Konkret-Herausgeber, Konkret 3/1991) geistert seit dem US-alliierten Krieg gegen den Irak 1991 durch die deutsche Linke
11 Sir Joseph Rotblat, US-Nuklearphysiker, FR vom 6.8.2002
12 Financial Times vom 14.Juni 2009
13 Laut der Turiner Historikerin Farian Sabahi wurden unter der Regierung Ahmadinedschads "die Renten um 50% und die Lehrergehälter um 30% angehoben. Außerdem sind 22 Millionen Bürger mehr als zuvor in den Genuss von kostenloser Gesundheitsversorgung gekommen." Interview der italienische Tageszeitung -ºl-™Unità -¹ vom 16.6.2009
14 Junge Welt vom 16.06.2009