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Göppingen: Ein erster Erfahrungsbericht

In Göppingen nahmen heute ca. 4000 Menschen zwischen 9:00 und 16:00 an antifaschistischen Aktivitäten gegen den Aufmarsch der NPD/JN teil. Sowohl ein breites Aktionsbündnis wie auch IG Metall und der DGB hatten zu einer Gegenkundgebung aufgerufen. Allein diese Kundgebung auf dem Marktplatz wurde von ca. 1200 bis 1500 Teilnehmern besucht. Wieviele Bürger darüber hinaus an den durch örtliche Vereine, Organisationen und Parteien organisierten Veranstaltungen teilnahmen ist uns momentan noch nicht bekannt.

Bilderserien : Widerstand gegen den Aufmarsch von NPD und JN am 23.09.2006 - Leni Breymeier DGB

Bei der Kundgebung sprachen sich neben Bernd Rattay, 1. Bevollmächtigter der IGM Göppingen - Geislingen auch Leni Breymeier, stellvertretende DGB Landesvorsitzende, Jugendvertretern von WMF in Geislingen und Allgaier, Uhingen auch der Bürgermeister Guido Till gegen den faschistischen Aufmarsch aus, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung von Gegenaktivitäten und zum Teil deutlicher Unterschiede bei der Sicht der Ursachen.

Bilderserien : Widerstand gegen den Aufmarsch von NPD und JN am 23.09.2006 - Guido Till - OB von Göppingen - rechtfertigte die Politik der Stadt: "Zeigen wir den Rechten die kalte Schulter, ignorieren wir ihre dumpfen, ewiggestrigen Parolen und feiern wir zusammen ein Fest"

An dieser Auffassung gab es von Anfang an die Kritik, den Widerstand nicht auf das Schockenseegelände zu verlagern in Form eines Volksfestes (Und das am Starttag vom Cannstatter Wasen und eine Woche vor den Göppinger "interkulturellen Wochen" - als ob es keine Feste zu diesem Zeitpunkt gäbe) und den Faschisten damit die Stadt überlassen...

Bilderserien : Widerstand gegen den Aufmarsch von NPD und JN am 23.09.2006 - "Incredible Syndicate"

Eine beeindruckende Breakdance Show von "Incredible Syndicate" war der Schlusspunkt der Kundgebung, der sich dann das örtliche Programm unter anderem auf dem Schockenseegelände anschloss.

Bilderserien : Widerstand gegen den Aufmarsch von NPD und JN am 23.09.2006 - Erfahrungen mit dem Staatsapparat...

Im Anschluß an die angemeldete Kundgebung war allerdings ein wachsender Teil der Bevölkerung auf den Beinen, um mit verschiedenen spontanen Aktivitäten ein Zeichen zu setzen gegen den menschenverachtenden Aufzug der NPD/JN. Dieser wurde denen bekanntlich vom Gericht genehmigt, obwohl die Stadt Göppingen diesen Aufmarsch zuerst verboten hatte.

Bilderserien : Widerstand gegen den Aufmarsch von NPD und JN am 23.09.2006 - Polizeimacht am Bahnhof - Ausnahmezustand. Zur Verteidigung der demokratischen Rechte der Faschisten fährt die Polizei Wasserwerfer auf!!!

