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Nürnberg / Hamburg: Nazi Aufmärsche am 14.10. blockiert!

IndyMedia Bericht zu den Aktivitäten in Nürnberg:

Mehrere Tausend "Bürgerliche" und "Linke" blockieren die Demo-Route, auf der die Nazis die Geschichte revidieren möchten. +++ Die Linke Kundgebung dauert fast 8 Stunden! +++ Der NPD-"Aufmarsch" bestand nur aus ca. 100 Leuten +++ Polizei sperrt dafür halb Nürnberg ab

Der Naziaufmarsch der rechtsextremen NPD am 14.10. war von Anfang an als Provokation geplant. Vom Gerichtsgebäude, in dem ab 1946 die Nürnberger Prozesse stattfanden, sollte ein Demozug über den Ort der ehem. Deutschen Arbeitsfront (DAF), dem Gründungslokals der Nürnberger NSDAP sowie dem Hotel Deutscher Hof und dem Ort, an dem die NS-Rassegesetze verabschiedet wurden bishin zum Opernhaus veranstaltet werden, der zu allem Überfluss durch das bunte Viertel Gostenhof führen sollte. Nur wurde daraus nichts, weil sich tausende von entschlossenen NürnbergerInnen ihnen entschlossen entgegen stellten, obwohl die Polizei ihr möglichstes tat, den Nazis eine Demo zu ermöglichen! Sie sperrte schlichtweg die Fürtherstr., d.h. eine der wichtigsten Straßen Nürnbergs, komplett nach links und rechts mit Absperrgittern und einem Großaufgebot ab.

Schon um 9:30 trafen sich ca. 500-1000 Menschen des eher autonomen und linken Spektrums am Plärrer. Gleichzeitig fand direkt vor dem Gerichtsgebäude ca. 3 km weiter, d.h. dem Startpunkt der Nazi-Demo, die um ca. 14.00h beginnen sollte, eine Kundgebung mit Opfern des Naziregimes mit ca. 100 Menschen statt. Währendessen setzte sich der Demozug am Plärrer mit mittlerweilen ca. 2000 Menschen in Gang die Fürtherstraße entlang (d.h. den Nazis entgegen). Eigentlich sollte der Zug dann weg von der späteren Nazi-Route nach Gostenhof führen. Doch die Demo entschloss sich kollektiv spontan (!!!), nicht mehr weiter zu gehen. Vor einer Absperrung der Polizei kam die Demo zum Stehen. Dort verharrten die TeilnehmerInnen ca. 6 Stunden lang! Zwei Nazis zeigten sich zwischenzeitlich am Rande der gestoppten Demo. Sie wurden gebührend begrüßt und nur die Polizei konnte sie schützen... weiterlesen


In Hamburg fanden ebenfalls vielfältige Aktivitäten - nach IndyMedia Berichten mit mehreren tausend Teilnehmern - gegen den dort geplanten Aufmarsch statt.


Der Polizeibericht spricht von 227 Teilnehmern des Naziaufmarsches, gegen den bei der ersten Gegendemonstration 1900 antifaschistische Menschen standen. Unmittelbar vor Ort der NPD Veranstaltung in der Wandsbeker Chaussee fand dann eine spontane Demonstration mit ca. 2000 Teilnehmern statt:

Das Hamburger Bündnis gegen Rechts hatte für 10:30 Uhr einen Aufzug angemeldet, mit dem Tenor: "Die Menschen und Menschenrecht verachtende Ideologie der Neonazis darf nicht noch einmal Einfluss gewinnen. Dem Treiben der NPD aktiv entgegenzutreten, ist eine dringende Aufgabe!". An der Demonstration nahmen bis zu 1.900 Personen teil. Der Aufzug wurde ohne Zwischen- und Abschlusskundgebung um 11:39 am Jungfernstieg, Ecke Ballindamm vom Veranstalter beendet. Die Teilnehmer wurden vom Veranstalter aufgerufen, im Anschluss nach Wandsbek zu fahren, um gegen die Veranstaltung der NPD zu demonstrieren. Die Mehrheit der Veranstaltungsteilnehmer begab sich daraufhin mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Richtung Wandsbeker Chaussee.