Die Stadt befand sich wie bereits vermutet, in einem regelrechten Ausnahmezustand: Ungefähr 1300 durchweg martialisch gekleidete Polizisten wurden aufgeboten, um einen Aufmarsch von bis zu 200 Faschisten durchzusetzen und zu schützen und das mit “äußerster Brutalität und Kaltschnäuzigkeit”, so ein Vertreter des Aktionsbündnisses gegen den Aufmarsch. Ständige Provokationen der Polizei führten mehrfach zu unnötigen Eskalationen und Festnahmen, zum Teil weit auch nach Ende der spontanen Demonstrationen und Blockaden. Wurden hier Sündenböcke für eine spätere Verunglimpfung der Gegenaktivitäten gesucht? Nicht zu aktzeptieren ist unserer Ansicht nach, daß sich einige Leute auf diese Provokationen eingelassen haben und versuchten, die Polizei mittels Eiern und Flaschen zu bekämpfen. Damit wurde wiederum der Polizei ein Anlass gegeben, gegen die ganze Demonstration einzuschreiten. Überhaupt kein Verständnis bringen wir für die abstoßende Sauferei einiger Punks auf. Alkohol hat grundsätzlich auf Demonstrationen nichts verloren! Das verführte wohl auch einige zu der Fehleinschätzung, man müsse hier und jetzt mittels eines Bauzauns auf die Polizei losgehen. Damit stellten sich diese Leute jedoch selbst über die spontane Demonstration und lieferten andere Demonstrationsteilnehmer einem unnötigen Risiko aus. Solche “Heldentaten” einzelner waren es allerdings, die von vorneherein der Stadt Göppingen dazu diente, den antifaschistischen Widerstand und die für den 23.9. geplanten Aktionen zu diskreditieren.

Bilderserien : Widerstand gegen den Aufmarsch von NPD und JN am 23.09.2006 - Die Polizei macht die Straße für die Faschisten frei - mit doppelten Reihen! Sieht so eine "erfolgreiche Demonstration" für die Faschisten aus??

Bereits am Bahnhof wurde mit 2 Wasserwerfern deutlich, daß die Polizei bereit war, den Faschisten die Straße frei zu machen. Im weiteren Verlauf wurden die Faschisten zum Teil auf Schleichpfaden, zum Teil auf der angemeldeten Route durch Göppingen geschleust. Dieser Aufzug war nur möglich, indem die Polizei zum Teil gleich 3 Straßen abriegelte, um die Faschos auf der mittleren Straße marschieren zu lassen.

Nichts kennzeichnet die Niederlage der Faschisten deutlicher!


Es kam laut Medienberichten (SWR3 usw.) zu ca. 26 Festnahmen auf Seiten der Gegendemonstranten. Von "Deeskalation" gab es aus unserer Sicht nichts zu sehen, im Gegenteil, es wurden unbescholtene Bürger und Demokraten z.T. mit Pfefferspray / Tränengas verletzt, diese mussten von Demosanitätern behandelt werden, Anwohner auf der Demostrecke konnten nicht in ihre Wohnungen hinein oder diese verlassen, Reisende konnten nicht vom bzw. zum Bahnhof usw.

Bilderserien : Widerstand gegen den Aufmarsch von NPD und JN am 23.09.2006 - Erschüttert über das Aufgebot

Vielen Bürgern wurde so das herrschende Demokratieverständnis vor Augen geführt: Während es den Faschisten erlaubt wird, am heutigen ersten Tag des jüdischen Neujahrs durch Göppingen zu marschieren, wurden die Göppinger Bürger in ihrer Bewegungsfreiheit drastisch eingeschränkt. Über Stunden war die Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen, da der Bahnhof zugunsten der Nazis abgeriegelt war.

Nach Auswertung und Bearbeitung des Bildmaterials stellen wir in den nächsten Tagen weitere Fotos online, eine Dokumentation ist für arbeiterfotografie.de geplant.

In Kürze ist ebenso eine Erklärung des Aktionsbündnisses zu den gestrigen Ereignissen rund um den Naziaufmarsch zu erwarten.

Eine Einladung zum Auswertungstreffen erfolgt in den nächsten Tagen, der Termin dafür ist am 28.9.2006, voraussichtlich ab 18 Uhr.

Weitere Berichte:
Dieser Bericht auf IndyMedia - inclusive Auseinandersetzung um die Teilnehmerzahlen - sowie weitere Fotoreportagen anderer User auf IndyMedia: Teil 1 und Teil 2 und Teil 3

Bericht der IG Metall Esslingen vom 27.9.2006

Der SWR hat andere Zahlen und dokumentiert die offizielle Sicht der Dinge.

Korrekturen:Änderung der Zahl der Teilnehmer der Nazidemo, anfangs geschätzt auf 50 -80.
Begründung: Fotobeweise.

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