Die morgige "Junge Welt" berichtet über diese Demonstrationen und zusätzlich von den Aktivitäten in Chemnitz:

Neonazis gestoppt


Zehntausend bei antifaschistischen Demonstrationen in Nürnberg, Hamburg und Chemnitz. Polizeiübergriffe zum Schutz der rechten Aufmärschen

Am Samstag demonstrierten knapp 10000 Menschen in Nürnberg, Hamburg und Chemnitz gegen Neofaschismus. 60 Jahre nach der Verurteilung faschistischer Funktionäre in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen wollten etwa 200 Neonazis, darunter der NPD-Vorsitzende Udo Voigt, für die Revision der damaligen Urteile zum Nürnberger Justizgebäude ziehen. Ihre Marschroute führte ausgerechnet durch den alternativen Stadtteil Gostenhof. Die Bewohner des Viertels und Tausende weitere Antifaschisten stoppten den rechten Aufzug nach wenigen hundert Metern. Damit ging die Rechnung des Bündnisses zahlreicher linker und antifaschistischer Initiativen, das im Vorfeld zum zivilen Ungehorsam aufgerufen hatte, auf.

Bereits zwei Stunden vor Beginn der Auftaktkundgebung der Neonazis hatten 2000 Teilnehmer einer antifaschistischen Stadtteildemonstration die Demoroute der Rechten blockiert. Die Polizei setzte Schlagstock und Pfefferspray ein und nahm nach eigenen Angaben 25 Personen fest, um weitere Blockaden zu verhindern. Ganze Straßenzüge waren abgesperrt und Teile von Gostenhof nicht mehr zugänglich, wie Sven Roeser, Sprecher des "Bündnisses Nazis stoppen" am Sonntag gegenüber jW kritisierte. "Wir freuen uns aber, daß sich dennoch Tausende dem Aufruf zum zivilen Ungehorsam angeschlossen haben und sich den Nazis erfolgreich in den Weg gestellt haben", so Roeser weiter. Insgesamt beteiligten sich 5000 Menschen an den Protesten in Nürnberg.

Auch in Hamburg stand am Samstag eine Vielzahl von Gegendemonstranten rund 170 Neonazis gegenüber. Auf der Auftaktkundgebung des "Bündnisses gegen rechts" ging der ver.di-Landesbezirksleiter Wolfgang Rose unter anderem auf den Zusammenhang von Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau ein, der es den "braunen Demagogen ermöglicht, mit populistischen Schlagwörtern die wachsende Verunsicherung von Menschen auszunutzen". Im Anschluß zogen rund 3000 Antifaschisten vom Gänsemarkt durch die Hamburger Innenstadt. Zur gleichen Zeit nahmen an einem "Fest für Toleranz und gegen die braunen Parolen" auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz mehrere hundert Menschen teil. Eine von der Linkspartei.PDS angemeldete "Eilversammlung gegen Ausgrenzung, Rassismus und Gewalt" wurde unterdessen genutzt, um sich zu einer Spontandemonstration zu formieren und sich den Neonazis auf ihrer Route entgegenzustellen. Gegen die insgesamt 2000 Teilnehmer der Blockade ging die Polizei am Nachmittag mit fünf Wasserwerfern vor. Der Anmelder der Spontandemonstration sprach von einem "zunächst unsortierten", später "unverhältnismäßigen und teilweise brutalen Vorgehen der Polizei", um den Aufmarsch der 170 Neonazis zu ermöglichen.

In Chemnitz demonstrierten am Samstag etwa 1200 Antifaschisten im Rahmen der Kampagne "Schöner leben ohne Naziläden" unter dem Motto "Abriß Korrekt - Weg mit Backstreetnoise und PC-Records". Bei den genannten Läden handelt es sich um Neonazigeschäfte, die Kleidung und rechte Musik verkaufen. Mehrfach pöbelten und provozierten Neofaschisten am Rande der Demonstration. Vereinzelt kam es auch zu Steinwürfen und Schüssen mit Leuchtspurmunition auf die Demonstranten. Der Sprecher der Kampagne "Schöner leben ohne Naziläden", Daniel Weber, zog dennoch eine positive Bilanz: Es sei die größte antifaschistische Demonstration in Chemnitz seit 1989 gewesen. "Das war ein deutlichzes Zeichen gegen die Hegemonie der Neonazis in dieser Stadt", so Weber.


Quelle: Bernd Moser und Wera Richter in "junge welt" vom 16.10.2006
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